Kurz: Technomagie

Viel­leicht müs­sen wir in Zukunft ein­fach zwi­schen „Tech­no­lo­gie“ (und Ablei­tun­gen wie „tech­no­lo­gie­of­fen“) einer­seits und „Tech­no­ma­gie“ (ent­spre­chend dann: „tech­no­ma­gie­of­fen“) ande­rer­seits unter­schei­den. In letz­te­re Kate­go­rie fal­len alle Wun­der­tech­no­lo­gien, die ganz kurz vor Voll­endung ste­hen, aber bis­her kei­ne Wir­kung ent­fal­ten kön­nen – Kern­fu­si­on, E‑Fuels, flie­gen­de Autos, die was­ser­stoff­be­trie­be­ne Hei­zung oder auch die wirk­lich den­ken­de KI. Also, kei­ne Wir­kung bis auf die, das Lösen von Pro­ble­men auf über­mor­gen zu ver­schie­ben und im Hier und Jetzt nichts tun zu müssen. 

Bei­spiel­sät­ze:

„Auf ihrem Par­tei­tag beschloss die FDP, sich wei­ter­hin für Tech­no­ma­gie­of­fen­heit einzusetzen.“

„Wind­rä­der, Solar­zel­len und Wär­me­pum­pen sind Zukunfts­tech­no­lo­gien, wäh­rend E‑Fuels noch im Bereich der Tech­no­ma­gie liegen.“

Und mög­li­cher­wei­se – das schmerzt mich als SF-Fan – ist eine Erklä­rung dafür, war­um eine Par­tei so unver­hoh­len auf magi­sches Den­ken setzt, dar­in zu fin­den, dass zwi­schen Sci­ence Fic­tion und Sci­en­ti­fic Liter­acy zu wenig unter­schie­den wird. Nicht alles, was in Roma­nen und Fil­men plau­si­bel und hübsch erscheint, wird irgend­wann Wirk­lich­keit wer­den. Auch, wenn „SF“ auf der Gen­re-Schub­la­de steht. Und nur, weil Clar­ke irgend­wann mal schrieb, „any suf­fi­ci­ent­ly advan­ced tech­no­lo­gy is indis­tin­gu­is­ha­ble from magic“, gilt der Umkehr­schluss halt trotz­dem nicht. Nur, weil etwas magisch funk­tio­nie­ren soll, gibt es noch längst nicht die pas­sen­de fort­ge­schrit­te­ne Tech­no­lo­gie dafür. 

Kurz: Schön ist das nicht

Nach­dem der Kanz­ler „Über­ra­schun­gen“ ver­spro­chen hat­te, wur­den ges­tern die Ergeb­nis­se des seit Sonn­tag tagen­den Koali­ti­ons­aus­schus­ses von Lars Kling­beil (SPD), Ricar­da Lang (Grü­ne) und Chris­ti­an Lind­ner (FDP) der Öffent­lich­keit vor­ge­stellt. Eini­ge gro­ße Streit­punk­te – etwa die Finan­zie­rung der Kin­der­grund­si­che­rung – waren wohl gar nicht The­ma, viel­mehr ging es „nur“ um Kli­ma­schutz, Ver­kehr und Wär­me­wen­de. Das State­ment von Kling­beil blieb vage-wohl­klin­gend. Lind­ner und Lang wur­den sehr viel kon­kre­ter, und stell­ten jeweils drei Punk­te als Ergeb­nis der „schwie­ri­gen Gesprä­che“ heraus. 

Zusam­men­ge­fasst: Kli­ma­schutz bleibt ein Ziel der Koali­ti­on, aber die Wege dahin wer­den eher ver­un­klart. Auf Sek­to­ren­zie­le soll ver­zich­tet wer­den, statt des­sen gibt es einen eher unschar­fen Kon­troll­me­cha­nis­mus. Geld in die Schie­nen­in­fra­struk­tur­mo­der­ni­sie­rung soll aus einer CO2-Abga­be zusätz­lich zur LKW-Maut kom­men. Die FDP bekommt ihr Son­der­pro­gramm für E‑Fuels und den beschleu­nig­ten Aus­bau von „Eng­päs­sen“ an Auto­bah­nen. Das Natur­schutz­recht soll mit den Län­dern neu ver­han­delt wer­den. Bei der Wär­me­wen­de wird noch­mals am Ziel fest­ge­hal­ten, Hei­zun­gen auf erneu­er­ba­re Ener­gien umzu­stel­len. Aus Sicht der FDP könn­te das auch die „H2-Rea­dy-Gas­hei­zung“ sein, oder Holz­pel­lets. Nun ja. Zudem soll die Wär­me­wen­de sozi­al abge­fe­dert wer­den, aller­dings – Lind­ner beton­te das – nicht aus dem Bun­des­haus­halt, son­dern aus dem Son­der­topf Kli­ma- und Trans­for­ma­ti­ons­fonds. Ach ja: und Auto­bah­nen und Schie­nen­stre­cken sol­len von PV beglei­tet wer­den, im Detail ist da aller­dings vie­les noch unklar.

