Kurz: Raumfahrtsdebatte (Update 5)

Vor gut einem Jahr hat­te ich anläss­lich des Starts der „Jules Ver­ne“ schon ein­mal ein paar Gedan­ken zur Fra­ge bemann­te Raum­fahrt auf­ge­schrie­ben – ich selbst bin da ziem­lich zwie­ge­spal­ten zwi­schen Fas­zi­na­ti­on und Nüch­tern­heit. Mein dama­li­ges Fazit:

Kurz gesagt: unter den der­zei­ti­gen Bedin­gun­gen und den pla­ne­ta­ren Her­aus­for­de­run­gen, vor denen die Mensch­heit steht (Kli­ma­wan­del, Nach­hal­tig­keit, glo­ba­le Gerech­tig­keit usw.), scheint es mir sinn­vol­ler zu sein, Prio­ri­tä­ten anders zu setzen. 

Anläss­lich des 40-jäh­ri­gen Jubi­lä­ums der Mond­lan­dung ist das The­ma der­zeit wie­der in den Medi­en. So hat die sonn­taz vom gest­ri­gen Sonn­tag das The­ma „bemann­te Raum­fahrt“ als Streit der Woche – u.a. mit einem Con­tra-State­ment von Hettlich/Grüne. Auf der Pro-Sei­te steht, jetzt etwas platt zusam­men­ge­fasst, vor allem das Argu­ment, „das unse­re Inge­nieu­re was zum Spie­len haben und ihre Kunst­fer­tig­keit nicht ver­lie­ren“. Auch Chris­ti­an Rein­bo­th (CDU) nimmt die Kri­tik von Grü­nen und LINKE bei Sci­ence­b­logs auf – so rich­tig gute Argu­men­te für die nicht-auto­ma­ti­sier­te Raum­fahrt lese ich dort aller­dings nicht. Und bei Charles Stross wird noch ein­mal rich­tig deut­lich, wie auf­wän­dig – ener­ge­tisch wie admi­nis­tra­tiv – Raum­fahrt­pro­jek­te sind. 

Update: Sehe gera­de, dass es in der Sci­ence­B­logs-The­men­wo­che „40 Jah­re Mond­lan­dung“ auch noch einen deut­lich stär­ker argu­men­tie­ren­den Bei­trag von Flo­ri­an Frei­stet­ter gibt. Letzt­lich läuft sei­ne Argu­men­ta­ti­on auf „Raum­fahrt ist Grund­la­gen­for­schung und muss des­we­gen nicht direkt was brin­gen“ (soweit d’ac­cord), „nur Men­schen haben Ent­de­cker­geist“ (aber müs­sen die des­we­gen direkt dane­ben ste­hen?) und „Umsied­lung der Mensch­heit“ (sie­he mein Zehnt­klass­ar­gu­ment aus mei­nem älte­ren Blog­ein­trag) hinaus.

Update 2: Das Leben schreibt die bes­ten Sati­ren – lan­ge Arti­kel über defek­te 6‑Mio-Dol­lar-Toi­let­ten sind der bes­te Beweis dafür, dass Men­schen und deren Habi­tat im Welt­raum schlicht­weg extrem teu­er und auf­wän­dig sind.

Update 3: Ganz aktu­ell noch­mal Charles Stross – dort fin­det sich eine span­nen­de Debat­te über „was ver­dan­ken wir alles der Raum­fahrt“ (wobei es da nicht um die bemann­te Raum­fahrt geht, son­der ganz all­ge­mein …). Geht bis hin zu Powerpoint.

Update 4: (21.07.2009) Bei Tele­po­lis wird eben­falls gefragt: „Trotz aller Eupho­rie zum 40. Jubi­lä­um der ers­ten Mond­lan­dung bleibt vor allem in Zei­ten der Wirt­schafts­kri­se die Fra­ge, war­um Men­schen in lebens­feind­li­che Wüs­ten flie­gen sollten“.

