Politik im Netz – was geht?

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Letz­ten Sams­tag fand die Jah­res­ta­gung der Hein­rich-Böll-Stif­tung Baden-Würt­tem­berg statt, die die­se freund­li­cher­wei­se dem The­ma „Poli­tik im Netz – Wie das Inter­net poli­ti­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on und Kul­tur ver­än­dert“ gewid­met hat­te. Im Fol­gen­den also ein paar Streif­lich­ter aus der Kon­fe­renz. Das Publi­kum wirk­te übri­gens sehr viel weni­ger nerdig, als das The­ma es hät­te ver­mu­ten lassen.

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Kurz: Reden wir noch, oder schreiben Sie schon?

Auch Lobo wirft sich jetzt auf die „Stil­le Post im Netz“. Haupt­the­se: Kor­rekt zitie­ren, ordent­lich jour­na­lis­tisch arbei­ten – das gehört zur Medi­en­kom­pe­tenz einer guten deut­schen Social-Media-Nut­ze­rIn dazu. (Neben­bei: Dass der Vor­wurf der Ver­kür­zung die­je­ni­gen, die eine kri­ti­sche Mei­nung zu Joa­chim Gauck geäu­ßert haben, nur so halb trifft, zeigt Ana­tol Ste­fa­no­witsch im Sprach­log). Ordent­lich jour­na­lis­tisch arbei­ten, im Netz, sonst wird das nichts mit der poli­ti­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on dort.

Ich weiß jetzt, war­um mich die­se Aus­sa­ge irri­tiert: Weil Sascha Lobo Twit­ter auf das Zitie­ren und Ret­wee­ten ver­kürzt, das sozia­le Netz als Netz­werk aus Zita­ten dar­stellt. Ja. Das ist es auch. Aber gera­de Twit­ter ist eben auch Kon­ver­sa­ti­on. Eine Form einer tex­tu­el­len Kul­tur der Münd­lich­keit. Mehr Gere­de als Geschriebenes. 

Natür­lich: Die digi­ta­le Dif­fe­renz der Spei­cher­bar­keit, Durch­such­bar­keit und iden­ti­schen Kopier­bar­keit unter­schei­det Twit­ter vom leb­haf­ten Gespräch in der Knei­pe. Eine Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Kon­ver­sa­ti­ons­form sui gene­ris, viel­leicht. Eine, bei der noch immer nicht so ganz klar ist, was eigent­lich die sozia­len Nut­zungs­re­geln sind (damit mei­ne ich nicht die for­ma­len, auf­schreib­ba­ren, son­dern die Erwar­tun­gen an die damit ver­bun­de­nen Praktiken). 

Wenn ein Poli­ti­ker eine ande­re Poli­ti­ke­rin auf Twit­ter neckt, ist dass dann zitier­bar? Jour­na­lis­tisch ver­wert­bar? Oder hat’s eher den Sta­tus des zufäl­lig in der Bun­des­tags­kan­ti­ne belausch­ten Aus­tauschs in der Essens­schlan­ge? Und wenn da einer sagt: „Gauck sei doch für Sar­ra­zin“ – ist das dann a. ver­werf­li­che, unin­for­mier­te, dum­me Kam­pa­gne, eine b. ver­kürz­te münd­li­che Mei­nungs­äu­ße­rung oder c. das not­wen­di­ge Grund­rau­schen der Mei­nungs­bil­dung des poli­ti­schen Twit­ters, die eben nicht in Form geschlif­fe­ner Essays stattfindet?

P.S.: Kul­tur­sen­dun­gen im Radio sind sozu­sa­gen das Gegen­teil davon: ver­skrip­te­te Mündlichkeit.