„Seid nett miteinander“

Eigent­lich hat­te ich mir fest vor­ge­nom­men, an die­ser ers­ten Prä­senz-BDK – also dem Bun­des­par­tei­tag von Bünd­nis 90/Die Grü­nen – seit einer gefühl­ten Ewig­keit vor Ort in Bonn teil­zu­neh­men. Da ich nur Ersatz­de­le­gier­ter bin, und die Debat­ten im Stream eben­so gut ver­folg­bar sind, habe ich mich dann ange­sichts der rapi­de stei­gen­den Coro­na­zah­len einer­seits und leich­ten Erkäl­tungs­sym­pto­men ande­rer­seits ent­schie­den zu Hau­se zu blei­ben. Also, nur ein Bericht vom Bild, ohne Hin­ter­grund­rau­schen aus der Hal­le, ohne Atmo­sphä­re und ohne Nebengespräche.

Trotz­dem glau­be ich, dass sich ein biss­chen was über die­se BDK sagen lässt. Mot­to „Wenn unse­re Welt in Fra­ge steht: Ant­wor­ten“. Die mul­ti­plen, sich über­lap­pen­den Kri­sen tauch­ten selbst­ver­ständ­lich immer wie­der auf – in den Reden genau­so wie in den Anträ­gen. Über­haupt: die­se BDK war ein Antrags-Par­tei­tag. Im Mit­tel­punkt stan­den nicht die Wah­len, kei­ne Lis­ten­auf­stel­lung, und auch kein Pro­gramm, viel­mehr wur­de an vier gro­ßen the­ma­ti­schen Blö­cken gear­bei­tet. Dazu kamen zehn sons­ti­ge Anträ­ge, ein sehr kurz­fris­ti­ger Dring­lich­keits­an­trag zur Sicher­heit kri­ti­scher Infra­struk­tu­ren und eini­ge Sat­zungs­än­de­rungs­an­trä­ge. Ein Antrags- und damit ein Arbeits­par­tei­tag, also.

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Kurz: Die Erde brennt

Wir hat­ten am Diens­tag Besuch von Fri­days for Future in der Frak­ti­on – mit weit­rei­chen­den For­de­run­gen. Seit ein paar Tagen dis­ku­tiert das Netz über ein Video von rezo. Fast die Hälf­te sei­nes Vide­os dreht sich um das Ver­sa­gen der CDU im Kli­ma­schutz. Mor­gen ist glo­ba­ler Streik­tag der Fri­days for Future, und ich bin mir sicher, dass der Zulauf groß sein wird, und dass wir vie­le Jugend­li­che sehen wer­den, die ernst­haft sau­er sind.

Etwas zu tun reicht nicht. Es geht unse­ren Kin­dern nicht um Kom­pro­mis­se. Lui­sa Neu­bau­er bringt es auf den Punkt, wenn sie schreibt, dass die Erde brennt. Die Kli­ma­kri­se ist jetzt da, sie ist akut, und sie ist glo­bal – und die Erwar­tungs­hal­tung ist ein­fach: wer im Ange­sicht die­ser Kri­se nicht an der Lösung mit­ar­bei­tet – über alle poli­ti­schen Lager und Hal­tun­gen hin­weg – ist Teil des Pro­blems. Der Mar­shall­plan für das Kli­ma fehlt, es gibt kei­ne kon­zer­tier­te Akti­on in der Grö­ßen­ord­nung des Man­hat­t­an­pro­jekts – und das wird mas­siv als unver­zeih­li­ches Poli­tik­ver­sa­gen wahrgenommen.

Die­se Erwar­tungs­hal­tung clasht mit den vie­len Schräub­chen, Bret­tern und Bohr­ge­win­den des Poli­tik­be­triebs. Da hilft es auch nichts, die Euro­pa­wahl zur Kli­ma­wahl zu machen. Solan­ge Maß­nah­me für Maß­nah­me die CO2-Emis­sio­nen doch nicht sin­ken, wächst die Unge­duld. Die Fak­ten­la­ge ist klar. War­um dann Lager­streit und die übli­che zyni­sche Bes­ser­wis­se­rei, Inter­es­sen­ab­wä­gung und Sach­zwän­ge? Wo bleibt das gemein­sa­me Anpa­cken, um die Trans­for­ma­ti­on in letz­ter Minu­te zu schaf­fen? Das wird die Fra­ge sein, an der vie­le, die heu­te noch nicht wahl­be­rech­tigt sind, spä­tes­tens bei der nächs­ten Bun­des­tags­wahl die Par­tei­en mes­sen wer­den. Und da hilft dann kein noch so schö­nes Share­pic. Weil es um etwas Exis­ten­zi­el­les geht – jen­seits des übli­chen Hori­zonts von Politik.

(Oder, zuge­spitzt: Fri­days for Future defi­niert gera­de den Ausnahmezustand.)