Neben „rumliegen“ und „jagen“ beherrschen Katzen auch einen Neugier-Modus. Hier demonstriert das unsere Katze Miri.
Normale Dinge
Mit Normalität ist das ja so eine Sache. Und manchmal liegt die Verwechslung mit Normativität nahe. Das soll jedenfalls schon vorgekommen sein. Was normal ist, was die Norm ist, das sagen bekanntlich wir – die normalen Leute. Und deswegen hier zehn Dinge, die normal sind.
- Normal ist es, den Alltag so organisieren, dass alle Strecken zu Fuß, mit dem ÖPNV oder per Rad zurückgelegt werden können und Urlaubsziele nach Erreichbarkeit auszusuchen.
- Normal ist es, beim Einkaufen nicht nur auf den Preis, sondern auch auf Siegel zu achten, im Winter keine Erdbeeren zu kaufen und die Biogurken liegen zu lassen, wenn sie aus Spanien kommen.
- Normal ist es, vegetarisch zu kochen (und die Katzen trotzdem mit Fleisch zu füttern).
- Normal (wenn auch manchmal ziemlich nervig) ist es, elektrische Geräte auszuschalten, wenn sie nicht gebraucht werden. Und leider ist es auch ziemlich normal, beim Essen schnell mal eben aufs Handy zu schauen, und dagegen anzukämpfen, sich davon ablenken zu lassen.
- Normal ist es, Menschen (egal ob an Supermarktkasssn, im beruflichen Kontext oder sonst irgendwo, wo Kommunikation stattfindet) freundlich zu behandeln.
- Normal ist es, zu allem eine Meinung zu haben (was nicht heißt, sie immer auch sagen zu müssen). Normal ist es, seine Meinung zu ändern, wenn es gute Argumente dafür gibt, etwas anders zu sehen.
- Normal ist es, nicht mehr Überstunden zu machen als unbedingt notwendig und die eigene Zeit zwischen Erwerbsarbeit, Sorgearbeit, Ehrenamt und Zeit für eigene Hobbys und Aktivitäten gut zu verteilen.
- Normal ist es, sich zwischen Eltern möglichst zu gleichen Teilen um die Kinder zu kümmern (und diese möglichst früh auf Augenhöhe zu behandeln).
- Normal ist es, obskure Fakten, Bücher und Filme zu kennen.
- Normal ist es, davon auszugehen, dass alle anderen genau die selben Vorstellungen von Normalität haben wie man selbst.
Kurz: Die nähere Vergangenheit im Museum
In den letzten Wochen habe ich mir gleich zweimal Ausstellung angesehen, die sich der näheren Vergangenheit – konkret den 1970er und 1980er Jahren – widmen. Mit meinem Jahrgang, 1975, fühlt sich das etwas seltsam an, und gefühlt ist zumindest der Teil, den ich bewusst erlebt habe, also so etwa die zweite Hälfte der 1980er von Kohl über Tschernobyl bis zur deutschen Einheit, doch gerade erst gewesen.
Konkret: in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart läuft noch bis 27. August 2023 die kleine, aber fein gemachte und gut zusammengestellte Ausstellung Atom. Strom. Protest. Die für die politische Kultur Baden-Württembergs sehr prägende Debatte um die zivile Nutzung der Atomkraft wird hier nicht nur mit Bezug auf den erfolgreichen Kampf um ein AKW in Wyhl dargestellt, sondern breiter gefasst. Auch die Pro-Atom-Seite wird ausführlich gewürdigt. Das alles mit vielen Archivalien, relevanten Gegenständen und anhand einiger Lebensläufe. Die Ausstellung im WLB-Neubau ist kostenlos besuchbar. (Das Foto oben zeigt ein Mitmach-Element: historisierte Protestplakate, die allerdings für diese Ausstellung neu entstanden sind.)
Im Badischen Landesmuseum Karlsruhe geht es viel breiter gefasst noch bis Februar um die 1980er Jahre, die „wieder da“ sind. Trotz Eintritt stand hier eine lange Schlange vor der Kasse. Die Ausstellung im Karlsruher Schloss gliedert sich in Politik (natürlich auch Atomproteste, aber auch Frieden und Aufrüstung, Waldsterben und Wiedervereinigung), Pop/Musik und Alltagskultur (von Einrichtungsgegenständen bis zu Interrail und Privatfernsehen); das ganze dann jeweils noch mit dem BRD- und dem DDR-Blick. Die 80er sind im Museum verbunden mit viel Nostalgie und der Möglichkeit, sich zu beteiligen und hier und da auch interaktiv mitzumachen. Zielgruppe: 45 bis 55-Jährige (und deren Kinder). Wiedererkennungseffekt: sehr groß. Inklusive: steht bei uns auch noch irgendwo im Regal …
P.S.: Zu beiden Ausstellungen gibt es sehr gut gemachte Kataloge (bei den Atomprotesten ein Buch, die 80er aus Karlsruhe überzeugen mit einem „Magazin zur Ausstellung“, das im Layout Anleihen an Tempo etc. nimmt, und inhaltlich fast besser – informativer, facettenreicher, vielfältiger – als die Ausstellung selbst ist. Bonus: immer wieder wird auf Freiburg rekurriert – und SF und Cyberpunk finden auch ihren Platz).
P.P.S.: Abraten würde ich dagegen von dem in Karlsruhe zum Verkauf stehenden Band Das waren unsere 80er von Christoph Quarch und Evelin König. Der wirkt zunächst wie ein heiter-nostalgisches Generationenportrait, entpuppt sich auf der Tonspur allerdings als schwer auszuhaltende Besserwisserei zur These der einzig wahren Generation, in der noch alles gut war … Gefühl beim Lesen: würde den Autor (und in zweiter Linie seine Ko-Autorin) gerne laut und deutlich auf blinde Flecken, unzulässige Verallgemeinerungen der eigenen Biografie und ein sehr schräges Verständnis der Gegenwart hinweisen. Nein, trotz viel Natur, wenig komplexen Fernsehprogrammen und Rumhängen in der Clique war früher nicht alles besser, und weder ADHS noch Mobbing sind Erfindungen der Gegenwart.
Photo of the week: BUGA Mannheim 36
Photo of the week: BUGA Mannheim 30
Letzten Montag hatte ich die Chance, die Bundesgartenschau in Mannheim zu besuchen. Das lohnt sich nicht nur wegen der Seilbahn, die die beiden Gartenschau-Flächen verbindet (und nach Ende der BUGA leider wieder abgebaut wird), sondern auch, weil diese BUGA insgesamt sehr schön deutlich macht, wie eine nachhaltige und urbane, an Upcycling und Wiederverwertung orientierte Ästhetik einer Gartenschau aussehen kann. Weitere Fotos auf Flickr.