Update 5: (22.07.2009) Noch ein von mir gern gele­se­ner SF-Autor äußert sich zum The­ma: Kim Stan­ley Robin­son in der Washing­ton Post. Sei­ne The­sen: wenn über­haupt, geht’s um den Raum zwi­schen Mars und Venus, wir soll­ten den Welt­raum mehr im Sin­ne „lebens­feind­li­che Wüs­te“ als im Sin­ne „zukünf­ti­ger Wohn­sitz“ betrach­ten, und wir soll­ten den rich­ti­gen Zeit­ho­ri­zont wäh­len: das der­zei­ti­ge Pro­blem ist es, die Erde noch in tau­send Jah­ren für Men­schen bewohn­bar zu hal­ten; wenn (bemann­te) Welt­raum­fahrt dazu die­nen kann, die­ses Pro­blem zu lösen, dann soll­ten wir sie unter­neh­men, sonst damit war­ten – als Mensch­heit eben ein paar hun­dert Jah­re – , bis das Pro­blem Kli­ma­wan­del etc. gelöst ist.

Natur/Gesellschaft: Technik an der Grenze – Beispiel Mobiltelefon

Fragestellung: Technik als Schnittstelle?

In mei­nem Pro­mo­ti­ons­vor­ha­ben beschäf­ti­ge ich mich mit dem Umgang mit all­täg­li­cher Tech­nik in Nach­hal­tig­keits­mi­lieus – ein Bei­spiel ist das Mobil­te­le­fon. An die­ser Stel­le möch­te ich aller­dings nur ein Detail her­aus­grei­fen, näm­lich pas­send zum The­ma „Grenz­über­schrei­tun­gen“ das Drei­ecks­ver­hält­nis zwi­schen „Gesell­schaft“, „Natur“ und „Tech­nik“ (Abb. 1). Zwi­schen den zwei For­men von Mate­ria­li­tät spannt sich ein Kon­ti­nu­um mit den Polen „Natur“, die ich als im Ver­hält­nis zum Men­schen unbe­streit­bar eigen­sin­ni­ge Mate­ria­li­tät defi­nie­re, und „Tech­nik“ als in Form gebrach­te und „infor­mier­te“ Mate­ria­li­tät. Am Bei­spiel des Mobil­te­le­fons sol­len nun unter­schied­li­che Ebe­nen dar­ge­stellt wer­den, auf denen Tech­nik an der Schnittstelle/Grenze zwi­schen Natur und Gesell­schaft agiert.

Abb. 1. Wechselwirkungen zwischen Materialität (Kontinuum 'Natur' – 'Technik') und Sozialität ('Gesellschaft')
Abb. 1. Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen Mate­ria­li­tät (Kon­ti­nu­um „Natur“ – „Tech­nik“) und Sozia­li­tät („Gesell­schaft“)

