Die Freiburger Universitätsbibliothek wird komplett umgebaut (Glashülle) und zieht deswegen in ein Provisorium um. Morgen (21.9.) macht die alte UB das letzte Mal auf, dann hat sie bis zum 6.10. wg. Umzug geschlossen, danach findet der UB-Betrieb im Provisorium „Stadthalle“ statt. Ich habe am Mittwoch (17.9.) noch ein paar Erinnerungsfotos von der z.T. schon leergeräumten UB geschossen. Es sind dann doch 90 Stück geworden, die ich für Flickr ausgewählt habe.
Nachhaltiges Fliegen im administrativen Käfig
Manchmal gibt es seltsame Zufälle. Ich werde nächste Woche an einem Projekttreffen in Schottland teilnehmen – „natürlich“ verläuft die Reise dorthin mit dem Flugzeug (die Zugverbindung hat a. ein Preisproblem (Eurostar/Fähre), b. ein Zeitproblem (Faktor 5 gegenüber dem Fliegen) und c. ein Problem mit dem privatisierten Eisenbahnnetz in Großbritannien).
Gestern habe ich dann überlegt, was eigentlich die Reisekostenstelle sagen würde, wenn ich eine Klima-Ablasszahlung mit beilegen würde. Mal abgesehen von der grundsätzlichen Frage, wie sinnvoll solche Zahlungen sind. Jedenfalls würden für die Flugstrecke Frankfurt-Edinburgh hin und zurück nach atmosfair.de etwa eine halbe Tonne CO2 anfallen, das ist etwa ein Viertel des „klimaveträglichen Jahresbudgets eines Menschen“. Um diese auszugleichen, müssten hier 14 Euro gezahlt werden, die dann von atmosfair (oder ähnlich bei anderen Ablassanbietern) in Klimaschutzprojekte investiert würden. Zum Vergleich: die Buchungsgebühr des von der Uni in den offiziellen Dienstrichtlinien empfohlenen Reisebüros beträgt 29,75 Euro.
Allerdings bin ich dann gestern nicht dazu gekommen, mal tatsächlich bei der Reisekostenstelle nachzufragen. Ist auch nicht notwendig – den heute konnte ich die Antwort in der Zeitung (nur Abo) lesen. So etwas würde von der Uni (wie auch vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme) bisher grundsätzlich nicht gemacht. Die Pressesprecherin der Uni verweist statt dessen auf andere Nachhaltigkeitsprojekte und die Möglichkeit zur Videokonferenz. Als Begründung für den Verzicht auf Klimakompensationen gibt sie an, dass bei Reisekosten ganz prinzipiell die Maxime gelte, möglichst sparsam und effizient zu wirtschaften. (Anlass für den Artikel in der Badischen Zeitung war wohl, dass die Stadt Freiburg in Zukunft entsprechende Ablasszahlungen vornehmen möchte – und von den befragten Öko-Firmen nur das Öko-Institut e.V. bisher so handelt).
Dass das offiziell empfohlene Reisebüro bei weitem nicht der billigste Anbieter für Flugreisen ist, sei einmal dahingestellt. Wichtiger an der Bemerkung ist jedoch, dass hier die Grenzen des Nachhaltigkeitskonzeptes der Uni Freiburg aufscheinen: solange, wie etwa bei effizienteren Raumbeheizungen, Umweltschutz mit Einsparungen verbunden ist, wird Nachhaltigkeit und Umweltschutz groß geschrieben. Da, wo tatsächlich Investititonen (in einem vergleichsweise bescheidenen Rahmen) notwendig wären, rückt dann die sparsame Mittelbewirtschaftung auf die erste Priorität vor.
Nun könnte der Uni zugute gehalten werden, dass sie natürlich gar nicht selbst darüber entscheidet, sondern letztlich als öffentliche Einrichtung an Kostenerstattungsrichtlinien des Landes und möglicherweise auch der Drittmittelgeber gebunden ist. Aber wo ein Wille ist, findet sich in einer Universität meist auch ein Weg.
Bleibt die Frage, was ich jetzt mache? Selbst kompensieren? Mich drauf ausruhen, dass die Uni das nicht macht (bzw. das mein nicht vorhandenes Auto mit dem Flug gegengerechnet werden könnte)? Vorschläge an Senat und AK Nachhaltige Universität einreichen? Oder gar an Landes- und Bundespolitik mit der Frage herantreten, ob Klimakompensationen für Flüge öffentlicher Einrichtungen nicht gesetztlich verpflichtend zu machen wären?
