The good kind of weird – Teil I

Glasgow badgeIn den USA erlebt das Adjek­tiv weird gera­de eine poli­ti­sche Auf­la­dung. Trump und Co. wer­den da sei­tens der Demokrat*innen als weird bezeich­net, und das zu Recht. Poli­tisch-stra­te­gisch fin­de ich es rich­tig, den rech­ten Popu­lis­mus nicht mehr als satis­fak­ti­ons­fä­hig anzu­se­hen, nicht als ernst­haf­te Hal­tung, die eine*r haben kann, son­dern als selt­sam, als das, was Bul­lies im Schu­len und ver­schwö­rungs­gläu­bi­ge Onkel und Tan­ten tun, als Kult und Nar­re­tei. Ja: das ist der rich­ti­ge Weg, den rech­ten Men­schen­fän­gern zu begeg­nen. So ist es, und das anzu­er­ken­nen, zu sehen und zu sagen, statt sich auf einen Kon­ser­va­ti­vis­mus mit Hal­tung und Wer­ten zu bezie­hen, den es längst nicht mehr gibt. 

Gleich­zei­tig ist die­se poli­ti­sche Umdeu­tung des Wor­tes weird ein biss­chen scha­de. Sie zwingt dazu, eine Grenz­li­nie zu zie­hen, und – wie es bei­spiels­wei­se Nne­di Oko­ra­for in ihrem Guest-of-Honour-Inter­view tat, über „the good kind of weird“ zu spre­chen. Denn weird – aber posi­tiv kono­tiert – beschreibt ganz gut, wie sich die­se (ima­gi­nier­te) Gemein­schaft des SF-Fan­dom anfühlt.

Was pas­siert, wenn rund 6000 eher nerdi­ge, mög­li­cher­wei­se auch eher intro­ver­tier­te Men­schen jeg­li­chen Alters aus der gan­zen Welt zusam­men­kom­men, lässt sich aktu­ell in Glas­gow beob­ach­ten. Dort fin­den noch bis Mon­tag die World­con statt, oder off­zi­ell: „Glas­gow 2024, a World­con for Our Futures“, zugleich die 82. World Sci­ence Fic­tion Con­ven­ti­on. Die­ses fan-orga­ni­sier­te Event mit rund 975 Panels, Talks, Rea­dings, Par­tys – und der Ver­lei­hung der Hugo Awards als Anlass/Höhepunkt – bie­tet Sci­ence-Fic­tion-Fans und „Pro­fes­sio­nals“, also Autor*innen, Verleger*innen, Künstler*innen jede Men­ge Mög­lich­kei­ten, sich aus­zu­tau­schen, zu dis­ku­tie­ren, Spaß zu haben (und wohl auch: Netz­wer­ke und Freund­schaf­ten zu knüp­fen und zu pfle­gen). Neben der jähr­li­chen World­con gibt es natio­na­le und regio­na­le Con­ven­ti­ons in klei­ne­rem Rahmen.

Ich lese seit mei­ner Jugend Sci­ence Fic­tion (und Fan­ta­sy), fol­ge der Sze­ne durch­aus aktiv, habe eine gan­ze Rei­he Autor*innen in mei­nem „Medi­en­me­nü“ – trotz­dem war Glas­gow jetzt die ers­te Con­ven­ti­on, auf die ich mich getraut habe. Das liegt auch dar­an, dass sie nur alle paar Jah­re in Euro­pa stattfindet. 

Inso­fern war ich neu­gie­rig, was da auf mich zukommt. Die Con­ven­ti­on fin­det auf dem Scot­tish Event Cam­pus (SEC) statt, einem recht weit­läu­fi­gen Mes­se­ge­län­de. Neben x Vor­trags­räu­men und Audi­to­ri­en (samt dem gro­ßen Saal im „Arma­dil­lo“, dem schup­pen­tier­ar­ti­gen Haupt­ge­bäu­de des SEC) gehö­ren zur Con­ven­tio­nen auch zwei gro­ße Mes­se­hal­len mit Stän­den der Ver­la­ge, diver­ser Kunsthandwerker*innen und Künstler*innen, und auch der Sci­ence Com­mu­ni­ca­ti­on der umlie­gen­den Universiäten. 

Die­ses gro­ße Gelän­de ist gefüllt mit Men­schen, deren auf­fäl­ligs­tes Merk­mal ihre Unter­schied­lich­keit ist – von Anzug­ty­pen und (Schott­land) Kilts bis hin zu eigen­wil­li­gen Klei­dungs­stü­cken und Ver­klei­dun­gen. Das eine oder ande­re Kat­zen- und Elfen­ohr ist eben­so zu sehen wie bunt gefärb­te Haa­re, mit­tel­al­ter­lich anmu­ten­de Roben oder spit­ze Hüte. Es gibt grau­haa­ri­ge Men­schen mit lan­gen Bär­ten und wild her­um­ren­nen­de Kin­der in Glit­zer­kla­mot­ten. Vie­le tra­gen Mas­ken. man­che nut­zen Mobi­li­täts­hil­fen vom Stock bis zum Elek­tro­fahr­zeug. In der Men­ge sind ein paar bekann­te Gesich­ter zu sehen (auch wenn es dau­ert, bis klar wird: hey, dass ist ja der Autor, die Autorin von … !). Die Toi­let­ten sind für alle Geschlech­ter, und für die Badge wer­den Pro­no­men-Auf­kle­ber bereitgehalten.

Man­che Badge ist mit einer lan­gen Rei­he an Rib­bons ver­se­hen, loka­le Fan­clubs, Unter­stüt­zung für Aus­tra­gungs­or­te, oder ein­fach Quatsch und Scher­ze sind da zu finden. 

Es geht dar­um, eine gute Zeit zu haben. Und das kann auch dem Neu­ling gelin­gen, bei ent­spre­chen­der Aus­wahl der besuch­ten Events und einer gewis­sen Offen­heit für Begegnungen. 

Mir per­sön­lich hat bis­her all das gefal­len, was die (para­so­zia­le) Bezie­hung zu mei­nen Lieblingsautor*innen ver­tieft hat. Jo Walt­on live und in Far­be zu erle­ben (und über Lese­ge­wohn­hei­ten zu reden), zu hören, wie die Guests of Honour Nne­di Oko­ra­for und Ken MacLeod zu den Autor*innen wur­den, die sie sind – das war eben­so inter­es­sant wie die Kame­ra­die zwi­schen Charles Stross und John Scal­zi zu sehen oder fest­zu­stel­len, dass S.B. Divya und Ali­et­te de Bodard auch außer­halb ihrer Bücher extrem schlaue Men­schen sind. Und noch dazu nicht nur Autorin­nen, son­dern eben selbst auch Fans.

Gut gefal­len haben mir auch die künst­le­ri­schen Events – Oper ist nicht so meins, aber trotz­dem war Dr. Mor­rows Insel ein­drucks­voll, eben­so das SF-Orches­ter oder die Orgel­mu­sik aus Interstellar.

(Weni­ger viel anfan­gen konn­te ich mit qua­si-aka­de­mi­schen Panels in voll beset­zen Räu­men, auf denen wild spe­ku­liert wur­de … aber das gehört wohl auch dazu …)

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