Unsortierte Gedanken zu den Wahlen in Thüringen und Sachsen

Alte Parteischule, Erfurt (GDR, 1969)

Noch läuft die Aus­zäh­lung, aber die Hoch­rech­nun­gen sind jetzt so sta­bil, dass ich glau­be, sinn­voll etwas zu den bei­den Wah­len heu­te sagen zu kön­nen. Das sind aller­dings eher unsor­tier­te Gedan­ken als eine tie­fer­ge­hen­de Ana­ly­se o.ä.

Nach jet­zi­gem Stand erhält die AfD in Thü­rin­gen 32 der 88 (!) Sit­ze, die CDU 23, das neue BSW 15, die LINKE 12 und die SPD 6. Alle ande­ren Par­tei­en sind nicht im Land­tag ver­tre­ten, die FDP ist eben­so deut­lich raus­ge­flo­gen wie die GRÜNEN. Zu Beginn des Wahl­abends sah es so aus, als hät­te eine Koali­ti­on aus CDU, BSW und SPD eine Mehr­heit. Die wäre aktu­ell aller­dings auch nicht gege­ben, son­dern wird um einen Sitz ver­fehlt. Eine rech­ne­ri­sche Mehr­heit hät­ten dage­gen AfD und BSW – das wird aber wohl vom BSW (zum Glück) abgelehnt.

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Photo of the week: Enter the night, Glasgow

Enter the night, Glasgow

 
Um vom am Rand der Mer­chant City in Glas­gow gele­ge­nen Hotel zum Scot­tish Event Cam­pus zu kom­men, auf dem die World­con statt­fand, gab es zwei Mög­lich­kei­ten: zu Fuß, so 30 bis 40 Minu­ten, ent­lang der Cly­de, oder – zumin­dest zu den abends dann nicht mehr gege­be­nen Betriebs­zei­ten – mit der S‑Bahn. Hier bin ich zu Fuß zurück­ge­lau­fen, und – wie auf spä­te­ren Fotos vom sel­ben Abend zu sehen ist – gera­de noch recht­zei­tig ange­kom­men, bevor der gro­ße Regen los­ging. Zu die­sem Zeit­punkt war aber allen­falls ein Nie­seln in der Luft zu spü­ren, der Abend färb­te die regungs­lo­se Cly­de schwarz, und vom gegen­über­lie­gen­den Ufer schie­nen bun­te Lichter.

Hoffnung am Ende der Welt

SEC, Glasgow - II

Die Welt drau­ßen ist mal wie­der ziem­lich am Ende. Zeit­ge­nös­si­sche Sci­ence Fic­tion reagiert dar­auf auf drei Arten: sie setzt sich ers­tens direkt damit aus­ein­an­der – da sind wir dann bei „Cli­Fi“, Cli­ma­te Fic­tion und Ver­wand­tem, sei es Kim Stan­ley Robin­son, sei es T.C. Boyle, sei es mit ande­rer Per­spek­ti­ve Neal Ste­phen­son. Oder bei Wer­ken, die ande­re Pro­ble­me, die wir gera­de haben, direkt lite­ra­risch ver­ar­bei­ten. Aus­gren­zung und Inklu­si­on beispielsweise. 

Die zwei­te Reak­ti­on ist Eska­pis­mus. Das muss nichts schlech­tes sein. Sci­ence Fic­tion lan­det dann bei­spiel­wei­se bei der neus­ten Form der Space Ope­ra. Einen sehr guten Über­blick dar­über, was da alles drun­ter passt, gibt Jona­than Stra­han in sei­ner gera­de erschie­ne­nen Antho­lo­gie New Adven­tures in Space Ope­ra. Mit Nor­man Spin­rad spricht er davon, dass es sich bei Space Ope­ra nach wie vor um „straight fan­ta­sy in sci­ence fic­tion drag“ han­delt. Das gilt auch für das, was in den 2020er Jah­ren pas­siert, nach dem Höhe­punkt der „new space ope­ra“. Nur dass die­se Tex­te diver­ser und mul­ti­per­spek­ti­vi­scher sind, und sich kri­ti­scher mit den Poli­ti­ken und Macht­ver­hält­nis­sen in den jeweils ima­gi­nier­ten Wel­ten aus­ein­an­der­set­zen, als dies davor der Fall war. 

