Antworten* auf das Politcamp 2011

Snapshots from #pc11 - IV
Tech­nik der Gegen­wart an his­to­ri­schem Bun­des­fuß­bo­den, Bonn

Was ist das? 200 bis 250 über­wie­gend jün­ge­re, meist männ­li­che Men­schen sit­zen im „Was­ser­werk“, dem alten Ple­nar­saal des alten Bun­des­ta­ges in Bonn, und beu­gen sich über Smart­phones, Pads und Lap­tops, wäh­rend vor­ne auf eine gro­ße Lein­wand Tweets gewor­fen wer­den. Und irgend­wel­che Leu­te lei­se über irgend­wel­che Din­ge reden. LAN-Par­ty? Nein, eher LAN-Partei. 

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Wie die Wahl in Baden-Württemberg ausgehen kann

Tunnel of power II

Was der best case beim Wahl­aus­gang jetzt am Sonn­tag für Baden-Würt­tem­berg wäre, ist klar. Und dafür brau­chen wir Grü­ne jede Stim­me. Trotz­dem noch­mal kurz die Über­sicht, was am Sonn­tag pas­sie­ren kann.

(Dop­pel­ter Dis­clai­mer: Ich bin akti­ves Mit­glied der Grü­nen, das heißt, das fol­gen­de ist aus einer bestimm­ten poli­ti­schen Per­spek­ti­ve geschrie­ben (und trotz­dem mei­ne pri­va­te Mei­nungs­äu­ße­rung und kein State­ment mei­ner Par­tei) – und es ent­hält kei­ner­lei inhalt­li­che Argu­men­te für oder gegen eine bestimm­te Wahl (da habe ich mich an ande­ren Stel­len zu geäu­ßert, vor allem im Blog der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen). Man­che nen­nen das Nach­den­ken über die ganz kon­kre­ten Kon­se­quen­zen bestimm­ter Stimm­ab­ga­ben „tak­ti­sches Wäh­len“ und rümp­fen dar­über die Nase – ich fin­de es not­wen­dig, wenn es einem oder einer wich­tig ist, zu wis­sen, was die Fol­gen einer bestimm­ten Stimm­ab­ga­be sind.)
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Fernsehspots zur Landtagswahl 2011 in Baden-Württemberg im Überblick

Nach dem Klick die mir bis­her bekann­ten Fern­seh-Wahl­wer­be­spots rele­van­ter Par­tei­en für die Land­tags­wahl 2011. So rich­tig über­zeu­gend fin­de ich kei­nen davon – span­nend fin­de ich, wie unter­schied­lich der Ver­such, eine bestimm­te Bot­schaft rüber­zu­brin­gen, hier jeweils umge­setzt ist. Inter­es­sant natür­lich auch die Fra­ge – da es sich hier ja um Fern­seh­spots han­delt – wer die eigent­lich im Fern­se­hen zu Gesicht bekommt. Mir per­sön­lich gefällt ja z.B. der grü­ne Kino­spot mit sei­nen kna­cki­gen 20 Sekun­den sehr viel bes­ser als unser Spit­zen­kan­di­dat bei der Gar­ten­ar­beit. Aber ich schaue auch kein Fernsehen.

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Hamburger Wahlrecht

People waiting II

Span­nend an der Wahl in Ham­burg fin­de ich ja das Wahl­recht. Das ist ziem­lich demo­kra­tisch (inso­fern dar­un­ter ver­stan­den wird, dass der Ein­fluss der Wäh­le­rIn­nen auf die par­tei­li­che wie per­sön­li­che Zusam­men­stel­lung des Par­la­ments sehr groß ist), aber auch ein biss­chen unüber­sicht­lich, weil es sehr vie­le Schalt­he­bel gibt. Eine aus­führ­li­che Dar­stel­lung gibt es z.B. bei wahlrecht.de.

Wenn ich es rich­tig ver­ste­he, dann gibt es – erst­mal ver­ein­facht – eine Lan­des­stim­me und eine Wahl­kreis­stim­me. Die Lan­des­stim­me legt (abge­se­hen von Über­hang- und Aus­gleichs­man­da­ten) fest, wel­che Par­tei­en in wel­chem Ver­hält­nis in die Bür­ger­schaft kom­men. Des­we­gen konn­te Sonn­tag Nacht auch nach dem vor­läu­fi­gen Aus­zäh­len der Lan­des­stim­men ein „Teil­ergeb­nis“ mit Frak­ti­ons­stär­ken ver­kün­dert wer­den. Die Wahl­kreis­stim­me legt fest, wel­che Per­son im Wahl­kreis gewählt wird. Es gibt 71 Sit­ze, die in Wahl­krei­sen ver­ge­ben wer­den, und wei­te­re im Regel­fall 40 Sit­ze im Par­la­ment, die ander­wei­tig ver­ge­ben wer­den. Wich­tig für die Zusam­men­set­zung der Bür­ger­schaft ist aber erst­mal die Lan­des­stim­me (was scha­de ist, weil die GAL bei der Wahl­kreis­stim­me deut­lich bes­ser abschneidet …).

