Trotz Hagelsturm – das Foto ist davor entstanden – wächst doch einiges auf meinem Minibalkon. Schnittlauch gab’s schon mehrfach, die Minze aus dem letzten Jahr ist wieder aufgetaucht, Erdbeeren sowieso (auch wenn sie noch keine roten Früchte tragen), Z. hat Karotten ausgesäht, ich habe Kartoffeln eingepflanzt, die schon richtig weit sind, derzeit stehen noch Salat und Vergissmeinnicht da, wo eigentlich Tomaten hin sollen (die selbst angezogenen wollen dieses Jahr nicht so recht größer werden, die zwei im Bioladen gekauften Setzlinge hat der Hagel etwas zerzaust – mal sehen, was daraus wird). Selbstversorgung vom Dachgarten ist das zwar nicht, aber nett finde ich es trotzdem, das Grünzeug im direkten Wohnumfeld.
Photo of the week: „BaWü-Labs GO!“
In einer kleinen Pause zwischen den GDL-Streiks war ich letzten Donnerstag in Stuttgart und konnte an der schön gestalteten Startschuss-Konferenz „BaWü-Labs GO!“ in der Staatliche Akademie der Bildenden Künste auf dem Killesberg teilnehmen. Baden-Württemberg fördert im Rahmen der Wissenschaft für Nachhaltigkeit (dort auch weitere Informationen) sieben „Reallabore“ – Versuche, jenseits klassischer Formate in einer engen Verbindung von Forschung und Praxis (kommunal, wirtschaftlich, zivilgesellschaftlich, …) an Lösungen für Transformationsprobleme zu arbeiten. Klingt abstrakt – konkreter geht es beispielsweise darum, den Nationalpark Schwarzwald für die Regionalentwicklung zu nutzen, an einer nachhaltigen Mobilitätskultur für Stuttgart zu arbeiten oder am ehemaligen Textilstandort Dietenheim wieder an diese Tradition anzuknüpfen. Ich verstehe den Begriff Reallabor dabei so, dass es darum geht, ein Forschungsformat für „Realexperimente“ zu entwickeln, bei dem es gelingen soll, das wissenschaftliche Wissen mit dem Wissen der Akteure vor Ort auf „Augenhöhe“ zusammenzubringen. Anders als im klassischen Interventionsparadigma geht es nicht darum, ein theoriegeleitetes Konzept in die Praxis zu transferieren (wie das misslingen kann, zeigte das Freiburg Scientific Theatre in einer bösen Farce zur Zukunft des IPCC), sondern gemeinsam mit der Praxis überhaupt erst Fragestellungen und Lösungswege zu erarbeiten. Wem dazu Modus‑2 einfällt, der liegt wohl nicht so ganz falsch.
Die sieben geförderten Projekten haben jetzt etwa drei Jahre Zeit, sich auf den Weg zu machen. Sie stehen, wie es Uwe Schneidewind in seinem Vortrag sagte, unter scharfer Beobachtung. Gelingt es, tatsächlich nachhaltige – über den Rahmen des Forschungsprojekts hinaus – Lösungen zu finden und vor Ort zu verankern? Schaffen die ForscherInnen den Spagat zwischen Projektmanagement, wissenschaftlichem Renommee und transformativer Praxis? Schneidewind wies zurecht darauf hin, dass dieser Weg von den ForscherInnen nicht nur Haltung – das Sich-Einlassen auf Neues, auf andere Wissensformen – sondern auch Mut abverlangt, denn diese Vorhaben passen ja zunächst einmal nicht wirklich zu den Hamsterrädern disziplinärer Veröffentlichungen und Bewertungen.
Ich bin jedenfalls sehr gespannt und werde den Weg der Reallabore auch weiterhin interessiert begleiten. (Und es geht weiter: Die zweite Ausschreibungsrunde mit dem Fokus „Reallabor Stadt“ läuft bereits …).
P.S.: Inzwischen liegt auch die Antwort auf einen Antrag (Drs. 15/6682), den die Fraktion GRÜNE zu diesem Thema in den Landtag von Baden-Württemberg eingebracht hat, gedruckt vor. Als PDF hier nachlesbar.
Photo of the week: Fessenheim-Demo XXI
Ziemlich spontan bin ich heute doch zur Kundgebung vor unserem maroden Nachbarschafts-AKW Fessenheim mitgefahren. Mit der Entscheidung bin ich durchaus zufrieden – statt des angekündigten Regens bestes Demowetter, habe viele nette Leute getroffen, und bei den Reden gelernt, dass die aktuelle Anti-AKW-Front neben der Frage, ob Fessenheim jetzt endlich stillgelegt wird, wie es Hollande versprochen hat, insbesondere dort liegt, wo es darum geht, ob die EU Hinkley Point C subventioniert oder nicht. Kurzum: ein netter Demotag (auch wenn der Anlass, der 29. Jahrestag der Tschernobyl-Katastrophe, alles andere als nett ist). Aus Freiburg sind fünf von Greenpeace organisierte Busse hingefahren, insgesamt waren es wohl so an die 3500 Menschen aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz jeden Alters.
Ach ja, Fotos habe ich auch gemacht – das komplette Demo-Foto-Set steht bei Flickr.
P.S.: SWR-Bericht.
Der elektrische Chauffeur
Laut der groß angelegten Studie Mobilität in Deutschland 2008 hatte zum Befragungszeitpunkt etwa sieben Prozent der Bevölkerung ab 17 Jahren keinen Führerschein. Wie das 2015 aussieht, werden wir erst nächstes Jahr wissen, eine Neuauflage dieser Befragung ist derzeit in Arbeit. Die Größenordnung wird ähnlich sein; im Jahr 2002 waren es etwa 7,5 Prozent.
Ich finde das interessant, weil ich selbst zu diesen etwa sieben Prozent gehöre. Keinen Führerschein zu machen, war – als ich 18, 19, 20 Jahre alt war – eine bewusste Entscheidung im Sinne eines ökologischen Lebensstils. Nach dem Motto, dass, wer einen Führerschein hat, auch Auto fahren will.
Seltsame Wissensbestände
Was mich zunehmend mehr erschreckt, ist die Bereitschaft zunächst vernünftig wirkender Menschen, abstruse Theorien zu glauben. Das müssen gar nicht die großen Verschwörungstheorien zwischen „Lügenpresse“ und „Chemtrails“ sein.