In den Revelation-Space-Büchern des Science-Fiction-Autors Alastair Reynolds tauchen am Rande die „Demarchists“ auf – eine Gruppe von Menschen, die das Ideal direkter Demokratie verwirklicht haben: Ein Implantat im Kopf legt jedem und jeder ständig Entscheidungen zur Abstimmung vor. Demographie und Demokratie gehen ineinander über, der Wille des Volkes ist die ständig aktualisierte Summe des Willens der Einzelnen. Deliberation findet dagegen, soweit das dieser Fiktion zu entnehmen ist, eher nicht statt. Aber, einem Science-Fiction-Buch ist das angemessen, eigentlich erfahren wir auch nur etwas über das „Tool“ und wenig darüber, wie die Praktiken, Prozesse und Verfahren aussehen, die diese auf die Spitze getriebene Form direkter Demokratie so mit sich bringt.
Vielleicht ist es dieser Fokus auf die „Tools“, der mich bei einigen aktuellen Debatten an diese Bücher denken ließ. Auch nach dem weitgehenden Scheitern der – soweit das aus Außenperspektive festzustellen ist – sehr stark „tool“-zentrierten Liquid-Democracy-Debatten der Piratenpartei bleibt der Ruf nach der „Smart Party“ (Schober et al. 2015) virulent. Fast drängt sich der Eindruck auf, dass verzweifelt am Glauben daran festgehalten wird, dass dieser Netzwerktechnik doch ein demokratisches Heilsversprechen zu entlocken sein muss. Jedenfalls wird nach wie vor darüber gesprochen, dass Parteien besser, schöner, effizienter und beteiligungsorientierter werden könnten, wenn sie denn nur die richtige Technik einsetzten. Bisher haben diese Ansätze den Realitätstest nicht bestanden. Das liegt – behaupte ich – nicht am fehlenden Willen der Parteien, sondern schlicht daran, dass die glitzernden „Tools“ und die zu lösenden Probleme nicht zueinander passen.
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