Am Abend taucht jetzt manchmal ein Igel im Garten auf. Gelegenheit, den mal etwas näher anzuschauen und über Schnauze und Krallenpfoten zu staunen.
Fahren ohne Führerschein …
… geht mit Bus und Bahn genauso wie auf dem Fahrrad. Dazu habe ich meinen Twitter-Followern eine Frage gestellt, und finde – auch wenn’s nicht repräsentativ ist – das Ergebnis doch ganz interessant.
Mitgemacht haben 188 Personen, das Ergebnis ist über die Zeit erstaunlich stabil geblieben: Etwa ein Sechstel hat keinen Führerschein, der überwiegende Teil davon ist damit zufrieden. Fünf Sechstel der Befragten (83 %) haben den Führerschein gemacht. Spannend finde ich den relativ großen Teil derjenigen, die zwar einen Führerschein haben, diesen aber nicht (oder selten … so genau lässt sich das in einer Twitter-Umfrage nicht differenzieren) nutzen. Das ist immerhin ein Drittel aller, die sich an der Umfrage beteiligt haben. Oder anders gesagt: nur die Hälfte derjenigen, die an der Umfrage teilgenommen haben, sind aktiv mit dem Auto unterwegs. Die andere Hälfte scheint ohne (selbst gefahrenes) Auto mobil zu sein.
Ich finde das spannend, weil ich – bewusst ohne Führerschein – einerseits immer das Gefühl habe, zu einer kleinen Minderheit zu gehören. Das stimmt mit Blick auf die Umfrage auch. Andererseits ist diese Minderheit gar nicht so klein, wenn darauf geschaut wird, wer aktiv Auto fährt – und wer nicht.
Eine kursorische Suche im Web bestätigt die oben genannten Zahlen übrigens in etwa: Demnach haben etwa 17 Prozent der Deutschen ab 14 Jahren keinen Führerschein. Nach dieser Quelle sind es 12,4 Prozent der Deutschen ab 18 Jahre. Die amtliche Statistik beim Kraftfahrzeugbundesamt hilft leider nicht weiter, da erst ab 1999 zentral erfasst, wer eine „Fahrerlaubnis“ besitzt. Und Destatis hat zwar eine schöne Broschüre mit verschiedenen Statistiken rund um den Verkehr, aber auch keine Aussage zum Führerschein.
Spannend finde ich diese Zahlen auch mit Blick auf das Neun-Euro-Ticket, das ja ab 1. Juni genutzt werden kann. Die Entstehungsgeschichte – als Kompensationsgeschäft zum Tankrabatt – ist vielleicht keine Jubelgeschichte, die Frage, ob es ausfinanziert ist, ist zwischen Bund und Ländern nach wie vor umstritten. Und ob die Ferienmonate und ein öffentlicher Diskurs, der vor allem die touristische Nutzung hervorhebt, ideal sind, sei auch dahingestellt. Trotzdem ist das Neun-Euro-Ticket sowas wie ein Großversuch, ob ticketfreier („kostenloser“) Nahverkehr funktioniert.
Das Ticket hat ja mehrere Aspekte: für Menschen, die jetzt schon eine Abo-Karte im Nahverkehr nutzen, ist es schlicht eine deutliche Kostenreduzierung, zumindest in Freiburg, hier kann die Differenz zum Abopreis erstattet werden; ob alle Verkehrsbetriebe das so handhaben, weiß ich nicht. Ebenso dürfte es bei denen aussehen, die bisher mit Einzelkarten im ÖPNV unterwegs waren. Auch da lohnt sich ab wenigen Fahrten dann das Neun-Euro-Ticket, und auch hier ist es eher eine Kostenreduzierung und damit in gewisser Weise eine soziale Leistung, verbunden mit dem Vorteil, nicht bei jeder Fahrt auf den Preis schauen zu müssen, sondern beliebig oft und über Verbundgrenzen hinweg fahren zu können.
Dann stellt sich die Frage, ob das Ticket – ähnlich wie beim Schönen-Wochenend-Ticket der 1990er Jahre – zusätzlichen Verkehr produziert. Bei den Regionalzügen der Bahn bin ich mir ziemlich sicher, dass das der Fall sein wird. Für den Alltagsverkehr in den Städten wäre meine Vermutung, dass das eher nicht in großem Umfang der Fall sein wird. Ich hoffe, dass irgendwer das gut beobachtet und auswertet – und dass ab September dann die richtigen Schlüsse für einen zukunftsfähigen Nahverkehr daraus gezogen werden.
