Kurz: Flexible Arbeit und der Achtstundentag

Viel­leicht ver­zerrt mein per­sön­li­cher Erfah­rungs­hin­ter­grund (Aka­de­mi­ker, bis­her an der Uni und in der Poli­tik tätig) hier mei­ne Wahr­neh­mung, aber ich fin­de die For­de­rung der Arbeit­ge­ber, vom Acht­stun­den­tag abzu­rü­cken, zumin­dest in Tei­len nachvollziehbar. 

Die For­de­rung taucht ja im Kon­text der Digi­ta­li­sie­rungs­de­bat­te auf, aber eigent­lich ist Digi­ta­li­sie­rung hier nur ein Bestand­teil eines grö­ße­ren und schon seit eini­gen Jahr­zehn­ten lau­fen­den Trends, der unter der Über­schrift „Fle­xi­bi­li­sie­rung der Arbeit“ steht. (Und auch die Debat­te um den „Arbeits­kraft­un­ter­neh­mer“ passt hier her­vor­ra­gend …). Letzt­lich geht es um eine Ver­än­de­rung des­sen, was als „Arbeits­kraft“ auf dem Arbeits­markt gehan­delt wird: Weg vom Zur­ver­fü­gung­stel­len phy­si­scher und psy­chi­scher Arbeits­kraft für defi­nier­te Zeit­räu­me – da machen gesetz­li­che Regu­lie­run­gen der Arbeits­zeit viel Sinn – hin zur weit­ge­hend eigen­ver­ant­wort­li­chen Erbrin­gung bestimm­ter Ergeb­nis­se mit wei­ten Spiel­räu­men hin­sicht­lich Arbeits­zeit, Arbeits­ort und ver­wen­de­ter Metho­den und Kom­pe­ten­zen. For­mal zumin­dest wei­ter­hin ange­stellt, aber mit einem Cha­rak­ter von Arbeit, der eini­ge Gemein­sam­kei­ten mit Allein­selbst­stän­di­gen aufweist.

Digi­ta­le Werk­zeu­ge erleich­tern die­se Ent­kopp­lung – und tra­gen dazu bei, dass die Nach­fra­ge nach der zwei­ten Art von Arbeits­kraft steigt, und dass bestehen­de Berufs­bil­der trans­for­miert wer­den. Die­ser Pro­zess ist durch­aus ambi­va­lent – stei­gen­de Auto­no­mie und stei­gen­de Frei­räu­me auf der einen Sei­te, unfrei­wil­li­ge Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me und die Gefahr der räum­li­chen und zeit­li­chen Ent­gren­zung von Arbeit auf der ande­ren Sei­te. Auch hier bleibt poli­ti­sche Regu­la­ti­on not­wen­dig – an die Stel­le des star­ren Acht­stun­den­ta­ges tre­ten für die­se Beru­fe und Bran­chen jetzt Monats- und Jah­res­ar­beits­zeit­kon­ten, Kern­zeit­de­fi­ni­tio­nen und Regeln zur Begren­zung der Erreich­bar­keit, um gern in Kauf genom­me­ne Selbst­aus­beu­tung zu verhindern.

In letzter Zeit gelesen

What I read

In Baden-Würt­tem­berg dau­ert es noch bis Ende Juli, bis die Som­mer­fe­ri­en anfan­gen. Anders­wo sind sie da fast schon wie­der vor­bei. Unab­hän­gig davon möch­te ich ein biss­chen was dazu schrei­ben, was ich in den letz­ten Mona­ten so gele­sen habe (Gen­re: Sci­ence Fic­tion & Fan­ta­sy). Viel­leicht ist ja was dabei, was sich als Feri­en­lek­tü­re eignet.

* * *

Anfan­gen möch­te ich mit Ter­ry Prat­chetts Bro­me­li­ad, die bereits 1989/90 erschie­nen ist (dt.: Tru­cker. Wüh­ler. Flü­gel. 1996). Wenn ich mich rich­tig erin­ne­re, bin ich auf die­ses Werk von Prat­chett, das aber über eini­ge hart­nä­cki­ge Fans ver­fügt, auf­merk­sam gewor­den, weil es in eini­gen der Nach­ru­fe aus Anlass sei­nes Todes eine pro­mi­nen­te Rol­le spiel­te. Die Bro­me­lia­de (die aus den drei ein­zel­nen Bän­den Tru­ckers, Dig­gers und Wings besteht) erzählt die Geschich­te der win­zig klei­nen (G)nome, deren Welt ein Kauf­haus ist. Eines Tages lee­ren sich die Rega­le, die tra­di­tio­nel­len Feind­schaf­ten zwi­schen den Stock­wer­ken kom­men ins Sto­cken, und erst ein Nome aus der sagen­um­wo­be­nen Außen­welt fin­det kurz vor der dro­hen­den Schlie­ßung des Kauf­hau­ses eine Lösung. Aber damit beginnt erst ein Odys­see unge­ahn­ten Aus­ma­ßes. Ein klei­ner spre­chen­der Wür­fel spielt auch eine Rolle. 

