Karlsruhe verbietet Zugriff auf Vorratsdaten

In einem Eil­ent­scheid hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt den ver­dachts­un­ab­hän­gi­gen Zugriff auf gesam­mel­te „Vor­rats­da­ten“ über Tele­fon­ver­bin­dungs­da­ten außer Kraft gesetzt. Gut so!

Phone

Der Arbeits­kreis Vor­rats­da­ten­spei­che­rung begrüßt die heu­te ver­kün­de­te Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, die von CDU, CSU und SPD beschlos­se­ne ver­dachts­lo­se Samm­lung der Ver­bin­dungs- und Stand­ort­da­ten der gesam­ten Bevöl­ke­rung (Vor­rats­da­ten­spei­che­rung) durch einst­wei­li­ge Anord­nung ein­zu­schrän­ken. Die Ver­fas­sungs­rich­ter ent­schie­den: „In dem Ver­kehrs­da­ten­ab­ruf selbst liegt ein schwer­wie­gen­der und nicht mehr rück­gän­gig zu machen­der Ein­griff in das Grund­recht aus Art. 10 Abs. 1 GG (Schutz des Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­heim­nis­ses). Ein sol­cher Daten­ab­ruf ermög­licht es, weit­rei­chen­de Erkennt­nis­se über das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­hal­ten und die sozia­len Kon­tak­te des Betrof­fe­nen zu erlan­gen.“ […] Ralf Bend­rath vom Netz­werk Neue Medi­en und aktiv im Arbeits­kreis Vor­rats­da­ten­spei­che­rung betont: „Das Ver­fas­sungs­ge­richt ist bei Eil­ent­schei­dun­gen tra­di­tio­nell zurück­hal­tend. Dass die Rich­ter in die­sem Fall die Wei­ter­ga­be der Daten auf die Ver­fol­gung schwe­rer Straf­ta­ten beschränkt haben, zeigt, dass hier ein gra­vie­ren­der Grund­rechts­ein­griff vor­liegt. (Pres­se­mit­tei­lung des AK Vor­rats­da­ten­spei­che­rung).

Denn obwohl der Beschluss for­mal nur ein Teil­sieg für die Geg­ner der Vor­rats­da­ten­spei­che­rung bedeu­tet, ist es ein höchst signal­mäch­ti­ger: Karls­ru­hes Spruch stellt fak­tisch den Sta­tus Quo vor Ein­füh­rung der anlass­un­ab­hän­gi­gen Daten­spei­che­rung wie­der her. Denn das ist der Clou des in die­ser Hin­sicht salo­mo­ni­schen Beschlus­ses: Es erlaubt zwar noch das Sam­meln von Daten, nicht aber den beab­sich­tig­ten ver­dachts­un­ab­hän­gi­gen Voll­zu­griff dar­auf. Auch wei­ter­hin hei­ligt der Zweck auch für den Staat nicht die Mit­tel, Karls­ru­he mahnt mit sei­nem Beschluss, die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der ein­ge­setz­ten Mit­tel zu ach­ten. (Frank Pata­long, Spie­gel Online).

Und natür­lich die Ein­schät­zung der Situa­ti­on bei Mar­kus, die Sicht von Bun­des­da­ten­schüt­zer Peter Schaar, ein Tele­po­lis-Arti­kel, die Bür­ger­rechts­pres­se­er­klä­rung der Bun­des­grü­nen und nicht zuletzt die (lei­der noch nicht online ste­hen­de) Pres­se­mit­tei­lung der baden-würt­tem­ber­gi­schen Grü­nen, in der es heißt:

„Die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts ist ein wich­ti­ger Etap­pen­sieg für den Rechts­staat. Damit ertei­len die Rich­ter den Über­wa­chungs­phan­ta­sien der Gro­ßen Koali­ti­on ein­mal mehr eine Absa­ge“, erklär­te Mou­rat­i­dis, der sich selbst an der Sam­mel­kla­ge gegen die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung betei­ligt hat.

War­um blog­ge ich das? Weil mir das The­ma wich­tig erscheint, und hier neu­es bür­ger­schaft­li­ches Enga­ge­ment vie­ler tat­säch­lich mal was bewegt hat.

Noch zwei Tage bis zum Landesparteitag

Vom 12.–14. Okto­ber fin­det in Heil­bronn die Lan­des­de­le­gier­ten­kon­fe­renz von Bünd­nis 90/Die Grü­nen Baden-Würt­tem­berg statt. Ich wer­de als einer von sechs Dele­gier­ten für unse­ren Kreis­ver­band dran teil­neh­men (mal schau­en, was die Bahn­streiks am Frei­tag so machen). Auf der Tages­ord­nung ste­hen drei grö­ße­re The­men: am Frei­tag geht es um die Inne­re Sicher­heit (ursprüng­lich stand da mal öko­lo­gi­sches Wirt­schaf­ten, no com­ment), und natür­lich auch um die Lage der Nati­on, par­don, der Partei. 

Am Sams­tag sind Wah­len ange­setzt: für den drei­köp­fi­gen geschäfts­füh­ren­den Lan­des­vor­stand kan­di­diert neben den bis­he­ri­gen Amts­in­ha­be­rIn­nen Petra Selg, Dani­el Mou­rat­i­dis und Harald Dol­de­rer auch Max Bur­ger aus Rott­weil. Hier wird es also span­nend. Eben­so tre­ten – auch schon tra­di­tio­nell – für den Par­tei­rat mehr Men­schen an, als Plät­ze zu ver­ge­ben sind. Auch da hat natür­lich jeder so sei­ne Favo­ri­tIn­nen. Ich selbst kan­di­die­re auch, und zwar erneut als Basis­de­le­gier­ter für den Län­der­rat (und wür­de mich freu­en, wenn es klappt).

