Kurz: Nomenklatur der Spaltungen

Das schöns­te an sich spal­ten­den Par­tei­en sind die phan­ta­sie­vol­len Namen der Abspal­tun­gen. Ein biss­chen erin­nert das an die fast ech­ten Par­tei­na­men bei dol2day – die Älte­ren wer­den sich erin­nern. In den letz­ten Jahr­zehn­ten also zum Beispiel:

SPD → WASG („Wahl­al­ter­na­ti­ve für Sozia­le Gerechtigkeit“)
Die Grü­nen → ÖDP („Öko­lo­gisch-Demo­kra­ti­sche Partei“)
Die Grü­nen → Ökolinx
FDP → Neue Liberale
AfD → ALFA („Alli­anz für Fort­schritt und Aufbruch“)

Was jetzt noch fehlt, ist DIE LINKE einer­seits (aber die zer­brö­ckelt eher intern in dut­zen­de Platt­for­men) und CDU/CSU ande­rer­seits. Kom­men bald die „Uni­on für Wirt­schaft und Euro­pa“ (UWE), die „Christ­lich-kon­ser­va­ti­ve Wer­te­ge­mein­schaft“ (ChkWg), die „Auto­kra­tisch-frei­heit­li­chen Demo­kra­ten“ oder die „Volks­par­tei Deutsch­lands“ (VPD) auf uns zu?

Solidarität mit unterdrückten Konservativen

Red Venice IV

Inter­es­sant an dem, was seit ges­tern als „Dirndl­ga­te“ ver­han­delt wird, fin­de ich gar nicht so sehr die Fra­ge, ob im Bun­des­tag eine mehr oder weni­ger künst­li­che* bay­ri­sche Volks­tracht getra­gen wer­den darf oder nicht. Wenn die CSU-Abge­ord­ne­te Doro­thee Bär damit meint, ihr Punk-Image auf­fri­schen zu kön­nen, soll sie das eben tun. Und wenn die Grü­ne Syl­via Kot­ting-Uhl dar­an rum­mo­sert – dann gehört das eben auch zur Mei­nungs­frei­heit dazu. (Und weil ich Syl­via seit lan­gem ken­ne, emp­fand ich ihren dies­be­züg­li­chen Tweet zunächst ein­mal vor allem als authentisch …).

So ein­fach könn­te es sein. Statt des­sen tobt jetzt eine Debat­te dar­über. Das hat – wie Ana­tol Ste­fa­no­witsch in einer lesens­wer­ten Ana­ly­se schreibt – etwas damit zu tun, dass das Modi­sche poli­tisch ist. Was wer im Bun­des­tag, in einem öffent­li­chen Amt trägt, ist eben nicht nur Pri­vat­sa­che. Und selbst­ver­ständ­lich ist die Fra­ge, wie sich wer klei­det, immer auch ein State­ment über Hal­tun­gen und Wer­te, was auch immer das sein mag.

Aber es gibt noch mehr. Der eigent­li­che Grund dafür, dass sich so schön eine öffent­li­che Empö­rung ent­fa­chen lässt, liegt wohl auch dar­in, dass seit der Bun­des­tags­wahl inner­grün und öffent­lich­keits­wirk­sam über Frei­heit dis­ku­tiert wird. Und natür­lich muss alle Welt sich empö­ren, wenn eine Grü­ne es wagt, die freie Klei­dungs­wahl einer CSU-Frau zu kri­ti­sie­ren. Sowas geziemt sich nicht für eine Frei­heits­par­tei, so der Tenor.

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Beschwert euch nicht, wählt!

Lulea Gammelstad: The Church IV (detail)

Ich fin­de Stein­brück nicht son­der­lich sym­pa­thisch. Aber dar­um geht es nicht. Die Umfra­ge­wer­te sehen nicht so toll aus. Aber auch dar­um geht es nicht. Unser Par­tei­en- und Koali­ti­ons­sys­tem führt dazu, dass die Wahl am 22.9. rea­lis­ti­scher­wei­se drei Ergeb­nis­se haben kann:

1. Mer­kel und ihre schwarz-gel­be Koali­ti­on wer­den bestä­tigt und neh­men das als Signal dafür, den bis­he­ri­gen Kurs ver­schärft fort­zu­set­zen. Klar, der Blick in die Zukunft bleibt ein biss­chen nebu­lös, weil Mer­kels Kurs nicht so klar ist. Die letz­ten vier Jah­re zei­gen jeden­falls, dass dazu Bonus­po­li­tik für Lob­by­grup­pen und Bes­ser­ver­die­nen­de gehört, dass es gesell­schafts­po­li­tisch immer wie­der Rück­schlä­ge gibt und die weni­gen Ver­bes­se­run­gen oft vor dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt erstrit­ten wer­den muss­ten, und dass Umwelt oder Kli­ma für Mer­kel kei­ne The­men sind, und ent­spre­chend Murks betrie­ben wird.

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Wie der Wahl-O-Mat das Parteienspektrum abbildet

tw2013-08-wahlomat

Die Bun­des­zen­tra­le für poli­ti­sche Bil­dung hat auch die­ses Jahr wie­der einen Wahl-O-Maten am Start. Dane­ben gibt es eine Rei­he wei­te­rer Ange­bo­te, die alle gemein­sam haben, dass sie ver­su­chen, über Fra­gen und ein Matching mit den Ant­wor­ten von Par­tei­en und/oder Kan­di­da­tIn­nen dar­zu­stel­len, wel­che Par­tei und wel­che poli­ti­sche Kan­di­da­tIn zu den eige­nen Vor­stel­lun­gen passen. 

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Belgische Verhältnisse? Oder doch eher NRW? Oder was?

Street sign

Je nach Umfra­ge­insti­tut hat Schwarz-Gelb der­zeit in den Umfra­gen eine eige­ne Mehr­heit oder nicht. Anders gesagt: Tages­form und Feh­ler­to­le­ranz ent­schei­den in den Umfra­gen über Top oder Flop. Wenn die CDU/C­SU-FDP-Regie­rung am 22.9. kei­ne eige­ne Mehr­heit bekommt, gibt es nach der­zei­ti­gem Stand drei rech­ne­ri­sche Optio­nen, die eine Kanz­ler­mehr­heit im Bun­des­tag mit sich brin­gen: Gro­ße Koali­ti­on CDU/CSU-SPD, eine Rot-Grün-Rote Koali­ti­on aus SPD, Grü­nen und LINKE oder Schwarz-Grün. Mög­li­cher­wei­se als vier­te rech­ne­ri­sche Opti­on auch CDU/CSU und LINKE – struk­tu­rell wür­de das zwar gut zusam­men­pas­sen, ist aber wohl noch unwahr­schein­li­cher als die ande­ren drei Möglichkeiten.

Sowohl die SPD als auch wir Grü­ne haben mehr oder weni­ger deut­lich eine Zusam­men­ar­beit mit die­ser CDU aus­ge­schlos­sen. Die Hür­den dafür, dass es hier erfolg­rei­che Koali­ti­ons­ver­hand­lun­gen gibt, sind sehr hoch (und ja, das gilt auch für die SPD, die nach der letz­ten gro­ßen Koali­ti­on ziem­lich zer­rupft dage­stan­den ist). Auch die aus mei­ner Sicht sinn­vol­le links-grü­ne Koali­ti­on ist unwahr­schein­lich, weil ins­be­son­de­re die SPD sie nicht möchte.

Was aber pas­siert dann, wenn all die­se Fest­le­gun­gen ein­ge­hal­ten wer­den, und CDU/CSU-FDP kei­ne Mehr­heit hat? 

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