Nachdem mir bisher noch kein übergreifendes Fazit zur heutigen Veranstaltung zur Zukunft Parteiendemokratie eingefallen ist, doch lieber erst einmal das Foto der Woche – hier zu sehen ein Ausschnitt aus der interaktiven Installation Time of Doubles der Künstlergruppe Artificial Nature. Ein kleiner Teil der ZKM-GLOBALE-Austellung Exo-Evolution in Karlsruhe, die sich künstlerisch mit Zukünften, Wissenschaft, der Anpassung an künftige Naturen und neuen alten technischen Möglichkeiten auseinandersetzt. Ich war mit meinen Kindern da, und auch wenn einige Kunstwerke eher gruselig und nicht unbedingt kindgerecht sind (und zumindest anfangs ein „Nicht anfassen!“ mein ständiger Ruf war) gab es doch einiges, was die beiden sehr spannend fanden. Inklusive erster Schritte in die virtuelle Realität. Insofern trotz anderer Zielgruppe auch was für Schulkinder unter elterlicher Begleitung – Z. wollte es übrigens partout nicht als Kunst‑, sondern als Wissenschaftsausstellung sehen. So hat jede andere Schwerpunkte und Interpretationen. (Mir haben es ja besonders die mobilen autonomen Topfpflanzen angetan).
Kurz: Der Programmwettstreit ist eröffnet
Während die FDP bereits ein fertig verabschiedetes Wahlprogramm vorgelegt hat, gibt es von uns und von der CDU inzwischen Entwürfe, die im Winter abgestimmt werden.
- Bündnis 90/Die Grünen: Entwurf des Regierungsprogramms (Okt. 2015)
- CDU: Entwurf des Regierungsprogramms (Okt. 2015)
- FDP: Wahlprogramm zur Landtagswahl (Parteitagsbeschluss, Juni 2015)
Die SPD hat angekündigt, ihr Programm im Januar 2016 beschließen zu wollen, d.h. auch hier wird es vermutlich in Kürze einen Entwurf geben.
Auffällig ist, dass – mit Ausnahme der FDP – der Programmerstellung jeweils recht umfangreiche parteiinterne und teilweise auch öffentliche Beteiligungsprozesse stattgefunden haben.
Kurz: Partei der Vergangenheit
Ein Thema der baden-württembergischen Presse ist der Landesparteitag der AfD, der am vergangenen Wochenende stattfand. Tenor der Berichterstattung: Die AfD freut sich schon jetzt darauf, durch ihren Landtagseinzug Grün-Rot ein Ende zu bereiten. Und wenn dafür ein paar Monate lang die parteieigenen Rechtesextremen in Zaum gehalten werden müssen, will die baden-württembergische AfD das gerne tun.
In der Presseberichterstattung wurden auch zentrale Punkte aus dem Wahlprogramm der AfD dargestellt. Eigentlich könnte auch das Programm jeder halbwegs modernen und progressiven Partei genommen werden, und ein „nicht“ davorgeschrieben werden. Das Ergebnis heißt dann, zugespitzt: Grenzen zu, Fremdenfeindlichkeit und Angst um die Reinheit der eigenen Kultur, Genderhass – also die Ablehnung jeder Form von Toleranz für unterschiedliche sexuelle Orientierungen und Lebensformen sowie die Ablehnung aller Emanzipationsbestrebungen sowie – als neuer Akzent, der mit bisher nicht so bewusst war, auch ein „Nein zur Energiewende“ bis hin zur Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken. Und Europa wird ja bekanntlich auch nicht geliebt von der AfD.
Oder kürzer: diese Partei steht für das Zurückdrehen jeglichen gesellschaftlichen und ökologischen Fortschritts der letzten 50 bis 100 Jahre. Ihr Angebot heißt Backlash und Reaktion.
Grüne: Zerreißprobe – Zeit für Zusammenhalt
Foto: Bündnis 90/Die Grünen Baden-Württemberg, CC-BY-SA
Die Landesdelegiertenkonferenz der bayerischen Grünen hat sich gestern extrem knapp gegen einen Antrag ausgesprochen, der das am Freitag im Bundesrat durchgewunkene „Asylpaket“ abgelehnt hätte. Andere posten Austrittserklärungen, wechseln Landesverbände (aus NRW nach Thüringen) oder erklären laut, nicht mehr Grün wählen zu wollen.
Gegenschnitt: Vor einer Woche, Landesdelegiertenkonferenz der baden-württembergischen Grünen, in der Presse als „Krönungsmesse“ bezeichnet: nach einer 75-minütigen Rede, die etwa zur Hälfte die Flüchtlingssituation und das Handeln der Landesregierung, aber in recht deutlicher Form auch die anstehende Zustimmung zum „Asylpaket“ behandelte, gibt es minutenlang Beifall für Ministerpräsident Winfried Kretschmann, kurz darauf wird er mit einem Traumergebnis von 97 Prozent als Spitzenkandidat für 2016 aufgestellt.
Im Bundesrat melden sich ungewöhnlich viele RegierungschefInnen zum TOP Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz zu Wort.
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Selbstbild als Merkel-Fangirl
CC-BY-ND, Heinrich-Böll-Stiftung
Zu meinem großen Erstaunen fand ich die Bundeskanzlerin heute geradlinig, klug, sympathisch und präzise. Aber der Reihe nach: nach einigen Schüssen aus der Regierungskoalition gegen die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel gab es heute die Gegenoffensive – eine Rede vor dem Europäischen Parlament (habe ich nicht gesehen) und ein großes Interview bei Anne Will, das Merkel nutzte, um ihre Position darzulegen und zu erläutern. (Ja, der Hashtag „#merkelwill“ passte durchaus …)
Beeindruckt haben mich Sätze wie der, dass sie nicht bei einem Überbietungswettbewerb der Abschreckung mitmachen möchte, und wie sie die Idee, dass ein Selfie mit der Kanzlerin Fluchtanreiz sein könnte, als Populismus entlarvte. Beeindruckt hat mich auch, wie offen Merkel dazu stand, dass die Situation sich von Tag zur Tag ändern kann, dass auch sie nur optimistisch darauf setzen kann, dass wir es schaffen. Und schließlich hat mich beeindruckt, dass sie klar festgestellt hat, dass eine Abschottung Deutschlands schlicht nicht funktionieren würde, selbst wenn sie denn gewollt wäre, und dass eine Diskussion um Obergrenzen nicht sinnvoll ist.