Theorien sozio-materieller Wechselwirkung

Im tra­di­tio­nel­len Blick der Sozio­lo­gie von Durk­heim bis Luh­mann zählt nur, was inner­halb der Gesell­schaft geschieht. „Natur“ wie „Tech­nik“ sind nur als kom­mu­ni­ka­ti­ve, also kul­tu­rel­le Reprä­sen­ta­tio­nen ver­tre­ten. Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen Sozia­li­tät und Mate­ria­li­tät wer­den igno­riert, eben­so die Tat­sa­che, dass sozia­le Prak­ti­ken (Reck­witz 2000; Sho­ve 2002) durch ihre mate­ri­el­len Grund­la­gen ulti­ma­tiv begrenzt sind und zugleich erst ermög­licht wer­den. Gleich­zei­tig trans­for­mie­ren Prak­ti­ken immer Mate­rie: gezielt in der Her­stel­lung z.B. einer tech­ni­schen Kon­fi­gu­ra­ti­on, aber eben­so in Form nicht inten­dier­ter und zuerst ein­mal „unsicht­ba­rer“ Hand­lungs­fol­gen (vgl. Beck 1986; Gid­dens 1992). Geziel­ten Trans­for­ma­tio­nen sind aller­dings auf­grund der mate­ri­el­len Eigen­dy­na­mik Gren­zen gesetzt (Picke­ring spricht von „mate­ri­al agen­cy“, Micha­el von „co-agen­cy“). Eine nicht in gesell­schaft­li­cher Selbst­be­schau ver­blei­ben­de Umwelt­so­zio­lo­gie muss die­se Bezü­ge auf­neh­men (vgl. Brand 1998); etwa im inter­dis­zi­pli­nä­ren Ansatz sozi­al-öko­lo­gi­scher For­schung (Becker/Jahn 2006). Über die bereits von Marx betrach­te­te Arbeits­welt (vgl. Görg 1999) hin­aus sind es Arte­fak­te, die die­se Wech­sel­wir­kun­gen im All­tag ver­mit­teln und verstärken.

Abb. 2. An der Praxis des Mobiltelefonierens beteiligte 'Akteure'
Abb. 2. An der Pra­xis des Mobil­te­le­fo­nie­rens betei­lig­te „Akteu­re“

Veranschaulichung am Beispiel Mobiltelefon

Eine heu­te sim­pel erschei­nen­de Pra­xis wie die Nut­zung eines Mobil­te­le­fons ist vor­aus­set­zungs- und fol­gen­reich. Neben der sozia­len Ein­bet­tung und kul­tu­rel­len Zuschrei­bun­gen (vgl. Bur­kart 2007) spielt dabei Mate­ria­li­tät eine gro­ße Rol­le (vgl. Agar 2003, Rel­ler et al. 2009). Das Arte­fakt Mobil­te­le­fon ist, getra­gen von viel­fäl­ti­gen „Akteu­ren“ (Abb. 2), in mehr­fa­cher Wei­se in die Ver­mitt­lung zwi­schen Natur und Gesell­schaft eingebunden:

1. Vor­aus­set­zung der Nut­zungs­pra­xis ist das Arte­fakt Mobil­te­le­fon als Pro­dukt eines glo­ba­len Her­stel­lungs­pro­zes­ses, der auf knap­pe Roh­stof­fe ange­wie­sen ist und der ris­kan­te Neben­ef­fek­te in der Roh­stoff­ge­win­nung und Pro­duk­ti­on aus­lö­sen kann.

2. Die Nut­zung des Mobil­te­le­fons ist an die Exis­tenz meh­re­rer Infra­struk­tu­ren gebun­den (Strom­netz; Funk­tür­me, um mobi­le Kom­mu­ni­ka­ti­on zu ermög­li­chen; IT), die wie­der­um fol­gen­reich sind.

3. Der meist dis­ku­tier­te Effekt wäh­rend der Nut­zung sind die Emis­sio­nen des Tele­fons und der Funk­tür­me („Elek­tro­smog“). Auch der ver­wen­de­te Ener­gie­mix ist nicht ohne Umwelt­fol­gen. Zudem wirkt das Arte­fakt selbst als mate­ri­el­ler Kör­per im Raum.

4. Am Ende der Gebrauchs­pha­se steht nicht nur die Ent­sor­gung (Elek­tro­schrott, Müll­hal­de, Recy­cling?), son­dern bei­spiels­wei­se auch der damit ver­bun­de­ne Ver­lust sel­te­ner Metalle.

5. Zu die­sen „direk­ten“ mate­ri­el­len Effek­ten kommt die Ebe­ne kom­mu­ni­ka­ti­ver Ver­mitt­lung: von der Land­schafts­wahr­neh­mung im Han­dy-Foto bis hin zur Umwelt­in­for­ma­ti­on per SMS.