Warum blogge ich das? Weil hier private Handlungsfreiheit und institutionelle Vorgaben aufeinanderprallen – und weil es mich interessieren würde, was andere zu den aufgeworfenen Fragen meinen.
Die Selbstblockade verhindern – aber richtig
Die Bundestagswahl 2009 steht kurz bevor. Jedenfalls ist es ein leichtes, diesen Eindruck zu gewinnen, auch wenn’s noch über ein Jahr hin ist bis zum Wahltag.
Was allerdings jetzt schon heftig geschieht, ist das Modifizieren des Optionsraums für die Zeit nach der Wahl. Und zwar sowohl personell (SPD) als auch rhetorisch. Ein besonders interessantes Beispiel für letzteres ist der Kommentar von Altstaatsmann Fischer in der ZEIT ONLINE. Er macht das zwar um einiges besser als Altstaatsmann Schmidt mit seinem Nazivergleich (oder Kretschmann, der unheimliche Konservative), aber trotzdem – das einzige, was an diesem Kommentar 100%-ig stimmt, ist die Überschrift. Die ich mir mal entliehen habe. Die heißt nämlich „Die Selbstblockade verhindern“.
Was versteht Joschka Fischer darunter?
Beide Parteien [SPD und CDU] werden 2009 ohne eine verbindliche Koalitionsaussage antreten und stattdessen nur noch Prioritäten beschließen: Rot-Grün und Schwarz-Gelb. Diese Optionen werden zwar immer unwahrscheinlicher, ersparen den Parteiführungen jedoch gefährliche Richtungsdebatten zur Unzeit. Die Koalitionsoptionen Nr. 2 sind bisher auf Bundesebene unbekannte Dreierkonstellationen: Ampel, Jamaika oder Rot-Rot-Grün.
Diese drei Dreierkonstellationen reduziert Fischer dann Schritt für Schritt. Erst wird Rot-Rot-Grün eliminiert (dazu gleich noch mehr), dann entfällt mit Verweis auf die „Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat“ als Hauptargument die rot-grün-gelbe Ampel, und so bleibt schließlich nur noch „Jamaika“, als schwarz-gelb-grün. Aus Fischers Perspektive heißt „Die Selbstblockade verhindern“ also: sich auf eine Minderheitenrolle in einer konservativ-wirtschaftsliberalen Koalitionen vorbereiten. Oder zumindest, eine intensive Zusammenarbeit mit der FDP vorzubereiten, wie sie Guido Westerwelle gerade abgelehnt hat.
Die Idee, dass in einem Fünfparteiensystem die Alternative zur großen Koalition nicht einfach rot-grün heißen kann, und dass es möglich sein muss, bei Vorliegen einer genügend großen Schnittmenge auch über Koalitionen mit demokratischen Parteien des konservativ-wirtschaftsliberalen Spektrums nachzudenken, ist ja so blöd nicht. Insofern stimmt ich Fischer zu, dass es richtig ist, den Möglichkeitsraum nach der Wahl jetzt so zu gestalten, dass nicht durch selbstgesetzte Zwänge sinnvolle Politikoptionen verschwinden. Das beste Beispiel dafür ist allerdings nicht Hamburg (da wurde dann halt schlicht der im Wahlkampf vorgenommene Ausschluss schwarz-grüner Optionen nach der Wahl ignoriert), sondern Hessen und die seltsame Lage, in der sich die eventuelle Ministerpräsidentin Ypsilanti dort befindet.
Wenn ich jetzt nicht noch anderes zu tun hätte, würde ich an dieser Stelle ja noch etwas Böses zur SPD schreiben („Intrigenstadel auf dem Tanker“ oder so), das lasse ich aber. Aus Zeitgründen.
Was jedoch festzuhalten bleibt: das größte Hindernis für eine rot-rot-grüne Option nach der Bundestagswahl in einem Jahr ist derzeit die SPD. Was ja auch so seine Geschichte hat. Kommen wir also zurück zur Frage, wie Joschka Fischer diese Koalitionsoption ausschließt. Er macht das nämlich so:
Letzteres [Rot-Rot-Grün] wird man 2009 wohl ausschließen müssen, da die Linkspartei in entscheidenden inhaltlichen Fragen der Bundespolitik (noch?) nicht regierungsfähig ist.
