Von meinem nachweihnachtlichen Besuch in Bonn-Bad Godesberg habe ich diesen schönen Eindruck der tiefstehenden Wintersonne im Wald mitgenommen.
Science Fiction und Fantasy im November und Dezember 2024, Teil I
Irgendwie bin ich gar nicht dazu gekommen, mein SF- und Fantasy-Lesetagebuch für den November zu aktualisieren – Ende November/Anfang Dezember war einfach zu viel los. Dafür gibt es jetzt geballt meine Guck-Erlebnisse der letzten paar Wochen. Die Bücher folgen in Teil II.
Angeschaut habe ich mir die letzten Folgen von Star Trek: Lower Decks (Paramount+). Hier habe ich es sehr bedauert, dass die Serie jetzt zu Ende gegangen ist – auch wenn das Ende und die sehr gute letzte Folge die eine oder andere Hintertür für eine Fortsetzung aufstehen lassen hat.
Empfehlenswert auch Delicious in Dungeon (Netflix), eine japanische Anime-Serie, die wohl eine Manga-Reihe verfilmt. Warnung: die erste Staffel endet mit einem üblen Cliffhanger – und die zweite Staffel ist zwar wohl in Produktion, aber existiert noch nicht. Worum geht es: eine Gruppe von Abenteurern a la DnD versucht, in den tiefsten Stock eines Dungeons zu kommen, um eine der ihren aus den Klauen eines Drachens zu befreien. Dummerweise sind sie mittellos, und ihre verschiedenen Fähigkeiten sind noch nicht so besonders ausgeprägt. Was tun? Die Rettung naht in Form des Zwerges Senshi, der die Gruppe begleitet – und große Kunst darin entwickelt hat, aus den verschiedenen Tieren und Pflanzen, äh, Monstern des Dungeons schmackhafte Mahlzeiten zuzubereiten. Das alles mit einem gewissen Anspruch an Nachhaltigkeit und Verständnis für das Monster-Ökosystem. Es wird also gekocht, was durchaus ethische Fragen aufwirft, etwa wenn es um menschenähnliche Monster geht – und gleichzeitig erleben unsere Abenteurer eben … Abenteuer, wir lernen sie näher kennen, und stellen nach und nach fest, dass alles komplizierter ist, als es scheint. Ich warte gespannt auf die zweite Staffel!
Im Kino haben wir – als Weihnachtsfilm – Wicked angeschaut, quasi das Prequel zum „Zauberer von Oz“, und die Verfilmung eines erfolgreichen Musicals. Schon im Vorfeld wurde das große Staraufgebot beworben – Ariana Grande spielt die junge Galinda/Glinda, Jeff Goldblum den Zauberer von Oz als sich selbst, Michelle Yeoh eine Professorin für Hexerei. Aber so richtig überzeugend ist das Ergebnis trotzdem nicht. Das mag daran liegen, dass der Zauberer von Oz per se schon eher furchtbar ist, oder daran, dass hier die Origin Story von Glinda und Effi (der späteren „wicked witch of the west“) unglaublich langwierig und zäh ausgerollt wird. Und das ist nur der erste Teil, Teil zwei folgt nächstes Jahr zu Weihnachten. Noch am besten: dass die grünhäutige junge Hexe verfolgt und verbannt wird, weil sie sich für das Wohl der Tiere und ihrer Mitmenschen einsetzen will, statt alles der Macht unterzuordnen, mag in diesen Zeiten als politische Allegorie herhalten. Gesungen und getanzt wurde natürlich auch. Wir haben aus Gründen die deutsche Fassung mit englischsprachigen Liedern (mit Untertiteln) angeschaut. Das war dann teilweise surreal, weil die eingeblendete deutsche Übersetzung manchmal so gar nichts mit dem englischen Liedtext zu tun hatte. Nicht meines.
Um beim Gesang zu bleiben: im Theater Freiburg wurde A Handmaid’s Tale als Oper aufgeführt, mit deutschen und englischen Obertiteln. Margaret Atwoods Geschichte ist heute relevanter denn je, und das Theater hat das in seiner Inszenierung direkt mit der Gegenwart verbunden – am Anfang steht ein historischer Rückblick, der bei Trump und aktuellen Nachrichtenbildern beginnt und in der Zeit der religiös-faschistischen misogynen Diktatur Gilead endet. Auch das Stück selbst war gut inszeniert. Ich habe aber festgestellt, dass ich mit Operngesang nicht wirklich etwas anfangen kann, auch dann nicht, wenn die Oper eine SF-Dystopie als Grundlage hat.
