Ja, es ist jetzt definitiv herbstlich. Nicht ganz unerwartet, aber irgendwie doch immer plötzlich – vielleicht auch deswegen, weil ich Anfang September meist damit beschäftigt bin, die letzten Vorbereitungen für die Herbst-Fraktionsklausur zu treffen, und deswegen zu wenig anderem komme. Die findet dieses Jahr in Heidelberg statt, am Dienstag mit Bürgerdialog, und bei hoffentlich schönem Herbstwetter.
Photo of the week: Copenhagen (part II)
Dass ich Kopenhagen als eine entspannte und freundliche Großstadt kennengelernt habe, lag möglicherweise auch daran, dass ich zufälligerweise genau in der Pride-Week da war. Mehr dazu, zu Christiania, zu Museen und zu ein paar Impressionen unten.
Copenhagen Pride
Der Zug der Pride-Parade begann in Frederiksberg – ein Teil Kopenhagens, der aus historischen Gründen eine eigene Gemeinde ist, etwas bürgerlicher wirkt und sich ansonsten nahtlos in die Stadt einfügt. Neben LSBTIQ*-Verbänden waren viele große Organisationen (große Firmen wie Microsoft, Parteien, die Stadtverwaltung, die Uni, die Lehrergewerkschaft, Diplomat*innen) mit eigenen Blöcken bei der Pride dabei. Auffällig: viele Kinder, viele Familien – und sehr viele Lastenräder, die sich ja auch hervorragend zum Transport von Musikanlagen etc. eignen. Neben Pride-Flaggen in allen Varianten gab es auch Solidarität mit der Ukraine – und mit Palästina. Dänische Besonderheit: Grönland tauchte mit einem eigenen Block auf. Wie überhaupt das Verhältnis zu den „dänischen Kolonien“ eine große ungelöste Frage ist, die mir sowohl in Christiania, wo es ein eigenes Grönland-Haus gibt, als auch im Nationalmuseum – mit Ausstellung zum Kolonialismus – begegnete. Oder eben auf der Pride. Apropos: Wem die zu kommerziell und angepasst war, der konnte auch zur „Alternative Pride“ in Vesterbro gehen.
Christiania
Angeblich ist der Freistaat/die Freistadt Christiania inzwischen die zweitstärkste Touristenattraktion Kopenhagens (nach dem Tivoli, den ich nicht besucht habe). Gleichzeitig: ein nach wie vor in Teilen besetztes, weitläufiges ehemaliges Militärgelände, und eine politisch trotz Deals und einer gewissen Annäherung seit 50 Jahren offene Frage. Ich habe Christiania zweimal besucht, einmal „so“ und einmal im Rahmen einer geführten Tour durch einen Bewohner – letzteres kann ich auf jeden Fall empfehlen. Das Bild, das ich aus diesen beiden besuchen (und dem dort gekauften Buch „Postcards from Christiania“) mitnehme, ist ein ambivalentes.
Christiania ist als Gemeinschaft/Dorf mit rund 1000 Bewohner*innen, in einem Dutzend „Stadtteilen“ selbst organisiert. Es leben dort viele Künstler*innen (und auch Lebenskünstler*innen), die Hippie-Ideen aus der Anfangszeit gibt es auch irgendwie weiterhin. Wer Bewohner*in werden möchte, muss sich bewerben und von der jeweiligen Nachbarschaft ausgewählt werden, in der ein Haus frei geworden ist. Der/die Auserwählte* zahlt dann eine niedrige Miete sowie eine Abgabe in die Gemeinschaftskasse, muss sich um alles weitere selbst kümmern (ein wichtiger zentraler Ort der Freistadt ist eine Art Baumarkt) und kann sich in die Selbstorganisation einbringen, die aus „meetings, meetings, meetings“ auf allen Ebenen besteht. Entschieden wird im Konsens. Allerdings gibt es wohl auch Spaltungen – in Verhandlungen mit dem dänischen Staat wurde der Kernteil von Christiania in eine Stiftung überführt, die weitreichenden Gebiete um diesen Kern herum – ich war überrascht, wie viel Natur (und Altlasten) es hier gibt – sind dagegen nach wie vor strittig, und aus Sicht einiger Akteure bestes Bauland. Darum wird weiter politisch gerungen, und dazu, ob der Deal mit dem Staat richtig war, gibt es wohl weiterhin sehr unterschiedliche Auffassungen. Gleichzeitig gibt es durchaus Abhängigkeiten, so gehen die Kinder auf Schulen außerhalb des Gebietes (im Gebiet sind dafür einige Kindergärten), und inzwischen werden wohl auch Steuern bezahlt und Bauvorschriften beachtet. Gleichzeitig ziehen sich Polizeiübergriffe wie ein roter Faden durch die Geschichte.
