Schöne neue Medienwelt, Ausgabe 2025

Shelf the cat III

In mei­nem Blog fin­den sich eini­ge Bei­trä­ge zu mei­ner Medi­en­nut­zung im Wan­del. 2013 habe ich einen lan­gen Bei­trag dazu geschrie­ben, war­um ich mit Zei­tun­gen nicht mehr so rich­tig viel anfan­gen kann. 2020 geht es dann um die Wie­der­ent­de­ckung der täg­li­chen Lokal­zei­tung und um das neu ange­fan­ge­ne regel­mä­ßi­ge Zei­tungs­le­sen trotz täg­li­chem Pres­se­spie­gel. Und Anfang 2024 habe ich mir das kom­plet­te „Medi­en­me­nü“ ange­schaut, das ich nutze.

Jetzt woll­te ich dar­über schrei­ben, was sich bezüg­lich Büchern (meist E‑Reader, das eine oder ande­re Buch aus Grün­den inzwi­schen wie­der auf Papier), abon­nier­ten (E-)Zeitungen, Mast­o­don als bevor­zug­ter Social-Media-Platt­form und der Nut­zung diver­ser Strea­ming­diens­te in den letz­ten zwei Jah­ren getan hat. Ich stel­le fest: das ist erstaun­lich sta­bil geblieben. 

Neu ist viel­leicht das eine oder ande­re gedruck­te Maga­zin (Spek­trum der Wis­sen­schaft, Sci­ence Notes; dane­ben Kata­pult und Futurz­wei, die­se bei­den lese ich aber viel zu sel­ten), das in dem 2024-Text noch nicht erwähnt wird. Dazu kom­men, sehr spe­cial inte­rest, die Andro­me­da Nach­rich­ten des Sci­ence Fic­tion Clubs Deutsch­land. Und das eine oder ande­re mich dann doch nicht begeis­tern­de Abo-Expe­ri­ment bei Maga­zi­nen auf Papier gab’s in den letz­ten zwei Jah­ren auch.

Bei den Pod­cast sind neben Das Uni­ver­sum und Ster­nen­ge­schich­ten noch ein paar dazu­ge­kom­men, haupt­säch­lich aus dem Bereich Geschich­te, und ja, spe­cial inte­rest, Sci­ence Fic­tion. Ist aber wei­ter eher sehr beschränkt auf „Höre ich beim Kochen.“

Prime Video nut­ze ich kaum noch (eigent­lich nur noch, um dort Para­mount+ anzu­gu­cken), Net­flix wei­ter recht inten­siv, dazu kommt immer mehr anguck­ba­rer Con­tent auf Apple TV. Und ja, auch bei Spo­ti­fy bin ich wei­ter­hin, inzwi­schen aller­dings mit schlech­tem Gewissen.

Was 2024 nur ganz am Ran­de vor­kommt, ist der öffent­lich-recht­li­che Rund­funk. Den ich in der Theo­rie extrem wich­tig fin­de, in der Pra­xis aber meist ent­täu­schend fin­de. Line­ar höre/schaue ich so gut wie gar nichts (ein­zi­ge Aus­nah­me in den letz­ten Mona­ten war viel­leicht die ESC-Über­tra­gung). Die Web­site der Tages­schau fin­de ich halb­wegs brauch­bar, die des SWR (SWR Aktu­ell Baden-Würt­tem­berg) meist unter­ir­disch und bou­le­var­desk neben dem ste­hend, was poli­tisch im Land gera­de vor sich geht. Ab und zu nut­ze ich die ZDF-Media­thek (Die Anstalt und ZDF Maga­zin Roya­le decken wahr­schein­lich 95 Pro­zent der Nut­zungs­fäl­le bei mir ab). Hmm. Eigent­lich bräuch­te es gera­de jetzt einen Rund­funk, der sich als Kämp­fer für die Demo­kra­tie sieht. Nicht als umla­ge­fi­nan­zier­tes Unter­hal­tungs- und Sport­pro­gramm, und erst recht nicht als neu­tra­le Spie­ge­lung der letz­ten Sonn­tags­fra­ge in Pro­zent der Rede­zeit in Talk­shows. Kein Vor­wurf an vie­le enga­gier­te Journalist*innen, aber das Gesamt­ergeb­nis über­zeugt mich immer weni­ger. Und das hat viel mit der zuneh­men­den media­len Nor­ma­li­sie­rung der AfD zu tun.

