Wie gebannt habe ich in den letzten Tagen die Nachrichten aus Ungarn verfolgt, und war damit wohl nicht alleine im global vernetzten Auf und Ab der Gefühle. Große Freude darüber, wie warmherzig die Flüchtlinge aus Budapest in Wien und München aufgenommen wurden, wie viele Freiwillige (auch in Ungarn) sich engagiert haben, wie unbürokratisch die Bahnen auf einmal handelten, und wie einfach es plötzlich war, das Dublin-Abkommen auszusetzen. Einerseits. Und auf der anderen Seite dann Verzweiflung darüber, wie ein ungarischer Regierungschef sich stur an Regeln hält, wie Flüchtlinge dabei als lästiges Problem behandelt werden, was dann auch das Vortäuschen falscher Tatsachen und unmenschliche Zustände legitimiert, und wie Merkel dann doch wieder das „ausnahmsweise“ betont, auf Einhaltung der Regeln pocht und erklärt, dass das Dublin-Abkommen eben doch nicht ausgesetzt sei.
Politiktheoretisch ließe sich jetzt hier ein Essay anhängen über das Verhältnis von Regeln und Ausnahmezuständen, über humanitäre Hilfe und die sich daraus manchmal ergebenden Notwendigkeit, Regeln zu brechen und das Richtige zu tun. Ich lasse das an dieser Stelle, will aber doch die Beobachtung in den Raum werfen, dass möglicherweise ein Abkommen, das nur dann menschenwürdig ist, wenn es nicht eingehalten wird, kaputt sein könnte. Vielleicht ließe sich da was tun – und eine bessere europäische Gemeinschaft neu erschaffen.