Kurz: Nomenklatur der Spaltungen

Das schöns­te an sich spal­ten­den Par­tei­en sind die phan­ta­sie­vol­len Namen der Abspal­tun­gen. Ein biss­chen erin­nert das an die fast ech­ten Par­tei­na­men bei dol2day – die Älte­ren wer­den sich erin­nern. In den letz­ten Jahr­zehn­ten also zum Beispiel:

SPD → WASG („Wahl­al­ter­na­ti­ve für Sozia­le Gerechtigkeit“)
Die Grü­nen → ÖDP („Öko­lo­gisch-Demo­kra­ti­sche Partei“)
Die Grü­nen → Ökolinx
FDP → Neue Liberale
AfD → ALFA („Alli­anz für Fort­schritt und Aufbruch“)

Was jetzt noch fehlt, ist DIE LINKE einer­seits (aber die zer­brö­ckelt eher intern in dut­zen­de Platt­for­men) und CDU/CSU ande­rer­seits. Kom­men bald die „Uni­on für Wirt­schaft und Euro­pa“ (UWE), die „Christ­lich-kon­ser­va­ti­ve Wer­te­ge­mein­schaft“ (ChkWg), die „Auto­kra­tisch-frei­heit­li­chen Demo­kra­ten“ oder die „Volks­par­tei Deutsch­lands“ (VPD) auf uns zu?

In letzter Zeit gelesen

What I read

In Baden-Würt­tem­berg dau­ert es noch bis Ende Juli, bis die Som­mer­fe­ri­en anfan­gen. Anders­wo sind sie da fast schon wie­der vor­bei. Unab­hän­gig davon möch­te ich ein biss­chen was dazu schrei­ben, was ich in den letz­ten Mona­ten so gele­sen habe (Gen­re: Sci­ence Fic­tion & Fan­ta­sy). Viel­leicht ist ja was dabei, was sich als Feri­en­lek­tü­re eignet.

* * *

Anfan­gen möch­te ich mit Ter­ry Prat­chetts Bro­me­li­ad, die bereits 1989/90 erschie­nen ist (dt.: Tru­cker. Wüh­ler. Flü­gel. 1996). Wenn ich mich rich­tig erin­ne­re, bin ich auf die­ses Werk von Prat­chett, das aber über eini­ge hart­nä­cki­ge Fans ver­fügt, auf­merk­sam gewor­den, weil es in eini­gen der Nach­ru­fe aus Anlass sei­nes Todes eine pro­mi­nen­te Rol­le spiel­te. Die Bro­me­lia­de (die aus den drei ein­zel­nen Bän­den Tru­ckers, Dig­gers und Wings besteht) erzählt die Geschich­te der win­zig klei­nen (G)nome, deren Welt ein Kauf­haus ist. Eines Tages lee­ren sich die Rega­le, die tra­di­tio­nel­len Feind­schaf­ten zwi­schen den Stock­wer­ken kom­men ins Sto­cken, und erst ein Nome aus der sagen­um­wo­be­nen Außen­welt fin­det kurz vor der dro­hen­den Schlie­ßung des Kauf­hau­ses eine Lösung. Aber damit beginnt erst ein Odys­see unge­ahn­ten Aus­ma­ßes. Ein klei­ner spre­chen­der Wür­fel spielt auch eine Rolle. 

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Kurz: Vollzeitnahe Teilzeit ist möglich. Aber wir müssen auch über Geld reden

Der­zeit fin­det ja die Befra­gung von Allens­bach zu Fami­li­en­mo­del­len recht viel Auf­merk­sam­keit. Ein Befund dabei zeigt, dass recht vie­le Fami­li­en nach wie vor (männ­li­che) Voll­zeit + (weib­li­che) Teil­zeit bzw. stun­den­wei­se Tätig­keit leben. Dabei wür­den vie­le Müt­ter ten­den­zi­ell ger­ne mehr Zeit mit Erwerbs­ar­beit ver­brin­gen, vie­le Väter „eigent­lich“ lie­ber voll­zeit­na­he Teil­zeit, also 25–30 Stun­den pro Woche, als Voll­zeit arbei­ten. Die­ser Befund ist nicht neu, auch als ich mich vor eini­gen Jah­ren an der Uni wis­sen­schaft­lich mit Geschlech­ter­ver­hält­nis­sen und Arbeit beschäf­tig­te, war das schon Stand des Wis­sens. Und auch mei­ne eige­ne Erhe­bung* zu den Lan­des­fors­ten Rhein­land-Pfalz zeig­te ein ganz ähn­li­ches Bild des Aus­ein­an­der­klaf­fens von Wunsch­ar­beits­zeit und Ver­trags­ar­beits­zeit. (Bei der Gele­gen­heit: inkl. Fami­li­en­ar­beit liegt die durch­schnitt­li­che wöchent­li­che Arbeits­zeit von Müt­tern in Deutsch­land heu­te deut­lich höher als die nach sel­bem Maß­stab gemes­se­ne Arbeits­zeit von Vätern).

