Ganz allmählich wird es Frühling. Draußen wachsen Schneeglöckchen und Krokusse, die ersten Osterglocken stehen kurz davor, mit dem Blühen zu beginnen, auch Mirabellen und Forsythien blühen schon. Ergänzend im Wohnzimmer Tulpen in der Vase. Hier ein bisschen verfremdet, den Möglichkeiten des Smartphones sei dank.
Berlin auf Rückwärtskurs
Man sieht sich immer zweimal ist ein ganz guter Grundsatz in der Politik. Umso schräger finde ich den Versuch der SPD in Berlin, jetzt Grünen (und in zweiter Linie Linken) die Schuld dafür zu geben, dass eine Fortführung der rot-grün-roten Koalition abgelehnt wird und statt dessen Frau Giffey ihre Partei dazu auffordert, mit der CDU zu koalieren – als, wohlgerkt, dann kleinerer Partner. Der SPD-Landesvorstand hat das mehrheitlich so akzeptiert, und auch die CDU ist wohl bereit dazu, mit der SPD Koalitionsverhandlungen aufzunehmen.
Mich erinnert das Ganze an 2011 – da gab es eine rot-grüne Mehrheit in Berlin, der damalige SPD-Chef Wowereit wollte dann aber doch lieber mit der CDU eine Koalition eingehen (damals mit der CDU als kleinerer Partner, also anders als heute). Schuld am Scheitern der Verhandlungen waren damals, laut SPD: die Grünen – und die Stadtautobahn A100. Die diesmal sicher wieder eine prominente Rolle gespielt hat.
Ich befürchte, dass die nächsten drei Jahre dann für Berlin eine Rolle rückwärts sind: Autos, Beton, ein einige Jahrzehnte überholtes Verständnis von Stadtentwicklung und Sicherheit. Wobei: die beiden Parteien sind vor allem in der Altersgruppe 60+ gewählt worden. Da passt das dann zusammen. Bundespolitisch sind weitere Bundesrats-Veto-Möglichkeiten für die CDU ebenfalls alles andere als toll.
Was natürlich auch noch sein könnte: diese Wahl (die ja eine Wiederholungswahl nach Wahlfehlern war) schlägt nach dem Fast-Stimmengleichstand von SPD und Grünen mit 18,4 Prozent und 18,4 Prozent und einer Differenz von am Schluss noch 53 Stimmen eine weitere Volte, und die SPD-Basis lehnt dann den ausgehandelten Koalitionsvertrag ab. Oder die Mehrheit im Abgeordnetenhaus kommt nicht zustande – auch das soll es ja schon gegeben haben. Jedenfalls: wer verhandelt, mit dem Verhandlungsergebnis nicht zufrieden ist, und die Schuld dann bei der Gegenseite ablädt, hat schlecht verhandelt. Souveränität sieht anders aus.
2011 – als Wowereit lieber mit der CDU koalierte als mit den Grünen – lag die SPD in Berlin übrigens bei 28 Prozent, Grüne bei knapp 18 Prozent. 2016, fünf Jahre später, hatten beide verloren – die SPD sank auf 21,6 Prozent, Grüne auf 15,2 Prozent. Das Ergebnis war eine rot-grün-rote Regierung unter Müller. Auch die CDU verlor in der Koalition mit der SPD deutlich an Zustimmung. Die Vermutung liegt nahe, dass die Entscheidung der SPD, mit rund 18 Prozent in eine Koalition mit der CDU zu gehen, als kleinerer Partner, am Ende nicht dazu führt, dass sie bei der nächsten Wahl 2026 auf Platz eins stehen wird.
Berlin könnte mir ja egal sein. Aber es ist frustrierend, das alles mit ansehen zu müssen. Und das geht selbst Teilen der SPD so. Aus grüner Sicht kann daraus eigentlich nur der Schluss gezogen werden, noch klarer als bisher auf Eigenständigkeit zu setzen. Und so groß zu werden, dass dann auch in grün-schwarzen Bündnissen richtig was durchgesetzt werden kann. Auf die SPD ist jedenfalls kein Verlass.
