Angefixt hat mich unsere Balkonsolaranlage vor zwei Jahren. Die kam mit einem Shelly PM, um Ertrag und Einspeisung zu messen. Das ließ sich dann – eingebunden in das hausinterne WLAN – jederzeit in der App des Herstellers Shelly auf dem Handy ansehen. Neben Zählern und schaltbaren Steckdosen stellt Shelly auch Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren her. Eine sehr praktische Sache, um den Überblick darüber zu haben, wie es mit der Luftfeuchtigkeit im Bad nach dem Duschen oder mit der Temperatur im Keller aussieht. Auch das lässt sich in der App von Shelly jederzeit anschauen.
Schon spannend, jederzeit derartige Daten im Blick zu haben. Der nächste Schritt war dann ein über eine schaltbare Steckdose in Betrieb nehmbarer kleiner Batteriespeicher (eigentlich für den Outdoor-Einsatz), um von diesem aus Handys etc. über Nacht Solar laden zu können. Mit der App sind einfache Automatisierungen möglich – immer von 13 bis 14 Uhr laden, beispielsweise. Das funktioniert gut, aber hinterließ bei mir den Wunsch, das doch etwas intelligenter verschalten zu wollen.
Gleichzeitig ist der Blick auf die Daten in der App prima, aber um damit etwas anfangen zu können, etwa für Vergleiche, ist eine Handy-App ein bisschen mühsam zu bedienen.
Im letzten Herbst bin ich dann auf „Home Assistant“ gestoßen. Das ist ein Open-Source-Softwarepaket, das einen Hub für Heimautomatisierung und „Internet of Things“ darstellt. Und das erstaunlich viel kann, fast beliebig erweiterbar ist und so weiter. Ich hatte mir das Paket – das einen Server im Haus-Netz aufsetzt – für meinen Windows-Rechner heruntergeladen, etwas damit herumgespielt, festgestellt, dass auch mein Internetradio und der Nokia-Stick für den Fernseher gefunden werden, und dann beiseite gelegt. Erstens, weil es doch alles etwas komplizierter ist, und zweitens, weil ich meinen Rechner nicht 24/7 laufen lassen wollte.
Die Überlegung, das Paket statt dessen auf einem Raspberry Pi laufen zu lassen, den ich eher 24/7 in Betrieb lassen würde, scheiterte dann daran, dass die bei mir herumliegenden Raspis nicht leistungsstark genug waren. Statt dessen bin ich darauf gestoßen, dass es passgenau Hardware gibt – namentlich „Home Assistant Green“. Das ist der oben abgebildete kleine Computer, der nichts anderes kann und macht, als Home Assistant laufen zu lassen.
Die Installation ist denkbar einfach: Ethernet und Strom anschalten, den Rechner ins Netz hängen und dann – nach etwas Installationswartezeit – unter „homeassistant.local:8123“ aus dem lokalen Netz auf die Weboberfläche von Home Assistant zuzugreifen. Dort können die verschiedenen „smarten“ Geräte eingebunden werden, zum Teil über spezialisierte Plugins und Add-ons. Was da an Daten zusammenkommt, ist dann teilweise erschreckend – auch die Bewegungssensoren meiner iOS-Geräte lassen sich einbinden, und schon habe ich mein ganz persönliches Bewegungsprofil …
Daten aus den Geräten können auf vielfältige Weise dargestellt werden – von schlichten Zahlen bis hin zu grafisch komplexeren Dingen (auch Grafana ließe sich als Add-on einbinden, das habe ich aber noch nicht ausprobiert). Zu allem, was einen Verlauf hat, gibt es automatische Verlaufsdiagramme. Und für häufige Anwendungsfälle (etwa den Energiefluss Netz/PV/Verbraucher) gibt es vorgefertige Übersichten und „Karten“. Sehr viel geht dabei in der Browser-Benutzeroberfläche; darunter liegen Konfigurationsskripte, die im Prinzip auch direkt verändert werden können.