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Kurz: Bilder vom Rand des Sonnensystems

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New Hori­zons saust nach Jah­ren des Anflugs mit einer wahn­sin­ni­gen Geschwin­dig­keit an Plu­to vor­bei und lie­fert, von einer Atom­bat­te­rie gespeist, Bil­der (und Daten), die mich ernst­haft beeindrucken. 

So sieht es also auf einer Eis­ku­gel am Rand des Son­nen­sys­tems aus. Ein ver­schwom­me­ner Licht­punkt wird eine Land­schaft, deren Abbild mit 4000 Bit pro Sekun­de zu uns kommt, lang­sa­mer als die alten Modems, aber dafür über vier Licht­stun­den hin­weg. New Hori­zons (und die ande­ren Son­den, Dawn etwa) sen­den hoch­auf­ge­lös­te Bil­der von Orten, die – doch, da lege ich mich bei allem Stau­nen über die­se tech­ni­schen Leis­tun­gen dann doch fest – nie ein Mensch betre­ten wird. Und das sind vier Licht­stun­den – das nächs­te Son­nen­sys­tem ist eini­ge Licht­jah­re ent­fernt. Inso­fern schwingt in die­sen Bil­dern vom Rand unse­res Son­nen­sys­tems für mich das Gefühl einer uner­füll­ba­ren Sehn­sucht mit. 

(Foto: NASA, Public Domain)

Photo of the week: Summer evening flowers

Summer evening flowers

 
Glück­wunsch in die USA, wo der Supre­me Court heu­te die Ehe für alle durch­ge­setzt hat! (Das Bild war das nächs­te zu einem Regen­bo­gen aus Blu­men, das ich gra­de zur Hand hatte …)

Ich bin gespannt, was Karls­ru­he wann tut. Und ob wir dann, im über­nächs­ten Schritt, über die Abschaf­fung der Ehe reden kön­nen. In rela­ted notes: Sci­ence Fic­tion ist kei­ne pro­gnos­ti­sche Lite­ra­tur, trotz­dem inter­es­sant zu sehen, wel­che Ele­men­te gesell­schaft­li­chen Fort­schritts, die in der SF-Lite­ra­tur seit den 1970er Jah­ren ins Jahr 2000 fol­gen­de pro­ji­ziert wor­den sind, nun tat­säch­lich umge­setzt wer­den. Und wel­che – gesell­schaft­li­chen wie tech­ni­schen Ele­men­te – nicht. Und wor­an das lie­gen mag.

Und noch­mal ganz was ande­res: Bei eini­gen der Blu­men oben weiß ich, um was es sich han­delt – bei ande­ren wür­de ich es ger­ne wis­sen. Wer Tipps dazu hat, ger­ne her damit. 

(Zur Iden­ti­fi­ka­ti­on:

1 – 2 Mohn – 3 Johan­nis­kraut? – 4 Margueritte
5 – 6 Acker­win­de – 7 – 8 Borretsch
9 – 10 – 11 Taub­nes­sel – 12 Blutweiderich)

Der elektrische Chauffeur

Street car with spring meadow II

Laut der groß ange­leg­ten Stu­die Mobi­li­tät in Deutsch­land 2008 hat­te zum Befra­gungs­zeit­punkt etwa sie­ben Pro­zent der Bevöl­ke­rung ab 17 Jah­ren kei­nen Füh­rer­schein. Wie das 2015 aus­sieht, wer­den wir erst nächs­tes Jahr wis­sen, eine Neu­auf­la­ge die­ser Befra­gung ist der­zeit in Arbeit. Die Grö­ßen­ord­nung wird ähn­lich sein; im Jahr 2002 waren es etwa 7,5 Prozent. 

Ich fin­de das inter­es­sant, weil ich selbst zu die­sen etwa sie­ben Pro­zent gehö­re. Kei­nen Füh­rer­schein zu machen, war – als ich 18, 19, 20 Jah­re alt war – eine bewuss­te Ent­schei­dung im Sin­ne eines öko­lo­gi­schen Lebens­stils. Nach dem Mot­to, dass, wer einen Füh­rer­schein hat, auch Auto fah­ren will. 

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