Kom­pli­zier­ter wird das gan­ze dadurch, dass es nicht eine Lan­des- und eine Wahl­kreis­stim­me gibt, son­dern jeweils fünf, die wohl auch noch kumu­liert und pana­schiert wer­den kön­nen. Im Wahl­kreis leuch­tet mir das auch unmit­tel­bar ein, weil es Mehr­per­so­nen­wahl­krei­se sind (in denen 3 bis 5 Per­so­nen gewählt wer­den) – von den 14 GAL-Man­da­ten wur­den wohl 12 direkt in Wahl­krei­sen errun­gen, wobei die GAL jeweils auf Platz 3 oder 4 in den Wahl­krei­sen liegt. 

War­um es fünf Lan­des­stim­men gibt, und war­um die­se auch noch auf ver­schie­de­ne Lis­ten ver­teilt wer­den kön­nen, ist mir noch nicht so ganz klar. Letzt­lich geht es hier wohl dar­um, die Rei­hung auf der Lan­des­lis­te zu beein­flus­sen. Mög­lich ist es aber auch, meh­re­re Par­tei­en in unter­schied­li­chen Antei­len zu wäh­len – eine Opti­on, von der wohl vor allem Wäh­le­rIn­nen der GAL Gebrauch gemacht haben.

Der aktu­el­le Aus­zäh­lungs­stand und die Lis­te der über die Wahl­krei­se gewähl­ten Per­so­nen ist übri­gens hier zu fin­den. Heu­te nach­mit­tag soll das End­ergeb­nis fest­ste­hen – zu den vor­läu­fi­gen Frak­ti­ons­stär­ken kom­men dann gege­be­nen­falls noch Über­hangs- und Aus­gleichs­man­da­te. Aus Ham­bur­ger Krei­sen ;-) heißt es aber, dass es unwahr­schein­lich sei, dass es dazu kommt.

Im Ver­gleich zum baden-würt­tem­ber­gi­schen Wahl­recht, bei dem eine ein­zi­ge Stim­me abge­ge­ben wird (die sowohl dar­über ent­schei­det, wel­che Par­tei wie vie­le Sit­ze erhält, als auch per­so­nen­ge­bun­den über die Direkt­man­da­te in den Wahl­krei­sen) ist das Ham­bur­ger Wahl­recht kom­pli­zier­ter, bie­tet aber auch deut­lich mehr Mög­lich­kei­ten für die Wäh­le­rIn­nen zur Ein­fluss­nah­me. Auch die GAL-Frak­ti­on wird nur in Tei­len der von der Par­tei auf­ge­stell­ten Lis­te ent­spre­chen (ins­be­son­de­re der „Platz-31-Effekt“ – neue Sei­te, vie­le Stim­men – ist inter­es­sant). Trotz­dem hat­te die GAL die Mög­lich­keit, den Wäh­le­rIn­nen die prä­fe­rier­te Lis­te zu prä­sen­tie­ren. Das ist in Baden-Würt­tem­berg bekannt­lich anders: hier sind es die rela­ti­ven Stär­ken der Par­tei­en in den ein­zel­nen Wahl­krei­sen, die letzt­lich dar­über ent­schei­den, wel­che Per­so­nen in den Land­tag ein­zie­hen, ohne dass – über die eher sym­bo­li­sche Benen­nung von Spit­zen­kan­di­da­tIn­nen hin­weg­ge­se­hen – kaum ein Ein­fluss der Lan­des­par­tei auf die poten­zi­el­le Frak­ti­ons­zu­sam­men­set­zung besteht. 

In Ham­burg (neu) wie in Baden-Würt­tem­berg (klas­sisch) ist eine star­ke Per­so­na­li­sie­rung des Wahl­kampfs mög­lich. Die­se tauch­te im Wahl­kampf in Ham­burg aller­dings kaum auf – mög­li­cher­wei­se auch des­we­gen, weil es zumin­dest bei CDU, SPD und LINKEN „Fair­ness­ab­kom­men“ gab, die es den Kan­di­da­tIn­nen auf den hin­te­ren Plät­zen qua­si ver­bo­ten haben, Wer­bung in eige­ner Sache zu machen. 

