Die Zukunft vorherzusagen, ist notorisch schwierig. Dennoch wird es – die Geschichte des Retrofuturismus ebenso wie der apokalyptischen Warnungen zeugt davon – immer wieder versucht. Judith Horchert, Matthias Kremp und Chris Stöcker versuchen es heute auf Spiegel Online mit einem Stück zu Fünf Technologien, die unseren Alltag verändern werden.
Mit etwas techniksoziologischem Bauchgefühl ausgestattet fühle ich mich hier zum Widerspruch angestachelt. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass sich die fünf von Spiegel Online beschriebenen digitalen Technologien in den nächsten sagen wir mal fünf Jahren weit in den gesellschaftlichen Alltag hinein verbreiten werden. Zu oft sind genau in diesen Bereichen schon Revolutionen ausgerufen worden. Und trotz der Verweise auf das Mooresche Gesetz, auf steigende Rechenpower, Durchbrüche in Robotik und neuronalen Netzwerken halte ich es für unwahrscheinlich, dass es bei all diesen fünf Technologien nicht nur zu technischen Durchbrüchen kommt (Prototypen gibt es), sondern auch gesellschaftlich durchsetzungsfähige Anwendungsmodelle gefunden werden. Das Videotelefon oder die Leuchtstoffröhre liefern hier interessante Beispiele.
Aber vielleicht ist das auch nur mein zunehmender Konservativismus – schließlich habe ich die für die Offenheit für neue Technologien magische Grenze von 30 Jahren schon länger überschritten. Kurzum: Wer recht hat, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Deswegen habe ich eine Reihe von leeren Erinnerungsartikeln angelegt, die WordPress im Abstand von jeweils einem Jahr automatisch posten wird – mit der Aufforderung, mal nachzuschauen, wie es um die Durchsetzung der jeweiligen Technologien bestellt ist.
Und weil nicht klar ist, ob es den SpOn-Artikel dann noch geben wird, liste ich die Prognosen von Horchert et al. hier noch einmal auf:
- Robotik: „Künftig aber dürften Maschinen, die scheinbar autonom einem oder gleich mehreren Zwecken dienen, sich zunehmend in unserem Alltag breitmachen. Als schweigende Helfer in Krankenhäusern, als Lagerarbeiter im Couchtisch-Format oder als Einparkhelfer. Vom Staubsauger, Fensterputzer, über Lieferdrohnen bis hin zu humanoiden Maschinen wie Baxter, die in Fabrikbetrieben diverse Aufgaben übernehmen.“
- Selbstfahrendes Auto: „Dass man sich in sechs bis acht Jahren per App ein Taxi ohne Fahrer wird bestellen können, darf als sicher gelten. Und auf Lkw-Rastplätzen an Autobahnen könnte es mittelfristig merklich leerer werden.“
- Virtuelle Realität: „Schon in wenigen Jahren wird man im Zug oder im Flugzeug Menschen mit VR-Gerät am Kopf statt mit Laptop oder Tablet als Filmabspieler antreffen. Und es werden Unterhaltungsformate entstehen, die wir uns noch gar nicht vorstellen können.“
- Automatische Übersetzung on the fly: „Schon bald dürfte es normal sein, dass Touristen in Japan, Spanien oder Kroatien einfach die Sätze in ihre Smartphones sprechen, die sie sagen möchten. Das Handy übersetzt die Antworten dann ebenfalls.“
- Künstliche Intelligenz: „Die digitale Lebenswelt der Zukunft braucht noch ein Betriebssystem. Diese Aufgabe wird aller Wahrscheinlichkeit nach die Technologie übernehmen, die man heute Künstliche Intelligenz (KI) nennt. In einigen Jahren wird man vermutlich nur noch ‚Computer‘ oder ‚Telefon‘ zu ihr sagen.“
Soweit die Prognosen. Am 14. Februar 2016 werde ich dann zum ersten Mal nachschauen, was jeweils der Stand dieser Technologien ist. Ich bin gespannt.
Warum blogge ich das? Als kleines Experiment zum Thema Langzeitbloggen und Techniksoziologie.
2 Antworten auf „Experimenteller Technikoptimismus“