Photo of the week: Balloch / Whinny Hill Wood – XXII

Balloch / Whinny Hill Wood - XXII

 
Ein zwei­tes Foto von mei­ner Glas­gow-Lon­don-Straß­burg-Rei­se. Lei­der hat­ten wir nur einen Tag, um einen Blick auf Loch Lomond zu wer­fen. Dazu sind wir mit dem Zug von Glas­gow nach Bal­lo­ch gefah­ren (etwa eine Stun­de, gut ange­bun­den) und waren dann bei Bal­lo­ch Cast­le – das der­zeit wegen Reno­vie­rung geschlos­sen ist – am Ufer des Lochs und sind durch den sehr schö­nen Whin­ny Hill Wood spa­ziert, um in der Mit­te des Rund­gangs von oben einen Blick auf Loch Lomond und die High­lands wer­fen zu kön­nen. Trotz Nie­sel­re­gens sehr schön. 

Entfernte Verwandte im Stadtbild

Unlängst war ich in Leut­kirch, der Hei­mat­stadt mei­nes Vaters. Beim Gang durch die Stadt sind mir eini­ge Namen auf­ge­fal­len – die (lei­der leer­ste­hen­de) Kon­di­to­rei Albrecht, Stör und Wagen­seil, das pro­mi­nent in der Markt­stra­ße ste­hen­de Spiel­wa­ren­ge­schäft Zorn. Bekannt kamen mir die­se Namen vor, weil sie auch immer wie­der auf der All­gäu­er Sei­te mei­nes eige­nen Stamm­baums vor­kom­men. Das hat mich neu­gie­rig gemacht, ob denn da eine Ver­wandt­schafts­be­zie­hung besteht. 

Kon­kret habe ich dazu geguckt, wie es mit Spiel­wa­ren Zorn aus­schaut. Um die Span­nung raus­zu­neh­men: ja, es gibt eine Bezie­hung, aber um einen gemein­sa­men Vor­fah­ren zu fin­den, muss man bis ins 17. Jahr­hun­dert zurück gehen. 

Dass es über­haupt mög­lich ist, die­se Ver­bin­dung zu fin­den, hat vor allem etwas damit zu tun, dass der Stamm­baum der Fami­lie Zorn bis Mit­te des 20. Jahr­hun­dert akri­bisch doku­men­tiert ist. Auf der Web­site der Fami­lie Lei­precht fin­den sich die Bücher zur Fami­li­en­ge­schich­te der Fami­lie Zorn aus Kemp­ten, die Rudolf Schon­ger zusam­men­ge­stellt hat. Auf rund 1500 als JPEG ein­ge­scann­ten Schreib­ma­schi­nen­sei­ten wer­den hier mit vie­len Quel­len­ab­schrie­ben und Nach­wei­sen die (männ­li­chen) Äste der Fami­lie Zorn seit dem 13. Jahr­hun­dert aus­ge­brei­tet. Auf S. 724 fin­den wir dann den 1929 gebo­re­nen Paul Zorn, bei des­sen Tan­ten Käthe und Eli­se jeweils der Hin­weis „Korb- und Spiel­wa­ren­ge­schäft Leut­kirch“ ein­ge­tra­gen ist. Auch in der Zorn-Chro­nik (S. 725) steht ein biss­chen mehr zu die­sem Geschäft und dem Haus in der Marktstraße.

Gleich­zei­tig gibt es in der Schwä­bi­schen Zei­tung anläss­lich des 175-jäh­ri­gen Bestehen des Spiel­wa­ren­ge­schäfts einen recht aus­führ­li­che Arti­kel, in dem er heu­ti­ge Inha­ber von „Spiel­wa­ren Paul Zorn“, Burk­hard Zorn, zu Wort kommt, und in dem auch die Anzei­ge eines Jakob Zorn, Drechs­ler­meis­ter, aus dem Jahr 1847 doku­men­tiert ist, in dem die­ser dafür wirbt, Pfei­fen­köp­fe, Kin­der­spiel­wa­ren u.ä. her­zu­stel­len. In der Zorn-Chro­nik dürf­te dies Jacob Chris­toph Zorn (geb. 1816) sein (eben­falls auf S. 724 zu fin­den), also der Ur-Ur-Groß­va­ter des heu­ti­gen Inha­bers des Spielwarengeschäfts. 

