Altes aus Xanga, Teil IX

Satur­day, March 22, 2003

20032003: Demobilder und Deutschland


20.03.03 – Kund­ge­bung vor dem Stadt­thea­ter Freiburg


20.03.03 – Trans­pa­ren­te und Schil­der des u‑asta

Am Tag X (20.03.2003) gab es in Frei­burg eine gro­ße Schü­le­rIn­nen­de­mo mit­tags und eine Demo am nachmittag/abend, von der die Bil­der hier sind. Fotos von bei­den Demos gibt es unter indy­me­dia ger­ma­ny | Tag X in Frei­burg – Tau­sen­de auf der Stra­ße [Bil­der] | 20.03.2003 22:24 im Netz.

Auch am 22.03. fand wie­der eine gro­ße Demons­tra­ti­on statt (ca. 5.000) Leu­te. Lei­der habe ich davon noch kei­ne Bil­der im Netz gese­hen; wenn ich wel­che fin­de, lin­ke ich hier viel­leicht auch drauf.

Bemer­kens­wert bei der heu­ti­gen Demo: eine kur­ze Unter­bre­chung am Sie­ges­denk­mal und eine – ich wür­de sagen – Kom­mu­ni­ka­ti­ons­gue­ril­la-Akti­on, die in der For­de­rung ende­te, das Denk­mal (für den deut­schen Sieg über Frank­reich irgend­wann) inner­halb der nächs­ten 48 Stun­den abzu­rei­ßen. Da und auch an vie­len ande­ren Stel­len der Demo war eine anti­ka­pi­ta­lis­ti­sche, anti­staat­li­che Stim­mung deut­lich spür­ba­re. Und auch: Rot/grün wird nicht abge­nom­men, dass die Frie­dens­po­li­tik der letz­ten Wochen ernst gemeint war. Es wird nicht genug getan, eigent­lich müss­te jetzt der NATO-Aus­tritt folgen. 

Ins­be­son­de­re aus dem Umfeld von KTS und Attac Frei­burg kommt immer wie­der die For­de­rung, die Kri­tik am Irak-Krieg mit einer all­ge­mei­nen Kri­tik an kapi­ta­lis­ti­schen Demo­kra­tien zu ver­bin­den – die wür­den eben immer Krie­ge füh­ren, und das sei auch ganz klar, und gar nicht inner­halb des Sys­tems zu verhindern. 

Ich weiss noch nicht so genau, was ich davon hal­ten soll – dass kapi­ta­lis­ti­sche Demo­kra­tien jed­we­der Art mit einem rie­si­gen Geflecht tat­säch­li­cher oder ein­ge­bil­de­ter Sach­zwän­ge ein­her­ge­hen, ist mir auch klar. Auf der ande­ren Sei­te glau­be ich, dass eine kapi­ta­lis­ti­sche Demo­kra­tie doch irgend­wie eini­ger­ma­ßen glo­bal ver­träg­lich, sozi­al, öko­lo­gisch und dau­er­haft fried­lich sein kön­nen müss­te. Refor­mis­ti­scher Irr­glau­be, Blind­heit oder eine prag­ma­tisch über­form­te Hoffnung?


Fri­day, March 21, 2003

Theater on the news

Mei­ne Lieb­lings­news­grup­pe („news­froup“) alt.fan.douglas-adams ist zur Zeit dabei, etwas ziem­lich neu­ar­ti­ges zu tun: anläss­lich des 25-jäh­ri­gen Jubi­lä­ums der ers­ten Aus­strah­lung der Radio­fas­sung des Hitch­hi­ker gui­des to the gala­xy wird das Radio­script auf­ge­führt – und zwar im Inter­net-Dis­kus­si­ons­fo­rum. Der Link unten ver­weist auf den Beginn des Threads – afda proud­ly pres­ents The Hitchhikers’s Gui­de to the Gala­xy (the newsfroup)

> Goog­le-Suche:

P.S.: Ein gänz­lich damit unzu­sam­men­hän­gen­des The­ma ist natür­lich der inzwi­schen offen aus­ge­bro­chen drit­te Golf­krieg – auf den Frie­dens­de­mos ges­tern in Frei­burg waren unglaub­lich vie­le Leu­te (10.000 Schü­le­rIn­nen blo­ckier­ten mit­tags die Stra­ße, ca. 6.000 bis 8.000 Leu­te stan­den ges­tern abend auf dem Rott­eck­ring und hör­ten sich eine etwas lang­wie­ri­ge Kund­ge­bung an), und ich hof­fe, die vie­len Pro­tes­te welt­weit und auch im Netz machen den Kriegs­füh­ren­den zumin­dest deut­lich, dass weder das Völ­ker­recht noch die Bevöl­ke­rung die­ses Pla­ne­ten auf ihrer Sei­te sind.


