Photo of the week: Bratislava XXVIII – Alien tripod

Bratislava XXVIII - Alien tripod

 
Aus der Über­le­gung her­aus, dass ich „eh schon da bin“, habe ich bei mei­nem Wien-Besuch auch einen Abste­cher nach Bra­tis­la­va gemacht. Das hat soweit auch gut funk­tio­niert – es fährt alle hal­be Stun­de oder so eine, in mei­nem Fall sehr vol­le, Regio­nal­bahn von Wien da hin. 

Fun fact am Ran­de: erst im Nach­hin­ein ist mir beim Blick auf eine Kar­te auf­ge­fal­len, dass nicht nur Wien und Bra­tis­la­va auf dem sel­ben Brei­ten­grad lie­gen, son­dern dass die­ser mehr oder weni­ger iden­tisch mit dem von Frei­burg ist (48°). Luft­li­nie war also ganz gera­de aus nach Osten, fak­tisch bin ich auf dem Weg von Frei­burg nach Wien (bzw. auf der Rück­rei­se) ganz anders gefah­ren, mit wei­ten Bögen nach Nor­den bzw. Süden. Im Ver­gleich dazu war Wien-Bra­tis­la­va schnur­ge­ra­de. Die Land­schaft wirk­te ziem­lich leer, neben Land­wirt­schaft war auch das eine oder ande­re Wind­rad­feld (ich mei­ne, noch in Öster­reich) zu sehen.

Bra­tis­la­va selbst mach­te auf mich bei mei­nem Halb­ta­ges­buch einen span­nen­den Ein­druck – an der einen oder ande­ren Stel­le, ins­be­son­de­re rund um den Bahn­hof, noch durch ver­fal­le­nen Ex-Ost­block-Charme gekenn­zeich­net, Alt­stadt und Burg schick her­ge­rich­tet (und das Essen bei San Mar­ten mit frisch zube­rei­te­ter haus­ge­mach­ter Pas­ta war her­vor­ra­gend), und vom Burg­berg aus gab’s die Kom­bi­na­ti­on aus his­to­ri­schen Kirch­tür­men, Plat­ten­bau­ten, am Hori­zont Wind­rä­dern, und hoch­mo­der­nen Glas-Stahl-Kon­zern­zen­tra­len zu sehen. 

Einen klei­nen Ein­blick gibt auch das heu­ti­ge Foto: links die SNP-Brü­cke aus den spä­ten 1960er Jah­ren, die mich stark an die BBC-Ver­fil­mung „Die drei­bei­ni­gen Herr­scher“ aus mei­ner Kind­heit erin­ner­te, rechts eine his­to­ri­sche Häu­ser­zei­le am Burgberg. 

Nix von X

Fürs Pro­to­koll: nach mei­ner mir wei­ter unkla­ren Twit­ter-Sper­rung durch die X Corp habe ich sofort auf den Ein­spruch-But­ton geklickt und dann auch noch mal sepa­rat eine Mail an die irgend­wo im Impres­sum ver­steck­te de-Sup­port-Adres­se geschickt.

Eine Reak­ti­on gab es bis heu­te nicht. Irgend­wie erscheint mir das nicht rich­tig. Lei­der ist das deut­sche Umset­zungs­ge­setz für den Digi­tal Ser­vices Act erst für Janu­ar ange­kün­digt, das wür­de zumin­dest eine Art Ver­fah­ren definieren.

Ich bin noch nicht ent­schie­den, was ich jetzt mache – Wink des Schick­sals, es mit Twit­ter jetzt halt blei­ben zu las­sen, oder Stur­heit und gucken, ob es einen recht­li­chen oder wie auch immer gear­te­ten Weg gibt, den Account wie­der frei zu bekommen?

(Dass ich gera­de Micha­el See­manns klu­ges Buch über die Macht der Platt­for­men gele­sen habe, hilft nur bedingt wei­ter. Immer­hin könn­te ich jetzt mit klar defi­nier­ten Begrif­fen beschrei­ben, war­um „X“ es sich leis­ten kann, so vorzugehen.)

Leseempfehlung: Tomorrow and tomorrow and tomorrow

Titelseite "Tomorrow and tomorrow and tomorrow" Ich weiß gar nicht genau, wo ich eine Emp­feh­lung für die­ses Buch gese­hen habe, aber wohl, dass ich es dann als Buch haben woll­te, und nicht nur als e‑Book. Das mag auch mit der Gro­ßen Wel­le (Hoku­sai) zu tun haben, die pro­mi­nent den Titel schmückt. Knapp 500 Sei­ten, und ein Buch, das ich am liebs­ten auf ein­mal gele­sen hät­te; fak­tisch bin ich zwei Näch­te lang defi­ni­tiv zu spät ins Bett gegan­gen, um Tomor­row and tomor­row and tomor­row von Gabri­el­le Zevin (2022) zu verschlingen. 