Jetzt arbei­te ich in der Poli­tik. Wie infor­mie­re ich mich? Zusam­men­fas­send: ich krie­ge viel mit, weil es auf Masta­don oder in mei­nem Feed­rea­der auf­taucht. Ich lese taz und Spie­gel digi­tal, wobei das eher arti­kel­wei­se als „als Heft“ pas­siert, und eben bei Bedarf die Web­site der Tages­schau. Inso­fern hat die Umstel­lung der taz aufs digi­ta­le Erschei­nen unter der Woche bei mir wenig geän­dert. Manch­mal lese ich auch die Zeit und den Guar­di­an (und den­ke über die FAZ nach). Dazu kommt die täg­li­che Badi­sche Zei­tung (als E‑Paper auf dem Tablet) und der Pres­se­spie­gel. Dazu kommt dann noch der eine oder ande­re News­let­ter (inkl. des nächt­li­chen „Brie­fings“ von Table.Media). Ins­ge­samt habe ich damit den Ein­druck, durch­aus infor­miert zu sein. Talk­shows tau­chen in der Nach­be­richt­erstat­tung auf, vira­le Social-Media-Phä­no­me­ne igno­rie­re ich weit­ge­hend. Alt­mo­disch? Viel­leicht – aber viel­leicht hilft’s für den Überblick.

Letz­ter Punkt: bis­her gab es ein Papier-Maga­zin mei­ner Par­tei, wobei auch hier die Qua­li­tät mei­nem Ein­druck nach in letz­ter Zeit nach­ge­las­sen hat. Das wur­de jetzt durch „grünblog.com“ (war­um um alles in der Welt: „.com“?) ersetzt. Mich über­zeugt das nicht. Mal sehen. 

Kurz: Gemüseturnier

Manch­mal gibt es sie noch, die klas­si­schen Netz­mo­men­te. Zum Bei­spiel auf Mast­o­don. Dort star­te­te vor gut einem Monat der Account Gemue­se­tur­nir genau das (also, ohne den Tipp­feh­ler): ein Tur­nier mit meh­re­ren Run­den, um in Votings her­aus­zu­krie­gen, wel­ches eigent­lich „das“ Gemü­se ist. Aktu­ell läuft das Vier­tel­fi­na­le, eini­ge der letz­ten Abstim­mun­gen gin­gen extrem knapp aus (Knob­lauch gewinnt „Toma­te vs. Knob­lauch“ mit vier Stim­men Vor­sprung bei 1662 Stim­men, und auch Rosen­kohl hat­te sich in „Rosen­kohl vs. Spi­nat“ eben­so knapp durchgesetzt). 

Jetzt läuft alles auf die gro­ße End­run­de hin­aus. Noch im Ren­nen im Vier­tel­fi­na­le: heu­te Karot­te vs. Brok­ko­li, danach dann Kar­tof­fel vs. Rosen­kohl. Eines der sechs Gemü­se­sor­ten Zwie­bel (die sich gegen Papri­ka durch­ge­setzt hat­te), Knob­lauch, Karot­te, Brok­ko­li, Kar­tof­fel und Rosen­kohl wird sich also als das Gemü­se des deutsch­spra­chi­gen Fedi­ver­se durchsetzen.

Rosen­kohl (und Brok­ko­li) sind m.E. zu kon­tro­vers, um in die letz­te Run­de zu kom­men, Karot­ten und Zwie­beln wären lang­wei­lig. Mei­ne Ver­mu­tung: wir wer­den ein Fina­le Knob­lauch vs. Kar­tof­fel erle­ben. Das wäre jeden­falls das maxi­mal sym­bol­träch­tigs­te Ergeb­nis eines sol­chen Turniers. 

