… sich zu radikalisieren

Anläs­se, sich zu radi­ka­li­sie­ren, gäbe es einige. 

Die Kli­ma­kri­se ist eine exis­ten­zi­el­le Bedro­hung. Ganz ähn­lich sieht es mit dem Arten­ster­ben aus. Hier weit­rei­chen­de For­de­run­gen zu erhe­ben und wenig Spiel­raum für Kom­pro­mis­se zu sehen – so wür­de ich eine radi­ka­le poli­ti­sche Hal­tung im Sin­ne Habecks „radi­kal und rea­lis­tisch“ beschrei­ben – erscheint mir sehr nach­voll­zieh­bar. (Und natür­lich lässt sich das her­un­ter­bre­chen auf loka­le Anläs­se, Wäl­der, die abge­holzt wer­den sol­len und der­glei­chen mehr.)
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Zeit des Virus, Update IV

May

Aus Lan­ge­wei­le bin ich heu­te ein­mal um das Rie­sel­feld, also den Stadt­teil Frei­burgs, in dem ich woh­ne, her­um spa­ziert. Was mir neu war: Das ist fast kom­plett jen­seits von Stra­ßen mög­lich; das, was ich bis­her als Stra­ßen­be­gleit­grün wahr­ge­nom­men habe, sind in Wirk­lich­keit auch am süd­öst­li­chen Rand des Stadt­teils klei­ne licht­durch­flu­te­te Wäld­chen mit viel Holun­der und Robi­nie, durch die sich sanf­te Wege schlängeln.

Anders gesagt: all­mäh­lich gehen mir die Spa­zier­we­ge aus. Das soll nicht hei­ßen, dass mei­ne Tage nicht gut gefüllt wären. Wenn die Kin­der da sind, ist es ein ziem­li­cher Kampf, Home-Office, Unter­stüt­zung der Kin­der und Din­ge wie Essen für alle Kochen unter einen Hut zu brin­gen. Wenn sie nicht da sind, ist der Tag mit Video­kon­fe­ren­zen, Mails und Tele­fo­na­ten (und am Ran­de noch ein biss­chen Par­tei­ar­beit) gut aus­ge­füllt. Über­haupt: dass jetzt auch Men­schen, bei denen ich das gar nicht erwar­tet hät­te – wie etwa unser Minis­ter­prä­si­dent – die Vor­tei­le von Video­kon­fe­ren­zen ent­de­cken, hin­ter­lässt bei mir eine gewis­se Hoff­nung, dass es auch in der Zeit nach Coro­na nicht mehr für jeden Zwei­stun­den­ter­min ein Deutsch­land­rei­se braucht. Oder, etwas loka­ler: vie­le Teilnehmer*innen des grü­nen Kreis­mit­glie­der­tref­fens im Flä­chen­land­kreis Breis­gau-Hoch­schwarz­wald stell­ten am Ende fest: geht so auch, und spart lan­ge Anfahr­ten aus dem Hoch­schwarz­wald oder dem Kai­ser­stuhl. (Und auch die Kin­der haben inzwi­schen ihre regel­mä­ßi­gen Video-Ter­mi­ne: die Pfad­fin­der machen eine Grup­pen­stun­de per Zoom, die Schu­le setzt auf Mood­le beim Lan­des­netz­werk bel­wue, dort ist Big­BlueBut­ton als Video­kon­fe­renz­sys­tem integriert.)

Also, die Tage sind gut gefüllt. Trotz­dem wird die Rou­ti­ne so ganz ohne Abwechs­lun­gen per Orts­wech­sel all­mäh­lich lang­wei­lig. Und ich mache mir Gedan­ken, ob ich mei­ne Bahn­card 100 ver­län­gern soll oder doch noch war­te. Denn auf abseh­ba­re Zeit sind wir, allen Locke­rungs­de­bat­ten zum Trotz, noch in einer vom Virus bestimm­ten Zeit, nicht in der Zeit des Danach. 

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Platzhalterbild für antigrüne Propaganda

Der vierte Advent – und eine unschöne Überraschung von der AfD Berlin

Im Fol­gen­den geht es dar­um, wie es dazu kam, dass ich mich am Advents­sonn­tag als „Vor­stand ‚Bünd­nis 90/Die Grü­nen‘ “ unver­hofft – und wider Wil­len – auf einem grü­nen­feind­li­chen Share­pic der AfD Ber­lin wiederfand. 

