Anflüge von Wahl-O-Mat-Verdrossenheit

Mikado game III

Alle Wah­len wie­der gibt es nun­mehr – seit 2002 - den Wahl-O-Maten der Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung, inzwi­schen mit reich­lich Medi­en­part­nern, ähn­li­chen Tools der Par­tei­en und der­glei­chen mehr geseg­net. Es gibt sogar Abzo­cker-Nach­ah­mer.

Das Grund­prin­zip des Wahl-O-Mat ist über die Jah­re weit­ge­hend gleich geblie­ben: es wer­den vie­le – der­zeit 38 – The­sen mit „stim­me zu“/„neutral“/„stimme nicht zu“ gekenn­zeich­net, ein paar davon gewich­tet und dann geschaut, mit wel­cher Par­tei die eige­ne Posi­ti­on wie stark übereinstimmt.

Beim heu­ti­gen Test des aktu­el­len Wahl-O-Mat lagen bei mir Grü­ne und Lin­ke gleich­auf an der Spit­ze. Das wun­dert mich nicht wirklich. 

Mir ist aber auch auf­ge­fal­len, dass es vie­le Fra­gen gibt, die mir eher egal sind (und wo es mir egal ist, ob mei­ne eige­nen Posi­ti­on mit der einer Par­tei über­ein­stimmt oder nicht – das geht zwar mit „The­se über­sprin­gen“, was mir aber z.B. beim Aus­fül­len nicht klar war), dass eini­ge The­sen gar nicht sehr aus­sa­ge­kräf­tig sind („Die staat­li­che Betei­li­gung an pri­va­ten Ban­ken darf nur eine vor­über­ge­hen­de Not­lö­sung sein.“ – wenn ich jede staat­li­che Betei­li­gung ableh­ne, muss ich hier eben­so ableh­nen wie wenn ich fin­de, dass Ban­ken ver­staat­licht wer­den sol­len) und ande­re The­men (Kli­ma­schutz, eini­ges aus dem Bereich Netz­po­li­tik, …) kom­plett feh­len. Und dann wür­de ich bei Fra­gen wie z.B. der nach dem sofor­ti­gen Rück­zug aller deut­schen Trup­pen aus Afgha­ni­stan ger­ne kom­ple­xer ant­wor­ten kön­nen als mit ja/nein.

Wenn ich die FAQ rich­tig ver­ste­he, wur­de die Ein­ord­nung der Par­tei­en zudem durch die­se selbst – und nicht anhand der Par­tei­pro­gram­me o.ä. vorgenommen:

Den Par­tei­en und sons­ti­gen poli­ti­schen Ver­ei­ni­gun­gen wur­de eine Lis­te mit ins­ge­samt [in Work­shops mit jun­gen Men­schen ent­wi­ckel­ten, TW] 87 The­sen zuge­schickt. Sie wur­den gebe­ten, die The­sen ent­spre­chend der Par­tei­hal­tung mit „stim­me zu“, „stim­me nicht zu“ oder „neu­tral“ zu beant­wor­ten. Aus den aus­ge­füll­ten Lis­ten wur­den die­je­ni­gen The­sen rech­ne­risch ermit­telt, die kei­ne aus­rei­chen­de Unter­schei­dung der Par­tei­en und Wäh­ler­ver­ei­ni­gun­gen mög­lich mach­ten, und ent­fernt. Die Redak­ti­on hat aus den ver­blei­ben­den eine end­gül­ti­ge Aus­wahl von 38 The­sen getrof­fen, die in den Wahl-O-Mat ein­ge­bun­den wurden. 

Ent­spre­chend glau­be ich, dass der Wahl-O-Mat (irgend­wo bei Twit­ter schwirr­te auch die Idee her­um, doch gleich einen „Koal-O-Mat“ zu machen) durch­aus noch ver­bes­se­rungs­fä­hig ist. Dazu müss­te aller­dings in das Grund­kon­zept ein­ge­grif­fen wer­den. Ins­be­son­de­re könn­te ich mir vor­stel­len, dass die Ant­wor­ten auf die The­sen nicht von den Par­tei­en gege­ben wer­den, son­dern aus den Par­tei­pro­gram­men ent­nom­men wer­den (ist natür­lich deut­lich arbeits­in­ten­si­ver – also eine Kreu­zung aus Wahl-O-Mat und GESIS Wahl­por­tal), und dass vor der eigent­li­chen Abfra­ge eine Aus­wahl von zwei bis vier rele­van­ten The­men­ge­bie­ten erfolgt, zu denen dann The­sen kom­men. Wenn mir Umwelt­po­li­tik und Bür­ger­rech­te wich­tig sind, wür­den dann dazu mehr und detail­lier­te Thesen/Fragen kom­men als heu­te, und ande­res wür­de unter den Tisch fallen.