Fehlende Verschränkung der Perspektiven

In sozio­lo­gi­scher Per­spek­ti­ve wird das Mobil­te­le­fon v.a. als per­so-nali­sier­tes, kul­tu­rell auf­ge­la­de­nes Kom­mu­ni­ka­ti­ons­me­di­um behan­delt, das sozia­le Bezie­hun­gen trans­for­miert. In öko­lo­gi­scher Per­spek­ti­ve steht das mög­li­che Gesund­heits­ri­si­ko im Vor­der­grund; in neue­rer Zeit kommt der Blick auf glo­ba­le Effek­te der Ver­wen­dung sel­te­ner Metal­le hin­zu. Dage­gen fehlt bis­her der sys­te­ma­ti­sche Blick auf die Ver­schrän­kung „mate­ri­el­ler“ und „dis­kur­si­ver“ Effek­te beim all­täg­li­chen Mobil­te­le­fo­nie­ren, bzw. auf deren Fehlen.

Zitierte Literatur

Agar, Jon (2003): Con­stant Touch. Cam­bridge: Icon Books.
Beck, Ulrich (1986): Risi­ko­ge­sell­schaft. Frank­furt am Main: Suhrkamp.
Becker, Egon; Jahn, Tho­mas (Hrsg.) (2006): Sozia­le Öko­lo­gie. Frank­furt am Main, New York: Campus.
Brand, Karl-Wer­ner (Hrsg.) (1998): Sozio­lo­gie und Natur. Opla­den: Leske+Budrich.
Bur­kart, Gün­ter (2007): Han­dy­ma­nia. Frank­furt am Main/New York: Campus.
Gid­dens, Antho­ny (1992): Die Kon­sti­tu­ti­on der Gesell­schaft. Frankfurt/ New York: Campus.
Görg, Chris­toph (1999): Gesell­schaft­li­che Natur­ver­hält­nis­se. Müns­ter: West­fä­li­sches Dampfboot.
Micha­el, Mike (2000): Recon­nec­ting Cul­tu­re, Tech­no­lo­gy and Natu­re: Lon­don: Routledge.
Picke­ring, Andrew (1995): The Mang­le of Prac­ti­ce. Chicago/London: Uni­ver­si­ty of Chi­ca­go Press.
Reck­witz, Andre­as (2000): Die Trans­for­ma­ti­on der Kul­tur­theo­rien. Wei­ler­swist: Velbrück.
Rel­ler, Armin et al. (2009): „The Mobi­le Pho­ne: Powerful Com­mu­ni­ca­tor and Poten­ti­al Metal Dis­si­pa­tor“, in GAIA 18, 2, 127–135.
Sho­ve, Eliza­beth (2002): Sus­taina­bi­li­ty, sys­tem inno­va­ti­on and the laun­dry. Lan­cas­ter: Lan­cas­ter University.

War­um blog­ge ich das? Text für ein Pos­ter für ein Pro­mo­vie­ren­den-Kol­lo­qui­um an der Uni­ver­si­tät Frei­burg – bin damit nicht so ganz zufrie­den (naja, vor allem unglück­lich über das von mir für das gewähl­te The­ma eher als ein­schrän­kend emp­fun­de­ne Pos­ter-For­mat) und woll­te das gan­ze mal in einem ande­ren For­mat und mit Feed­back-Mög­lich­keit sehen.

P.S.: War natür­lich der ein­zi­ge, der nicht genau gele­sen hat und A0 abge­lie­fert hat statt des erwünsch­te A1-For­mats, hat aber kei­ne gro­ße Rol­le gespielt. Das Pos­ter als PDF: Pos­ter „Natur/Gesellschaft“, Mile­sto­nes-Tagung 2009.

Nachhaltigkeit als soziologisches Thema?

