Dieser Fudder-Artikel machte mich dann doch neugierig. Steampunk – eine Subkultur, die sich an einer Mischung aus viktorianischen Umgangsformen und dem mad scientist, der mit allerlei Gerätschaften dampfbetriebene Roboter baut, orientiert, also sozusagen Cyberpunk, nur ein paar hundert Jahre in der Zeit zurück verlegt – war mir bisher vor allem in Form von Webcomics und dem einen oder anderen Buch begegnet. Dass es auch in Südbaden Menschen gibt, die Steampunk nicht konsumieren, sondern auch ausüben, war mir vage bekannt. Und weil ich zufällig Zeit hatte, schaute ich dann heute mal im Crash vorbei. Insofern dort jede Menge elegant gekleidete Damen und Herren zu finden waren, die allesamt optische Gerätschaften an und mit sich trugen bzw. zum Verkauf und Bestaunen ausstellten, wurde ich nicht enttäuscht. Die Szene scheint recht rührig zu sein, wurde mir berichtet. Ein junger Schweizer Autor, Martin Riesen, las aus seinem in Offenburg spielenden Steampunk-Roman Aussergewöhnliche Automatons, und ein Tee-Duell fand auch statt. Soweit alles ganz nett – aber irgendwie packte mich dann doch eher der soziologische Blick als dass der Steampunk-Virus überspringen wollte. Gut zu wissen, dass es das gibt, sicherlich ein besseres Hobby als beispielsweise Fußball, aber irgendwie war’s mir – nicht verspielt genug? Kann sein, dass das daran lag, dass ich (wenn auch halbwegs im Dresscode) einfach ins Crash reingeschneit bin, aber irgendwie hatte ich mir mehr Rollenspiel erwartet, mehr alternate reality. Mal sehen.
Kurz: AKWs und Erdbeben
Als ich heute morgen von dem schweren Erdbeben in Japan hörte, waren meine ersten Gedanken die an das Ausmass der Zerstörung und des menschlichen Leids, dass durch Erdbeben und Tsunami da gerade – in einer eigentlich auf die Gefahr von Erdbeben ausgerichteten Gesellschaft – ausgelöst wurde. Dann gab es erste Meldungen darüber, dass es an einem AKW brennt, und dass ein zweites AKW – Fukushima Daiishi (Wikipedia, genauer gesagt: 3 von 6 Reaktorblöcken dort) – ernsthafte Probleme mit der Notkühlung hat. Inzwischen wurden eine 3‑km-Zone um das AKW evakuiert, in einer 10-km-Zone wurde die Bevölkerung aufgerufen, die Häuser nicht zu verlassen.
Ich hoffe, dass in Japan – bei all dem Unglück, dass das Erdbeben schon gebracht – nicht auch noch ein GAU dazukommt. Niemand braucht ein zweites Tschernobyl. Ich erinnere mich noch gut: Auch Tschernobyl war weit weg – und trotzdem wurden aus harmlosen grünen Frühlingswiesen vor 25 Jahren hier plötzlich angstbesetzte Gefahrenherde. Selbst wenn die radioaktive Wolke diesmal in Kanada und den USA niederregnen würde, ändert das nichts daran, dass sich einmal mehr zeigt, wie schlecht AKWs und unvorhergesehen Ereignisse zusammenpassen.
AKWs in Erdbebengebieten? Angeblich waren die japanischen AKWs bis zu Beben der Stärke 8,25 ausgelegt – dieses hier erreichte 8,8 8,9 9,0. Nicht weit von hier – keine 30 km – steht das AKW Fessenheim im Oberrheingraben. Eine Erdbebenzone. Sich die 3‑km- und die 10-km-Zone aus Fukushima mal mit dem Epizentrum Fessenheim vorzustellen, ist gruselig – Bad Krozingen, Hartheim und Eschbach liegen alle in den 10-km-Zone, und das Rieselfeld ist nur etwa 20 km von Fessenheim entfernt.
Umso wichtiger, morgen bei der Menschenkette ein deutliches Zeichen für den Ausstieg aus der Atomkraft zu setzen, und bei den Landtagswahlen in diesem Jahr die Atomparteien abzuwählen.
Update: 13.3.2011 – Inzwischen sieht es so aus, dass es wohl in zwei Reaktoren zu einer Kernschmelze gekommen ist bzw. möglich ist – diese werden mit boriertem Meerwasser geflutet. In Onagawa (150 km von Fukushima entfernt) wurden ebenfalls erhöhte Radioaktivitätswerte gemessen, möglicherweise Strahlung aus Fukushima. Die Sperrzone rund um Fukushima wurde auf 20 km ausgeweitet, etwa 200.000 Menschen wurden (zusätzlich zu all den Tsunami- und Erdbeben-Opfern) evakuiert. Bei der taz gibt es einen guten Überblick darüber, wie die Ereignisse in Fukushima zu bewerten sind.
Darf man jetzt Debatten um den Atomausstieg führen? Nicht nur Greenpeace sagt: „Ja, man muss!“. (Lesenswert in diesem Zusammenhang auch: 3 populäre Irrtümer über Atomkraftgegner).
Mit 60.000 Leuten war die Menschenkette ein solches deutliches Zeichen. Wer Merkel seine Meinung sagen will, kann das bei Campact tun („Fukushima heißt abschalten!“), aktuell schon 25.000. Morgen am Montag wird es um 18 Uhr in über hundert Städten Mahnwachen geben; Freiburg ist auch dabei.
P.S.: Jetzt virtuell oder real Flagge zu zeigen, halte ich ebenfalls für eine symbolisch richtige Handlung. Mehr Gewicht: bei den Wahlen schwarz-gelb nicht verlängern und, so noch nicht geschehen, zu einem Ökostrom-Anbieter wechseln.