Bleibt letzt­lich die Fra­ge, was bes­ser ist – ein per­so­na­li­sier­tes Wahl­recht mit einer Kopp­lung aus Par­tei­vor­schlä­gen und star­ken Ein­fluss­mög­lich­kei­ten der Wäh­le­rIn­nen (Ham­burg), ein per­so­na­li­sier­tes Wahl­recht alter Form (Baden-Würt­tem­berg) – oder das klas­si­sche Lis­ten­wahl­recht mit einem deut­lich gerin­ge­ren Anteil an Per­so­na­li­sie­rung über Wahl­kreis­man­da­te, wie es bei­spiels­wei­se in NRW oder bei der Bun­des­tags­wahl zur Anwen­dung kommt. Ich fin­de es jeden­falls span­nend, dass es – durch Volks­ent­schei­de durch­ge­setzt – in eini­gen Bun­des­län­dern Expe­ri­men­te mit inno­va­ti­ve­ren Wahl­rechts­for­men gibt. Einen Ide­al­ty­pus, der einen hohen demo­kra­ti­schen Ein­fluss, eine rela­tiv simp­le Stimm­ab­ga­be ohne die Gefahr vie­ler ungül­ti­ger Stim­men und eine gewis­se Mög­lich­keit von Par­tei­en, ihre Prä­fe­ren­zen zumin­dest zu ver­mit­teln, zusam­men­bringt, sehe ich aller­dings noch nicht.

War­um blog­ge ich das? Was bleibt einem bei einem SPD-Abso­lut­sieg auch übrig …? Und falls mich jemand bei der Dar­stel­lung des Ham­bur­ger Wahl­rechts kor­ri­gie­ren möch­te: gerne.

Wer finanziert die Politik?

Euro

Wer nicht bei der Tages­schau ste­hen bleibt, son­dern bis zur Quel­le bei Abgeordnetenwatch.de vor­dringt, stellt fest: so unge­fähr zehn Per­so­nen und Orga­ni­sa­tio­nen finan­zie­ren einen gro­ßen Teil der deut­schen Par­tei­en­land­schaft. Jeden­falls, was die Spen­den über 50.000 Euro betrifft. 

CDU, CSU, FDP und SPD erhiel­ten von BMW zusam­men Fahr­zeu­ge im Wert von 0,5 Mio Euro. Die Deut­sche Ver­mö­gens­be­ra­tung hat an CDU und FDP im letz­ten Jahr zusam­men 0,4 Mio Euro gezahlt. Etwas unter 0,4 Mio Euro gin­gen an CSU und FDP – vom Ver­band der Bay­ri­schen Metall- und Elek­tro­in­dus­trie. Daim­ler zahl­te SPD und CDU je 150.000 Euro. Die Alli­anz zahl­te an alle Par­tei­en im Bun­des­tag (außer an die LINKE) je 60.001 Euro (an die FDP nur 50.001 Euro).

Die Metall- und Elek­tro­in­dus­trie in NRW zahl­te an FDP und CDU zusam­men 220.000 Euro. In Baden-Würt­tem­berg zahl­te der Ver­band der Metall- und Elek­tro­in­dus­trie nur an die CDU (200.000 Euro). An die CDU gin­gen auch je 100.000 Euro der Beren­berg Bank und der Adolf Würth AG.

1,1 Mio Euro gin­gen an DVU und NPD (Frey) – und an die LINKE wur­den 175.000 Euro (pri­vat aus einer Erb­schaft) gespendet.

Ins­ge­samt brach­te das Groß­spen­den­auf­kom­men den Regie­rungs­par­tei­en etwa 2 Mio Euro, und SPD, Grü­nen und LINKE zusam­men etwa 0,5 Mio Euro. Dazu kom­men Spen­den unter 50.000 Euro, die erst mit Ver­zö­ge­rung in den jewei­li­gen Rechen­schafts­be­rich­ten der Par­tei­en ver­öf­fent­licht werden. 

Auch für vor­her­ge­hen­de Jah­re (z.B. hier in der Wiki­pe­dia für die CDU 2006) ergibt sich ein ähn­li­ches, ja sogar noch wei­ter­ge­hen­des Bild. Zu beach­ten ist aller­dings, dass das Groß­spen­den­auf­kom­men selbst bei den kon­ser­va­tiv-neo­li­be­ra­len Par­tei­en nur einen rela­tiv klei­nen Teil der gesam­ten Par­tei­fi­nan­zie­rung aus­macht. Eine deut­lich grö­ße­re Rol­le spie­len die staat­li­che Par­tei­en­fi­nan­zie­rung und die Ein­nah­men aus Mit­glieds­bei­trä­gen und Son­der­bei­trä­gen der Abgeordneten. 