Und ja: das Buch emp­feh­le ich ger­ne wei­ter. Aller­dings ist es gar nicht so ein­fach, auf den Punkt zu brin­gen, war­um. Zevins Stil gefällt mir. Sie schreibt warm­her­zig, humor­voll, mul­ti­per­spek­ti­visch, nicht ver­küns­telt, aber expe­ri­men­tier­freu­dig (bei­spiels­wei­se gibt es ein Kapi­tel, das in einer Mischung aus Star­dew Val­ley, Ore­gon Trail und Ani­mal Crossing – dem fik­ti­ven MMORPG Pio­neers - spielt). Mul­ti­per­spek­ti­visch nicht nur des­we­gen, weil die Erzähl­cha­rak­te­re immer mal wie­der wech­seln, son­dern vor allem auch des­we­gen, weil Zevin uns an deren Ver­mu­tun­gen über die Moti­va­tio­nen der ande­ren Mit­spie­len­den teil­ha­ben lässt. Soviel sei gesagt: Inten­tio­nen und Deu­tun­gen gehen teil­wei­se weit aus­ein­an­der – wie im rich­ti­gen Leben. Und auch das trägt dazu bei, Sadie, Sam und Marx leben­dig wer­den zu lassen.

Sam und Sadie ken­nen sich aus einer Kind­heit in den 1980er Jah­ren, haben sich dann nach einem Streit aus den Augen ver­lo­ren. Marx ler­nen die bei­den beim Stu­di­um in Bos­ton ken­nen. Sadie kommt aus der jüdi­schen Bour­geoi­sie Los Ange­les. Sam wächst nach dem Tod sei­ner Mut­ter bei einem schwe­ren Unfall bei sei­nen kora­ni­schen Groß­el­tern auf, die im K‑Town von LA eine Piz­ze­ria betrei­ben. Und Marx hat einen japa­ni­schen Vater und eine korea­nisch-ame­ri­ka­ni­sche Mut­ter, die in Japan leben. Sadie liebt Com­pu­ter­spie­le, Sam eben­falls – und natür­lich sind sie Nerds. 

Ober­fläch­lich betrach­tet han­delt das Buch davon, wie die­se drei aus dem Stu­di­um (Har­vard, MIT, …) her­aus ihr ers­tes Indie-Game schrei­ben und dann eine flo­rie­ren­de Spie­le­fir­ma grün­den – mit einem Hand­lungs­bo­gen, der bis ca. 2010 reicht. Die­se Beschrei­bung wird dem Buch aber nicht gerecht. Es geht nicht um eine Erfolgs­sto­ry. Viel­mehr ähnelt das Buch in gewis­ser Wei­se David Mit­chells Uto­pia Ave­nue, der Geschich­te einer fik­ti­ven Band. In bei­den Fäl­len sehen wir die Innen­sei­ten, die Zwei­fel und die Zufäl­lig­kei­ten hin­ter dem Erfolg, die Men­schen und die fik­ti­ven Pro­duk­te ihrer Krea­ti­vi­tät. In Mit­chells Fall sind das Songs und Alben, bei Zevin eine Rei­he von Indie-Games, die alle real sein könnten.

Zugleich han­delt das Buch von losen Ver­knüp­fun­gen über die Zeit – und von dem Mit- und Gegen­ein­an­der roman­ti­scher Bezie­hun­gen und einer dar­über hin­aus­ge­hen­den Lie­be. Es geht um das Ver­ste­cken der eige­nen Per­son auch zwi­schen Leu­ten, die sich sehr lan­ge und sehr gut ken­nen. Und es ist, so jeden­falls mein Gefühl beim Lesen, eine ziem­lich tref­fen­de Beschrei­bung mei­ner Gene­ra­ti­on; einer Gene­ra­ti­on, in der Com­pu­ter­spie­le groß wur­den. Also viel Wie­der­erken­nungs­wert – auch für Men­schen, die gar kei­ne Com­pu­ter­spiel­fir­ma gegrün­det haben, nicht in LA auf­ge­wach­sen sind und viel­leicht sogar viel weni­ger Zeit mit Games ver­bracht haben als die Haupt­per­so­nen von Tomor­row and tomor­row and tomor­row. Dass das Buch eben auch ein Gene­ra­tio­nen­buch ist, wird beson­ders am Schluss deut­lich, wenn Sadie auf 20 Jah­re jün­ge­re Student*innen trifft und deren ganz ande­re – erns­te­re, schwie­ri­ge­rer – Hal­tung zu Welt beschreibt.