Um eine gemein­sa­me Ver­bin­dung zu fin­den, müs­sen wir aller­dings noch fünf wei­te­re Gene­ra­tio­nen zurück­ge­hen. Dann lan­den wir bei Bal­tha­sar Zorn (1666–1714). Nähe­res zu ihm fin­den wir ab S. 700 der Zorn-Chro­nik. Die­ser Bal­tha­sar Zorn war Bier­brau­er und „Sackpfeiffer“-Wirt in Kemp­ten; sei­ne Gerichts­ak­ten fül­len eini­ge Sei­ten der Chro­nik. Sein Sohn Johann Zorn (1691–1739) war zwi­schen­zeit­lich Wirt in Leut­kirch, ging aber spä­ter wie­der – als Wirt – nach Kemp­ten zurück. Bal­tha­sar Zorns Enkel Abra­ham Zorn (geb. 1730) blieb schließ­lich als Wirt des „Wei­ßen Och­sen“ in Leut­kirch, sein Sohn, Bal­tha­sar Zorns Ur-Enkel Chris­toph Zorn (geb. 1762) wird als Drechs­ler in Leut­kirch benannt. Auch des­sen Sohn Abra­ham Zorn (geb. 1786) führt die­ses Hand­werk fort – und gibt es an sei­nen Sohn, den bereits genann­ten Jacob Chris­toph Zorn weiter. 

Bei Bal­tha­sars Eltern, dem Kemp­te­ner Metz­ger Hans Zorn (1625–1670) und sei­ner Frau Euph­ro­si­ne, geb. Bockh (1629–1691) kom­men nun die bei­den Lini­en zusam­men. Bal­tha­sar hat einen Bru­der, den Jacob Zorn (1651–1724, Kemp­ten). Auch des­sen Kin­der gehen nach Leut­kirch (vgl. Zorn-Chro­nik, S. 448 ff.). Das war damals aller­dings gar nicht so ein­fach – sein Sohn Johan­nes Zorn (1679–1744) erhält die Bür­ger­rech­te von Leut­kirch erst, nach­dem er (im Jahr 1700) zusagt, die Leut­kir­che­rin Rosi­na Mend­ler zu hei­ra­ten. Er wird spä­ter zum Mit­glied des Gerichts und des Rates und zum Zunft­meis­ter der Cram­er­zunft. Johan­nes Zorns Enkel heißt wie­der­um Johan­nes Zorn (1731–1815), ist Nad­ler und wird zum Stadt­am­mann Leut­kirchs; des­sen Sohn, Paul Zorn (1766–1839) wird Wirt des „Röß­le“ in Leut­kirch. Die Uren­ke­lin von die­sem Paul Zorn wie­der­um ist Euph­ro­si­ne (1852–1938), die den „Rad“-Wirt Gott­lieb Fried­rich Weix­ler hei­ra­tet (mei­ne Ur-Ur-Groß­el­tern).

Da die Leut­kir­cher Hand­wer­ker­fa­mi­li­en bis ins 19. Jahr­hun­dert hin­ein immer wie­der unter­ein­an­der gehei­ra­tet haben, kann es sein, dass es auch noch jün­ge­re Ver­bin­dun­gen gibt. 

Photo of the week: London Euston – III

London Euston - III

 
Wie bei jeder Rei­se: gar nicht so ein­fach, zu ent­schei­den, wel­che weni­ge Fotos ich jetzt hier und nächs­te (und viel­leicht auch noch über­nächs­te) Woche prä­sen­tie­re. Die gesam­te Aus­wahl gibt es wie immer auf Flickr, bzw. bis­her etwa die Hälf­te der Fotos, die ich auf der Rei­se nach Glas­gow zur World­con gemacht habe (Rou­te: Frei­burg – Paris – Lon­don – Glas­gow – Lon­don (mit ein paar Stun­den Auf­ent­halt) – Paris – Straß­burg (unge­woll­ter­wei­se) – Freiburg). 

