Zeitgeschichtlich relevantes Memo: gestern hat Mastodon stellvertretend für das Fediverse – also für selbstorganisierte, dezentrale soziale Medien – einen Grimme-Preis spezial erhalten. Finde ich gut, ich fühle mich trotz kleiner Meckeranlässe sehr wohl bei mastodon.social. Und vielleicht hilft es ja, dass die eine oder andere Einrichtung oder sichtbarere Person den Weg dorthin findet.
Kurz: In der Blase
Es gibt viele Gründe, „AI“ zu kritisieren – das reicht von Bias in den zugrundeliegenden Daten über Umweltaspekte bis hin zu der Tatsache, dass große Sprachmodelle prinzipienbedingt eher plausibel klingende „Fakten“ erfinden als keine Antwort zu geben. Nichtsdestotrotz scheint eine größere Zahl an Menschen in ChatGPT, Gemini, Perplexity etc. so etwas wie allwissende Antwortmaschinen zu sehen. Und ja: die Textverarbeitung (und die Bildgenerierung) wirkt erst einmal sehr beeindruckend. Die realen Anwendungsfälle sind dann aber viel kleiner, als der Hype vermuten lässt.
Aber selbst wer von „AI“ begeistert ist, sollte die Frage des Geschäftsmodells zur Kenntnis nehmen. Hinter der Oberfläche stecken die selben paar großen Modelle – trainiert auf dem Internet und Raubkopien des gesamten Buchmarkts. Immer neue, noch größere Modelle werden angekündigt, die noch mehr Daten in einen komprimierten Suchraum verwandeln, noch mehr Strom und noch mehr Grafikkarten als Rechenbasis benötigen. Profitabel sind die Firmen hinter den großen Modellen nicht. Und die investierten Summen stehen in keinem Verhältnis zu den Einnahmen; auch dann nicht, wenn Abo-Modelle etc. berücksichtigt werden. Zudem sind, anders als bei anderen Anwendungen, zusätzliche Nutzer*innen teuer.
Cory Doctorow geht auf die Frage der „AI“-Blase tiefer und pointierter ein, als ich das könnte. Typisch für eine solche ökonomische Blase: alle wollen dabei sein, egal, ob es im konkreten Fall Sinn ergibt oder nicht. Und zu oft treffen Manager*innen die Entscheidung, darauf zu wetten, dass Schreibtischarbeit durch „AI“ ersetzt werden kann – ohne zu bedenken, dass damit letztlich nur Arbeit verschoben wird, hin zu Nacharbeit und Kontrolle, die (wo auch immer erworbene) menschliche Expertise voraussetzt. Vibe Coding mag für Projektchen funktionieren – für produktive Software eher nicht. Das ist schlicht eine Risikorechnung mit Blick auf Sicherheitslücken und ähnliches.
Bisher wabbelt die Blase – die nicht nur Doctorow diagnostiziert, sondern auch die Deutsche Bank beim Blick auf den US-Markt – munter vor sich hin. Wenn sie platzt, wenn dann beispielsweise OpenAI von heute auf morgen den Betrieb einstellt, wird das ziemlich düster werden. Die Erwartung, dann „told you so“ sagen zu können, mag zwar persönlich befriedigend sein – so richtig glücklich macht mich das jedoch nicht.
Kurz: Der langsame Abschied von den US-Plattformen
Während die vergangenen Kontoauszüge von Bestellungen bei Amazon (vieles E‑Books, aber auch anderes, von Klamotten und Spielen bis hin zu Haushaltsgeräten) nur so wimmelten, finden sich im März nur noch zwei Amazon-Buchungen – noch nutze ich Amazon Prime und einen Videokanal*. Dass das so ist, war eine halbbewusste Entscheidung; ein Unterbrechen der eingeübten Praktiken beim Online-Bestellen, in zweierlei Hinsicht: einmal, darüber nachzudenken, ob ich Was-Auch-Immer wirklich haben will, und einmal, um es dann eben nicht bei Amazon zu bestellen, sondern zu gucken, ob das Ding auch anderswo im Netz zu finden ist. Und meistens ist das so.