Das Bild, auf dem ich zu sehen bin, und um das es dabei geht, ist die­se hier. Dass die­ses Bild von der AfD ver­wen­det wur­de, dar­auf mach­te mich – am vier­ten Advents­sonn­tag, ich schau­te erst am spä­te­ren Vor­mit­tag mal in die sozia­len Medi­en – ein Tweet des Deutsch­land­funk-Jour­na­lis­ten Falk Stei­ner auf­merk­sam. Mit­ten in einer Debat­te dar­über, ob das Zitat, dass die AfD Ber­lin dem „Vor­stand ‚Bünd­nis 90/Die Grü­nen‘ “ in den Mund leg­te, irgend­wie glaub­haft sein könn­te. Falk fiel jeden­falls auf, dass die auf dem win­zi­gen Foto abge­bil­de­te Per­son ziem­lich nach mir aus­sah – und dass ich bis­her nicht durch Zita­te zum The­ma „deut­sche Bevöl­ke­rung zurück­drän­gen“ auf­ge­fal­len bin. (Wer sich anschau­en will, wie das von der AfD ver­brei­te­te Share­pic aus­sah, kann das in die­sem Screen­shot tun, abdru­cken will ich den Tweet nicht, weil so ein Unsinn nicht wei­ter ver­brei­tet wer­den muss). 

Klar war auch, dass es sich hier um ein älte­res Foto han­deln muss­te: das Logo wird seit eini­gen Jah­ren nicht mehr ver­wen­det, mei­ne Haa­re sind inzwi­schen deut­lich grau­er gewor­den. Inzwi­schen habe ich – auch mit Hil­fe von TinEye – das Ursprungs­bild gefun­den. Im Jahr 2007 fand ein Lan­des­aus­schuss der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen statt, bei dem unter ande­rem – nach län­ge­rem Vor­lauf – über das Grund­ein­kom­men dis­ku­tiert wur­de. Mein Blog­text dazu ist noch online, das dort ver­link­te ehe­ma­li­ge Grund­ein­kom­mens­blog der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen nicht mehr. Ich hat­te das Bild damals als Vor­schau­bild im Blog ver­wen­det, ich ver­mu­te, dass das Ori­gi­nal im Bericht der Lan­des­par­tei auf dem Grund­ein­kom­mens­blog zu fin­den war. 

„Platz­hal­ter­bild für anti­grü­ne Pro­pa­gan­da“ weiterlesen

„Das offenbare Geheimnis der elektronischen Medien ist ihre mobilisierende Kraft“

Phone

Es ist voll­kom­men klar, daß die Bewußt­seins-Indus­trie in den bestehen­den Gesell­schafts­for­men kei­nes der Bedürf­nis­se, von denen sie lebt und die sie des­halb anfa­chen muß, befrie­di­gen kann, es sei denn in illu­sio­nä­ren Spiel­for­men. Es kommt aber nicht dar­auf an, ihre Ver­spre­chun­gen zu demo­lie­ren, son­dern dar­auf, sie beim Wort zu neh­men und zu zei­gen, daß sie nur kul­tur-revo­lu­tio­när ein­ge­löst wer­den kön­nen. Sozia­lis­ten […] die die Frus­tra­ti­on der Mas­sen ver­dop­peln, indem sie ihre Bedürf­nis­se zu fal­schen erklä­ren, machen sich zu Kom­pli­zen eines Sys­tems, das zu bekämp­fen sie ange­tre­ten sind. 

Hans-Magnus Enzens­ber­ger hat 1970 sei­nen „Bau­kas­ten zu einer Theo­rie der Medi­en“ ver­öf­fent­licht. Eigent­lich ist die­ser Bau­kas­ten ein Text über die elek­tro­ni­schen Medi­en, der Brechts Radio­theo­rie samt ihres uto­pi­schen Gehalts auf­nimmt und aktua­li­siert. Und es ist ein erstaun­lich klar­sich­ti­ger Text über die Ambi­va­lenz der Medi­en, die Uto­pie der Ent­fess­lung ihrer eman­zi­pa­to­ri­schen Mög­lich­kei­ten und die Gefahr, auf der Suche nach Rein­heit als lin­ke Bewe­gung eine Posi­ti­on ein­zu­neh­men, die elek­tro­ni­sche Medi­en ver­dammt – eine Posi­ti­on, die Enzens­ber­ger zurecht sowohl als sek­tie­re­risch als auch als unpro­duk­tiv bezeichnet.

„„Das offen­ba­re Geheim­nis der elek­tro­ni­schen Medi­en ist ihre mobi­li­sie­ren­de Kraft““ weiterlesen