So geht’s auch

Balance, too

Weil ich das ab und zu gefragt wer­de, wie wir das machen, woll­te ich mal was dazu auf­schrei­ben. Was machen? Die Ver­ant­wor­tung für zwei Kin­der zwi­schen zwei Erwach­se­nen, die kein Paar mehr sind, so auf­tei­len, dass es allen dabei gut geht. Nicht als Patent­re­zept, und ohne jede Garan­tie – wer weiß, wie das irgend­wann bei uns aus­sieht -, aber viel­leicht als Anregung.

Kurz zum Hin­ter­grund: Vor etwa einem Jahr haben A. und ich uns nach eini­gen Jah­ren Zusam­men­sein getrennt (wer etwas sucht, fin­det auf mei­nem Blog auch einen län­ge­ren Ein­trag dazu). Wir haben das gemein­sa­me Sor­ge­recht für unse­re bei­den Kin­der, und waren uns dann schnell einig, dass wir das auch wei­ter­hin gemein­sam aus­üben wol­len, und dass wir kein Lebens­mo­dell wol­len, bei dem eine Per­son sich um die Kin­der küm­mert und die ande­re dafür Geld und Wochen­en­den gibt/kriegt.

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Die Sache mit dem Ehegattensplitting

Laut Medi­en­be­rich­ten will Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­rin Kris­ti­na Schrö­der zur Gleich­stel­lung von homo­se­xu­el­len Part­ner­schaf­ten bei­tra­gen, indem das Ehe­gat­ten­split­ting dafür geöff­net wer­den soll. Klingt erst­mal gut, wird aber von ihr selbst gleich wie­der rela­ti­viert. Es gehe ihr um den Erhalt kon­ser­va­ti­ver Wer­te, heißt es, und das glau­be ich ihr durch­aus. Es geht ihr, zuge­spitzt, um die Ret­tung der Ehe vor dem Feminismus.

Die CDU dazu zu brin­gen, sich ein klei­nes biss­chen pro­gres­si­ver zu zei­gen, indem sie die letz­ten Schrit­te zur Gleich­stel­lung der ein­ge­tra­ge­nen Part­ner­schaft mit der Ehe macht, ist nicht schlecht (und kann als spä­ter Erfolg unter ande­rem der dies­be­züg­li­chen Initia­ti­ven von Vol­ker Beck gese­hen wer­den, bei deren nament­li­cher Abstim­mung diver­se CDU-MdBs sich vor ihrem Gewis­sen ziem­lich blamierten).

Aber: Eigent­lich müss­te es dar­um gehen, den Ana­chro­nis­mus einer staat­li­chen Sub­ven­ti­on der Allein­ver­die­ner­ehe ganz abzu­schaf­fen. Ehe­gat­ten­split­ting bringt dann etwas, wenn ein Part­ner in einer Ehe oder Part­ner­schaft deut­lich mehr ver­dient als der ande­re. Das allei­ne ist schon ein­mal schwie­rig, weil in den meis­ten Fäl­len zufäl­li­ger­wei­se die Frau in einer hete­ro­se­xu­el­len Ehe die­je­ni­ge ist, die weni­ger ver­dient. Zur Not lie­ßen sich hier auch ent­spre­chen­de Sta­tis­ti­ken auskramen. 

In gleich­ge­schlecht­li­chen Part­ner­schaf­ten lie­gen die Ein­kom­mens­ver­hält­nis­se ver­mut­lich ähn­li­cher – eine Öff­nung hier hat also in vie­len Fäl­len mehr einen sym­bo­li­schen als einen mate­ri­el­len Wert.

Ehe­gat­ten­split­ting heißt, Anrei­ze dafür zu set­zen, dass Men­schen hei­ra­ten (weil es sich ja steu­er­lich lohnt), und es heißt, staat­li­che Anrei­ze für unglei­che Ein­kom­mens­ver­hält­nis­se in der Ehe (oder eben auch der Part­ner­schaft) zu set­zen. Also: das deut­sche Part­ner­schafts­mo­dell der 1950er Jah­re am Leben zu erhalten.

Eine Abschaf­fung des Ehe­gat­ten­split­tings wür­de nicht bedeu­ten, dass es kei­ne Ein­kom­mens­un­ter­schie­de – und damit erheb­li­che mate­ri­el­le Ungleich­hei­ten – in Part­ner­schaf­ten mehr geben wür­de. Aber es wür­de einen wich­ti­gen Anreiz dafür weg­neh­men. Das Geld könn­te dann bei­spiels­wei­se in eine tat­säch­li­che För­de­rung von Kin­dern und Fami­li­en jeder Art gesteckt werden.

