Kurz: Noch zehn Tage bis zur Wahl

2016plakategruene

Noch zehn Tage bis zur Wahl. Die letz­te Umfra­ge sieht erst­mals wie­der eine eigen­stän­di­ge grün-rote Mehr­heit. Und Grü­ne und CDU lie­gen fast gleich­auf, in eini­gen Umfra­gen wer­den wir sogar mit 0,5 Pro­zent­punk­ten vor der CDU aus­ge­wie­sen. Ein völ­li­ges Novum in der baden-würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­po­li­tik. Kret­sch­mann zieht, inso­fern war es wohl rich­tig, im Wahl­kampf auf kla­re Per­so­na­li­sie­rung zu set­zen. Eine Wech­sel­stim­mung gibt es nicht. Das war 2011 ganz anders.

Noch zehn Tage bis zur Wahl. Die CDU begreift all­mäh­lich, dass das mit dem Wahl­sieg im Schlaf­wa­gen nicht so rich­tig klap­pen wird. Wolf ent­puppt sich als Spit­zen­kan­di­dat, der im Ver­gleich mit Kret­sch­mann kon­ser­va­ti­ve Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler eher abschreckt. In der um sich grei­fen­den Panik gehen die letz­ten Res­te an Wahr­haf­tig­keit und Anstand ver­lo­ren. Die CDU lau­ert nur dar­auf, dass Feh­ler gemacht wer­den. Und die Jun­ge Uni­on setzt auf das pefi­de Streu­en von Gerüch­ten. Angst­ma­chen – das hat schon 2011 nicht geklappt. Aber jetzt ist die Uni­on wie­der ganz bei sich, bei Map­pus. Regie­ren ist auch eine Stilfrage.

Noch zehn Tage bis zur Wahl. Ob die Umfra­gen sich in Stim­men nie­der­schla­gen, ob der grün-rote Vor­sprung hält bzw. aus­ge­baut wer­den kann – oder ob es doch ganz anders kommt: das wis­sen wir erst am Wahl­abend, am 13. März. Und dank des baden-würt­tem­ber­gi­schen Ein­stim­men­wahl­rechts wird auch erst am 13. März klar sein, wer ein­zieht, wer ein Direkt­man­dat erringt und wer aus dem Land­tag fliegt. Die Span­nung steigt – und damit auch die Ner­vo­si­tät auf allen Sei­ten. Jetzt heißt es: Ruhe bewah­ren, sou­ve­rän blei­ben und auf den let­zen Metern noch ein­mal alles geben. 

Kurz: Der Wind verstreut die Samen der Pusteblume

Street lifeDandelion flow

All zu ein­fa­che Medi­en­wir­kungs­theo­rien rufen in mir immer noch Skep­sis her­vor. Den­noch war es – sage ich als Kind der 1980er Jah­re – völ­lig gerecht­fer­tigt, dass der Tod des Fern­seh­mo­de­ra­tors Peter Lus­tig es bis auf die Titel­sei­te der FAZ geschafft hat. Löwen­zahn war eine Sen­dung, die in tie­fer Reso­nanz mit dem Zeit­geist der 1980er Jah­re stand. Für mich stell­te der öko-bes­ser­wis­sen­de Tüft­ler im Bau­wa­gen, der Kon­ven­tio­nen mit ent­waff­nen­der Freund­lich­keit außer Kraft setz­te, den Ein-ande­res-Leben-ist-mög­lich-Gegen­pol zu den als Jugend­buch getarn­ten Dys­to­pien von Gud­run Pau­se­wang dar. Und das zur Haupt­kin­der­sen­de­zeit im öffent­lich-recht­li­chen Rundfunk. 

Inso­fern bin ich mir ganz sicher, dass Löwen­zahn gewirkt hat – als Welt­erklär­sen­dung, aber auch als moral­set­zen­de Instanz für eine gan­ze Gene­ra­ti­on. So jemand wie Paschul­ke woll­ten wir nie wer­den. Jeden­falls hat Peter Lus­tig sei­nen Teil dazu bei­getra­gen, dass Umwelt­schutz, Tole­ranz und ganz unter­schied­li­che Lebens­mo­del­le zum west­deut­schen Maß­stab wur­den. Und ja: als Welt­erklä­rer im bes­se­ren Sin­ne. Als einer, der Expe­ri­men­te macht, der tüf­telt, der Din­ge lernt und der für Neu­es offen ist. Der nicht nur auf „öko“ setzt, son­dern sich auch einen Robo­ter bas­telt. Einer, der für sei­ne Hal­tung Bele­ge mit­bringt und gegen die Auto­ri­tä­ten nicht mit Wut, son­dern mit Exper­ti­se vor­geht. Und am Ende bricht der Löwen­zahn durch den Asphalt und ver­wan­delt die Stadt in eine grü­ne Welt.

Die Sen­dung Löwen­zahn lief bis 2005 mit Peter Lus­tig. Dank mei­ner Kin­der habe ich inzwi­schen die eine oder ande­re Fol­ge mit sei­nem Sen­dungs­nach­fol­ger Gui­do Ham­mes­fahr ali­as „Fritz Fuchs“ gese­hen. Und ich bin froh, dass im manch­mal doch schon sehr kom­mer­zi­ell wir­ken­den Pro­gramm des Kika wei­ter­hin ein unkon­ven­tio­nel­ler Mensch im Bau­wa­gen vor­bild­lich die Welt erklärt, und dabei neben­bei die Wer­te ver­mit­telt, die wir drin­gend brauchen. 