Der öffentlich und touristisch sichtbare Teil von Christiania ist vor allem der Eingangsbereich mit der berüchtigten Pusherstreet (und vielen Clubs, Bars und dem über Christiania hinaus bekannten Nemoland als Konzertveranstalter/Biergarten). Der Konsum (und Verkauf) von Cannabis wird weiterhin geduldet, Christiania versucht aber aktiv, Gangs und harte Drogen draußenzuhalten. Hier gab es wohl in der Vergangenheit sowohl seitens des Staates als auch seitens der organisierten Kriminalität äußerst unschöne Zuspitzungen. Oder auch: die Grenzen der Anarchie werden sichtbar.
Ein letzter, für mich spannender Fakt: ein großer Teil der Christianit*innen arbeitet außerhalb, oft in Selbstständigkeit. Dafür sind – wohl gerade im touristischen Teil des Gebiets – viele Menschen beschäftigt, die gar nicht in Christiania wohnen (und trotzdem nur den Einheitslohn der Christiania-Selbstverwaltung bekommen). Daneben gibt es dann noch eine Schattenökonomie – nicht nur Pusher, die Cannabis verkaufen, sondern auch Flaschensammler*innen.
* Nebenbemerkung: ich finde es immer wieder spannend zu sehen, wie sehr intentionale Gemeinschaften, Ökodörfer, Projekte etc. – bis hin zum z.B. Mietshäusersyndikat – über Selektion funktionieren und genau da m.E. eine Verallgemeinerbarkeit vermissen lassen. Bzw.: hier wird Gesellschaft vs. Gemeinschaft hart sichtbar.
Schlösser, Museen und Sehenswürdigkeiten
Von der Vielzahl der Museen, Schlösser und Sehenswürdigkeiten, die es in Kopenhagen und in der Umgebung gibt, konnte ich naturgemäß nur einen Bruchteil anschauen. Neben Schloss Kronborg in Helsingør und dem Kunstmuseum Louisiana in Humlebæk waren dies das dänische Architekturzentrum, eine Installation in den Cisternernen, das sehr sehenswerte Designmuseum, der Turm der Erlöserkirche mit Blick auf große Teile der Stadt (und langen Wartezeiten/gebuchten Slots), der botanische Garten samt Palmenhaus. Oben zu sehen sind zwei Artefakte aus dem Nationalmuseum, das sich für tagefüllende Besuche eignet. In dem Museum geht es um die dänische Geschichte von der Vorgeschichte (auf dem einen Foto: die Rekonstruktion eines Kleides aus der Bronzezeit) bis zur Gegenwart (auf dem anderen Foto: die musealisierten 70er Jahre). Besonders beeindruckt hat mich die theaterhaft inszenierte „Viking Sorceress“, die nahebringt, was sich aus Artefakten und den Eddas über das Denken der Menschen der Wikingerzeit rekonstruieren lässt, und das gut inszeniert. Auch den Abschnitt zur Vorgeschichte fand ich gut aufgebaut; der große Bogen über die Staatenbildung bis zum Ende des Absolutismus und der Sozialdemokratie war dagegen etwas viel. Wie schon erwähnt, gab es im Nationalmuseum auch eine Auseinandersetzung mit der dänischen Kolonialgeschichte, zu der neben Grönland auch (kleinere) Kolonien in Indien und Afrika gehörten. Stichwort Sozialdemokratie: dazu kann ich das Arbeitermuseum empfehlen, das im ehemaligen Versammlungshaus der dänischen Arbeiterbewegung untergebracht ist. Neben der Geschichte von Gewerkschaften und sozialdemokratischer Partei geht es hier auch um die Arbeit und die Lebensumstände der Arbeiter*innen in gut gemachten (teilweise allerdings nur dänisch beschrifteten) Installationen.
Typisch Kopenhagen?
Photo of the week: Copenhagen (part I)
Wie schon bei Florenz zu Ostern (und ja, wie eigentlich immer bei Reisen …) gibt es sehr viele Fotos, die ich aus Kopenhagen mitgebracht habe. Inzwischen habe ich sie sortiert und auf Flickr gestellt. Um meine Photo-of-the-Week-Rubrik nicht zu überfrachten, gibt es heute dann gleich mehrere Fotos – und ein bisschen Text dazu. Nächste Woche folgen dann noch Pride, Christiania und Museen.
