Nicht von dieser Welt

Strange planet IIIn den letz­ten Tagen sind mir zwei ganz unter­schied­li­che Bücher über den Weg gelau­fen, die sich mit dem Groß­wer­den von Kin­dern und Jugend­li­chen mit Asper­ger-Syn­drom befas­sen. Dabei han­delt es sich zum einen um The Quar­ry, das letz­te Buch des zu früh ver­stor­be­nen schot­ti­schen Autors Iain Banks, und zum ande­ren um die Gra­phic Novel Schat­ten­sprin­ger, in die ich auf der Web­site der Autorin Danie­la Schrei­ter hin­ein­blät­tern konnte.

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Was ich so lese, oder: gesellschaftskritische Science Fiction

Pacified science fiction

Eigent­lich woll­te ich dazu nichts sagen, aber ich muss jetzt doch mal ein paar Wor­te über den Text „Magi­sche Klas­sen­kämp­fer“ von Flo­ri­an Schmidt (am 22.8. im Frei­tag erschie­nen) los­wer­den. Schmidt brei­tet dort die The­se aus, dass – platt gesagt – frü­her Sci­ence Fic­tion ein eman­zi­pa­to­ri­sches Gen­re war und heu­te im Dienst der Reak­ti­on steht. Das ist falsch.

Äpfel und Birnen, Bücher und Filme

Das ist zum einen falsch, weil er Äpfel mit Bir­nen ver­gleicht. „Frü­her“ sind für ihn die – in der Tat span­nen­den, lesens­wer­ten, hoch­gra­dig inter­es­san­ten – Bücher von Ursu­la K. Le Guin (The Dis­pos­s­es­sed), Joan­na Russ (z.B. The Fema­le Man) und Mar­ge Pier­cy (Woman at the edge of time und He, she, and it). Das sind drei libe­ral-femi­nis­ti­sche AutorIn­nen, die sich auf hohem lite­ra­ri­schen Niveau in den 1970er und 1980er Jah­ren mit den Mög­lich­kei­ten und Gren­zen einer bes­se­ren Gesell­schaft aus­ein­an­der­ge­setzt haben. Ich habe sie sehr ger­ne gelesen. 

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Photo of the week: Sun power

Sun power

 
Edward Snow­den, der Whist­le­b­lower, der Doku­men­te über „PRISM“ – das groß ange­leg­te Über­wa­chungs­pro­gramm der NSA – ver­öf­fent­licht hat, ist jemand, der mutig gehan­delt hat, und der sich – den Inter­views und Berich­ten im Guar­di­an zufol­ge, sehr bewusst und mit kla­rem Blick auf die per­sön­li­chen Kon­se­quen­zen für sich und ande­re dafür ent­schie­den hat, PRISM öffent­lich zu machen. Die ver­mut­lich größ­te Ent­hül­lung der letz­ten Jah­re zeigt zudem mit dras­ti­scher Deut­lich­keit, wie wenig das Han­deln Barack Oba­mas mit sei­nen Ver­spre­chun­gen zu tun hat. Ich hof­fe, dass Snow­dens Mut auch poli­ti­sche Kon­se­quen­zen haben wird. Die Netz­so­zio­lo­gin danah boyd hat eini­ge gute Argu­men­te dazu auf­ge­führt, war­um zu erwar­ten ist, dass die meis­ten Ame­ri­ka­ne­rIn­nen schlicht mit den Schul­tern zucken wer­den, nach dem Mot­to „betrifft mich ja nicht“.

Snow­den hät­te auch eine Roman­fi­gur sein kön­nen – in einem der Nicht-SF-Roma­ne von Iain (M.) Banks, der heu­te mit 59 Jah­ren gestor­ben ist. 

Banks war einer der ers­ten Autoren der neu­en schot­ti­schen Sci­ence-Fic­tion-Wel­le, die ich gele­sen habe, und der mich zu „ernst­haf­te­rer“ Sci­ence Fic­tion (und der Lek­tü­re im eng­lisch­spra­chi­gen Ori­gi­nal) hin­ge­führt hat. Mit den Büchern sei­ner Cul­tu­re-Rei­he hat er ein Uto­pia auf­ge­macht, dass durch­aus in der Lage dazu ist, als Gan­zes ethisch frag­wür­dig han­delt. Gleich­zei­tig – das zieht sich, neben dem Spaß an der Kon­struk­ti­on grö­ße­rer und grö­ße­rer Raum­schif­fe und künst­li­cher Lebens­wel­ten durch alle sei­ne Bücher – hat er wohl am kon­se­quen­tes­ten eine Kul­tur beschrie­ben, in der intel­li­gen­te Droh­nen und die „Minds“ der kon­ti­nent­gro­ßen Raum„schiffe“ mit den Men­schen* der Cul­tu­re all­täg­lich inte­griert inter­agie­ren – min­des­tens auf Augen­hö­he, wenn nicht sogar im Ver­hält­nis der über­ra­gen­den Maschi­nen­in­tel­li­genz zum – des Amü­se­ments wegen – gedul­de­ten Men­schen. Nach und nach habe ich dann den Nicht-SF-Banks („Iain Banks“ statt „Iain M. Banks“) ent­deckt und schät­zen gelernt. The Busi­ness (1999) bei­spiels­wei­se ist eine der les­bars­ten lite­ra­ri­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen mit den Orga­ni­sa­ti­ons­prin­zi­pi­en des Kapi­ta­lis­mus, die mir bekannt ist. (Und wer in sei­ne – teil­wei­se grau­sa­me – Sci­ence-Fic­tion ein­stei­gen will, kann das chro­no­lo­gisch mit Con­sider Phle­bas (1987) tun, oder mit Exces­si­on (1996), dem viel­leicht zugäng­lichs­ten der Culture-Romane).

Banks ist nicht mehr. Und das ist defi­ni­tiv ein Verlust.

* Men­schen: Mir ist bewusst, dass die Men­schen der Cul­tu­re kei­ne Men­schen sind …