Was im Kurzprogramm der AfD zur Landtagswahl in Baden-Württemberg steht

Es gibt selbst in grü­nen Krei­sen den einen und die ande­re, die mehr oder weni­ger offen Sym­pa­thien zur AfD zei­gen. Oft schwingt da Poli­tik­ver­dros­sen­heit und ein „es denen da oben mal zei­gen“ mit. Und auch wenn die Hoff­nung, dass Argu­men­te hier hel­fen, begrenzt ist, erscheint es mir doch sinn­voll, vor der Land­tags­wahl in Baden-Würt­tem­berg in einem Monat mal zu zei­gen, was für einen Mist die AfD so behaup­tet. In eine ähn­li­che Rich­tung geht Kat­ta­schas Lek­tü­re des Lang­pro­gramms der AfD zur Land­tags­wahl in Baden-Würt­tem­berg.

Ich beschrän­ke mich im Fol­gen­den auf die auch in mei­nem Brief­kas­ten gelan­de­te „Kurz­fas­sung des Wahl­pro­gramms der AfD Baden-Würt­tem­berg zur Land­tags­wahl 2016«. Die übri­gens gleich mit einer Lüge anfängt, inso­fern das auf der Titel­sei­te abge­bil­de­te Neue Schloss zwar Sitz des Finanz­mi­nis­te­ri­ums ist, aber mit dem Land­tag – um den es bei der Wahl am 13. März geht – nicht so rich­tig etwas zu tun hat. Über die ein­zel­nen von der AfD zur Wahl gestell­ten Per­so­nen sage ich hier nichts, eini­ges dazu, wel­che Gestal­ten für die AfD antre­ten, fin­det sich hier.

Inter­es­sant fin­de ich, in was für einem Aus­maß die AfD in ihrem Kurz­pro­gramm Ver­schwö­rungs­theo­rien Raum gibt. Fak­ten spie­len dabei kei­ne gro­ße Rol­le. Aber das ist ja ein bekann­tes Sche­ma: Es wird irgend­ei­ne Behaup­tung in die Welt gewor­fen, und wenn – z.B. in den Medi­en – eine sach­li­che Erwi­de­rung dazu zu fin­den ist, dann ist das eben „Sys­tem­pres­se“ oder „Lügen­pres­se“, die ver­sucht, die „Wahr­heit“ zu ver­schlei­ern. Jede Wider­le­gung einer Behaup­tung wird so im rich­ti­gen Mind­set nur zum Fut­ter, um die Rich­tig­keit der Lüge zu bestä­ti­gen. Inso­fern wird auch der fol­gen­de Text bei Hard­core-Fans der AfD nicht zum Nach­den­ken füh­ren – aber viel­leicht bei eini­gen, die aktu­ell mit dem Gedan­ken spie­len, bei der Wahl zu zündeln.

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Photo of the week: Neon green

Neon green

 
Immer­hin das Moos leuch­tet grell­grün, und man­che Wie­se tut das auch. Ich war die­ses Wochen­en­de grün unter­wegs ‑in Ham­burg tag­te die Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft Wis­sen­schaft, Hoch­schu­le, Tech­no­lo­gie­po­li­tik (u.a. zum Aus­tausch mit der Ham­bur­ger Wis­sen­schafts­se­na­to­rin Katha­ri­na Fege­bank, zur Debat­te über den Imbo­den-Bericht zur Exzel­lenz­in­itia­ti­ve, und zu einer ers­ten Ideen­fin­dung für das Bun­des­tags­wahl­pro­gramm 2017). Und dann ging’s mit einer klei­nen Dele­ga­ti­on von Ham­burg nach Ber­lin, wir besuch­ten die BAG Ener­gie, um über Fusi­ons­for­schung zu dis­ku­tie­ren. Was durch­aus kon­tro­vers, alles in allem aber erfreu­lich sach­lich und niveau­voll statt­fand. Und dann im Nacht­zug wie­der nach Frei­burg zurück. Erhol­sam ist das nicht wirklich. 

Kommunikativer Vertrauensverlust in verunsicherten Zeiten

Waiting I

Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la pro­du­ziert immer, immer, immer Ver­un­si­che­rung. Und zer­stört damit gesell­schaft­li­ches Ver­trau­en. Das ist unaus­weich­lich. Trotz­dem kann es legi­tim sein, zu die­ser Form poli­ti­scher Akti­on zu grei­fen. Bei­spiels­wei­se dann, wenn es dar­um geht, etwas schein­bar Selbst­ver­ständ­li­ches in Fra­ge zu stel­len, an Insti­tu­tio­nen zu rüt­teln, Men­schen dazu anzu­re­gen, nach­zu­den­ken und nicht ein­fach hin­zu­neh­men, was ist. (Da hat Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la eini­ges mit Sozio­lo­gie gemein­sam, aber das ist eine ande­re Geschichte). 

Weil Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la Ver­trau­en zer­stört, und weil, wenn es eines gibt, was in die­ser Gesell­schaft gera­de fehlt, Ver­trau­en ist, bin ich so ver­är­gert dar­über, dass ges­tern jemand die Geschich­te in die Welt gesetzt hat, dass auf­grund des tage­lan­gen War­tens in der Käl­te vor dem Ber­li­ner „Lage­so“ ein Flücht­ling gestor­ben ist. Ich gehö­re zu den tau­sen­den Men­schen, die die­se Geschich­te geglaubt haben, und die sie wei­ter­ge­ge­ben haben. 

„Kom­mu­ni­ka­ti­ver Ver­trau­ens­ver­lust in ver­un­si­cher­ten Zei­ten“ weiterlesen