Schön ist das alles nicht. Vie­les wur­de schon im Koali­ti­ons­ver­trag bzw. im letz­ten Koali­ti­ons­aus­schuss fest­ge­legt und muss­te nun erneut – gegen erneu­te Zuge­ständ­nis­se an die FDP – ver­han­delt wer­den. Deren Bockig­keit scheint sich zumin­dest kurz­fris­tig aus­zu­zah­len. Even­tu­ell war es schon ein Erfolg, dass nicht noch mehr an Kli­ma­zie­len ein­ge­ris­sen wur­de. Die FDP jubi­liert und geht in ihren Inter­pre­ta­tio­nen weit über das hin­aus, was ver­ein­bart wur­de. Ich ver­mu­te des­we­gen, dass sie bei der nächs­ten Gele­gen­heit erneut blo­ckie­ren und nach­boh­ren wer­den, und dass es kei­ne Ver­läss­lich­keit gibt. Das Wort Lind­ners scheint nicht viel zu zäh­len. Die SPD schaut zu und lässt machen. Mein Ein­druck: Scholz will nie­mand etwas zumu­ten. Er will der Kanz­ler sein, der dafür sorgt, dass der Kli­ma­schutz nie­mand läs­tig wird, das sich nichts ver­än­dert – eine ziem­lich kon­ser­va­ti­ve Posi­ti­on für den selbst­er­nann­ten „Kli­ma­kanz­ler“ einer „Fort­schritts­ko­ali­ti­on“. Auch das: kei­ne Überraschung. 

Was machen wir jetzt damit? Ich habe eine gewis­se Rest­zu­ver­sicht­lich­keit, dass die grü­nen Minister*innen es doch schaf­fen, ein paar ent­schei­den­de Hebel zu stel­len, beim Wind­kraft­aus­bau, bei der Pho­to­vol­ta­ik, eben auch bei der Wär­me­wen­de. Dass die Ver­kehrs­po­li­tik in den Hän­den der FDP liegt, stellt sich – Koali­ti­ons­ver­trag hin oder her – als gro­ßer Feh­ler her­aus. In der Sum­me: kei­ne ver­lo­re­nen Jah­re für den Kli­ma­schutz, aber es reicht halt nicht, wenn eine von drei Par­tei­en hier vor­an­geht, und die ande­ren brem­sen, wo es nur geht. Wäre das in einer schwarz-grü­nen Koali­ti­on bes­ser? Es gibt nichts, was dar­auf hin­deu­tet. Wäre ein Auf­kün­di­gen der Koali­ti­on, der Gang in die Oppo­si­ti­on oder in unsi­che­re Neu­wah­len bes­ser: auch das sehe ich nicht.

Aber viel­leicht braucht es eine Spur mehr Här­te und Schär­fe. Nie­mand mag eine Regie­rung, die sich strei­tet. Das ist eine Bin­sen­weis­heit. Aber eine grü­ne Koali­ti­ons­part­ne­rin, die immer nur Zus­ge­ständ­nis­se macht, macht sich klei­ner, als sie ist. Wenn Blo­cka­den und Angrif­fe auf SPD und FDP not­wen­dig sind, um etwas zu errei­chen – dann muss das wohl so sein. Schön ist das nicht. Aber viel­leicht effek­tiv. Und letzt­lich kommt es, weil die Kli­ma­kri­se mit einer Wachs­tums­funk­ti­on ver­bun­den ist, dar­auf an, so schnell wie mög­lich Pflö­cke ein­zu­ram­men und wei­chen zu stel­len. Wir wis­sen jetzt, dass die FDP dazu nichts bei­trägt, und dass der „Kli­ma­kanz­ler“ lie­ber zuschaut, als zu füh­ren. Es hängt also an uns. 