Mit dem Zugriff auf die Skripte lässt sich allerdings auch viel Unsinn anstellen. Beispielsweise hatte ich etwas unvorsichtig eine Konfigurationsdatei verändert (letztlich, um das SSH-Modul zu aktivieren), was dann zur Folge hatte, dass „Home Assistant Green“ gar nicht mehr starten wollte. Zum Glück hat das Gerät für solche Fälle auch USB-Schnittstellen und einen HDMI-Ausgang. Damit landet man dann allerdings zunächst einmal nicht im unterliegenden Linux-System, sondern in einer Command Line, in der nur ein sehr eingeschränktes Befehlsset vorhanden ist. Gefunden habe ich dann zum Glück das Kommando „login“, das eine Shell für das Betriebssystem öffnet. Da konnte ich die vermurkste Konfigurationsdatei dann löschen und die Hardware wieder starten. (Also: nicht blauäugig mit Konfigurationsdateien herumprobieren, ohne zu wissen, was man tut …).
Abgesehen davon wirkt „Home Assistant“ jedoch recht robust. Dienste lassen sich einzeln neu starten, Fehler werden als fehlende Werte dargestellt, und die Anleitungen sind offensiv verlinkt und meist sogar halbwegs verständlich.
Nächster Schritt war für mich dann der Erwerb eines IR-Sensors zum Auslesen meines Stromzählers (bitShake SMR auf Tamota-Basis über MQTT …). Der lässt sich am Stromzähler befestigen, liest die dortige SML-Schnitstelle aus und gibt dann den aktuellen Stromverbrauch ins Hausnetz. Um die Werte nutzen zu können, musste ich zum einen die MQTT-Integration des Home Assistant in Betrieb nehmen (da war die Anleitung eher wenig hilfreich; letztlich musste an drei Stellen ein Nutzer/Passwort eingetragen werden) und zweitens herausfinden, wie Helfer-Templates funktionieren – die Daten kommen einheitslos an, und erst wenn ihnen über ein solches Template die Einheit „kWh“ und das Subsystem „Energy“ zugewiesen wird, können die Energie-Dashboards damit etwas anfangen. So richtig viel allerdings noch nicht: ohne PIN für den Zähler wird nur der kumulierte Verbrauchs- bzw. Einspeisewerte in kWh zurückgegeben, der sich entsprechend langsam ändert. Zeitlich höher aufgelöste Werte brauchen eine PIN, die ich hoffentlich vom lokalen Netzbetreiber bekomme. Erst dann ergibt das Energieflussdiagramm wirklich Sinn …
Das andere, was ich mit etwas herumprobieren hingekriegt habe, was aber nur indirekt mit dem Home Assistant zu tun hat, ist das Einrichten einer dynamischen DNS-Zuweisung (mit Herumgebastle an den Router-Einstellungen). Das ermöglicht es, auf die Home-Assistant-Oberfläche auch von außerhalb des lokalen Netzes zuzugreifen, also z.B. unterwegs mit dem Handy, ohne zusätzliche Cloudlösungen nutzen zu müssen, die es ansonsten auch gibt. Meine dynamische DNS wollte ewig nicht funktionieren – bis ich herausgefunden habe, das die Umleitung halt wirklich nur funktioniert, wenn ich von außen (z.B. aus dem LTE-Netz) darauf zugreife. Auch das klappt jetzt also.
Noch nicht wirklich reingefuchts habe ich mich in die Automatisierung. Das kommt dann als nächstes Vorhaben. Dafür gibt es bei Home Assistant eine eigene kleine Programmiersprache, die Sensoren mit Aktionen verknüpfen kann (wenn Zustand X, dann schalte Gerät Y ein – also z.B. meinen Batteriespeicher immer dann, wenn die Balkonsolar-PV optimal ist. Nur: was heißt das genau?). Und vielleicht fallen mir dann auch noch Anwendungsfälle für weitere schaltbare Steckdosen ein. Und dann bräuchte ich dringend noch …
… was ich sagen will: wer möchte, kann tief in die Mischung aus digitaler und dinglicher Welt eintauchen. Bisher scheue ich allerdings noch vor dem ganz großen Schritt hin zu smarten Heizkörperthermostaten, Rollläden, Toastern usw. zurück. Weil, eigentlich gar kein Bedarf dafür da ist.