Bleiben noch zwei Filme, die ich in den letzten Wochen gesehen habe. Zum einen das Beetlejuice-Original von 1988 mit seiner etwas verworrenen Geschichte und wunderbarer Late-80s-Ästhetik, und zum anderen Spaceman: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt (Netflix, 2024). Für meinen Geschmack ein bisschen zu mystisch da, wo der Weltraum selbst eine Rolle spielt, ansonsten aber durchaus sehenswert: Jakub Procházka ist der Vorzeigekosmonaut Tschechiens und nähert sich dem Jupiter. Der öde Alltag im Einpersonenraumschiff ist spürbar, das product placement für die Sponsoren und die eine oder andere Improvisation fügen sich passend ein. Parallel entfremdet sich seine auf der Erde zurückgebliebene Frau Lenka von ihm, da hilft dann auch das Quantenkommunikationsgerät nicht. Diese Beziehung und die eigenen biografischen Verletzungen aufzuarbeiten, gelingt Jakub allerdings erst auf Intervention eines spinnenartigen, psychisch begabten Außerirdischen hin, der plötzlich in seinem Raumschiff auftaucht. Die schwierige Annäherung zwischen Alien und Kosmonaut wird in diesem Fast-schon-Kammerstück gut herausgearbeitet. Insgesamt: ein schöner Film.
Photo of the week: Winter walk with frost, Gundelfingen – Wildtal – Zähringen – XXIX
Dieses Bild stammt zwar vom 1. Dezember, als es sehr kalt war und dann die Sonne durch den Nebel durchbrach (und es die Gelegenheit gab, wunderbare Kristallfäden zu finden) – trotzdem passt es aus meiner Sicht hervorragend zur heutigen Wintersommersonnenwende auf der nördlichen Halbkugel! Mögen die Tage heller werden!
In eigener Sache: Jahresrückblicksauszählung
Auch wenn das Jahr noch nicht ganz vorbei ist, habe ich doch mal geschaut, was sich in diesem (und in den letzten zwei Jahren) in meinem Blog so getan hat und meine Darstellung aus 2021 entsprechend aktualisiert:
Sichtbar wird: nach 2021 habe ich dann doch wieder mehr Lust am Bloggen gefunden, offensichtlich. Oder: die politische Lage in Deutschland und der Welt war so, dass ich mich ab und zu genötigt sah, was dazu zu schreiben. Dazu kommt ein regelmäßiger Blick auf meine SF- und Fantasy-Lektüre sowie (in 2022/23) das Ende von Twitter, wie wir es kannten, in 2023 ein Straßenbahnbürgerentscheid und in 2024 die Kommunalwahlen.
Kurz: Dystopische Einflussnahme
Irgendwie habe ich die Ansage verpasst, dass wir jetzt ins cyberpunk-dystopische abbiegen. Etwas zugespitzt: die klassischen Massenmedien wurden durch algorithmisch und durch ihre Eigentümer direkt-manipulativ steuerbare soziale Medien ersetzt, und die werden jetzt ebenso wie enorme Wahlkampfspenden, Schattenorganisationen und sogar komplette Fake-Newssites dazu genutzt, die Demokratie zu destabilisieren. Dahinter stecken teilweise staatliche Akteure – wenn etwa Russland nicht nur Le Pen und die AfD (und das BSW?) unterstützt, sondern über TikTok etc. es auch fast geschafft hätte, einen rechtsextremen Präsidenten in Rumänien zu installieren. Oder es sind Akteure wie der reichste Mann der Welt, Elon Musk, der jetzt klar sagt, dass er faschistische Parteien toll findet, der sein Netzwerk „X“ komplett darauf ausgerichtet hat, diese zu pushen – und der massig Geld in die Hand nimmt, um in den USA Trumps Wiederwahl und in Großbritannien die rechtsextreme Reform-UK nach vorne zu bringen.
Bundestagswahl 2025 – und wir gucken diesen Manipulationsbestrebungen eher hilflos zu. Die CDU (Spahn, Linnemann) finden Trumps Wahlkampf kopierenswert. Musk spricht sich für die AfD aus und wird daraufhin von Lindner angebettelt, der sich als Vertreter einer rechtslibertären Politik a la Milei profilieren möchte. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk lädt währenddessen weiter munter die AfD in Talkshows ein und verwickelt sich in Debatten, um „Tünkram“ (Scholz über Merz) oder die Beschimpfungen durch Merz schlimmer sind. Das nimmt fast loriot-badewannentaugliches Format an. Nur: eigentlich stehen wir grade vor ganz anderen Herausforderungen. Russischer Infokrieg mit Fehlinformationen, die es bis in Reden der CDU und Kommentare der ARD (von Trump kopieren …) schaffen. Klimakrise mit einem Ausmaß an Beschleunigung, das dann doch lieber ignoriert wird. Von Koalitionen und Duldungen mit/durch BSW ganz zu schweigen. Zwar besser als die AfD, aber so richtig demokratisch wirkt diese Kaderpartei auch nicht.
Kleiner Lichtblick: Verankerung der Grundelemente des Bundesverfassungsgerichtsaufbaus im Grundgesetz. Das dürfte zumindest eine direkte Wiederholung des Supreme-Court-Massakers erst einmal ausschließen. Aber in der Summe bleibt Entsetzen darüber, wann wir eigentlich in die Dystopie abgebogen sind.
P.S.: Ach ja, und die zunehmende Übernahme des Netzes durch Sprachmaschinen hätte ich auch noch erwähnen können …