Tomor­row and tomor­row and tomor­row – der Titel ist übri­gens von Shake­speare, der auch eine Rol­le spielt – ist kein Gen­re-Buch, viel­mehr eine dich­te und genau beob­ach­te­te lite­ra­ri­sche Beschrei­bung unse­rer nahen Ver­gan­gen­heit. Und obwohl ziem­lich viel Tra­gik in der Geschich­te von „Unfair Games“ liegt, weht ein Hauch von Star­dew Val­ley oder – aus SF-Per­spek­ti­ve – von Solarpunk/Hopepunk durch das Buch. 

Photo of the week: Seestadt / Aspern Nord – I

Seestadt / Aspern Nord - I

 
Noch ein Foto aus Wien. Die im Übri­gen sehr brauch­ba­re Wie­ner-Lini­en-App hat­te mir als Umstieg von der U‑Bahn auf den Regio­nal­zug nach Bra­tis­la­va den Halt „Aspern Nord“ aus­ge­spuckt. Ich muss­te dort etwas auf den Zug war­ten und war begeis­tert – eine ziem­lich nagel­neue U‑Bahn-/Re­gio­nal­bahn-Hal­te­stel­le mit­ten im Nichts (der Wie­ner Stadt­teil See­stadt Aspern befin­det sich noch im Bau), und alles hübsch gestal­tet, innen mit Kunst, außen bru­ta­lis­tisch-mini­ma­lis­tisch. Sehr nett. 

Kafka am Morgen (oder: Twitterende, Teil 4 von x)

Nicht die Ver­wand­lung, son­dern der Pro­zess – irgend­was wird mir vor­ge­wor­fen, aber ich habe kei­ne Ahnung, um was es geht, und was ich (außer auf den Knopf „Ein­spruch ein­le­gen“) dage­gen tun kann. Der übli­che mor­gend­li­che Griff nach dem Han­dy, der Klick auf das X, das den blau­en Vogel ersetzt hat, führt ins Lee­re – und ich muss zwei­mal hin­schau­en, um zu kapie­ren, was da steht:

"Dein Account ist gesperrt"

Mein Account ist gesperrt. Eine Mail dazu gab es nicht. Und der Account ist auch gleich „per­ma­nent gesperrt“. Kei­ne Ver­war­nung, kein Hin­weis auf „bit­te die­sen Post löschen“, son­dern „per­ma­nent gesperrt“. War­um? Weil ich gegen – unfrei­wil­li­ge Komik – „X Regeln“ ver­sto­ßen haben soll. Wel­che das sind, wird nicht gesagt. 

Ver­mu­ten kann ich, dass die letz­ten paar Posts, die Aiwan­gers jugend­li­che Freu­de am Natio­nal­so­zia­lis­mus kom­men­tiert haben, der Grund für die Sper­rung waren. Wei­ter kann ich ver­mu­ten, dass da jemand flei­ßig Posts gemel­det hat (wobei ich auch dazu kei­ne Infor­ma­tio­nen bekom­men habe, was sonst der Fall ist). Oder es war ein über­eif­ri­ger Bot. Und ich ken­ne min­des­tens einen zwei­ten Account, der ges­tern eben­falls gesperrt wurde. 

Viel­leicht endet nach 15 Jah­ren oder so, genaue­res müss­te ich nach­schau­en, mei­ne Nut­zung von Twit­ter. Wäre ja auch nicht das schlech­tes­te. Aber wis­sen, was da hin­ter steckt, wür­de ich schon ger­ne. Inso­fern bin ich gespannt, ob der Ein­spruch gegen die Sper­re irgend­et­was bewegt. All zu viel Hoff­nung habe ich aller­dings nicht. 

Gleich­zei­tig legt die­se Sper­re auch offen, wie unbe­nutz­bar Twit­ter aka X inzwi­schen ist – theo­re­tisch kann ich mit der Sper­re wei­ter lesen, was auf Twit­ter gepos­tet wur­de. Prak­tisch kam sofort die Mel­dung, dass ein Häu­fig­keits­li­mit über­schrit­ten ist, und ich doch bit­te ein Abo abschlie­ßen soll, um wei­te­re Tweets zu lesen. Nee, sicher nicht. 

Der Ver­such, in mei­nem Pro­fil­text dar­auf hin­zu­wei­sen, dass der Account gesperrt ist, schei­ter­te eben­falls an einem HTML-Feh­ler (in der ios-App), und der Klick auf „Archiv her­un­ter­la­den“ führ­te nur in eine End­los­schlei­fe. Viel­leicht ist es ein­fach so, dass das Ex-Twit­ter kaputt ist. Dann eben anders­wo. Wer mit mir inter­agie­ren will: bei Mast­o­don unter @_tillwe_ geht das weiterhin. 

P.S.: Neben­ef­fekt: ich mer­ke, wie sehr ich das „mal schnell eben auf Twit­ter gucken“ inzwi­schen ver­in­ner­licht und als Pra­xis auto­ma­ti­siert habe. Oder mit Gar­fin­kel: erst die Kri­se zeigt die Regel­struk­tu­ren auf.