Fri­day, March 07, 2003

Der Staat, der nie war

Eigent­li­ches ist es eine abgrund­tief trau­ri­ge Geschich­te, die hin­ter Good Bye, Lenin! steckt. Alex‘ Mut­ter wacht nach einem Herz­in­farkt und vier Mona­ten aus dem Koma auf, jede Auf­re­gung soll ver­mie­den wer­den, das könn­te ihrer Gesund­heit scha­den. Dum­mer­wei­se wacht sie in auf­re­gen­de Zei­ten hin­ein auf: die letz­ten Mona­te der DDR als eigen­stän­di­gem Staat, kurz vor der Wie­der­ver­ei­ni­gung. Sohn Alex beschließt, alles zu tun, um jede Auf­re­gung zu ver­mei­den und holt sie aus dem Kran­ken­haus in ihr Schlaf­zim­mer in der Plat­ten­bau­woh­nung. Dort ist noch alles so, wie es frü­her mal war. „Hier hat sich ja gar nichts verändert.“ 

Dass das auch so bleibt, ist eine immer umfang­rei­cher wer­den­de Auf­ga­be für Alex. Krach mit sei­ner Schwes­ter (liiert mit einem Bur­ger-King-Bra­ter) und sei­ner Freun­din, der Kran­ken­schwes­ter Lara, die er am Kran­ken­bett sei­ner Mut­ter ken­nen­ge­lernt hat, ist vor­pro­gram­miert. Alex jagt nach Gur­ken­glä­sern und insze­niert FDJ-Geburts­tags­ständ­chen und Besu­che der Par­tei­lei­tung mit Ori­gnal-Prä­sent­korb. Als sei­ner Mut­ter lang­wei­lig wird, und sie fern­se­hen will (den aus ihr Zim­mer zu ver­las­sen, ist ihr streng ver­bo­ten) greift er auf die Unter­stüt­zung sei­nes neu­en Kol­le­gen Den­nis zurück, der sich als Film­ma­cher pro­fi­lie­ren möch­te. Die Aktu­el­le Kame­ra erklärt, wie­so ein Coca-Cola-Trans­pa­rent am Hoch­haus neben an zu sehen ist.

Aber es pas­siert in die­ser freund­li­chen, nie­mals bös­ar­ti­gen Komö­die noch mehr. Der Wes­ten dringt unauf­halt­sam in den All­tag ein. Immer abstru­ser wer­den die Erklä­run­gen. Aber immer mehr wird damit das durch das Fern­se­hen und die von Alex erfun­de­nen Kar­ten­häu­ser ver­mit­tel­te Bild der DDR zu dem eines Staa­tes, der nie exis­tiert hat, den sich Alex‘ Mut­ter aber immer gewünscht hat. Eine DDR, die auf die Ein­ga­ben ihrer Bür­ge­rIn­nen reagiert. Die so attrak­tiv ist, dass sie die Gren­zen für West­ler öff­net. In der Leis­tungs­druck und Kon­kur­renz drau­ßen bleiben.

Good Bye, Lenin! über­zeugt auf bei­den Ebe­nen. Als Komö­die, die nie nur auf die Lacher aus ist, und die mit ihrem Per­so­nal mit­fühlt, die auch Wei­nen zulässt. Aber auch als lei­se Uto­pie einer DDR, wie sie viel­leicht 1989 hät­te ent­ste­hen kön­nen: Sozia­lis­mus mit freund­li­chem Ant­litz. Auch im Film kommt der 3. Okto­ber 1990 vor. Aber zumin­dest für Alex‘ Mut­ter hat das Feu­er­werk eine ganz ande­re Bedeu­tung, ein wie­der­ver­ei­nig­tes Deutsch­land jen­seits der kapi­ta­lis­ti­schen Zwän­ge. Was wäre, wenn? Auch hier sind Trä­nen viel­leicht ange­bracht, wer weiß.

Nicht zuletzt soll­te viel­leicht erwähnt wer­den, dass die Bil­der teil­wei­se ziem­lich gran­di­os sind und die Stim­mung der Wen­de­zeit gut ein­fan­gen. Fas­zi­niert – das muss ich unbe­dingt noch sagen – hat mich auch der Vor­spann, der die schöns­te Ani­ma­ti­on häß­li­cher real­so­zia­lis­ti­scher Post­kar­ten ent­hält, die ich je gese­hen habe.