Wenn Schrö­der sich in der CDU damit durch­setzt, das Ehe­gat­ten­split­ting für ein­ge­tra­ge­ne Part­ner­schaf­ten zu öff­nen, ret­tet sie ihr Fami­li­en­mo­dell und ver­län­gert die Lebens­zeit eines gesell­schaft­li­chen Ana­chro­nis­mus. Inso­fern glau­be ich, dass zu viel Begeis­te­rung über die­sen Vor­stoss sei­tens pro­gres­si­ver Kräf­te nicht ganz die rich­ti­ge Reak­ti­on ist.

Dis­clai­mer: Eine Abschaf­fung des Ehe­gat­ten­split­tings zuguns­ten höhe­rer Kin­der­leis­tun­gen wür­de dem von mir geleb­ten Fami­li­en­mo­dell (unver­hei­ra­te­te hete­ro­se­xu­el­le Part­ner­schaft mit Kin­dern, inzwi­schen Tren­nung, aber wei­ter­hin gemein­sa­me Kin­der­er­zie­hung) zu Gute kom­men. Inso­fern könn­te es sich bei die­sem Blog­bei­trag um Kli­en­tel­po­li­tik in ganz eige­ner Sache han­deln. Aller­dings zeigt ein Blick auf die Sta­tis­ti­ken, dass weder getrennt auf­wach­sen­de Kin­der noch unver­hei­ra­te­te Eltern heu­te völ­li­ge Aus­nah­me­fäl­le sind.

P.S.: Zum The­ma Wir­kung und Unge­rech­tig­kei­ten des Ehe­gat­ten­split­tings (aus einer Pro-Ehe-Sicht) ist die­ser ZEIT-Arti­kel von Eli­sa­beth Nie­jahr sehr lesens­wert. Dan­ke an @Krrrcks für den Hinweis.

Bäh, Betreuungsgeld

Kindergarten I
Bau­wa­gen der Wald­kin­der­krip­pe hier im Frei­bur­ger Rie­sel­feld – U3-Betreu­ung der ande­ren Art

Unter dem immer wie­der ger­ne um eine Keu­le gewi­ckel­ten Slo­gan der „Wahl­frei­heit“ ist die bay­ri­sche Split­ter­par­tei CSU gera­de dabei, bun­des­weit ziem­lich viel Geld für ein ziem­lich däm­li­ches Pro­jekt fest­zu­le­gen – für das soge­nann­te Betreu­ungs­geld, das an Eltern gezahlt wer­den soll, die kei­ne Hartz-IV-Emp­fän­ge­rIn­nen sind und die ihr Kind (ein bis drei Jah­re, mei­ne ich) nicht in die Kita schi­cken. Und zwar sol­len die­se Eltern (hal­lo, Patch­work­fa­mi­li­en!) monat­lich 100 Euro bekom­men, spä­ter dann 150 Euro. 

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In eigener Sache: „Leichtere Beschäftigungen“

Heavy biking

Auf­grund der lan­gen Pro­duk­ti­ons­zy­klen für wis­sen­schaft­li­che Auf­sät­ze kann ich – obwohl der­zeit gar nicht in der Wis­sen­schaft beschäf­tigt – stolz ver­mel­den, dass in den letz­ten Tagen mein Auf­satz „Leich­te­re Beschäf­ti­gun­gen‘. Geschlech­ter­dif­fe­renz als Leit­bild der Forst­li­chen Arbeits­wis­sen­schaft“ (Abs­tract) in der Zeit­schrift GENDER erschie­nen ist.

Wor­um geht es in dem Auf­satz? Ich habe mir für eini­ge Stan­dard­wer­ke der Forst­li­chen Arbeits­wis­sen­schaft ange­schaut, wie dort Geschlecht the­ma­ti­siert bzw. nicht the­ma­ti­siert wird. Dabei lässt sich sehr schön rekon­stru­ie­ren, wie die­se für die klei­ne Dis­zi­plin der Forst­li­chen Arbeits­wis­sen­schaft zen­tra­len „Klas­si­ker“ ein Bild von Geschlecht ver­mit­teln, das ganz grund­le­gend auf Dif­fe­renz auf­baut – hier die voll­wer­ti­gen männ­li­chen Arbeits­kräf­te, da die maxi­mal zäh­ne­knir­schend für „leich­te­re Beschäf­ti­gun­gen“ geeig­ne­ten Frau­en. Dabei wird Dif­fe­renz vor allem in Bezug auf Aus­sa­gen zur kör­per­li­chen Leis­tungs­fä­hig­keit und zu „geschlechts­spe­zi­fi­schen“ Fähig­kei­ten her­ge­stellt, und letzt­lich die geschlechts­be­zo­ge­ne Arbeits­tei­lung – mit männn­lich besetz­ter Erwerbs­ar­beit und weib­lich besetz­ter Fami­li­en­ar­beit als Arbeit für den Mann – als Selbst­ver­ständ­lich­keit etabliert.

