Es geschieht nicht jeden Tag, dass ein neues Meme geboren wird. Gestern war die FDP (Feldschlacht, D‑Day, Pyramide) so freundlich. Und natürlich ging es da nicht um Rosenkohl, sondern um den geplanten und von langer Hand vorbereiteten Ampel-Bruch. Regieren, um nicht zu regieren – dass das Motto der FDP war, ließ sich ahnen, fast schon seit Beginn der Ampel-Regierung. ZEIT und Süddeutsche deckten dann auf, wie intensiv dieses Lieber-nicht-Regieren in den Führungszirkeln der FDP ventiliert wurde. Den Begriff „D‑Day“, der in diesen Berichten vorkam, ließ Lindner dementieren. Eine Nachricht sah er nicht.
Gestern gab es dann Berichte von Table.Media , auf die die FDP – warum auch immer – mit der Veröffentlichung des Feldschlacht-D-Day-Pyramiden-Dokuments, bzw. stilecht und genauer: der Powerpoint-Präsentation – reagierte. (Autor laut Dokumenteneigenschaften des PDF übrigens: Carsten Reymann, Bundesgeschäftsführer der FDP, zuvor Büroleiter Christian Lindner.)
Und dieses Dokument hat es in sich. Nicht nur, dass es klar aufdeckt, dass Lindner und Djir-Sarai gelogen haben, wenn sie behauptet haben, dass Begriffe wie „D‑Day“ nicht verwendet wurden. Es wird auch, um im Duktus der Präsentation zu bleiben, deutlich, dass es eine generalstabsmäßige Planung gab. Oder soll man sagen: dass es eine möchtegern-generalstabsmäßige Planung gab? Denn letztlich hat das ja alles überhaupt nicht so funktioniert, wie Lindner und seine Partei sich das vorgestellt haben: Scholz ist der FDP zuvor gekommen (mit dem Zeitpunkt, den eigentlich die FDP nutzen wollte); das Narrativ der „bösen Ampel“ und des „Aufopferns für das Land“ will selbst in den Talkshows nicht so recht verfangen – und die Konkurrenz ist für die vorgezogene Wahl deutlich besser aufgestellt als die Partei mit dem Pyramidenschema.
Es bleibt spannend, ob die FDP erneut aus dem Bundestag fliegt. Nach dieser Performance hätte sie es sowas von verdient. „Die Atmosphäre muss ernsthaft aber nicht getrieben wirken.“ – hat nicht geklappt. Und Politik, die die eigene Person und die Partei ganz nach vorne stellt, hat hier doch einen deutlichen Dämpfer bekommen. Vielleicht hätte es sich gelohnt, sich auf die Sachauseinandersetzung einzulassen, das Regierungsprojekt ernst zu nehmen – statt über Monate hinweg nur zu blockieren?
Dazu kommt, dass das neue Wahlrecht Leihstimmenkampagnen deutlich unattraktiver macht, als das bisher der Fall war. Entsprechend hat ja auch die Union schon angekündigt, für sich zu kämpfen und keine Werbekampagne für die kleine gelbe Partei zu machen.
Die gute Nachricht: es gibt Gegeneffekte. Dass wir Grünen seit dem 6. November über 20.000 neue Mitglieder dazu gewonnen haben, ist so ein Gegeneffekt (allein in meinem Ortsverband sind vier dazugekommen – macht bei gut 40 Mitgliedern bisher etwas um die zehn Prozent Zuwachs). Vielleicht lohnt es sich ja doch, ernsthaft regieren zu wollen.