Dunkler Himmel, ein Regenbogen, zwei einsame Blitze über Lehen, und dann lag diese Wolke wie ein gestrandeter Wal über Freiburg.
Photo of the week: Dietenbach landscape IV
Photo of the week: Is it a bird? Is it a witch?
Dass wir in Wolken Bilder sehen, liegt an den hoch entwickelten Mustererkennungsalgorithmen, mit denen menschliche Gehirne ausgestattet sind. Was wir sehen, ist Kultur und damit kontingent.
Jetzt könnte, um elegant eine Überleitung zum Wahlsonntag hinzukriegen, jemand auf die Idee kommen, zu behaupten, dass auch der Wahlakt und das Ergebnis der Wahl nicht viel mehr als ein kulturelles Konstrukt darstellt – wenn auch eines, auf dessen Relevanz wir uns kollektiv geeinigt haben. Das stimmt zwar, aber was rauskommt, spielt nichtsdestotrotz eine gewaltige Rolle. Darin unterscheidet sich die Wahl zum Europaparlament (und da, wo diesen Sonntag kommunal gewählt wird, entsprechend auch die Kommunalwahl) doch ganz deutlich von Wolkenschlieren. Das Ergebnis ist auch viel beständiger, und hat auch deswegen weitreichende Konsequenzen. Es ist eben nicht egal, wer im EP sitzt, wenn es zum Beispiel um das Freihandelsabkommen TTIP geht. Oder um die Agrarförderung. Oder um Erasmus plus und Horizon 2020. Das EP ist deutlich aufgewertet worden – nicht zuletzt bei der Besetzung des Kommissionspräsidenten (oder der Kommissionspräsidentin). Ob ein Konservativer aus Luxemburg oder ein Deutscher aus der SPD an der Spitze stehen, ist dabei weniger wichtig als die Frage, was dieser an Zugeständnissen machen muss, um vom EP bestätigt zu werden. Da kann eine starke grüne Fraktion nur helfen. Und himmelblau ist für eine Wahl eben die völlig falsche Farbe.
Ich werde morgen ganz überwiegend grün wählen. Aus guten Gründen. Und wer noch Fragen hat – Drei Tage Wach steht auch bei dieser Wahl Rede und Antwort.
Photo of the week: Mount Doom
Harmlose Hausberge (das hier müsste der Schönberg sein, wenn ich mich nicht irre, und es der Lorettoberg ist) können, richtig schlechtes Wetter vorausgesetzt, dramatische Züge annehmen. Und verdeutlichen, wie klein irdische Hügel Wolkenbergen gegenüber sind. So ist das. Und ausnahmsweise steckt mal keine politische Allegorie im Bild. Es sei denn, ich habe eine übersehen. Dann bitte ich um Nachricht, c/o Bundeskontrollbehörde für unangemessene Bedeutungszuweisungen.
Photo of the week: Sun power
Edward Snowden, der Whistleblower, der Dokumente über „PRISM“ – das groß angelegte Überwachungsprogramm der NSA – veröffentlicht hat, ist jemand, der mutig gehandelt hat, und der sich – den Interviews und Berichten im Guardian zufolge, sehr bewusst und mit klarem Blick auf die persönlichen Konsequenzen für sich und andere dafür entschieden hat, PRISM öffentlich zu machen. Die vermutlich größte Enthüllung der letzten Jahre zeigt zudem mit drastischer Deutlichkeit, wie wenig das Handeln Barack Obamas mit seinen Versprechungen zu tun hat. Ich hoffe, dass Snowdens Mut auch politische Konsequenzen haben wird. Die Netzsoziologin danah boyd hat einige gute Argumente dazu aufgeführt, warum zu erwarten ist, dass die meisten AmerikanerInnen schlicht mit den Schultern zucken werden, nach dem Motto „betrifft mich ja nicht“.
Snowden hätte auch eine Romanfigur sein können – in einem der Nicht-SF-Romane von Iain (M.) Banks, der heute mit 59 Jahren gestorben ist.
Banks war einer der ersten Autoren der neuen schottischen Science-Fiction-Welle, die ich gelesen habe, und der mich zu „ernsthafterer“ Science Fiction (und der Lektüre im englischsprachigen Original) hingeführt hat. Mit den Büchern seiner Culture-Reihe hat er ein Utopia aufgemacht, dass durchaus in der Lage dazu ist, als Ganzes ethisch fragwürdig handelt. Gleichzeitig – das zieht sich, neben dem Spaß an der Konstruktion größerer und größerer Raumschiffe und künstlicher Lebenswelten durch alle seine Bücher – hat er wohl am konsequentesten eine Kultur beschrieben, in der intelligente Drohnen und die „Minds“ der kontinentgroßen Raum„schiffe“ mit den Menschen* der Culture alltäglich integriert interagieren – mindestens auf Augenhöhe, wenn nicht sogar im Verhältnis der überragenden Maschinenintelligenz zum – des Amüsements wegen – geduldeten Menschen. Nach und nach habe ich dann den Nicht-SF-Banks („Iain Banks“ statt „Iain M. Banks“) entdeckt und schätzen gelernt. The Business (1999) beispielsweise ist eine der lesbarsten literarischen Auseinandersetzungen mit den Organisationsprinzipien des Kapitalismus, die mir bekannt ist. (Und wer in seine – teilweise grausame – Science-Fiction einsteigen will, kann das chronologisch mit Consider Phlebas (1987) tun, oder mit Excession (1996), dem vielleicht zugänglichsten der Culture-Romane).
Banks ist nicht mehr. Und das ist definitiv ein Verlust.
* Menschen: Mir ist bewusst, dass die Menschen der Culture keine Menschen sind …