Das 365-Euro-Ticket für Jugendliche, das Baden-Württemberg ab März 2023 einführt, und das dann im ganzen Land genutzt werden kann, ist ein Beispiel dafür, in welche Richtung es gehen kann.
Klar ist aber auch: ohne ein besseres Angebot, dichtere Takte (ich will nicht gucken müssen, wann der nächste Bus, die nächste Straßenbahn fährt) und eine Kopplung zum Beispiel mit Leihfahrrädern (Frelo läuft hier wunderbar) wird es nichts mit einer dauerhaften Vergrößerung des Teils der Menschen, die ihren Alltagsverkehr ohne Auto zurücklegen.
Photo of the week: Garden in May
Wie das mit dem Garten im Mai so ist, habe ich ja vor kurzem hier aufgeschrieben. Das Bild zeigt die ersten reifen Walderdbeeren, die jetzt überall im Garten rot aufleuchten.
Garten im Mai
Kirschbaum, eine ganze Reihe grüner Früchte. Vorfreude.
Pflaumenbaum, kränkelnd wie jedes Jahr.
Der Birnbaum, dieses Jahr voll.
Unmengen Johannisbeeren – noch grün, später dann rot (ganz überwiegend), schwarz (die mag ich lieber), ein paar wenige weiße Beeren wird es auch geben.
Heidelbeeren (oder sind das Blaubeeren)?
Die Stachelbeeren vorne im Garten sitzen voll, die hinten werden nichts.
Blütenknospen an der Himbeere und der Brombeere.
Überall Walderdbeerblüten, die ersten roten Beeren gab es auch schon.
Der Rharbarber blüht sehr früh, oder war das letztes Jahr auch so?
Wettlauf mit den Schnecken: Basilikum, Petersilie, Koriander, und natürlich Salat, Zucchini und Tomaten. Mangold und rote Bete. Kohlrabi im Hochbeet. Frühbeetexperimente: Radieschen und Salat. Hat gut geklappt. Aber selbst da: Schnecken.
Unempfindlicher: Kartoffeln, Knoblauch, und die Bohnen. Und Minze, Zitronenmelisse, Blutampfer. Thymian, Lavendel, Rosmarin, Oregano und Estragon. Der Salbei ist nicht wieder gekommen, dafür das Johanniskraut.
Und natürlich überall: Giersch, Fünf-Finger-Kraut, diverse Pflanzen, deren Namen ich nicht kenne, die aber nicht wachsen sollen. Brennnesseln in den Ecken. Wilde Wiese.
Die Pfingstrosen warten noch. Schneeglöckchen, Krokusse, Schlüsselblumen, Osterglocken, Tulpen und der Bärlauch sind verblüht und verschwunden. Ebenso ist die Forsythie ohne ihre Blüten in den Hintergrund getreten, der frühe Flieder verblüht.
In dem kleinen Tümpel, mehr eine Vogeltränke, blüht die Iris gelb. Darüber das Blütenmeer des Scheinjasmins, in der hintersten Ecke Holunder, weiß. Eine wilde Rose. Malven, die eigentlich Käsepappel heißen. Ein zarter Blütenschleier von Fetthenne oder Steinbrech. Ungeplant: Augentrost und Vergissmeinnicht in blau, lila Ackerwinden, rosa Storchenschnabel.
Irgendwelche Hecken, Gräser, Bambus. Efeu am Rand.
Garten im Mai.
Es ist kompliziert
„Aus der Krise hilft nur Grün“ war 2009 Slogan des grünen Bundestagswahlkampfs, wenn ich mich richtig erinnere. Gemeint war da die internationale Finanzkrise, aber selbstverständlich auch schon die Klimakrise.
