Kurz: Für eine Schule mit aussagekräftigeren Beurteilungen!

Eine der hei­ßen bil­dungs­po­li­ti­schen Debat­ten in Baden-Würt­tem­berg ist der Kon­flikt um die „Schu­le ohne Noten“. Für die, die nicht so tief drin­ste­cken: auch gegen den Pro­test des grü­nen Koali­ti­ons­part­ners hat die Kul­tus­mi­nis­te­rin in exe­ku­ti­ver Eigen­ver­ant­wor­tung ver­fügt, den dies­be­züg­li­chen, an einer Hand­voll Grund­schu­len im Land lau­fen­den Schul­ver­such abzu­bre­chen – egal, wie posi­tiv die Rück­mel­dun­gen aus den Schu­len dazu auch aus­ge­fal­len sind. 

Das Gan­ze wird aus Sicht der kon­ser­va­ti­ven Bil­dungs­po­li­tik als Teil eines „Leis­tung muss sich wie­der lohnen“-Pakets ver­kauft. Lei­der setzt sich die­se Rah­mung recht erfolg­reich durch. Den Tat­sa­chen ent­spricht sie nicht. Gut gemacht, ist eine Schu­le ohne Noten näm­lich eigent­lich eine Schu­le mit sehr viel mehr und aus­sa­ge­kräf­ti­ge­ren Leis­tungs­be­ur­tei­lun­gen, in der aber auch sehr viel genau­er eine Rück­mel­dung dar­über gege­ben wird, wo und wie die­se erbracht wird, und wo es nicht so gut läuft. Ich ken­ne das von der Schu­le mei­ner Toch­ter – die Stau­din­ger-Gesamt­schu­le ist eine der drei „Schu­len beson­de­rer Art“ in Baden-Würt­tem­berg, eine in den 1970er Jah­ren ein­ge­rich­te­te Gesamt­schu­le, in der seit eini­gen Jah­ren bis Klas­se acht alle Schüler*innen gemein­sam unter­richt wer­den. Es gibt also bis ein­schließ­lich Klas­se 8 kei­ne niveau­dif­fe­ren­zier­ten Kur­se, son­dern eine Bin­nen­dif­fe­ren­zie­rung im Unterricht. 

Dass das mit klas­si­schen Noten nicht funk­tio­niert, ist klar. Des­we­gen wer­den ande­re Instru­men­te zur Leis­tungs­rück­mel­dung ein­ge­setzt. Neben regel­mä­ßi­gen Eltern-Leh­rer-Schü­ler-Gesprä­chen sind das vor allem recht aus­führ­li­che Lern­be­rich­te stan­dar­di­sier­ter Form, die es statt der Zeug­nis­se gibt. Im Ergeb­nis steht da dann nicht »Deutsch 2–3«, son­dern zum einen wird mar­kiert, wel­che Kom­pe­ten­zen auf wel­chen Niveaus (grund­stän­dig, mit­tel, erwei­tert) erwor­ben wur­den (Bei­spiel: „Lesen/Textverständnis […] [E] „Du kannst durch die Anwen­dung von Lese­stra­te­gien selbst­stän­dig einen Text erschlie­ßen und die zen­tra­len Aus­sa­gen her­aus­ar­bei­ten. Zu Text­in­hal­ten kannst du kri­tisch und begrün­det Stel­lung neh­men.“). Zum ande­ren wer­den für ein­zel­ne Teil­be­rei­che eines Faches Noten bzw. Punk­te ver­ge­ben und dar­ge­stellt (wie­der­um mit Anga­be des Kom­pe­tenz­ni­veaus); fak­tisch wer­den hier die Ergeb­nis­se von Klas­sen­ar­bei­ten, Prä­sen­ta­tio­nen, Vor­trä­gen, Tests, Heft­no­ten etc. doku­men­tiert (Bei­spiel: »Gedicht­vor­trag [E] 2-«). Dazu kom­men text­li­che Beur­tei­lun­gen zum „indi­vi­du­el­len Ler­nen“ in den Haupt­fä­chern, dabei geht es vor allem um das „Wie“ des Ler­nens. Ins­ge­samt ergibt das dann ein deut­lich aus­sa­ge­kräf­ti­ge­res Bild. 

Ich weiß jetzt nicht, wie die „Schu­le ohne Noten“ an den Ver­suchs­grund­schu­len kon­kret umge­setzt wur­de. Ich gehe aber stark davon aus, dass auch hier ande­re – wert­schät­zen­de, und die Kin­der för­dern­de – For­men der Leis­tungs­be­ur­tei­lung und Leis­tungs­rück­mel­dung gesucht und gefun­den wur­den. Eine Schu­le, die genau­er hin­schaut, die auf die ein­zel­nen Kin­der ein­geht, und die indi­vi­du­el­le Rück­mel­dun­gen gibt, statt ein doch recht gro­bes Ras­ter über alles zu stül­pen. Das ist dann nicht lais­sez-fai­re. Aber das scheint in eini­ge Köp­fe nicht rein zu wollen …