Auch wenn sie in den Umfragen immer noch viel zu hoch liegt – aktuell so um die 15 Prozentpunkte – sind die letzten Tage mit Blick auf die AfD doch eher erfreulich. Der „Herbstbuckel“ als temporäres Umfragenhoch scheint überwunden zu sein. Remigrationskonferenz und Demokratie-verteidigen-Demos im Februar haben dazu beigetragen – und jetzt die AfD selbst. Platz 1 der Europaliste, Maximilian Krah, beschäftigte einen chinesischen Spion und provozierte so lange, bis TikTok ihm die Reichweite kürzte und die AfD ihm Wahlkampfauftritte untersagte. Platz 2, Petr Bystron, ist mit einer Hausdurchsuchung und aufgehobener Immunität als Bundestagsabgeordneter in den Schlagzeilen. Ihm wird unterstellt, Geld aus russischem Umfeld erhalten zu haben.
Die AfD hat rechtlich keine Möglichkeit, ihre Liste zu verändern. Und bisher sieht es nicht so aus, als ob Krah und Bystron auf ihr Mandat verzichten wollen.
Die französischen Rechtsextremen unter Marine Le Pen haben sich vorsorglich schon mal von Krah distanziert („SS-Sprüche“, passt nicht zum „Normalisierungskurs“). Und aus der ID-Fraktion ist die AfD heute auch geflogen. Distanzierungen, Rauswurf, Auftrittsverbote etc. heißen nun nicht, dass da jemand sein Gewissen entdeckt hätte. Aber die mit großer Mehrheit an die Spitze der AfD-Europaliste gewählten Politiker sind wohl selbst der AfD zu peinlich. Und zeigen zu deutlich, dass jede Stimme für die AfD nicht nur eine für rechtsextreme Parolen und Haltungen ist, sondern auch eine für Chaos, Russland und China. Und das scheint die Wähler*innen der AfD dann doch ziemlich rasant zu demotivieren.
Insofern habe ich die begründete Hoffnung, dass die AfD bei der Europawahl am 9. Juni weit unterhalb der Höchstprognosen landen wird – und dann erst einmal mit sich selbst beschäftigt sein wird. Und auch kommunal kriegt sie – zumindest in Baden-Württemberg – kein Bein auf den Boden, tritt nicht oder nur mit Minilisten an.
Trotzdem blicke ich mit Sorge auf die Wahl zum Europäischen Parlament. Denn der europaweite Rechtsruck wird sich insgesamt betrachtet auch in den Abstimmungsergebnissen niederschlagen. Und nachdem die ersten EPP-Politiker*innen schon mögliche Koalitionen mit ganz rechts als Möglichkeit genannt haben, schwant mir da nichts Gutes. Aktuell ist die EU doch eher ein Motor des ökologischen und gesellschaftlichen Fortschritts. Es ist nicht gesagt, dass das nach dieser Wahl so bleibt. Umso wichtiger ist es, am 9. Juni zur Wahl zu gehen und für eine vernünftige Partei zu stimmen.