Wobei sich eh – jen­seits der alt­be­kann­ten Rosen­kohl-Cleava­ge – eini­ges über den Gemü­se­markt und die Stim­mung im Netz ler­nen lässt. Bei­spiels­wei­se sind exo­ti­sche­re Zuta­ten meist eher früh aus­ge­schie­den, bis auf Rosen­kohl (und Brok­ko­li) sind es Aller­welts­ge­mü­se, auf die nie­mand ver­zich­ten möch­te, die es in die letz­ten Run­den geschafft haben. Fest­stel­len lässt sich zugleich: sinn­lo­se Kon­tro­ver­sen gene­rie­ren die bes­ten Debat­ten­bei­trä­ge, Memes und Anfeue­rungs­ru­fe. Ver­mut­lich liegt dar­in auch der Sinn von Fuß­ball­clubs (hat sich mir nie erschlossen). 

Kurz: Blog-Update mit Umleitungen

Nach­dem mei­ne bis­he­ri­ge Permalink-Struktur 

/index.php/%year%/%monthnum%/%day%/%postname%/

zu Pro­ble­men mit Activ­ty­Pub geführt hat, habe ich es jetzt gewagt, die Struk­tur auf das modernere 

/%year%/%monthnum%/%postname%

umzu­stel­len.

Das war mit einem Klick im Per­ma­link-Menü erle­digt. Wich­tig der Schritt davor: ich habe das Redi­rec­tion-Plug­in instal­liert. Das sorgt dafür, dass bei Ände­run­gen einer Bei­trags-URL eine Umlei­tung (301-Redi­rect) ange­legt wird, die dem Brow­ser sagt, wel­che Sei­te statt des­sen auf­ge­ru­fen wer­den soll. Und auch das funk­tio­niert rei­bungs­los – alle alten Links im Blog und auf das Blog funk­tio­nie­ren weiterhin. 

Ob damit jetzt alle Pro­ble­me mit dem Acti­vi­ty-Pub-Pro­blem gelöst sind, oder ob mei­ne Hos­ting-Lösung hier an ihre Gren­zen stößt, bleibt abzu­war­ten. Aber zumin­dest die­se Hür­de ist jetzt mal genommen. 

(Update: Nach­dem es wei­ter­hin zu Aus­fäl­len, 503/502-Feh­ler­mel­dun­gen etc. gekom­men ist, habe ich Acti­vi­ty­Pub jetzt erst­mal deak­ti­viert. Und, Memo to self: evtl. liegt die kata­stro­pha­le Über­las­tung nur an der zer­ti­fi­zier­ten Vor­schau, die sich im Plug­in aus­schal­ten lie­ße … bei Gele­gen­heit mal ausprobieren.)

Kurz: Grimme!

Zeit­ge­schicht­lich rele­van­tes Memo: ges­tern hat Mast­o­don stell­ver­tre­tend für das Fedi­ver­se – also für selbst­or­ga­ni­sier­te, dezen­tra­le sozia­le Medi­en – einen Grim­me-Preis spe­zi­al erhal­ten. Fin­de ich gut, ich füh­le mich trotz klei­ner Mecker­an­läs­se sehr wohl bei mastodon.social. Und viel­leicht hilft es ja, dass die eine oder ande­re Ein­rich­tung oder sicht­ba­re­re Per­son den Weg dort­hin findet.

Falls mich jemand auf Bluesky sucht …

Contrail

… bin ich da wei­ter­hin nicht zu finden.

Mit jeder wei­te­ren Musk-Eska­pa­de bin ich dann doch froh drum, Ex-Twit­ter zwangs­wei­se ver­las­sen zu haben.