Hier ist ein orts­ty­pisch ver­reg­ne­ter Blick auf die Bau­stel­le hin­ter dem Bahn­hof Lon­don Eus­ton zu sehen – einer der drei Lon­do­ner Bahn­hö­fe, die in Lauf­wei­te zu ein­an­der lie­gen. Der Euro­star aus Paris kommt in St. Pan­cras an, direkt dane­ben befin­det sich King’s Cross samt dem aus Har­ry Pot­ter bekann­ten und inzwi­schen in eine Tou­ris­ten­fal­le ver­wan­del­ten Gleis 9 3/4, und rund zehn Minu­ten davon ent­fernt fin­det sich Eus­ton – hier fah­ren u.a. die Avan­ti-West­co­ast-Züge in den Nor­den Eng­lands und nach Schott­land ab. Inter­es­sant, wie unter­schied­li­che Infor­ma­ti­ons­sys­te­me auf Bahn­hö­fen gestal­tet sein kön­nen – und auch inter­es­sant, wie unter­schied­lich Zug­fah­ren gehand­habt wird. Das fängt bei der Ebe­ne der Warn­hin­wei­se und Hil­fe­stel­lun­gen an (kos­ten­freie Toi­let­ten, Mobi­li­täts­hil­fen, … und über­all „mind the gap“) und endet nicht bei der Zugangs­kon­trol­le – die Fahr­kar­te, die jede Gesell­schaft selbst ver­kauft, wird vor Ein­tritt ans Gleis kon­trol­liert, erst danach wird man über­haupt zum Zug gelas­sen, in die­sem Fall ein Pen­do­li­no, der von einer Toch­ter der ita­lie­ni­schen Staats­bahn, Tre­ni­ta­lia betrie­ben wird. In eng­li­scher Aus­spra­che wird aus Avan­ti-West­co­ast dann „no fan­cy west coast“ – war­um auch immer. Der Zug fährt in Lon­don los, fährt auf der West Coast Main Line, die in der Tat extrem inten­siv befah­ren wird – zumin­dest auf den ers­ten paar hun­dert Kilo­me­tern fah­ren nahe­zu stän­dig ande­re Züge auf Nach­bar­glei­sen zu sehen – und hält dann erst im Nord­wes­ten auf der Höhe von Man­ches­ter das ers­te Mal.

Photo of the week: Berlin at night

Berlin at night

 
In den nächs­ten Tagen kom­me ich hof­fent­lich dazu, mei­ne Fotos aus Glas­gow, Loch Lomond, Lon­don und Stras­bourg ins Netz zu stel­len. Als spä­tes Foto der Woche für die ver­gan­ge­ne Woche aber die­ses (durch sei­ne Unschär­fe ein biss­chen traum­haf­te) Bild, das ich im Juli in einer Nacht in Ber­lin auf­ge­nom­men habe.

The good kind of weird – Teil II

Offi­zi­ell soll­te die Bekannt­ga­be der Hugo-Awards – Herz der World­con – um 20 Uhr star­ten. Schon vor 19 Uhr bil­de­te sich eine beträcht­li­che Schlan­ge vor dem Ein­gang des „Arma­dil­lo“, wie über­haupt das Anste­hen in Schlan­gen einen erheb­li­chen Teil der World­con-Expe­ri­ence aus­mach­te. Jeden­falls dau­er­te es dann bis 20.30 Uhr, bis das Cly­de-Audi­torum dann tat­säch­lich gefüllt war: im vor­de­ren Drit­tel die Nomi­nier­ten und Gäs­te, hin­ten wir „ein­fa­che“ Fans, die aber immer­hin auch die­je­ni­gen sind, die über die Ver­ga­be der Hugos bestim­men. Dazu gleich mehr. 

Eine gedul­di­ge war­ten­de bun­te Men­ge, teil­wei­se in Abend­gar­de­ro­be, teil­wei­se in Ver­klei­dung, teil­wei­se in Abend­gar­de­ro­be ver­klei­det. Rund um mich her­um min­des­ten vier oder fünf Spra­chen, nicht nur das all­ge­gen­wär­ti­ge Eng­lisch – mit oder ohne schot­ti­scher Ein­fär­bung – son­dern auch Schweit­zer­deutsch, Fin­nisch und Chi­ne­sisch. Blau-lila Farb­spie­le an den Wän­den; vio­lett ist die Signa­tur­far­be die­ser Glasgow-Worldcon. 

Es wer­den letz­te Sel­fies gemacht. Im vor­de­ren Bereich neh­men Grup­pen aus Chi­na teil, die wohl extra für die­se Preis­ver­lei­hung ange­reist sind; unter den Nomi­nier­ten sind auch chi­ne­si­sche Publi­ka­tio­nen. Auch das hat etwas mit dem Ver­fah­ren zu tun, wie die Hugos ver­ge­ben wer­den. Spoi­ler: Prei­se gab es keine. 

Dass die Hugos, die es seit den 1950ern gibt, immer noch vor allem ein Fan-Award sind, zeigt sich nicht nur im Ver­ga­be­ver­fah­ren, son­dern auch an der Viel­zahl von Kate­go­rien, in denen Prei­se ver­ge­ben wer­den. Dazu gehö­ren Fan Art und Fan­zines, Pod­casts und „best rela­ted work“ – aber auch die gro­ßen, renom­mier­ten Prei­se, die ganz am Ende der Zere­mo­nie ver­ge­ben wer­den, für die bes­te Kurz­ge­schich­te, die bes­te Novel­le und den bes­ten Roman aus dem ver­gan­ge­nen Jahr. 