> GOOD BYE, LENIN! – Ein Film von Wolf­gang Becker (lei­der etwas überfrachtet!)


Sun­day, March 02, 2003

NO WAR

Wer wis­sen will, was ich am Sams­tag gemacht habe: mit vier- bis fünf­tau­send ande­ren auf er Euro­pa­brü­cke zwi­schen Kehl und Straß­burg rum­ge­stan­den, Luft­bal­lons mit Frie­dens­tau­ben zum Hori­zont geschickt und Leu­ten wie Kon­stan­tin Wecker, Franz Alt, einem Sän­ger aus San Fran­cis­co und einer Sän­ge­rin aus Bra­si­li­en zugehört. 

Was war nett an der Demo? Doch ziem­lich vie­le Leu­te, ab und zu auch mal Son­nen­schein, eine bun­te Mischung. Inter­es­sant: Mer­chan­di­sing-Stän­de am Rand …

Was war nicht so toll? Die gerin­ge Prä­senz von Grü­nen (Les Verts waren gut sicht­bar mit vie­len Fähn­chen, aus Baden-Würt­tem­berg waren zwar auch eine gan­ze Men­ge Grü­ne auf der Demo, aber wer die nicht kann­te, wuss­te das nicht. Die Tat­sa­che, dass sich das Pro­gramm doch ziem­lich in die Län­ge zog (unge­fähr vier Schluss­wor­te hin­ter­ein­an­der, danach dann noch Ter­min­hin­wei­se). Und viel­leicht auch das Miss­ver­hält­nis zwi­schen dem eher jun­gen bis mitt­le­ren Durch­schnitts­al­ter der Demons­trie­ren­den und der Demo­folk­lo­re des offi­zi­el­len Programms. 

> Yahoo! Nach­rich­ten – Sad­dam Hus­sein und der Irak-Kon­flikt – Deutsch-fran­zö­si­scher Pro­test gegen Irak-Krieg


Wed­nes­day, Febru­ary 19, 2003

Wie realistisch sind Science-Fiction-Filme?

Dem neu­en Z‑Punkt-News­let­ter habe ich den Hin­weis auf den unten­ste­hen­den Link zu Josh Cal­ders Futu­rist Movies Web­site ent­nom­men. Und die hat es in sich – ein ein­drucks­vol­les, inter­ak­ti­ves Essay, in dem sich Cal­der meh­re­ren Dut­zend neue­ren und älte­ren Sci­ence-Fic­tion-Fil­men annimmt (u.a. Gat­ta­ca, Fifth Ele­ment, Star Trek und Star Wars, Mino­ri­ty Report, Inde­pen­dence Day, …) und die­se aus Sicht eines Zukunfts­for­schers bewer­tet: Wie wahr­schein­lich ist die dort dar­ge­stell­te Zukunft, wann könn­te sie erwar­tet wer­den, was lässt sich über ein­zel­ne Tech­no­lo­gien sagen, wo macht der Film Kom­pro­mis­se um der Sto­ry oder der Ver­markt­bar­keit Wil­len? Eini­ge The­men (Außer­ir­di­sche, künst­li­che Intel­li­genz, Klo­nen) wer­den dar­über hin­aus im Rah­men eigen­stän­di­ger „Notes“ diskutiert.

Wenn eine mei­ner Lieb­lings­the­sen stimmt, dass Sci­ence Fic­tion näm­lich ein Gen­re ist, das qua­si lite­ra­ri­sche Tech­nik­fol­gen­ab­schät­zung betreibt und in einer engen Wech­sel­wir­kung damit steht, was Wis­sen­schaft­le­rIn­nen für mach­bar hal­ten – Wech­sel­wir­kung meint dabei: bei­de Rich­tun­gen! –, dann ist Cal­ders Web­site eine nicht zu unter­schät­zen­de Res­sour­ce für Men­schen, die pri­vat oder beruf­lich Tech­nik­dis­kur­se unter­su­chen. Denn mehr noch als Sci­ence-Fic­tion-Roma­ne sind Sci­ence-Fic­tion-Fil­me – mit all den dar­aus resul­tie­ren­den Kon­se­quen­zen – in den letz­ten 30 Jah­ren im gesell­schaft­li­chen Main­stream ange­kom­men. Futu­rist­Mo­vies bie­tet eine mit schar­fem Auge vor­ge­nom­me­ne Ana­ly­se die­ses gesell­schaft­li­chen Diskurses.

> Pro­jec­tions: a futu­rist at the movies

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