Jemand frag­te mich gera­de, ob ich denn gute Tex­te zum The­ma „Nach­hal­tig­keit sozio­lo­gisch erklären/analysieren“ ken­nen wür­de. Ich fin­de die Fra­ge gar nicht so ein­fach. Nach­hal­tig­keit bzw. nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung sind im Rah­men der Umwelt­so­zio­lo­gie, ins­be­son­de­re wenn’s ange­wandt wird – sozi­al-öko­lo­gi­sche For­schung und so -, durch­aus nor­ma­ti­ve Ziel­vor­ga­be. Dort wird dann eher drum gestrit­ten wird, wie Nach­hal­tig­keit gemes­sen wer­den soll, was die rich­ti­gen Kri­te­ri­en sind, ob öko­lo­gi­sches Kapi­tal durch ande­re Kapi­tal­sor­ten ersetzt wer­den kann etc. Aus der Per­spek­ti­ve der all­ge­mei­nen Sozio­lo­gie stellt Nach­hal­tig­keit aber klar zuerst mal einen bestimm­ten poli­tisch-gesell­schaft­li­chen Dis­kurs dar, eine Ziel­vor­ga­be oder ein Leit­bild (je nach­dem, wel­cher theo­re­ti­sche Ansatz gewählt wird). Jeden­falls etwas, das nicht in sich bereits eine höhe­re Durch­set­zungs­kraft oder Gül­tig­keit als ande­re nor­ma­ti­ve Pro­gram­me trägt, son­dern – aus eben die­sem Blick­win­kel der all­ge­mei­nen Sozio­lo­gie – ver­gleich­bar ist mit ande­ren poli­ti­schen Zielsetzungen. 

Trotz die­ser Schwie­rig­keit hier mal eini­ge Tex­te, die ich hilf­reich fand, um sich sozio­lo­gisch mit Nach­hal­tig­keit auseinanderzusetzen:

All­ge­mein:

Becker, E.; Jahn, T. (Hrsg.): Sozia­le Öko­lo­gie. Grund­zü­ge einer Wis­sen­schaft von den gesell­schaft­li­chen Natur­ver­hält­nis­sen. Frank­furt am Main, New York: Cam­pus. – Gene­rel­ler Reader/Lehrbuch zum Ansatz der sozia­len Öko­lo­gie, geht auch auf Nach­hal­tig­keits­de­bat­te ein (S. 240–247).

Fritz, Peter / Huber, Joseph / Levi, Hans Wolf­gang (Hrsg.) (1995): Nach­hal­tig­keit in natur­wis­sen­schaft­li­cher und sozi­al­wis­sen­schaft­li­cher Per­spek­ti­ve. Stutt­gart: S. Hir­zel. – Band zu einer Tagung mit sozi­al- wie natur­wis­sen­schaft­li­chen Vor­trä­gen; der eine oder ande­re ist für die Nach­hal­tig­keits­de­bat­te inter­es­sant. Eher tech­ni­sche Definitionen.

Grun­wald, Armin / Kopf­mül­ler, Jür­gen (2006): Nach­hal­tig­keit. Frank­furt am Main/New York: Cam­pus. – Aus der Tech­nik­fol­gen­for­schung kom­men­der Blick auf unter­schied­li­che Ansät­ze der Nach­hal­tig­keit, geht auf Ope­ra­tio­na­li­sie­rung, Indi­ka­to­ren usw. ein.

Luks, Fred (2002): Nach­hal­tig­keit. Ham­burg: Euro­päi­sche Ver­lags­an­stalt. – Popu­lär­wis­sen­schaft­li­cher Über­blick über unter­schied­li­che Aspek­te von Nachhaltigkeit.

Umwelt­bun­des­amt (Hrsg.) (2002): Nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung in Deutsch­land. Die Zukunft dau­er­haft umwelt­ge­recht gestal­ten. Ber­lin: Erich Schmidt Ver­lag. – Amt­li­che Sicht der Dinge.