Sonn­tags steht dann end­lich das gro­ße The­ma sozia­le Siche­rung auf der Tages­ord­nung, über das hier ja schon aus­führ­lich dis­ku­tiert wur­de. Die letz­ten Vor­be­rei­tun­gen dafür lau­fen – Reden, Ände­rungs­an­trä­ge, Über­zeu­gungs­ar­beit. Wir wer­den als Grund­ein­kom­mens-Unter­pro­jekt­grup­pe ver­su­chen, sehr prä­sent zu sein und es so hof­fent­lich schaf­fen, eini­ge noch unent­schlos­se­ne Dele­gier­te vom Grund­ein­kom­men über­zeu­gen. Sofern nicht plötz­lich Josch­ka Fischer oder so auf­taucht und „gute“ Tipps ver­teilt, bin ich ganz zuver­sicht­lich, dass wir ein brauch­ba­res Ergeb­nis erzie­len werden. 

Ach ja, einen klei­nen eige­nen Antrag habe ich auch noch ein­ge­bracht: dar­in geht es um die Fra­ge, wie sich poli­ti­sche Glaub­wür­dig­keit und Spon­so­ring mit­ein­an­der ver­tra­gen; genau­er gesagt bean­tra­ge ich, dass der Lan­des­vor­stand auf­ge­for­dert wird, sich kla­re Richt­li­ni­en für den Umgang mit Wer­bung und Spon­so­ring zu über­le­gen. Der Hin­ter­grund ist das für mei­nen Geschmack doch ziem­lich auf­dring­li­che Wer­ben einer Öko-Ver­si­che­rungs­fir­ma beim letz­ten Landesausschuss. 

War­um blog­ge ich das? Weil die­ser Par­tei­tag gera­de ziem­lich viel Vor­be­rei­tungs­zeit in Anspruch nimmt …

Wahlparadoxien

Heu­te habe ich mich an zwei Wah­len betei­ligt, zwei­mal ist nicht das raus­ge­kom­men, was ich gewählt habe, trotz­dem fin­de ich die Ergeb­nis­se in Ordnung.

Die ers­te Wahl war auf dem Lan­des­par­tei­tag von Bünd­nis 90/Die Grü­nen, der heu­te und ges­tern in Bad Kro­zin­gen getagt hat. Dort wur­de Dani­el Mou­rat­i­dis zum neu­en Lan­des­vor­sit­zen­den gewählt. Wie gesagt – gewählt habe ich ihn nicht, aber ich traue ihm zu, sowohl inte­gra­tiv und boden­stän­dig zu wir­ken als auch eige­ne Per­sön­lich­keit zu ent­fal­ten, und damit ist Dani­el sicher­lich eine gute Wahl für die Lan­des­spit­ze der Par­tei (der Rest des Par­tei­tags war bis auf ein paar Albern­hei­ten ges­tern abend eher lang­wei­lig – wie immer, wenn Grü­ne ver­su­chen, kon­tro­vers über Umwelt­the­men zu reden). Gefreut hat mich, dass ein aus mei­ner Sicht gutes Ver­fah­ren zum The­ma Grund­ein­kom­men beschlos­sen wur­de – unge­fähr ein Jahr lang soll ein akti­ver Mei­nungs­bil­dungs­pro­zess in der Par­tei dazu erfol­gen, am Ende soll eine gut durch­dach­te grü­ne Posi­ti­on zu Grundeinkommen/Grundsicherung/etc. stehen.

Die zwei­te Wahl, die anders gelau­fen ist, als ich abge­stimmt habe, war der Frei­bur­ger Bür­ger­ent­scheid zum Ver­kauf der Stadt­bau. Bis zum Schluss war ich mir unsi­cher, wie ich abstim­men soll, habe dann aber doch brav mein Kreuz bei „nein“ gemacht. Die über­wäl­ti­gen­de Mehr­heit der Frei­bur­ger Bür­ge­rIn­nen sah das anders, etwa 70 Pro­zent haben für „ja“ gestimmt, also gegen den Ver­kauf der Stadt­bau und der städ­ti­schen Woh­nun­gen. Damit ist die Pri­va­ti­sie­rungs­lö­sung zum Kas­se­fül­len erst ein­mal aus dem Spiel – ich bin gespannt, ob jetzt tat­säch­lich die ange­droh­ten düs­tern Zei­ten auf Frei­burg zukom­men, oder ob die Stadt­rats­frak­tio­nen jen­seits der Bür­ger­ent­scheids­blö­cke einen Frei­bur­ger Weg aus der Haus­halts­mi­se­re fin­den wer­den. Hoff­nun­gen habe ich da eini­ge; der äuße­re Zwang mag das sei­ne zum Zustan­de­kom­men der­ar­ti­ger Lösun­gen beitragen.

> Infos zum Bür­ger­ent­scheid und Ergebnis
> Über­blick über die Ergeb­nis­se in den Stadt­tei­len (zeigt schön, wo reich und arm wohnen …)