Das MeerKopenhagen liegt am Meer (ich weiß gar nicht genau, ob das an dieser Stelle noch/schon Ostsee ist, oder ob der Öresund da ausgenommen ist), und das merkt man der Stadt an. Inzwischen kann auch im Hafengebiet an vielen Stellen gebadet werden. Das wurde auch eifrig getan. Ich selbst habe mir ein Fahrrad geschnappt und bin ins mondäne Klampenborg etwas nördlich der Stadt geradelt. Dort gab es Sonnenschein, weiß gestrichene Häuser, einen wunderbaren Sandstrand, blaues Meer – nur zum Schwimmen war’s etwas kalt. |
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Die FahrräderZugegebenermaßen war ich vor einigen Jahren in Holland beeindruckter von der Fahrradinfrastruktur, aber auch die in Kopenhagen ist erlebenswert. Es gibt viele breite Radwege, parkende Autos sind vielerorts in Nebenstraßen und Parkhäuser verbannt, und eine ganze Reihe von Brücken sind speziell für Radfahrende und Fußgänger*innen gedacht. Die gute Infrastruktur wird entsprechend gut genutzt – so viele Fahrradstaus habe ich bisher sonst nirgendwo erlebt. Positiv, vielleicht auch dem flachen Land geschuldet: keine aufgemotzten E‑Bikes, sondern zumeist gute alte Hollandräder. Genau das richtige für den entspannten Stadtverkehr. Kopenhagen ist nicht perfekt: die Ausschilderung der Hauptradrouten fand ich nicht so schlüssig, und an Kreuzungen war es manchmal etwas unübersichtlich. Auf dem Bild zu sehen: der sehr breite Radweg von Islands Brygge nach Vesterbro bei Sonnenuntergang. Das weiße Gebäude rechts ist übrigens eine neu gebaute Schule – samt Dachgarten und Rutsche von einem Stockwerk ins andere. |
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Die Architektur IKopenhagen ist eine Architekturmetropole. Es gibt ein sehr gut gemachtes Architekturmuseum (mit einer Sonderausstellung zu Recycling und Nachhaltigkeit im Bau, die ich sehenswert fand) und es gibt fast überall in der Stadt nicht nur die typischen klassizistischen Straßenzüge (und einige sehr spitz aufragende Türme), sondern auch sehr sehr viele neuere spannende Bauten. Auf dem Bild hier sind die Kaktustürme zu sehen, die ich besonders eindrucksvoll fand. Ich bin mir allerdings nicht sicher, wie funktional eigentlich die weit ausragenden Betonelemente sind, wenn ein Balkon als Balkon genutzt wird. Die Türme sind mit dem Dach des IKEA-Neubaus verbunden, das öffentlich zugänglich ist. |
Die Architektur IIGut gelungen erscheint mir die Verbindung von Neuem und Alten in dem neuen Stadtteil „Carlsberg“ auf dem ehemaligen Brauereigelände (von dem noch das berühmte Elefantentor steht). Weniger beeindruckend als oft dargestellt dagegen Superkilen in Nørrebro – der Stadtpark wirkte bei meinem Besuch eher wenig angenommen und etwas heruntergekommen. |
Die Architektur IIIWeniger gut gefallen hat mir Ørestad – ein groß angelegter neuer Stadtteil auf der Insel Amager, zwischen Kopenhagen und dem Flughafen (und der Brücke Richtung Malmö). Hauptachse des Stadtteils ist die autonom fahrende Metro, die hier überirdisch auf Stelzen unterwegs ist. Links und rechts davon reihen sich Klötze an Klötze; erst ein wenig im „Hinterland“ finden sich Wohnsiedlungen. Hier gibt es ein Einkaufs- und ein Kongresszentrum, insgesamt wirkte das auf mich aber sehr nach dem Computerspiel „Cities Skylines“ und nicht nach einer menschengerechten Stadt – die Plätze wirkten verlassen und es gab spürbar mehr Autoverkehr. |
Photo of the week: Helsingør – Not the little mermaid – I
Ich war die letzte Woche in Kopenhagen (und Umland), und fand die Stadt sehr entspannt und lebenswert. Wie immer sind es viel zu viele Fotos, die ich aus einem Urlaub mitbringe. Das erste Drittel oder so ist inzwischen sortiert und bei Flickr eingestellt. Zu sehen sind da bisher Fotos aus Helsingør (ok, nicht ganz Kopenhagen, aber wo ich schon mal da war, und in der CopenhagenCard auch der etwas weitere Zugverkehr inkludiert war, habe ich mir Schloss Kronborg und die Stadt ein bisschen angesehen) und aus dem Kunstmuseum Lousiana in Humlebæk, aus dem Kopenhagener Viertel Vesterbro, in dem mein Hotel lag sowie Architekturfotos aus dem weitgehend neugebauten Carlsberg-Quartier. Und ein Blick in die Psychosphere-Installation in der Cisternerne, die ich recht eindrucksvoll fand.
Was ich nicht gesehen habe, ist die Kleine Meerjungfrau. Dafür ist auf dem Foto oben „Han“ (er) zu sehen, ein spiegelnder junger Mann, der auf die Kulturwerft Helsingør und das Schloss Kronborg schaut. Und über den Öresund nach Schweden.
Photo of the week: August garden: onion flower – II
Ein bisschen im Garten rumfotografiert – und festgestellt, dass es doch nach wie vor einen großen Unterschied gibt zwischen den iPhone-Photos (bei mir: iPhone 13 Mini) und Fotos mit der „richtigen“ Kamera, also einer Canon DSLR. Sollte häufiger mal wieder zu dieser greifen, denke ich.