Siehe auch die erweiterte Fassung auf CARTA.
Der Pirat Kramm hatte eine recht schluddrig formulierte Petition gegen das geplante Leistungsschutzrecht eingereicht. Gestern lief die Mitzeichnungsfrist aus. Das Quorum von 50.000 UnterstützerInnen, ab dem eine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages verpflichtend ist, wurde recht deutlich verfehlt. Über all das regt sich Metronaut massiv auf und sieht darin ein Scheitern, ein stumpf gewordenes Werkzeug. Fünf kurze Anmerkungen dazu:
1. Online-Petitionen sind keine Bürgerbegehren und keine Unterschriftensammlungen (auch wenn die ePetition mit Mitzeichnungsmöglichkeit diesen Anschein erweckt). Sie primär als Kampagnenwerkzeug zu verstehen, verkennt den Sinn des Petitionsrechts.
2. Mehr als 20.000 Mitzeichnungen sind nicht nichts, auch wenn LSR-Fans das jetzt gerne so darstellen. Wir als „Netzgemeinde“ sollten jetzt nicht in diese Falle tappen. Auch eine Petition mit „nur“ 20.000 Mitzeichnungen läuft den Gang des Petitionswesens – nur eben ohne prestigeträchtige öffentliche Anhörung (die auch nicht unbedingt mehr erreicht).
3. Digitale Tools ersetzen keine politischen Kampagnen. Dazu gehört es, Bündnisse zu bilden, strategisch vorzugehen, gemeinsame Botschaften zu finden und verschiedene Kanäle der Aufmerksamkeitsgenerierung zu verknüpfen – online wie offline. Eine Massenpetition kann Teil einer Kampagne sein und von dieser getragen werden, kann aber keine Kampagne ersetzen oder spontan katalysieren. (Zu diesem unpolitischen Glaube an Tools zählt für mich auch die naive Vorstellung, 30.000 Mitglieder der Piratenpartei seien mal eben mobilisierbar …)
4. Anders als bei der Vorratsdatenspeicherung und bei ACTA fehlt dem Leistungsschutzrecht die gefühlte persönliche Betroffenheit, das Erregungs- und Empörungspotenzial. Wen außer ein paar BloggerInnen und Google interessiert es, ob Onlineschnippsel aus Zeitungstexten vergütungspflichtig werden? (Das LSR ist trotzdem ein falscher Ansatz – aber es ist eben nicht so leicht vermittelbar, dass das so ist).
5. Ein Nebeneffekt der LSR-Petition: Inhaltliche Spannungen innerhalb der „Netzgemeinde“ und in und zwischen den Piraten wurden sichtbar. Damit meine ich jetzt nicht deren aktuelle Personalquerelen und „Gates“. Diese Ausdifferenzierung – und die Versuche, sie „für die gemeinsame Sache“ zu überbrücken – unterstreicht, dass die Affinität zum Netz politische Auseinandersetzungen nicht ersetzen kann. Das ist einerseits ernüchternd, weil damit ein Stück des utopischen Gehalts der Netzwerkinfrastruktur eingerissen wird. Andererseits kann ein Bewusstsein dafür, dass spontane Formationen erst mit politischen Strukturen dauerhaft Wirkung entfalten, nicht schaden. Und dazu gehört eben auch der Blick über die beiden Tellerränder von Piratenpartei bzw. „Netzgemeinde“. Also: lernen wir was aus dem Ganzen!
Warum blogge ich das? Weil ich es schade fände, wenn aus einer Kette nicht so toll gelaufener Handlungen die falschen Schlüsse gezogen würden.