Dass wir in Wolken Bilder sehen, liegt an den hoch entwickelten Mustererkennungsalgorithmen, mit denen menschliche Gehirne ausgestattet sind. Was wir sehen, ist Kultur und damit kontingent.
Jetzt könnte, um elegant eine Überleitung zum Wahlsonntag hinzukriegen, jemand auf die Idee kommen, zu behaupten, dass auch der Wahlakt und das Ergebnis der Wahl nicht viel mehr als ein kulturelles Konstrukt darstellt – wenn auch eines, auf dessen Relevanz wir uns kollektiv geeinigt haben. Das stimmt zwar, aber was rauskommt, spielt nichtsdestotrotz eine gewaltige Rolle. Darin unterscheidet sich die Wahl zum Europaparlament (und da, wo diesen Sonntag kommunal gewählt wird, entsprechend auch die Kommunalwahl) doch ganz deutlich von Wolkenschlieren. Das Ergebnis ist auch viel beständiger, und hat auch deswegen weitreichende Konsequenzen. Es ist eben nicht egal, wer im EP sitzt, wenn es zum Beispiel um das Freihandelsabkommen TTIP geht. Oder um die Agrarförderung. Oder um Erasmus plus und Horizon 2020. Das EP ist deutlich aufgewertet worden – nicht zuletzt bei der Besetzung des Kommissionspräsidenten (oder der Kommissionspräsidentin). Ob ein Konservativer aus Luxemburg oder ein Deutscher aus der SPD an der Spitze stehen, ist dabei weniger wichtig als die Frage, was dieser an Zugeständnissen machen muss, um vom EP bestätigt zu werden. Da kann eine starke grüne Fraktion nur helfen. Und himmelblau ist für eine Wahl eben die völlig falsche Farbe.
Ich werde morgen ganz überwiegend grün wählen. Aus guten Gründen. Und wer noch Fragen hat – Drei Tage Wach steht auch bei dieser Wahl Rede und Antwort.