Photo of the week: Ice art
Kurz: Balkonsolar und Olivenöl
Letztlich hat es ziemlich genau ein Jahr gedauert vom ersten Gespräch mit dem Handwerker bis zur Befestigung zweier 325W-Module an meinem Balkon – Zählerwechsel durch die Gemeindewerke, Lieferprobleme, Fachkräftemangel, Corona, you name it – aber jetzt hängen sie und produzieren Strom. Dank Shelly-Messtoken und App lässt sich auch jederzeit nachschauen, was tatsächlich ins Haus läuft und da verbraucht wird. Und wie die Bewölkung gerade ist – die tatsächlich Leistung bei bedecktem Himmel oder nur indirekter Sonneneinstrahlung liegt eher bei 20–40 Watt, bei Sonnenschein und direkter Einstrahlung ohne Verschattung (Nachbarhaus!) ging es bisher bis 450 Watt hoch, möglich wären aufgrund des verwendeten normgerechten Wechselrichters bis 600 Watt. Sorgen, dass es Probleme mit der etwas älteren Elektroinfrastruktur hier im Haus geben könnte, haben sich nicht bewahrheitet.
Kurzer Physikexkurs: ein Watt ist ein Joule pro Sekunde. Um sich das mit den Joule besser vorstellen zu können: 100 ml Olivenöl, also ein Schälchen voll, haben einen Energiegehalt von etwa 3400 Kilojoule. Erstmal verwirrend: Watt ist an Zeit gekoppelt, wenn die Zeit rausgerechnet wird, kommen Wattsekunden (= Joule), Wattstunden (= 3600 Joule) oder Kilowattstunden (= 3600 Kilojoule) heraus. 400 Watt eine Stunde lang ergeben entsprechend 0,4 kWh. Oder, ganz grob gesagt: den Energiegehalt eines halben Schälchens Olivenöl.
Der düsterste Tag der letzten Woche hat einen Ertrag von 0,25 kWh, der sonnigste 1,4 kWh. Ich hoffe, dass das mit dem höheren Sonnenstand im Frühjahr und Sommer und der längeren Sonnenscheindauer noch etwas mehr wird und sich sichtbar auf den Strombezug unseres Haushalts auswirkt, der bisher so um die 8–9 kWh pro Tag liegt.
Photo of the week: Vitra, Weil am Rhein
Vor zwei Wochen haben wir die Ausstellung „Hello, robot.“ im Vitra Design Museum in Weil am Rhein besucht. Läuft noch bis 5. März 2023, mein Fazit ist allerdings durchmischt. Im Kern stammt die Ausstellung aus dem Jahr 2017. Und auch wenn einiges wohl überarbeitet wurde, sind fünf Jahre mit Blick auf das hier weit gefasste Themenfeld Roboter, AI, Digitalisierung unserer Welt doch eine ziemlich lange Zeit. Insbesondere die Machine Learning / Large Language Model-Entwicklungen der letzten Monate fehlen weitgehend.
Das Themenfeld der Ausstellung reicht von der Darstellung von Robotern in Literatur und Kunst über Kunstprojekte, die sich mit z.B. Drohnen, der Visualisierung von unsichtbaren Wellen oder mit immersiven (augmented reality) Zukunftsvorstellungen befassen, bis hin zu ausgestellten Industrierobotern, Prototypen (Boston Dynamic ist auch vertreten) und Werkstücken. Da wird’s dann allerdings auch ein bisschen langweilig: es gibt interaktive Stationen, ein großer Teil der Ausstellung ist jedoch statisch. Bestenfalls läuft neben dem als Designgegenstand positionierten Roboter ein Video auf einem Bildschirm, das diesen in Aktion zeigt. Aber vielleicht muss das in einem Design-Museum so sein: im Vordergrund steht nicht Interaktion (wie etwa in einem Science Center), und auch nicht der durch Informatik oder sozialwissenschaftliche Debatten vermittelte Zugang (ich denke da ans ZKM), sondern die Frage danach, was es für gestaltete Lebenswelten bedeutet, wenn dort Roboter mitmischen.
Hübsch gestaltet ist das alles ja, und die Vitra-Architektur selbst bei grauem Nieselwetter nett anzusehen. Wenn Weil jetzt noch eine Fußgängerzone hätte [1], statt einen Bahnhofsvorplatz mit sonntags geschlossenen Cafes …
Ein paar mehr Fotos in diesem Album bei Flickr.
[1] Wurde gerade in einem Bürgerentscheid abgelehnt.