Ich fin­de das inso­fern span­nend, als die Forst­li­che Arbeits­wis­sen­schaft eine sehr spe­zia­li­sier­te Sub­dis­zi­plin ist – in den 1920er Jah­ren ent­stan­den, hat sie vor allem die Her­aus­bil­dung eines „ordent­li­chen“ Berufs­bilds des Wald­ar­bei­ters begrün­det und beglei­tet, und damit – Hen­ne und Ei ein­mal dahin­ge­stellt – wohl doch zur bis heu­te durch­schla­gen­den beruf­li­chen Struk­tu­rie­rung in der Forst­wirt­schaft beigetragen.

Abschlie­ßend fra­ge ich mich, was in einer „auf­ge­klär­ten“ Arbeits­wis­sen­schaft an die Stel­le von Dif­fe­renz gesetzt wer­den kann. (Als Fra­ge for­mu­liert: Wie kann eine gen­der­sen­si­ble Forst­li­che Arbeits­wis­sen­schaft aus­se­hen, die die Welt nicht in zwei getrenn­te Kate­go­rien teilt?) Ide­al­ty­pisch wäre es, Dif­fe­renz durch eine Ori­en­tie­rung an Diver­si­tät zu erset­zen und dazu auch das „Bün­del“ Geschlecht auf­zu­schnü­ren. Wie weit das aller­dings in der Pra­xis umsetz­bar ist, ist eine ande­re Fra­ge – und nicht zuletzt eine Fra­ge, bei der etwa beim „diver­si­ty manage­ment“ schnell Femi­nis­mus und Neo­li­be­ra­lis­mus an einem Strang ziehen.

Viel­leicht noch ein paar Wor­te dazu, wie die­ser Text ent­stan­den ist – das war näm­lich eigent­lich ein rei­nes „Nebenbei“-Projekt mit ein biss­chen qua­li­ta­ti­ver Text­aus­wer­tung, durch­ge­führt von mir für einen Vor­trag beim Fest­kol­lo­qui­um zum 60. Geburts­tag von Prof. Dr. Sieg­fried Lewark (pdf der Foli­en). Das Kol­lo­qui­um fand im Juli 2007 statt.

Da der Vor­trag durch­aus auf Reso­nanz stieß, habe ich dar­aus – bzw. aus Tei­len davon – einen wis­sen­schaft­li­chen Text gemacht und die­sen ver­schie­de­nen Leu­ten zum lesen gege­ben. Das letzt­lich dar­aus ent­stan­de­ne Manu­skript habe ich dann im Juli 2010 bei der Zeit­schrift GENDER ein­ge­reicht, im Novem­ber 2010 wur­de es mit eini­gen Über­ar­bei­tungs­wün­schen im Grund­satz ange­nom­men. Anfang 2011 habe ich eine über­ar­bei­te­te Fas­sung an die Redak­ti­on geschickt, Ende 2011 die redi­gier­te Fas­sung und im Febru­ar die­sen Jah­res schließ­lich die end­gül­ti­gen Kor­rek­tur­fah­nen erhalten.

Wes­ter­may­er, Till (2012): „ ‚Leich­te­re Beschäf­ti­gun­gen‘. Geschlech­ter­dif­fe­renz als Leit­bild der Forst­li­chen Arbeits­wis­sen­schaft“, in GENDER, Jg. 4, H. 1, S. 124–140.

Länderrat in Lübeck: Ritt durch den Gemüsegarten

Ges­tern tag­te der grü­ne Län­der­rat – unser klei­ner Par­tei­tag mit etwa 60 Dele­gier­ten – in der schö­nen Stadt Lübeck. Dass der Län­der­rat nach Schles­wig-Hol­stein kam, war sicher­lich eben­so wenig Zufall wie die Tat­sa­che, dass eine ande­re Par­tei ihren Bun­des­par­tei­tag zeit­gleich im nicht weit ent­fern­ten Neu­müns­ter statt­fin­den ließ. Eine Woche vor den Wah­len in Schles­wig-Hol­stein, zwei Wochen vor den Wah­len in Nord­rhein-West­fa­len war die­ser Län­der­rat vor allem Schau­büh­ne, um grü­ne Poli­tik (auf­ge­lo­ckert durch ein paar Pony-Scher­ze) sicht­bar zu machen. 

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