Drit­tens, und damit sind wir beim The­ma die­ses Tex­tes, erschei­nen eine Viel­zahl von Geschich­ten und Büchern, die irgend­wo zwi­schen „cozy“, Hope­punk und Solar­punk ein­sor­tiert wer­den kön­nen. Obwohl es Über­schnei­dun­gen gibt, ist Solar­punk doch noch ein­mal etwas ande­res als Cli­ma­te Fic­tion, und ist „cozy“ SF&F nicht iden­tisch mit der 2020er-Fas­sung von Space Ope­ra. Wir kom­men gleich zu Defi­ni­tio­nen – hier sei aller­dings schon ein­mal gesagt, dass die­se Grenz­zie­hun­gen weni­ger hart sind, als sie manch­mal erschei­nen, und teil­wei­se noch im Ent­ste­hen befind­lich sind. Mir geht es vor allem dar­um, einen Blick auf etwas zu wer­fen, was ich als aktu­el­len Trend in Sci­ence Fic­tion (und ein­ge­schränkt: Fan­ta­sy) wahrnehme.

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Photo of the week: Balloch / Whinny Hill Wood – XXII

Balloch / Whinny Hill Wood - XXII

 
Ein zwei­tes Foto von mei­ner Glas­gow-Lon­don-Straß­burg-Rei­se. Lei­der hat­ten wir nur einen Tag, um einen Blick auf Loch Lomond zu wer­fen. Dazu sind wir mit dem Zug von Glas­gow nach Bal­lo­ch gefah­ren (etwa eine Stun­de, gut ange­bun­den) und waren dann bei Bal­lo­ch Cast­le – das der­zeit wegen Reno­vie­rung geschlos­sen ist – am Ufer des Lochs und sind durch den sehr schö­nen Whin­ny Hill Wood spa­ziert, um in der Mit­te des Rund­gangs von oben einen Blick auf Loch Lomond und die High­lands wer­fen zu kön­nen. Trotz Nie­sel­re­gens sehr schön. 

Entfernte Verwandte im Stadtbild

Unlängst war ich in Leut­kirch, der Hei­mat­stadt mei­nes Vaters. Beim Gang durch die Stadt sind mir eini­ge Namen auf­ge­fal­len – die (lei­der leer­ste­hen­de) Kon­di­to­rei Albrecht, Stör und Wagen­seil, das pro­mi­nent in der Markt­stra­ße ste­hen­de Spiel­wa­ren­ge­schäft Zorn. Bekannt kamen mir die­se Namen vor, weil sie auch immer wie­der auf der All­gäu­er Sei­te mei­nes eige­nen Stamm­baums vor­kom­men. Das hat mich neu­gie­rig gemacht, ob denn da eine Ver­wandt­schafts­be­zie­hung besteht. 

Kon­kret habe ich dazu geguckt, wie es mit Spiel­wa­ren Zorn aus­schaut. Um die Span­nung raus­zu­neh­men: ja, es gibt eine Bezie­hung, aber um einen gemein­sa­men Vor­fah­ren zu fin­den, muss man bis ins 17. Jahr­hun­dert zurück gehen. 

Dass es über­haupt mög­lich ist, die­se Ver­bin­dung zu fin­den, hat vor allem etwas damit zu tun, dass der Stamm­baum der Fami­lie Zorn bis Mit­te des 20. Jahr­hun­dert akri­bisch doku­men­tiert ist. Auf der Web­site der Fami­lie Lei­precht fin­den sich die Bücher zur Fami­li­en­ge­schich­te der Fami­lie Zorn aus Kemp­ten, die Rudolf Schon­ger zusam­men­ge­stellt hat. Auf rund 1500 als JPEG ein­ge­scann­ten Schreib­ma­schi­nen­sei­ten wer­den hier mit vie­len Quel­len­ab­schrie­ben und Nach­wei­sen die (männ­li­chen) Äste der Fami­lie Zorn seit dem 13. Jahr­hun­dert aus­ge­brei­tet. Auf S. 724 fin­den wir dann den 1929 gebo­re­nen Paul Zorn, bei des­sen Tan­ten Käthe und Eli­se jeweils der Hin­weis „Korb- und Spiel­wa­ren­ge­schäft Leut­kirch“ ein­ge­tra­gen ist. Auch in der Zorn-Chro­nik (S. 725) steht ein biss­chen mehr zu die­sem Geschäft und dem Haus in der Marktstraße.