Vor­schlä­ge für all die­se Kate­go­rien kön­nen von den Mit­glie­dern der WSFA ein­ge­reicht wer­den – das sind alle Teil­neh­men­den der ver­gan­ge­nen und aktu­el­len World­con. Die World­con 2023 fand zum ers­ten Mal – durch­aus kon­tro­vers bewer­tet – in Chi­na statt. Inso­fern nicht ver­wun­der­lich, dass in vie­len Kate­go­rien auch chi­ne­si­sche Wer­ke nomi­niert wur­den, die mir – und ver­mut­lich vie­len ande­ren – aller­dings wenig sagten.

„I‘m a Hugo voter“ – die eigent­li­che Wahl unter den fünf oder sechs Nomi­nier­ten fin­det vor der World­con statt, die digi­ta­len Wahl­ur­nen schlie­ßen eini­ge Tage vor Beginn. Aus­ge­zählt wird nach einem – wir sind unter Nerds – Prä­fe­renz­wahl­ver­fah­ren. Als Wähler*in gebe ich eine Rei­hung je Kate­go­rie, aus denen dann in einem mehr­stu­fi­gen Ver­fah­ren mit Über­tra­gung der übri­gen Stim­men der aus­schei­den­den Nomi­nie­run­gen auf die übri­gen Plät­ze ermit­telt wird, wer die Hugo-Awards erhält.

Mehr dazu (und zu allen Ergeb­nis­sen in allen Kate­go­rien) ist auf der Web­site theHugoAwards.org zu fin­den. Im Saal wur­de eine stark gekürz­te Geschich­te der Awards und des Ver­fah­rens prä­sen­tiert, dann begann – mit eini­gen Hol­pern und tech­ni­schen Pro­ble­men, wir sind, wie gesagt, wei­ter im Bereich der Fan-Orga­ni­sa­ti­on – die eigent­li­che Nen­nung der Gewinner*innen, und so sie anwe­send waren, deren mehr oder weni­ger trä­nen­rei­che und vor­be­rei­te­te („I just wro­te this on my pho­ne …“) Accep­tance-Spee­ches, mal zur Sache, und ab und an zur Welt­po­li­tik. Nicht ganz Oskar-Niveau, aber doch sehr spannungsreich. 

Ich will jetzt nicht auf alle 18 oder so Prei­se ein­ge­hen, son­dern nur sechs hervorheben:

Der Hugo für das bes­te „rela­ted work“ ging – zu deren Erstau­nen (aber völ­lig zu Recht) – an Zach und Kel­ly Wei­ners­mith für A City on Mars, deren lus­tig geschrie­be­ne, sehr ernst­haf­te Aus­ein­an­der­set­zung mit der Unmög­lich­keit, Mond und Mars zu besie­deln. Uner­war­tet, weil das völ­lig an der Final-Fron­tier-Tra­di­ti­ons­li­nie vor­bei­geht, die die Sci­ence Fic­tion lan­ge Zeit geprägt hat. Wenn ich mir anschaue, wie vie­le Panels auf der World­con sich mit Solar­punk und der erneu­ten Hin­wen­dung zu unse­rem Hei­mat­pla­net befass­ten, war die­ser Erfolg viel­leicht gar nicht so uner­war­tet – und passt in gewis­ser Wei­se zu den wei­te­ren Preisträgerinnen.

Der Hugo für die bes­te Serie ging an Ann Leckie für deren Impe­ri­al Rad­ch-Serie. Die ist jetzt einer­seits doch tra­di­tio­nel­le Sci­ence Fiction/Space Ope­ra, inso­fern sie in irgend­wel­chen fer­nen Wel­ten spielt. Ande­rer­seits ist Leckies Serie eine inten­si­ve Aus­ein­an­der­set­zung mit künst­li­chen Intel­li­gen­zen (in ver­teil­ten Kör­pern), spielt mit einer Kul­tur, die kon­se­quent nur ein Geschlechts­pro­no­men ver­wen­det („she“) und hat viel mit Fremd- und Anders­ar­tig­keit zu tun. Moti­ve, die sich alle­samt in vie­len erfolg­rei­chen Wer­ken der letz­ten Jah­re finden.