Hinter diesem schlichten Satz steckt jetzt einiges. Erstens fällt das „man“ auf – nicht Joschka oder die Vorsitzenden der Parteien oder die WählerInnen. Der Ausschluss erfolgt im Stile des Sachzwangs: „man wird wohl ausschließen müssen“. Und warum? Die Linkspartei ist „in entscheidenden inhaltlichen Fragen“ „nicht regierungsfähig“. Wenn ich mir anschaue, wie die Linkspartei in den Ländern agiert, kann damit nicht der fehlende Populismus gemeint sein. Ich vermute, dass sich hinter den Inhalten, die Joschka zur Selbstblockade Richtung links zwingen, eher Themen verbergen wie der Wunsch nach einer sinnvollen sozialen Absicherung statt Hartz-IV, möglicherweise auch gewerkschaftlich favorisierte Beschäftigungsprogramme, die Rücknahme von Privatisierungen (wann folgt die Ex-Bundesbahn der Bundesdruckerei) und natürlich vor allem die Außenpolitik, die in der Linkspartei wohl noch mehrheitsfähig nicht militärisch stattfindet.
Wenn meine Vermutung stimmt, dass dies die Themen sind, mit denen Joschka eine Rot-Rot-Grüne Koalitionsoption inhaltlich ausschließt, dann steckt hinter diesem schlichten Satz noch etwas anderes: nämlich die Einschätzung, dass ein Drittel bis die Hälfte der Grünen-Mitglieder (und der WählerInnen von Bündnis 90/Die Grünen) ebenfalls nicht regierungsfähig sind: eine große Minderheit will ein Grundeinkommen, eine geschätzte Mehrheit hält nicht viel vom fortgesetzten Abbau des Sozialstaats, selbst offizielle Fraktionssprecher haben sich gegen Privatisierungen ausgesprochen, und Krieg und Frieden ist noch immer das heiße Thema jeder grünen Mitgliederversammlung und jeder zweiten BDK.
Das also sind die Punkte, die Fischer – und mit ihm wohl auch andere Realos und Realas – in den Raum stellen, wenn sie Rot-Rot-Grün unmöglich reden wollen. Die Atompolitik der CDU, die Wirtschaftsvergötterung der FDP, die Kohlepolitik der SPD – all das spielt dann keine Rolle. Ein derartiger Ansatz kann aber m.E. nur zur Selbstblockade führen, nämlich zum Ausschluss jeglicher Koalitionsoption. Besser finde ich es da schon, zu sagen, was wir inhaltlich wollen, wie es der letzte Länderrat getan hat, und dann abzuwarten, welches Bündnis sich als inhaltlich passend erweist.
Optimistisch bin ich allerdings dennoch nicht. Weniger wegen der fehlenden inhaltlichen Übereinstimmungen, sondern eher deswegen, weil, wie einleitend bemerkt, interessierte Kräfte jetzt schon alles tun, um den Möglichkeitsraum einzuschränken. Wenn es tatsächlich für Rot-Grün keine eigene Mehrheit gibt (was wahrscheinlich ist), dann wird es vermutlich keine Dreierkonstellation geben, die nicht schon vor der Wahl ausgeschlossen worden ist. Westerwelles FDP will keine Ampel, die SPD hat große Angst vor dem Scheinriesen Linkspartei, und weigert sich, dem ehemaligen SPD-Politiker Lafontaine auch nur den kleinen Finger zu reichen (ob er, wenn er mit den selben Positionen in der SPD geblieben wäre, ebenso schwarz gemalt würde?), die CDU kann nur Montags mit den Grünen, und wir selbst sind derzeit vor allem eins: in alle Richtungen wenig wagemutig.
Die Wahrscheinlichkeit einer Fortsetzung der großen Koalition unter Kanzlerin Merkel (mit Vizekanzlerkandidat Steinmeier) ist damit, bei Lichte betrachtet, hoch. Es sei denn, es wird jetzt an sehr vielen Stellen damit angefangen, über Schatten zu springen – aber bitte nicht nur nach rechts!
Warum blogge ich das? Ab und zu muss ein Blick auf Koalitionsoptionen sein, um dem Anspruch gerecht zu werden, ein politisches Blog zu sein, oder?
Kurz: In eigener Sache – Blog Networks bei Facebook
Nicht nur aus Gründen der Netzbegrünung bin ich ja auch bei Facebook dabei – und habe dort, über die Applikation Blog Networks auch dieses Blog hier angemeldet, eingebunden, wie auch immer. Was ich prima fände, wäre, wenn ein paar LeserInnen mit Facebook-Account meine Blog-Eigentümer-Eigenschaft bestätigen könnten. Ganz ohne Aufruf dauert’s doch zu lange …
Wer möchte, bitte hier entlang. Danke!
Kurz: Woche der Rückzieher
1. Kurt Beck
2. Cem Özdemir
Zwei davon finde ich ganz begrüßenswert, mindestens einen nicht konsequent genug.