Mein guter Vorsatz, also, nicht nur für mich, sondern so insgesamt für uns alle: mehr Gelassenheit.
Wir stehen vor ziemlich großen Herausforderungen, die gerade anfangen, sichtbar zu werden. Das eine ist die Klimakrise mit allem, was dazu gehört. Das andere ein zunehmend brüchig werdendes gesellschaftliches Klima.
Ich möchte nicht gerne social media die Schuld daran geben, aber zumindest gibt es inzwischen Gruppen in diesem Land (und wohl auch außerhalb davon), die es gelernt haben, die Radikalisierungs- und Empörungseffekte von social media für ihre ganz eigene Agenda zu nutzen. Diskursverschiebung wäre der akademischere Ausdruck dafür. Die gehört zu den Dingen, die ich in den letzten zwölf Monaten mit großer Sorge beobachtet habe. Das Vorgehen dabei ist im Kern ganz einfach: es wird irgendetwas zwischen anständig und ein klein wenig Anstoß erregend als Anlass für eine Skandalisierung genommen. Eine große Zahl empörter Tweets, ein paar große rechte Plattformen, die es aufnehmen, und schon findet die Aufregung um etwas, das keine Aufregung wert wäre, Eingang in den Mainstream der gesellschaftlichen Debatte. Politiker*innen äußern sich, Medien berichten, einzelne Engagierte verwenden viel Zeit und Mühe darauf, um geradezurücken, das der Kern des Skandals in Wahrheit leer ist. Und wieder sind alle abgelenkt von den eigentlichen Problemen, und wieder ist es ein Stück weit normaler geworden, rechte Denkmuster zu übernehmen.
Deswegen wünsche ich Gelassenheit. Eine höhere Aktivierungsenergie, bevor öffentlich-rechtliche Medien meinen, sich rechtfertigen zu müssen, bevor Politiker*innen meinen, Stellung nehmen zu müssen. Es gibt genügend, über das sich aufzuregen lohnt – aber doch bitte nicht über jede Sau, die durchs Dorf getrieben wird. Denn das zahlt letztlich nur auf ein Konto ein: das derjenigen, die mit Demokratie und Meinungsfreiheit, Rechtsstaat und Solidarität nicht viel am Hut haben.