Ein ande­rer Vor­schlag: da eh gerech­net wird, könn­te statt ja-neu­tral-nein auch eine fei­ne­re Ska­la genom­men wer­den. Oder eine Aus­wahl zwi­schen zwei kon­kre­ten Vor­schlä­gen (eher X … eher Y) mit Abstu­fun­gen auf der Ska­la. Aber das ist viel­leicht zu viel der Komplexität.

War­um blog­ge ich das? Weil der Wahl-O-Mat inzwi­schen so ein biß­chen eine Pflicht­übung gewor­den zu sein scheint, der fri­schen Wind ver­tra­gen könn­te. Inter­es­sant wäre natür­lich auch zu wis­sen, ob es Unter­su­chun­gen dar­über gibt, ob der Wahl-O-Mat tat­säch­lich Effek­te auf die Wahl­be­tei­li­gung, die Poli­ti­sie­rung oder die poli­ti­sche Bil­dung hat – und wie vie­le ihn nut­zen, um zu ent­schei­den, wel­cher Par­tei sie ihre Stim­me geben.

Kurz: Die Kanzlerin in Freiburg

Die Kanz­le­rin, Ange­la Mer­kel, redet ja heu­te in Frei­burg (ihr ers­ter Besuch als Kanz­le­rin in der Stadt übri­gens – und ein rei­ner Wahl­kampf­ter­min, in den noch nicht mal ein Emp­fang beim Bür­ger­meis­ter rein­ge­passt hat). Das erklärt, war­um es reg­net. Anlass für den kur­zen Arti­kel hier ist aber was ande­res – näm­lich die Bericht­erstat­tung der Badi­schen Zei­tung. Ich find’s amü­sant, dass „Ange­la Mer­kel in Frei­burg“ mit einem lee­ren Rede­pult illus­triert ist. Wird sich wohl auch noch ändern, ist aber eigent­lich das tref­fends­te Bild für einen Wahl­kampf, in dem „nichts inhalt­li­ches sagen“ und „bloß kei­ne Prä­senz zei­gen“ (z.B. nach den CDU-Ver­lus­ten bei den Land­tags­wah­len) die Stra­te­gie der Kanz­le­rin bestimmen:

Merkel leer

Wettbewerb: Die beste Erststimme für Kerstin

Wie bereits mit­ge­teilt, kon­kur­riert unse­re grü­ne Kan­di­da­tin Kers­tin And­reae mit den Her­ren Erler (SPD) und San­der (CDU) um das Frei­bur­ger Direkt­man­dat. Dani­el San­der will es haben, weil damit drei Abge­ord­ne­te aus Frei­burg kämen, Ger­not Erler will es haben, weil er es bis­her – dank schmäh­lich ver­nach­läs­sig­ter grü­ner Leih­stim­men – schon hat­te. Was fehlt, sind gute Grün­de dafür, war­um das Direkt­man­dat wirk­lich unbe­dingt an Kers­tin gehen muss. Da geht jeden­falls noch mehr.

Um den Wahl­kampf ein biß­chen anzu­sta­cheln, rufe ich des­we­gen hier uns an die­ser Stel­le dazu auf, den bes­ten Grund dafür zu fin­den, war­um das Man­dat an Kers­tin gehen muss. Es gibt auch was zu gewin­nen: ein (1) ori­gi­nal grü­nes Direkt­man­dats­pla­kat – aus dem Wahl­kreis Fried­richs­hain-Kreuz­berg. Die Ent­schei­dung, wel­cher Kom­men­tar am bes­ten ist, erfolgt Sonn­tag unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit durch eine Jury (na gut: ich neh­me den Kom­men­tar, den ich am bes­ten finde).

Also – Mana­ge frei für die bes­te Erst­stim­me für Kers­tin im Kom­men­tar­feld. (Und falls jetzt jemand noch unsi­cher ist, lege ich schon mal vor: „Kers­tin And­reae muss das Direkt­man­dat bekom­men, weil nur so Frei­burg in der Wahl­be­richt­erstat­tung am Wahl­abend gebüh­rend gewür­digt wird.“)