Aus heutiger Sicht wirkt 2009 dagegen wie friedlichste Vergangenheit. Jetzt haben wir Krisen en masse. Und kämpfen damit, dass die öffentliche und politische Aufmerksamkeit eine begrenzte Ressource ist. Vor einigen Tagen gab es dazu eine treffende Karikatur – ein Mann sitzt vor dem Fernsehen, und besteht darauf, dass erst einmal der Krieg in der Ukraine eine friedliche Lösung finden müsse, und das Virus besiegt werden müsse, bevor überhaupt daran zu denken sei, die Klimakrise – auf die seine Partnerin in mit Blick auf Hitzewellen in Indien etc. hinweist – anzugehen.
Das ist der Normalmodus politischer Krisenbewältigung: ein Stapel, und das neuste Problem kommt oben drauf und wird zuerst gelöst.
Aktuell landet auf diesem Stapel noch das drohende Rückrollen der USA in die 1850er Jahre – mit dem durchgestochenen Entwurf des Supreme Courts steht nicht nur das Recht auf Abtreibung auf der Kippe, sondern auch viele weitere gesellschaftspolitische Errungenschaften. Die Trump-Jahre waren nicht folgenlos, sondern haben dazu geführt, dass aus dem Supreme Court ein zutiefst politisches Organ wurde; die naheliegendste Lösung, ihn jetzt um weitere demokratische Richter*innen zu ergänzen, ist vermutlich nicht mehrheitsfähig – wie so vieles, was der US-Präsident Biden angekündigt hat, und das, obwohl auf dem Papier eine demokratische Mehrheit in beiden Kammern da wäre. Es ist zu befürchten, dass diese Papier-Mehrheit in einem Jahr nicht mehr existiert – und dass Trump (oder ein anderer seines Kalibers) am Ende der Biden-Amtszeit zurückkommt und das Projekt, die USA zu einer christlichen Autokratie zu machen, weiter vorantreibt.
Die Klimakrise alleine ist ein Generationenprojekt und bräuchte jetzt alle politische Aufmerksamkeit. Zweieinhalb Jahre Corona-Pandemie haben hier einiges ins Stocken gebracht; die kleinen Dellen durch Lockdowns, Home-Office und verminderte Mobilität sind längst aufgefressen, der CO2-Ausstoß wieder auf Wachstumspfad. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt, dass eine klimaschutzorientierte Energiepolitik auch friedenspolitisch wichtig gewesen wäre – jetzt befinden wir uns in einer Abhängigkeit von Russland, aus der rauszukommen nicht einfach wird. Immerhin geht es hier – bei der Energiewende wie beim schnellen Ende der Abhängigkeit von russischem Gas, Erdöl und Kohle – mehr oder weniger in die gleiche Richtung. Oder, wie es so schön heißt: hier gibt es Synergien.
Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen harten Lockdowns in China zeigen uns gerade, dass Europa nicht nur von russischen Importen abhängig ist, sondern ebenso oder noch viel stärker davon, dass Waren und Vorprodukte aus China geliefert werden. Jetzt stauen sich die Container-Schiffe, die just in time-Produktion gerät ins Stocken.
Und das sind ja – Beck hat es 1986 bereits vorausgesehen – nicht die einzigen Abhängigkeiten. Weizenlieferungen aus der Ukraine und die Hungerbekämpfung der internationalen Programme im globalen Süden hängen eng miteinander zusammen. China investiert auf dem afrikanischen Kontinent. Indien sieht sich vor die Entscheidung gestellt, sich nach Russland oder Richtung Westen zu orientieren. Brasilien exerziert schon mal vor, wie die zweite Trump-Periode in den USA aussehen könnte, und derweilen brennt der Amazonas.
Und ja – die Zerstörung von Biotopen, die Klimakatastrophe – das steht dann wieder in Wechselwirkung mit Rückzugsräumen für Tiere, und erhöht das Risiko weiterer Pandemien, die von wilden Tieren auf uns überspringen könnten.
Puh – gar nicht so einfach, 2022 halbwegs zuversichtlich zu bleiben. Erst recht nicht, wenn das, was gemacht werden kann, nicht gemacht wird – siehe Tempolimit – oder wenn deutlich wird, dass Politik und Bürokratie auch in existenziellen Fragen einen Hang zur systemischen Trägheit entfalten. Und erst recht nicht, wenn der politische Diskurs dann business as usual macht und sich mit Eitelkeiten, Beleidigtsein oder künstlich hochgezogenen Polarisierungen aufhält. So wird das nichts.