Sozio­lo­gisch:

Brand, Karl-Wer­ner (Hrsg.) (1997): Nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung. Eine Her­aus­for­de­rung an die Sozio­lo­gie. Opla­den: Les­ke + Bud­rich. – Schon etwas älte­rer Sam­mel­band, ins­be­son­de­re der Auf­satz von Weh­ling („Sus­tainable deve­lo­p­ment – eine Pro­vo­ka­ti­on für die Sozio­lo­gie?“) ist m.E. lesenswert.

Brand, Karl-Wer­ner / Jochum, Georg (2000): Der deut­sche Dis­kurs zu nach­hal­ti­ger Ent­wick­lung. MPS-Tex­te 1/2000, Mün­chen: Mün­che­ner Pro­jekt­grup­pe für Sozi­al­for­schung e.V. – Blick auf den Nachhaltigkeitsdiskurs.

Gro­ber, Ulrich (2002): »Mode­wort mit tie­fen Wur­zeln – Klei­ne Begriffs­ge­schich­te von ’sus­taina­bi­li­ty‘ und ‚Nach­hal­tig­keit‘«, in Gün­ter Alt­ner et. al (Hrsg.): Jahr­buch Öko­lo­gie 2003, Mün­chen: C.H. Beck, S. 167–175. – Umfang­rei­che Begriffsgeschichte.

Nöl­ting, Ben­ja­min / Voß, Jan-Peter / Hayn, Doris (2004): »Nach­hal­tig­keits­for­schung – jen­seits von Dis­zi­pli­nie­rung und any­thing goes«, in GAIA, Jg. 13, H. 4, S. 254–261. – Hier ist nach­hal­tig ganz klar als Ziel­sys­tem aner­kannt. Nöl­ting, Voß und Hayn stel­len dar, was das für Kon­se­quen­zen für ange­wand­te, trans­diz­si­pli­nä­re For­schung haben muss. 

Kauf­mann, Ste­fan (2004): »Nach­hal­tig­keit«, in Bröck­ling, Ulrich / Kras­mann, Susan­ne / Lem­ke, Tho­mas (Hrsg.): Glos­sar der Gegen­wart. Frank­furt am Main: Suhr­kamp, S. 174–181. – Sozio­lo­gisch auf­ge­klär­te Begriffs­kri­tik, stell­ver­tre­tend für den exter­nen Blick auf den Diskurs.

Krae­mer, Klaus (1997): »Nach­hal­tig­keit durch Kon­sum­ver­zicht? ‚Sus­tainable Deve­lo­p­ment‘ – eine sozio­lo­gi­sche Betrach­tung«, in Zeit­schrift für ange­wand­te Umwelt­for­schung, Jg. 10, H. 2, S. 198–209. – (Kultur-)soziologischer Blick auf Nachhaltigkeit.

Luks, Fred / Sie­mer, Ste­fan Her­mann (2007): »Whither Sus­tainable Deve­lo­p­ment? A Plea for Humi­li­ty«, in GAIA, Jg. 16, H. 3, S. 187–192. – Plä­doy­er dafür, erst mal inne­zu­hal­ten, selbst­re­flek­tiv zu wer­den, und dann erst mit Nach­hal­tig­keits­for­schung fortzufahren.

Trem­mel, Jörg (2004): »‚Nach­hal­tig­keit‘ – defi­niert nach einem kri­te­ri­en­ge­bun­de­nen Ver­fah­ren«, in GAIA, Jg. 13, H. 1, S. 26–34. – Ein Ver­such der Ope­ra­tio­na­li­sie­rung, der vor allem auf­grund der Ent­geg­nun­gen von Brand, Ott und Sie­fer­le im sel­ben Heft inter­es­sant ist.