Dass (voll­zeit­na­he) Teil­zeit ein gutes Modell für Erwerbs­ar­beit dar­stellt, die einem/einer noch Raum für ande­res lässt – Kin­der und Sor­ge­ar­beit, Frei­zeit, Erho­lung, aber auch für ehren­amt­li­che Poli­tik – passt zu mei­nen eige­nen Erfah­run­gen. An der Uni hat­te ich meist die übli­chen „hal­ben“ Stel­len, jetzt in der Land­tags­frak­ti­on war es mir wich­tig, unter­halb der 100% Erwerbs­ar­beit zu blei­ben. Bis vor kur­zem waren dies bei mir 70%, inzwi­schen sind es, mit einer Aus­wei­tung mei­ner Tätig­keits­fel­der, 80%. Das passt zu dem, was Arbeits­wis­sen­schaft­le­rIn­nen als „sozia­bel“ bezeich­nen, also eine (inhalt­lich durch­aus aus­fül­len­de) Erwerbs­ar­beit, die gleich­wohl Raum lässt für ein geleb­tes ega­li­tä­res Ver­tei­len von Fami­li­en­ar­beit und für sons­ti­ge pri­va­te und poli­ti­sche Inter­es­sen. Ich bin damit sehr zufrieden.

Wer über Teil­zeit spricht, muss aller­dings – und das dürf­te ein Fak­tor sein, der das kon­ser­va­ti­ve Fami­li­en­mo­dell stützt – auch über Geld reden (und eigent­lich auch über Kar­rie­re­chan­cen). Mit aka­de­mi­schen E13- oder E14-Stel­len (Tarif­ta­bel­le West, brut­to, 100%) ist voll­zeit­na­he Teil­zeit aus­kömm­lich. Ähn­lich dürf­te es bei halb­wegs qua­li­fi­zier­ten Tätig­kei­ten in der frei­en Wirt­schaft aus­se­hen. Aber ein sich über die Lebens­zeit bis zur dann eben­falls nied­ri­ger aus­fal­len­den Ren­te auf­sum­mie­ren­des Minus im Fami­li­en­ein­kom­men im Ver­gleich zu Voll­zeit arbei­ten­den Kol­le­gIn­nen bleibt. Und das ist selbst bei E13+ im Lebens­stan­dard spür­bar. Dass es deut­lich unter­halb die­ser Tari­fe schwie­rig wird, von Teil­zeit zu leben, heißt, dass The­men wie Arbeits­zeit­ver­kür­zung mit Lohn­aus­gleich auf den Tisch müs­sen – wenn nicht gleich die Grundeinkommensdebatte.

* Vgl. etwa Blum, S./Westermayer, T. (2010): Arbeits­zeit und Geschlecht im Reform­pro­zess einer Lan­des­forst­ver­wal­tung. WSI-Mit­tei­lun­gen Jg. 63, 1: 34–41.

Warum Click-Aktivismus etwas ändern kann

Eine ers­te gro­ße Wel­le von poli­tisch moti­vier­ten Pro­fil­bild­än­de­run­gen bei Face­book fand – mit tech­ni­scher Unter­stüt­zung durch den Kon­zern – im Som­mer 2015 anläss­lich eines weg­wei­sen­den Urteils des Supre­me Court zur gleich­ge­schlecht­li­chen Ehe (Ober­ge­fell v. Hod­ges) statt. Der fol­gen­de Text ist als Kom­men­tar dazu entstanden.

2015rainbowFace­book-Ava­tare in Regen­bo­gen­far­ben – und schon bricht eine Debat­te dar­über aus, ob das a. nur eine kon­for­mis­ti­sche Mode­wel­le, b. poli­ti­sches Enga­ge­ment oder c. ein fie­ser Trick Face­books ist, um an noch mehr Daten zu kom­men. (Lesen­wer­ter Hin­ter­grund auch zu c. und dazu, wie­so Face­book plötz­lich ein Tool anbie­tet, um das eige­ne Pro­fil­bild für „cele­bra­te pri­de“ in einen Regen­bo­gen zu tau­chen, fin­det sich hier). Und dann gibt es noch die Debat­te d. dar­um, ob die Ehe für alle in den USA über­haupt – auch aus pro­gres­si­ver Sicht – das rich­ti­ge Ziel ist, und ob ein damit ver­bun­de­nes Fär­ben der Pro­fil­bil­der nicht letzt­lich das fal­sche feiert.

Natür­lich ist es „Click­ti­vism“, wenn jede/r durch ein paar Maus­klicks das Pro­fil­bild ein­fär­ben kann, um damit eine Hal­tung aus­zu­drü­cken. Ich bin trotz­dem über­zeugt davon, dass die­se Form des Akti­vis­mus nicht unter­schätzt wer­den soll­te. Auch das Demons­trie­ren auf der Stra­ße, die Teil­nah­me an einem CSD oder das Tra­gen eines Anti-AKW-Auf­kle­bers auf der Akten­ta­sche sind nicht mehr – und nicht weni­ger – als sym­bo­li­sche Hand­lun­gen. Und wer eine Unter­schrif­ten­lis­te unter­zeich­net, mög­li­cher­wei­se sogar noch anonym, tut eben­falls etwas, ohne viel zu tun. So scheint es zumindest.

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Bundesjugendspiele, oder: Gesellschaft als Wettkampf

Mini ski

Über den Sinn und Unsinn von Online-Petio­nen lie­ße sich lan­ge strei­ten. Manch­mal hel­fen sie zumin­dest, ein The­ma auf die Agen­da zu set­zen. Bei­spiel: die vor eini­gen Tagen im Netz – und dann auch in den Medi­en – auf­ge­schla­ge­ne Peti­ti­on zur Abschaf­fung der Bun­des­ju­gend­spie­le. Die „Spie­le“ gibt es übri­gens seit 1951, den Vor­läu­fer seit 1920.

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