Gleich­zei­tig gibt es in der Schwä­bi­schen Zei­tung anläss­lich des 175-jäh­ri­gen Bestehen des Spiel­wa­ren­ge­schäfts einen recht aus­führ­li­che Arti­kel, in dem er heu­ti­ge Inha­ber von „Spiel­wa­ren Paul Zorn“, Burk­hard Zorn, zu Wort kommt, und in dem auch die Anzei­ge eines Jakob Zorn, Drechs­ler­meis­ter, aus dem Jahr 1847 doku­men­tiert ist, in dem die­ser dafür wirbt, Pfei­fen­köp­fe, Kin­der­spiel­wa­ren u.ä. her­zu­stel­len. In der Zorn-Chro­nik dürf­te dies Jacob Chris­toph Zorn (geb. 1816) sein (eben­falls auf S. 724 zu fin­den), also der Ur-Ur-Groß­va­ter des heu­ti­gen Inha­bers des Spielwarengeschäfts. 

Um eine gemein­sa­me Ver­bin­dung zu fin­den, müs­sen wir aller­dings noch fünf wei­te­re Gene­ra­tio­nen zurück­ge­hen. Dann lan­den wir bei Bal­tha­sar Zorn (1666–1714). Nähe­res zu ihm fin­den wir ab S. 700 der Zorn-Chro­nik. Die­ser Bal­tha­sar Zorn war Bier­brau­er und „Sackpfeiffer“-Wirt in Kemp­ten; sei­ne Gerichts­ak­ten fül­len eini­ge Sei­ten der Chro­nik. Sein Sohn Johann Zorn (1691–1739) war zwi­schen­zeit­lich Wirt in Leut­kirch, ging aber spä­ter wie­der – als Wirt – nach Kemp­ten zurück. Bal­tha­sar Zorns Enkel Abra­ham Zorn (geb. 1730) blieb schließ­lich als Wirt des „Wei­ßen Och­sen“ in Leut­kirch, sein Sohn, Bal­tha­sar Zorns Ur-Enkel Chris­toph Zorn (geb. 1762) wird als Drechs­ler in Leut­kirch benannt. Auch des­sen Sohn Abra­ham Zorn (geb. 1786) führt die­ses Hand­werk fort – und gibt es an sei­nen Sohn, den bereits genann­ten Jacob Chris­toph Zorn weiter. 

Bei Bal­tha­sars Eltern, dem Kemp­te­ner Metz­ger Hans Zorn (1625–1670) und sei­ner Frau Euph­ro­si­ne, geb. Bockh (1629–1691) kom­men nun die bei­den Lini­en zusam­men. Bal­tha­sar hat einen Bru­der, den Jacob Zorn (1651–1724, Kemp­ten). Auch des­sen Kin­der gehen nach Leut­kirch (vgl. Zorn-Chro­nik, S. 448 ff.). Das war damals aller­dings gar nicht so ein­fach – sein Sohn Johan­nes Zorn (1679–1744) erhält die Bür­ger­rech­te von Leut­kirch erst, nach­dem er (im Jahr 1700) zusagt, die Leut­kir­che­rin Rosi­na Mend­ler zu hei­ra­ten. Er wird spä­ter zum Mit­glied des Gerichts und des Rates und zum Zunft­meis­ter der Cram­er­zunft. Johan­nes Zorns Enkel heißt wie­der­um Johan­nes Zorn (1731–1815), ist Nad­ler und wird zum Stadt­am­mann Leut­kirchs; des­sen Sohn, Paul Zorn (1766–1839) wird Wirt des „Röß­le“ in Leut­kirch. Die Uren­ke­lin von die­sem Paul Zorn wie­der­um ist Euph­ro­si­ne (1852–1938), die den „Rad“-Wirt Gott­lieb Fried­rich Weix­ler hei­ra­tet (mei­ne Ur-Ur-Groß­el­tern).

Da die Leut­kir­cher Hand­wer­ker­fa­mi­li­en bis ins 19. Jahr­hun­dert hin­ein immer wie­der unter­ein­an­der gehei­ra­tet haben, kann es sein, dass es auch noch jün­ge­re Ver­bin­dun­gen gibt.