Kurz: Auch in der Schweiz ist die Zeit nicht reif für das BGE

Rund eine*r von fünf Abstim­men­den in der Schweiz hat der Initia­ti­ve für ein Grund­ein­kom­men zuge­stimmt. Die not­wen­di­ge Mehr­heit wur­de also deut­lich ver­fehlt. (In Basel-Stadt stim­men sogar 36 Pro­zent für das bedin­gungs­lo­se Grund­ein­kom­men, in ein­zel­nen Züri­cher Stimm­be­zir­ken wur­den die 50 Pro­zent erreicht). 

Dass die Grund­ein­kom­mens­ab­stim­mung ver­lo­ren geht, war zu erwar­ten. Trotz­dem fin­de ich die Volks­ab­stim­mung und auch das Ergeb­nis ermu­ti­gend, weil damit doch eini­ges an Bewe­gung in die Debat­te um das bedin­gungs­lo­se Grund­ein­kom­men gekom­men ist – Medi­en­be­rich­te auch in den gro­ßen bun­des­deut­schen Zei­tun­gen, Online­por­ta­len und Fern­seh­sen­dern, bei­spiels­wei­se. Und das Ergeb­nis trifft auch mei­ne Stim­mungs­la­ge ganz gut: Eigent­lich wäre ein bedin­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­men – bei rich­ti­ger Aus­ge­stal­tung – eine sinn­vol­le Wei­ter­ent­wick­lung eines frei­heit­li­chen Sozi­al­staats, gera­de in Zei­ten, in denen Wirt­schafts­wachs­tum mit sei­nen Umwelt­ef­fek­ten nicht unpro­ble­ma­tisch ist, in denen über einen erwei­ter­ten Arbeits­be­griff dis­ku­tiert wird, der Care-Arbeit, Ehren­amt und poli­ti­sche Betä­ti­gung mit in den Blick nimmt, in denen Pro­duk­ti­vi­tät zuneh­mend von Arbeit ent­kop­pelt ist, es mög­li­cher­wei­se – Stich­wort: Auto­ma­ti­sie­rung, KI, Robo­ter – bald sehr viel weni­ger Arbeits­plät­ze gibt, erst recht kei­ne lebens­lan­gen, unbe­fris­te­ten, gut bezahl­ten Voll­zeit­ar­beits­plät­ze, und in denen die gesell­schaft­li­che Ungleich­heit wächst. 

Trotz­dem habe ich das Gefühl, dass wir noch nicht ganz so weit sind, von heu­te auf mor­gen ein sol­ches Instru­ment ein­zu­füh­ren. Neben der Finan­zie­rungs­fra­ge und den mei­ner Mei­nung nach immer noch unge­klär­ten volks­wirt­schaft­li­chen Effek­ten habe ich vor allem den Ein­druck, dass, gera­de wenn sozi­al­de­mo­kra­ti­sche oder protestantisch(-calvinistische) Tra­di­ti­ons­li­ni­en her­an­ge­zo­gen wer­den, doch bei sehr vie­len Men­schen noch immer das tief ver­wur­zel­te Gefühl da ist, dass, wer nicht (gegen Geld) arbei­tet, auch kei­ne gesell­schaft­li­che Teil­ha­be ver­dient habe. Wer nicht arbei­tet, soll auch nicht essen. Zur heu­ti­gen Lage der Welt passt das nicht wirk­lich. Aber solan­ge sol­che Wider­stän­de breit in der Bevöl­ke­rung ver­an­kert sind, wird es mit der Umset­zung eines bedin­gungs­lo­sen Grund­ein­kom­mens erst­mal nichts. Umso wich­ti­ger ist die Wei­ter­ent­wick­lung der Debat­te (die ja nicht wirk­lich neu ist). Und so rech­net auch in der Schweiz die Mehr­heit der Abstim­men­den damit, in eini­gen Jah­ren erneut über das Grund­ein­kom­men abzu­stim­men. Dann viel­leicht schon mit einem Ergeb­nis, das näher an die 50 Pro­zent heranreicht.

P.S. (7.6.2016): Die­se Umfra­ge zur Stim­mung in Deutsch­land passt ganz gut dazu.