Das ist jetzt bei wei­tem nicht voll­stän­dig, son­dern eher als Ein­la­dung zu ver­ste­hen, die­se Lis­te zu ergän­zen. Was ich hier bewusst kom­plett weg­ge­las­sen habe, ist der Blick auf spe­zia­li­sier­te Fel­der, also zum Bei­spiel „Nach­hal­ti­ger Kon­sum“, „Nach­hal­ti­ge Unter­neh­men“ oder „Lebens­sti­le und Nach­hal­tig­keit“. Was auch fehlt (Grunwald/Kopfmüller gehen glau­be ich dar­auf ein, wenn ich mich jetzt rich­tig erin­ne­re), ist der Blick auf Ope­ra­tio­na­li­sie­run­gen und Indikatorensysteme.

War­um blog­ge ich das? Weil ich mir den­ke, dass das The­ma auch ande­re inter­es­sie­ren könn­te (selbst wenn’s erst­mal ziem­lich unsau­ber run­ter­schrie­ben ist), um mei­ne eige­nen Gedan­ken zu sor­tie­ren und um mög­li­cher­wei­se Hin­wei­se auf wei­te­re Lite­ra­tur zu erhalten.

Kurz: Verfehlte Tofuwurstkritik

Ich muss nur mal schnell mei­nen Ärger über den Bei­trag von Till Ehr­lich aus der Wochen­ends-taz los­wer­den. Vor­geb­lich soll es sich dabei um eine klei­ne Kul­tur­ge­schich­te des Soja-Flei­scher­sat­zes han­deln. Tat­säch­lich fasst fol­gen­der Satz am Schluss das Pro­blem des Arti­kels gut zusammen:

Doch war­um kön­nen und wol­len Vege­ta­ri­er nicht auf Fleisch­ge­schmack ver­zich­ten? Und wes­halb grei­fen sie wirk­lich zu Tofu mit Wurst­aro­ma, obwohl sie Fleisch strikt ablehnen? 

Die­se Fra­gen impli­zie­ren doch zwei­er­lei: das zu einem „rich­ti­gen Essen“ eigent­lich – zumin­dest in unse­rem Kul­tur­kreis – immer auch Fleisch gehört, und alles ande­re zwei­te Wahl ist, und dass Vege­ta­rie­rIn­nen etwas gegen Fleisch­ge­schmack haben müssen. 

Hier kapiert jemand nicht, dass die Ent­schei­dung, sich vege­ta­risch zu ernäh­ren, in den meis­ten Fäl­len gesund­heit­lich oder poli­tisch-ethisch begrün­det ist – wer vege­ta­risch isst, tut das, weil es gesün­der sein soll, weil die Öko­bi­lanz von Fleisch ver­hee­rend ist, oder weil er oder sie es für falsch hält, Tie­re zu hal­ten und umzu­brin­gen, um sie zu essen. Nur die wenigs­ten wer­den wohl aus geschmack­li­chen Grün­den Vege­ta­rie­rIn­nen. Natür­lich ent­wi­ckelt, wer sich vege­ta­risch ernährt, eine ande­re Ästhe­tik des Essens als jemand, der das nicht tut. Das heißt aber noch lan­ge nicht, dass es einem Vege­ta­ri­er oder einer Vege­ta­rie­rin unmög­lich ist, mit Genuß, gebra­te­ne oder gegrill­te Pro­duk­te aus Tofu oder Seit­an zu essen, die das Aro­ma von Fleisch zitie­ren. Wer so etwas sug­ge­riert (um damit letzt­lich sei­ne kuli­na­ri­sche Abscheu vor „west­li­chem“ Tofu zu unter­mau­ern), macht was falsch – Spit­zen­koch hin oder her.

Kurz: Gemüse

Ich ver­su­che mich im Gärt­nern ohne Gar­ten. Ergeb­nis­se bisher:

Green chard I
Man­gold auf der Wohnzimmerfensterbank

Hairy vegetable plant IV
Dane­ben Tomaten

Young pumpkin plants
Und: ers­te Ansät­ze von Hok­kai­do-Kür­bis-Pflan­zen auf dem Balkon