Bei der LINKEN sind – soweit mir bekannt ist – Spen­den aus der Wirt­schaft nicht ger­ne gese­hen. Wir Grü­ne leh­nen die­se nicht gene­rell ab, auch wenn Groß­spen­den bis­her kaum eine Rol­le spie­len (so waren es 2010 eben nur die 60.001 Euro der Alli­anz). In der grü­nen Haus­halts­pla­nung (pdf) der Bun­des­ebe­ne sind bei­spiels­wei­se etwa 100.000 Euro an Unter­neh­mens­spen­den pro Jahr ein­ge­plant – bei Ein­nah­men der Bun­des­par­tei ins­ge­samt zwi­schen 5,0 und 5,5 Mio Euro. Für die Gesamt­par­tei (inkl. aller Lan­des- und Kreis­ver­bän­de) gab es im Wahl­jahr 2009 bei Ein­nah­men in Höhe von insg. 30,5 Mio Euro etwa 0,9 Mio Euro Unter­neh­mens­spen­den (aus­ge­ge­ben wur­den in die­sem Wahl­jahr etwa 37 Mio Euro). Kurz gesagt: etwa 2–3% der Par­tei­fi­nan­zen stam­men bei den Grü­nen aus Unternehmensspenden. 

Gleich­zei­tig gibt es immer wie­der hef­ti­ge par­tei­in­ter­ne Debat­ten dar­um, ob und wenn ja wel­che Spen­den akzep­tier­bar sind, und wie es mit dem Spon­so­ring von Par­tei­ta­gen und der Schal­tung von Anzei­gen im Mit­glie­der­ma­ga­zin Schräg­strich aus­sieht. Es gibt einen rela­tiv stren­gen Spen­den­co­dex, und eine bei vie­len doch eher kri­ti­sche Hal­tung zu Unter­neh­mens­spen­den und Spon­so­ring. Auf der ande­ren Sei­te gibt es dann oft die Posi­ti­on „sol­len sie doch zah­len – inhalt­lich beein­flus­sen las­sen wir uns davon nicht“. 

Wer finan­ziert die Poli­tik? Trotz der zunächst ein­mal spek­ta­ku­lär aus­se­hen­den Spen­den­sum­men bei CDU, CSU, FDP und SPD, und der deut­lich gerin­ge­ren Finan­zie­rung durch Unter­neh­mens­spen­den bei den Grü­nen lässt sich fest­hal­ten, dass die­se Mit­tel letzt­lich nur einen gerin­gen Anteil aus­ma­chen. Trotz­dem fin­de ich Trans­pa­renz hier wich­tig – noch wich­ti­ger wäre sie dort, wo Geld­flüs­se eben nicht über offi­zi­el­le Kanä­le flie­ßen, oder wo pri­vat­wirt­schaft­li­che Mit­tel nicht an Par­tei­en gehen, son­dern in wel­cher Form auch immer dazu die­nen, die Regie­rungs­ar­beit direkt zu beein­flus­sen. Den Löwen­an­teil der Par­tei­fi­nan­zen macht jedoch die öffent­li­che Unter­stüt­zung aus – durch die staat­li­che Par­tei­en­fi­nan­zie­rung, und durch die Son­der­bei­trä­ge der Abge­ord­ne­ten, die ja letzt­lich als Diä­ten eben­falls aus dem öffent­li­chen Haus­halt stammen. 

Bleibt die Fra­ge, was sich BMW und Daim­ler, die Alli­anz und die Ver­mö­gens­be­ra­tung sowie die Ver­bän­de der Metall- und Elek­tro­in­dus­trie davon erhof­fen, dass sie so aus­gie­big spen­den. Wenn es dar­um gin­ge, Vor­tei­le des Wirt­schafts­stand­orts zu „sozia­li­sie­ren“, wären ent­spre­chen­de Steu­er­leis­tun­gen eigent­lich sinn­vol­ler als die För­de­rung der einen oder ande­ren Par­tei. Bei der Alli­anz, die ja an alle im Bun­des­tag ver­tre­te­nen Par­tei außer der LINKEN zahlt, könn­te noch mit einer all­ge­mei­nen För­de­rung der poli­ti­schen Wil­lens­bil­dung argu­men­tiert wer­den. Die Spen­den der Indus­trie sind dage­gen weit­aus ziel­ge­rich­te­ter. Bewir­ken sie was?

War­um blog­ge ich das? Weil ich die nack­ten Zah­len allei­ne wenig aus­sa­ge­kräf­tig finde.