Nach den Nerds, die schon vor ein paar Mona­ten von Twit­ter ins Fedi­ver­se gewech­selt sind, wird es jetzt auch gro­ßen und bekann­ten Accounts zu heiß. Der place to be scheint – nach­dem Post, News, Threads, etc. sich alle als nicht so dol­le her­aus­ge­stellt haben – der Twit­ter-Able­ger Blues­ky zu sein. Und weil alle dahin­ge­hen, gehen alle dahin. Sofern sie denn einen der noch knap­pen Invi­te-Codes bekommen. 

Mar­kus Becke­dahl beschreibt die­sen Exodus hier viel bes­ser, als ich das könn­te. Und er beschreibt – am Schluss der Kolum­ne – auch ganz gut, war­um das nur bedingt eine gute Idee ist.

Letzt­lich ist Blues­ky eine wei­te­re kom­mer­zi­el­le Platt­form mit dem Ziel, irgend­wann Geld zu ver­die­nen. Bis­her lässt sich da ange­nehm die Zeit ver­brin­gen, nach allem, was ich dazu höre. Ob das auf Dau­er so sein wird, und was pas­siert, wenn z.B. in grö­ße­rem Aus­maß Trol­le auf­tau­chen, bleibt abzu­war­ten. Und auch wenn es aktu­ell nur eine Pos­til­lon-Sati­re ist – nie­mand kann aus­schlie­ßen, dass eines Tages Musk oder ein*e andere*r durch­ge­knall­te Superreiche*r Blues­ky kauft und die eige­nen Regeln etabliert.

Ich ver­ste­he, dass das Fediverse/Mastodon auf eini­ge abschre­ckend wirkt. Die tech­ni­sche Kom­ple­xi­tät wird nicht so gut hin­ter einer schi­cken Ober­flä­che ver­steckt, wie das bei kom­mer­zi­el­len Platt­for­men der Fall ist. Die Mast­o­don-App für ios hat so ihre Macken. Und: eini­ge Ele­men­te der Kul­tur, die sich dort eta­bliert hat, ner­ven (sie­he dazu auch hier). Alles ver­ständ­lich. Trotz­dem füh­le ich mich bei Mast­o­don inzwi­schen gut ein­ge­rich­tet wohl. Viel­leicht ist eine lang­sa­me­re und weni­ger zu vira­len Aus­brü­chen nei­gen­de Platt­form in die­sen Zei­ten gar nicht so schlecht. 

Wer mich bei Mast­o­don sucht, fin­det mich dort unter @_tillwe_@mastodon.social. Und wer selbst wech­seln will, dem wür­de ich aller­dings nicht die­se Groß­in­stanz emp­feh­len, son­dern lie­ber etwas loka­les, norden.social, sueden.social, oder hier in der Frei­bur­ger Regi­on freiburg.social.

Tech­nisch ist es nicht aus­ge­schlos­sen, dass jemand eines Tages eine Brü­cke baut zwi­schen dem W3C-stan­dar­di­sier­ten Pro­to­koll des Fedi­ver­se und dem Sys­tem, das unter der Hau­be von Blues­ky steckt. Bis­her gibt es die­se Brü­cke nicht, und wenn die übli­che kom­mer­zi­el­le Platt­form­lo­gik greift, dann wird es sie auch nicht lan­ge geben. Wäre schön, wenn es anders läuft. (Zur Erin­ne­rung: Twit­ter fing mal mit offe­ner API und ganz vie­len Zugriffs­mög­lich­kei­ten für Apps an – bis die­ses gan­ze Öko­sys­tem nach und nach zer­stört wur­de, um die Inter­ak­tio­nen samt Wer­be­kun­den-Views auf twitter.com zu holen). 

Das mal als aktu­el­ler Stand – auch mei­ne Hal­tung hier ist sicher nicht in Stein gemei­selt, ich habe, wie gesagt, durch­aus Ver­ständ­nis dafür, dass Blues­ky zur Zeit attrak­tiv wirkt und vie­le anzieht. FOMO tut ein übri­ges – aber das hal­te ich aus. Inso­fern bin ich bis auf wei­te­res nicht auf Blues­ky zu finden.