Das WissZeitVG als Musterbeispiel der Verschlimmbesserung

New UB II

Ich bin seit zwölf Jah­ren nicht mehr an der Uni beschäf­tigt, und beruf­lich wie ehren­amt­lich gehört Hoch­schul­po­li­tik schon seit eini­gen Jah­ren nicht mehr zu mei­nem Port­fo­lio. Trotz­dem ärge­re ich mich sehr über den jetzt vor­ge­leg­ten Eck­punk­te-Ent­wurf der Ampel-Hochschulpolitiker*innen und des BMBF zur Reform des Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­set­zes (WissZeitVG). Neben eini­gen viel­leicht sinn­vol­len Punk­ten wie etwa Min­dest­lauf­zei­ten für stu­den­ti­sche Ver­trä­ge ist ein zen­tra­ler Eck­punkt die­ser Reform die Ver­kür­zung der Post-Doc-Zei­ten von sechs auf drei Jah­re. Und das sorgt berech­tig­ter­wei­se gera­de für eine Wel­le der Empö­rung in den sozia­len Medi­en, auf die die genann­ten Hochschulpolitiker*innen lei­der alles ande­re als pro­fes­sio­nell reagie­ren. (P.S.: inzwi­schen hat das BMBF zumin­dest noch­mal neue Gesprä­che ange­bo­ten … ein gro­ßer Erfolg für , ich hof­fe, da bewegt sich dann auch etwas).

Irgend­wie gab es da wohl den Glau­ben, dass die Reform mit hüb­schen Share­pics, einem lächeln­den Politiker*innen-Foto und ein paar net­ten Wor­ten „ver­kauft“ wer­den kann. Die bei einem sol­chen Punkt vor­her­seh­ba­re Kri­tik – nicht nur von Leu­ten, die jetzt gera­de Post-Docs sind, also nach der Pro­mo­ti­on an der Hoch­schu­le for­schen und leh­ren, son­dern auch von vie­len Professor*innen, der GEW und sogar der Hoch­schul­rek­to­ren­kon­fe­renz – scheint für eini­ge über­ra­schend gekom­men zu sein. Umso mehr klam­mern sich die Ampel-Politiker*innen dar­an, dass sie es doch gut mei­nen, und dass alle, die es kri­tisch sehen, nur nicht ver­stan­den haben, wie gut sie es mei­nen. Ich neh­me wahr, dass dies bei der SPD und bei der ja eng mit dem BMBF ver­bun­de­nen FDP etwas mehr pas­siert und die grü­ne Hal­tung von Lau­ra Kraft und Nina Stahr etwas ver­hal­te­ner aus­fällt, aber das mag mein Bias bzw. eine lei­se Hoff­nung sein, dass ein sol­ches Gesetz letzt­lich nicht durch die Ampel durch­ge­hen kann. Jeden­falls dann nicht, wenn alle hoch­schul­po­li­ti­schen Akteur*innen jetzt gemein­sam deut­lich machen, dass das so ein­fach gro­ßer Mist ist. 

Gleich­zei­tig zeigt die­se Reform, wie schwie­rig gute und gelin­gen­de Hoch­schul­po­li­tik ist. Das hat lei­der etwas mit unse­rem Föde­ra­lis­mus zu tun: für die Rege­lung der Arbeits­zei­ten ist der Bund zustän­dig, für das meis­te ande­re an Hoch­schu­len die Länder. 

„Das WissZeitVG als Mus­ter­bei­spiel der Ver­schlimm­bes­se­rung“ weiterlesen

Berlin auf Rückwärtskurs

Man sieht sich immer zwei­mal ist ein ganz guter Grund­satz in der Poli­tik. Umso schrä­ger fin­de ich den Ver­such der SPD in Ber­lin, jetzt Grü­nen (und in zwei­ter Linie Lin­ken) die Schuld dafür zu geben, dass eine Fort­füh­rung der rot-grün-roten Koali­ti­on abge­lehnt wird und statt des­sen Frau Gif­fey ihre Par­tei dazu auf­for­dert, mit der CDU zu koalie­ren – als, wohl­gerkt, dann klei­ne­rer Part­ner. Der SPD-Lan­des­vor­stand hat das mehr­heit­lich so akzep­tiert, und auch die CDU ist wohl bereit dazu, mit der SPD Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen aufzunehmen. 

