An diesem Foto – von einem Mobilfunkmast am Gundelfinger Bahnhof – gefällt mir vor allem die düstere Farbstimmung, die durch die dunkle Wolke hervorgerufen wird.
Kurz: Mobilfunk, Menschen und Menschenbilder
Der konkrete Anlass für diesen Blogbeitrag ist die heutige grüne Regionalkonferenz zum grünen Grundsatzprogramm in Mannheim. Rund 400 Parteimitglieder aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen waren da, Annalena Baerbock und Micha Kellner auch. Inspirierende Reden, grüne Werte in neuen Zeiten, auch ein Vortrag zu Foresight und sozio-technischen Gestaltungsfragen. Soweit alles nett – im zweiten Teil gab es dann sechs oder sieben etwas kleinere Runden zu einzelnen Themenkomplexen. „Den technologischen Wandel gestalten“, leider methodisch nur eine Aneinanderreihung von Meinungsbeiträgen. Viel Digitalisierung und Datenschutz, die einen mehr für Fortschritt und Technologieoffenheit, andere warnen vor Fallen der Großkonzerne und wollen Äcker gegen Gentechnik verteidigen. So weit, so grün.
Ein Beitrag ist mir im Gedächtnis geblieben, weil er mich etwas ins Grübeln gebracht hat. Thema … 5G, also der neue Mobilfunkstandard. Aber eigentlich ging es in der emotionalen Wortmeldung nicht darum, sondern um die Angst, fast schon Verzweiflung, dass wir uns nicht wehren gegen eine Entwicklung – nämlich den neuen Mobilfunkstandard – die dazu führen wird, dass unsere Kinder Gesundheitsschäden davontragen, dass der Klimawandel sich beschleunigt, und was der Übel mehr sind. Das müsse doch unabhängig untersucht werden, bitte nicht durch das Bundesamt für Strahlenschutz. Egal, wie irrational diese Annahmen sind – die Angst wirkte echt, ebenso die Erwartung, dass Grüne das doch bitte zum Thema machen sollen.
Mein Eindruck: derartige Haltungen nehmen zu. Nicht unbedingt innerhalb der grünen Partei, aber in der Gesellschaft. Ich vermute, dass schnell „recherchierbare“ Youtube-Filmchen und Kindergarteneltern-Whatsapp-Gruppen dazu beitragen; vielleicht erfolgt die memetische Verbreitung auch weitgehend analog. Im Einzelfall mag das ignorierbar sein; ob Menschen für derartige Theorien empfänglich sind oder nicht, mag auch eine individuelle, also letztlich psychologische Frage sein. Was in der Summe aber hart auf den Prüfstand gestellt wird, ist ein zentraler Bestandteil des grünen Wertekanons: dass Menschen nämlich vernunftbegabt sind, und dass sie im Grunde befähigt und willens sind, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Solche Wertorientierungen und Menschenbilder sind selbstverständlich idealtypisch zu denken; eine daran orientierte Politik sollte robust genug sein, auch dann zu funktionieren, wenn dieses Bild in Gänze nur auf wenige zutrifft. Trotzdem bringen mich Vorfälle wie dieser Diskussionsbeitrag ins Grübeln darüber, ob wir unseren Mitmenschen zuviel zutrauen.
P.S.: Währenddessen fordert die grüne Bundestagsfraktion ein Grundrecht auf Mobilfunk.
So ’ne Art Jahresrückblick, Teil III: Mein digitales Leben 2019 (A‑Z)
Apple. Bis Anfang 2019 lag meine letzte Begegnung mit Apple-Geräten schon rund zwanzig Jahre zurück (das Layout des u‑asta-info wurde im Freiburger u‑asta standesgemäß auf Macintosh-Computern durchgeführt). Dann gab’s ein Dienst-iPhone (Android ist unserer IT-Abteilung zu unsicher, das bis dahin verwendete Windows-Phone lief aus) und wenig später auch ein Dienst-iPad. bei manchen Gesten und Bewegungen hat es eine Weile gedauert, die Bedienbarkeit ist meistens besser als bei Android-Geräten, manches ist aber auch umständlicher. Schön ist die nahtlose Integration über die iCloud zwischen Smartphone und Pad, sehr gut gefällt mir die Möglichkeit, handschriftliche Notizen auf dem Tablet zu machen, da habe ich bisher in der Android-Welt nichts vergleichbares gesehen. Weniger gut: die immer noch etwas ruckelnde Zusammenarbeit mit der MS-Office-Umgebung auf dem Arbeitscomputer.
Blog. Im Rückblick hat es sich schon etwas länger angedeutet, eigentlich schon seit September 2017, aber überlagert durch Einmaleffekte (ein hochkontroverser Artikel zur OB-Wahl in Freiburg 2018!) wurde es in der Jahresstatistik erst 2019 sichtbar: die Blogzugriffe sind noch einmal etwa um ein Drittel gesunken und liegen jetzt bei rund 16.000 Views, während es die Jahre davor noch rund 24.000 waren. Das ist nicht nur ein Effekt davon, dass ich weniger zum Bloggen komme – auch die Zugriffszahlen auf einzelne Artikel sind deutlich gesunken. Vorsatz für 2020: nicht so sehr auf die Zahlen schauen, sondern weiter das in dieses Gemischtwaren-Blog stellen, was ich interessant und relevant finde. Manches findet seine Leser*innen – etwa ein Blogbeitrag zur grünen Heimatdebatte, der 2019, zwei Jahre nach dem Erscheinen, in der Alternativen Kommunal-Politik veröffentlicht wurde.