Schwer fällt mir dieser Abschied von „der“ Online-Handelsplattform vor allem in einem Punkt: bei digitalen Büchern. Hier habe ich noch keinen guten Workflow gefunden, um englischsprachige Werke anderswo zu bestellen und zu lesen. Ein Versuch, ein SF-Buch über Google Books zu kaufen, endete damit, dass sich das gekaufte Buch weder auf dem PC noch auf einem der Mobilgeräte öffnen lässt, weil irgendwelche Kopierschutzregeln es verhindern. Und eigentlich würde ich gerne die beiden Kindle-Lesegeräte, die hier rumschwirren, weiter nutzen. Vorerst behelfe ich mir, erst einmal keine neuen Bücher zu kaufen (es gibt noch sehr viel ungelesene in diversen Stapeln), bzw. im Zweifel auf auch über andere Plattformen erhältliche gedruckte Fassungen auszuweichen. Auf die Dauer ist das aber keine Lösung. Wenn also jemand einen erprobten Weg kennt, digitale Bücher ohne Amazon zu erwerben und zu lesen, nehme ich hinweise gerne entgegen (und ja, theoretisch ließe sich Calibre als Client-Server-System aufsetzen, das mir momentan aber noch zu kompliziert …).
Deutlich schwieriger als der Abschied von Amazon sieht es bei den anderen Plattformen aus. Na gut, Twitter/X hat mich rausgeworfen, seitdem habe ich keinerlei Lust verspürt, dahin noch einmal zurückzukehren. Bei Meta nutze ich Facebook (und Instagram für den grünen Ortsverband, und Whatsapp für ein paar wenige Kontakte). Microsoft wird mit Windows 11 und Copilot, mit Abo-Modellen für MS Office etc. zunehmend unattraktiv, noch läuft auf einem meiner beiden privaten Rechner aber Windows, und auf dem Dienstlaptop eh – da habe ich aber keinen Einfluss drauf. Dito das Diensthandy, das das ganze Apple-Ökosystem hinter sich herzieht. Ganz schwierig sieht’s bei Paypal und bei Google aus, da sehe ich noch keine wirklich gute Alternative für die Art, wie ich deren Produkte aktuell nutze. Auch da: gerne Tipps in den Kommentaren!
* Es wäre großartig, wenn Star Trek sich entscheiden könnte, über eine andere Plattform als Paramount+ via Amazon Prime verfügbar zu sein.
Abenteuer mit Home Assistant Green
Angefixt hat mich unsere Balkonsolaranlage vor zwei Jahren. Die kam mit einem Shelly PM, um Ertrag und Einspeisung zu messen. Das ließ sich dann – eingebunden in das hausinterne WLAN – jederzeit in der App des Herstellers Shelly auf dem Handy ansehen. Neben Zählern und schaltbaren Steckdosen stellt Shelly auch Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren her. Eine sehr praktische Sache, um den Überblick darüber zu haben, wie es mit der Luftfeuchtigkeit im Bad nach dem Duschen oder mit der Temperatur im Keller aussieht. Auch das lässt sich in der App von Shelly jederzeit anschauen.
Der nicht ganz gerade Weg zu Linux Mint
Mein „Zweitrechner“ – der, den ich nutze, wenn ich in Esslingen bin, und privat einen Rechner brauche – ist schon etwas älter. Genauer gesagt: ein HP ProDesk mit Intel iCore i3 – einer stromsparenden Notebookvariante – aus dem Jahr 2014 oder so. Gekauft hatte ich ihn mit Windows 7, daraus wurde schnell Windows 8 und irgendwann Windows 10 (und der Rechner langsamer und langsamer …).
Für Oktober 2025 hat Microsoft nun angekündigt, den Support für Windows 10 zu beenden. Und Windows 11 läuft auf diesem Rechner nicht. Also, selbst wenn Microsoft diese CPU unterstützen würde, was nicht der Fall ist, würde es höchstwahrscheinlich keine Freude machen, auf diesem Rechner Windows 11 zu installieren. Und einen Windows-Rechner ohne Sicherheitsupdates laufen zu lassen, klingt eher unklug. Was also tun?
Das Netz empfiehlt: Dann halt Linux installieren.
Meine bisherigen Erfahrungen mit Linux/Unix beschränken sich erstens auf lang zurückliegende Tage meines Informatiknebenfachs im Studium, bei dem wir Sun-Workstationen und NeXT verwendeten; auf zweitens (nette) Spielereien mit Raspberry Pis, die aber bei allen „Alltagsanwendungen“ wie dem Anschauen von Youtube-Videos schnell in die Knie gehen, und drittens auf „mal reinschnuppern“ in SuSE und ähnliches, also Linux-Systeme aus der Urzeit.
Nachdem auch diverse Menschen auf Mastodon die c’t-Empfehlung für Mint bestätigt haben, dann die Entscheidung: ja, das sieht so desktopkompatibel aus, das könnte ich tatsächlich mal versuchen.
Geplant war eigentlich der langsame Weg über „Dual Boot“ aus dem neuen Linux Mint und dem alten Windows 10. Es kam dann anders, dazu aber gleich mehr.