Nao­mi Krit­zer hat (eben­falls sehr ver­dient) gleich zwei Hugos gewon­nen, und zwar für die bei­den Geschich­ten „Bet­ter living through algo­rith­ms“ (Best short sto­ry) und „The year wit­hout suns­hi­ne“ (Best novel­let­te). Bei­de sind m.W.n. online zu fin­den, und lesens­wert. Ich wür­de bei­de irgend­wo in dem Feld aus Cozy SF – Hope­punk – Solar­punk ein­sor­tie­ren. „Bet­ter living …“ setzt sich damit aus­ein­an­der, was pas­siert, wenn Men­schen die „Erlaub­nis“ bekom­men – hier durch den titel­ge­ben­den Algo­rith­mus – sich Zeit für die Din­ge zu neh­men, die ihnen wich­tig sind. „The year wit­hout suns­hi­ne“ han­delt von ganz nor­ma­len Men­schen in einer Nach­bar­schaft, mit und ohne Behin­de­run­gen, die in einer Kri­se auf sich selbst gestellt sind. Statt zum Krieg aller gegen alle kommt es zu gegen­sei­ti­ger Unter­stüt­zung, eine Gemein­schaft bil­det sich. Bei­des defi­ni­tiv emp­feh­lens­wer­te Geschich­ten, die auch mei­ne Stim­men bekom­men haben, und die sich auch als Hand­lungs­an­lei­tung eig­nen. Und die mit der Hin­wen­dung zu unse­rer Rea­li­tät, zu nahen Kri­sen und weg von tech­ni­schen Lösun­gen für einen Trend der gegen­wär­ti­gen SF stehen.

Über T. King­fi­shers Hugo für die Novel­le Thorn­hedg kann ich dage­gen wenig sagen. Ich habe die­se Novel­le, eine his­to­risch akku­ra­te Neu­er­zäh­lung von Dorn­rös­chen mit Fokus auf die schein­bar so unwich­ti­gen Details, bis­her nicht gele­sen, fand die Kate­go­rie auch ins­ge­samt eher schwie­rig in der Bewer­tung (ein­zig Mal­ka Olders „Mimi­cking of Known Suc­ces­ses“ sag­te mir etwas). In ihrer sehr ein­präg­sa­men Rede sprach King­fi­sher jeden­falls über die diver­sen mee­res­öko­lo­gi­schen und evo­lu­tio­nä­ren Beson­der­hei­ten der Seegurke.

Bleibt noch die Köni­gin­nen­ka­te­go­rie der Hugos, bes­ter Roman. Hier waren alle nomi­nier­ten Wer­ke her­aus­ra­gend; ich habe mich auch bei mei­ner Abstim­mung schwer getan, was ich nach vor­ne set­ze. Gewet­tet hät­te ich, dass mei­ne Nr. 2, The Saint of Bright Doors von Vajra Chandra­se­kera die Abstim­mung gewinnt. Tat­säch­lich gewor­den ist es dann – auf mei­nem Stimm­zet­tel eben­so wie im Gesamt­vo­ting – jedoch Emi­ly Tesh‘ Roman Some Despe­ra­te Glo­ry. Auf den ers­ten Blick wider­spricht die­ses Buch mei­ner Aus­sa­ge, dass der Trend der Stun­de Hope­punk und die Rück­be­sin­nung auf den Hei­mat­pla­ne­ten ist. Hier geht es um inter­stel­la­re Krie­ge und die letz­ten Res­te der Mensch­heit, die sich irgend­wo ver­schanzt haben. Das sieht erst­mal wie MilSF aus, ist ziem­lich düs­ter – und ent­puppt sich dann nach meh­re­ren Per­spek­tiv­wech­seln als etwas ganz ande­res. In ihrer beein­dru­cken­den Rede beton­te Tesh, dass es ihr in ihrem Roman dar­um gegan­gen sei, das schlech­tes­te, was die Mensch­heit aus­macht, in kon­zen­trier­ter Form dar­zu­stel­len: ein faschis­ti­sches Regime, das auf Mili­ta­ri­sie­rung, Pro­pa­gan­da und Indok­tri­na­ti­on setzt – und zu zei­gen, wie schwer – und trotz­dem mög­lich – es ist, sich dar­aus zu befrei­en. Ein klei­ner Fun­ke Hoff­nung in der Dunkelheit!

Ich habe für „mei­ne“ Favorit*innen mit­ge­fie­bert, als die Prei­se bekannt­ge­ge­ben wur­den, und bin ins­ge­samt (mal von Rand­ka­te­go­rien wie der bes­ten Bewegt­bild­se­ri­en­epi­so­de abge­se­hen) sehr zufrie­den mit den Ergeb­nis­sen. Herz­li­chen Glück­wunsch allen Nomi­nier­ten und Preisträger*innen – und wer nach lesens­wer­ter Lek­tü­re sucht, ist mit dem die­ses Jahr prä­sen­tier­ten Spek­trum sehr gut bedient.