Computer. Im Winter 2019 die erschreckende Nachricht: Windows 7 läuft aus. Muss ich wohl auch privat das beruflich seit diesem Jahr genutzte Windows 10 angehen. Disruption heißt ja vor allem, Gewohnheiten zu durchbrechen.
Digitalisierungsdebatte. Erschreckend, wie oft die immer gleichen Debatten wieder geführt werden (zum Teil seit Ende der 1990er Jahre). Mitten in der digitalen Revolution ist die Welt eher unübersichtlich. Alle zwei Jahre gibt es einen neuen Hype, und die ganz großen Vorhersagen sind bisher nicht eingetreten. Oder passieren so schleichend, dass es niemand merkt. Dafür hat jetzt jeder eine Strategie.
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Auf der Suche nach diskursiven Knoten (beim Mobiltelefon) – Update
Hallo Netz – oben ist auf der Grundlage dieser und älterer Daten dargestellt, wie viele Mobilfunkverträge (konkret gezählt werden hier wohl SIM-Karten) es in Deutschland gibt. Sichtbar ist, dass es zwischen 2000 und 2001 einen rasanten Anstieg (Ende der early-adaptor-Phase?) der Zahl der Mobilfunkverträge gegeben hat, dass es seit Mitte 2006 zu einer rechnerischen Penetrationsrate von 100% kommt (faktisch besitzen zu diesem Zeitpunkt etwa 80% der Bevölkerung ab 14 Jahren ein Mobiltelefon), und dass es seit Ende 2008 praktisch kein Wachstum der Zahl der Verträge mehr gibt (Sättigung).
Ich schaue mir ja die Nutzungspraktiken des Mobiltelefons in Nachhaltigkeitsmilieus an. In diesem Kontext interessiert mich auch der „ökologische“ Diskurs zum Mobiltelefon – und da frage ich mich, ob die oben dargestellte Entwicklung der Mobilfunkteilnehmendenzahlen Aufschluss darüber geben könnte, in welchen Jahren es besonders spannend wäre, sich den (medialen) Diskurs mal genauer anzuschauen.
Um eine Größenordnung zu nennen: für Suchworte wie „Mobilfunk“, „Handy“ oder „Mobiltelefon“ finden sich im Online-Archiv der taz seit 1986 bis heute etwa 6700 Artikel. Das ist mindestens eine, eigentlich sogar zwei Größenordnungen zu viel für das, was ich damit machen will. Deswegen suche ich nach Wegen, die Zahl der für eine qualitative Diskursanalyse auszuwertenden Texte deutlich einzuschränken. Eine Variante könnte darin bestehen, einfach eine „verdünnte“ Stichprobe über den gesamten Zeitraum zu nehmen, und dann nur jeden 10, 20, … Artikel anzuschauen. Die andere Strategie, um zu einer handhabbaren Zahl an Artikeln zu kommen, liegt eben darin, nach diskursiven Verdichtungen zu suchen: Wann verknotet sich der Diskurs?
Deswegen die Frage: Klingt es plausibel, an den oben genannten Knotenpunkten genauer hinzuschauen? Oder gibt es andere Zeitpunkte, die spannend sein könnten, wenn es um den ökologischen Diskurs zum Mobiltelefon geht?
Warum blogge ich das? Zur Feedbackeinholung.
Nachtrag (22.12.2010): Ich bin jetzt doch noch einmal quartalsweise durch die taz-Suche gegangen. Heraus kommt dann folgendes Bild – dargestellt sind die Daten von oben, ergänzt (lachsfarbene Balken) um die quartalsbezogenen Suchergebnisse nach den Begriffen (auch als Wortanfang) „Handy“, „Mobiltel“, „Mobilfunk“, „Elektrosmog“, „iPhone“ und „Smartphone“. Die Suchergebnisse sind roh, d.h. es sind auch Artikel enthalten, die nur ganz nebenbei einen dieser Begriffe enthalten, oder die aus anderen Gründen für eine Diskursanalyse uninteressant sind. Da jetzt doch einiges an Details im Diagramm enthalten ist, kann mit einem Klick auf das Bild die doppelt so hoch aufgelöste Fassung angeschaut werden.
Interessant sind die „Peaks“ im 3. Quartal 2000, im 3. Quartal 2002, im 1. Quartal 2004, ab Sommer 2006 und im 1. Quartal 2008. Ein Durchscrollen der Artikelüberschriften lässt Vermutungen darüber zu, was jeweils Ursache für den Ausschlag nach oben ist.
- 2000: hier sind es ganz klar die UMTS-Auktionen und die daraus fließenden Gelder
- 2002: kein klarer Trend erkennbar, evtl. Spätfolgen der UMTS-Auktionen
- 2004: ebenfalls nicht so ganz klar, u.a. Anschläge in Madrid (Bombe per Handy gezündet), Mobilfunknetz im Irak, Cebit
- 2006: auch hier kommen verschiedene Themen zusammen: der Verkauf der Siemens-Handysparte an BenQ, aber auch Debatten über die Handy-Überwachung und über Sicherheitsgesetze
- 2008: Cebit, Vorratsdatenspeicherung, Terrorismus, Siemens-Schließung, und vor allem die Nokia-Schließung in Bochum
So ganz aussagekräftig sieht das alles noch nicht aus. Hmm.