Mich erin­nert das Gan­ze an 2011 – da gab es eine rot-grü­ne Mehr­heit in Ber­lin, der dama­li­ge SPD-Chef Wowe­reit woll­te dann aber doch lie­ber mit der CDU eine Koali­ti­on ein­ge­hen (damals mit der CDU als klei­ne­rer Part­ner, also anders als heu­te). Schuld am Schei­tern der Ver­hand­lun­gen waren damals, laut SPD: die Grü­nen – und die Stadt­au­to­bahn A100. Die dies­mal sicher wie­der eine pro­mi­nen­te Rol­le gespielt hat.

Ich befürch­te, dass die nächs­ten drei Jah­re dann für Ber­lin eine Rol­le rück­wärts sind: Autos, Beton, ein eini­ge Jahr­zehn­te über­hol­tes Ver­ständ­nis von Stadt­ent­wick­lung und Sicher­heit. Wobei: die bei­den Par­tei­en sind vor allem in der Alters­grup­pe 60+ gewählt wor­den. Da passt das dann zusam­men. Bun­des­po­li­tisch sind wei­te­re Bun­des­rats-Veto-Mög­lich­kei­ten für die CDU eben­falls alles ande­re als toll.

Was natür­lich auch noch sein könn­te: die­se Wahl (die ja eine Wie­der­ho­lungs­wahl nach Wahl­feh­lern war) schlägt nach dem Fast-Stim­men­gleich­stand von SPD und Grü­nen mit 18,4 Pro­zent und 18,4 Pro­zent und einer Dif­fe­renz von am Schluss noch 53 Stim­men eine wei­te­re Vol­te, und die SPD-Basis lehnt dann den aus­ge­han­del­ten Koali­ti­ons­ver­trag ab. Oder die Mehr­heit im Abge­ord­ne­ten­haus kommt nicht zustan­de – auch das soll es ja schon gege­ben haben. Jeden­falls: wer ver­han­delt, mit dem Ver­hand­lungs­er­geb­nis nicht zufrie­den ist, und die Schuld dann bei der Gegen­sei­te ablädt, hat schlecht ver­han­delt. Sou­ve­rä­ni­tät sieht anders aus. 

2011 – als Wowe­reit lie­ber mit der CDU koalier­te als mit den Grü­nen – lag die SPD in Ber­lin übri­gens bei 28 Pro­zent, Grü­ne bei knapp 18 Pro­zent. 2016, fünf Jah­re spä­ter, hat­ten bei­de ver­lo­ren – die SPD sank auf 21,6 Pro­zent, Grü­ne auf 15,2 Pro­zent. Das Ergeb­nis war eine rot-grün-rote Regie­rung unter Mül­ler. Auch die CDU ver­lor in der Koali­ti­on mit der SPD deut­lich an Zustim­mung. Die Ver­mu­tung liegt nahe, dass die Ent­schei­dung der SPD, mit rund 18 Pro­zent in eine Koali­ti­on mit der CDU zu gehen, als klei­ne­rer Part­ner, am Ende nicht dazu führt, dass sie bei der nächs­ten Wahl 2026 auf Platz eins ste­hen wird. 

Ber­lin könn­te mir ja egal sein. Aber es ist frus­trie­rend, das alles mit anse­hen zu müs­sen. Und das geht selbst Tei­len der SPD so. Aus grü­ner Sicht kann dar­aus eigent­lich nur der Schluss gezo­gen wer­den, noch kla­rer als bis­her auf Eigen­stän­dig­keit zu set­zen. Und so groß zu wer­den, dass dann auch in grün-schwar­zen Bünd­nis­sen rich­tig was durch­ge­setzt wer­den kann. Auf die SPD ist jeden­falls kein Verlass. 

Kurz: Flugzwerg, der

Flug•zwerg, der, myth. Wesen, Kennz.: Flug­fä­hig­keit nur m. techn. Hilfsm. gegeb., für einen Zwerg ungew. Kör­per­grö­ße (äußerl.), aus­ge­pr. Dünn­häu­tig­keit u. zwer­genh. Sta­tur (innerl.); satr. Ver­wendg. 2023 nach­gew. („Flug­zwerg aus dem Mit­tel­stand“, Kar­nev. Aach., M.-A. St.-Z., Bsp.).