Kurz: Klassenfrage

Als Bahn-Viel­fah­rer bin ich fast immer in der 2. Klas­se unter­wegs – weil mir die Bahn­Card 100 für die 2. Klas­se mit über 4000 Euro pro Jahr schon teu­er genug ist, aber auch, weil ich es ein­fach nie anders ken­nen­ge­lernt habe: Als Kind war es natür­lich immer die 2. Klas­se in IC und Nacht­zug, wenn wir von Süd- nach Nord­deutsch­land gefah­ren sind. Und spä­ter, als das anfing damit, zu Jugend­ver­bands­kon­gres­sen und Par­tei­ta­gen, noch etwas spä­ter: zu Uni­dienst­rei­sen, quer durchs Land zu fah­ren, war eben­so selbst­ver­ständ­lich, dass die Fahrt­kos­ten­er­stat­tung sich auf die 2. Klas­se bezog. 

Wenn ich, wie jetzt gra­de, dank eines Upgrade-Gut­scheins für treue Kun­den, dann doch ein­mal in der 1. Klas­se sit­ze, hat das was von frem­den Ter­rain. Ver­traut und zuge­hö­rig fühlt sich das nicht an. Beque­me­re Sit­ze und mehr Platz – das hät­te ich auch ger­ne bei mei­nem Pen­del­all­tag. Kos­ten­lo­se Zei­tun­gen, auch nett. Schwe­rer tue ich mich da schon mit der Ser­vice­kul­tur und der damit ver­bun­de­nen auf­ge­setz­ten Ultrafreund­lich­keit, der emsi­gen und stän­di­gen Sor­ge um das Wohl­be­fin­den der Rei­sen­den – Sie wer­den am Platz bedient, eine klei­ne Auf­merk­sam­keit viel­leicht, hät­ten Sie noch einen Wunsch? (Ähn­lich frem­delnd ergeht es mir, wenn ich in viel­ster­ni­ge Hotels gerate …).

Das ist schlicht nicht mei­ne Welt. Mit einer bour­dieu­schen Bril­le zu beob­ach­ten, wie die Ange­hö­ri­gen der 1. Klas­se die­ses Bedi­ent­wer­den ganz selbst­ver­ständ­lich fin­den, ja über­haupt: wie sie sich geben, und dabei eine fei­ne, inkor­po­rier­te Ele­ganz aus­strah­len – das ist durch­aus inter­es­sant und zugleich ein schö­ner Beleg für milieu­spe­zi­fi­schen Habi­tus und für die Exis­tenz einer gewis­sen Klas­sen­ge­sell­schaft auch in Deutsch­land. Was weit über Fra­gen der Zuge­hö­rig­keit hin­aus Kon­se­quen­zen hat.

Nachtgedanken gegen das habituelle Misstrauen der Linken

Journey of waiting XLVII: Single biker

Viel­leicht ist es kei­ne gute Idee, eher über­mü­det noch etwas in mein Blog zu schrei­ben. Ich mache das jetzt aber trotz­dem, weil mir das The­ma schon seit letz­tem Wochen­en­de durch den Kopf geis­tert. Da war der Kon­gress grün.links.denken, der mir sehr gut gefal­len hat. Ande­ren nicht. Oder viel­leicht noch eine Woche zuvor, da war die­ser Bun­des­par­tei­tag der Linkspartei.

Was mir zuneh­mend auf­fällt, da wie dort: Es gibt so einen typi­schen Habi­tus des oder der lin­ken Lin­ken. (Das ist jetzt vor­nehm aus­ge­drückt für: Es gibt Vor­ur­tei­le, die sich ger­ne bestä­ti­gen). Ich zäh­le mich ja selbst dazu, also zum lin­ken Flü­gel mei­ner Par­tei. Und bin froh dar­über, dass, unter ande­rem mit die­sem Kon­gress, ver­sucht wird, sich als Lin­ke in der grü­nen Par­tei, als Grü­ne Lin­ke, selbst­be­wuss­ter zu geben und – wie ich mei­ne – zugleich offe­ner auf­zu­tre­ten. Sich neu zusam­men­zu­fin­den. Ich bin über­zeugt davon, dass das der Par­tei gut tut, dass ein kla­rer lin­ker Flü­gel hilft, wie­der ver­stärkt Debat­ten in der grü­nen Par­tei zu füh­ren, und da, wo es not­wen­dig ist, auch mal eine kla­re­re Kan­te zu zeigen.

„Nacht­ge­dan­ken gegen das habi­tu­el­le Miss­trau­en der Lin­ken“ weiterlesen