Im Sondierungspapier von CDU und CSU (und der SPD) stehen viele Dinge, über die es lohnt, sich aufzuregen. Der Migrationsteil ist Merz pur, das Rollback beim Bürgergeld, das die SPD wohl mitträgt, erstaunt, und dass das Deutschlandticket nur höchst vage erwähnt wird, lässt nichts Gutes erwarten. Dazu kommen eine Vielzahl sehr teurer Halbsätze, bei denen ich mich frage, wie die eigentlich finanziert werden sollen.
Im Sondierungspapier wird auch festgeschrieben, dass in die Kernfusionsforschung investiert werden soll, und dass der erste Fusionsreaktor in Deutschland stehen soll. Das ist aus verschiedenen Gründen erstaunlich, etwa deswegen, weil das erstaunlich konkret für ein Sondierungspapier ist (das ja eigentlich nur die Eckpfeiler eines Koalitionsvertrags darstellt), aber auch deswegen, weil nach allem, was ich darüber weiß, die Strecke hin zu einem über längere Zeit funktionierenden und netto Energie liefernden Reaktor weit außerhalb der vier Jahre einer Legislaturperiode liegt. Vielleicht wird es ja KI oder eine Blockchain richten. (An dieser Stelle grüße ich den ITER …)
Jetzt spricht abgesehen von der Frage, ob das due beste Verwendung knapper Mittel ist, per se nichts dagegen, intensiver an Fusion zu forschen, als dies bisher mit Wendelstein 7x etc. der Fall ist. Ich habe allerdings die Vermutung, dass dieser Passus des Sondierungspapiers auch anders gelesen werden kann (und wer dabei an das Verkehrsmittel der Zukunft, das Flugtaxi, denkt, liegt ebensowenig falsch wie bei der Vermutung, dass die marketingstarke Bavaria-One-Raumfahrtoffensive des Freistaats hier Pate für meine Gedanken steht). Meine Lesart: Markus Söder braucht ein prestigeträchtiges Vorhaben – Umsetzbarkeit egal – um möglichst viele Bundesmittel nach Bayern zu lenken. Forschungsmittel, vor allem aber Fördermilliarden für Startups etc., die fast funktionsfähige Reaktorkonzepte in der Schublade haben könnten.
Sollte der Fusionsreaktor es in den Koalitionsvertrag schaffen, bin ich gespannt, welches Haus dafür zuständig sein wird, und ob der Standort der dafür zu gründenden Förderagentur in Nürnberg oder doch in München liegen wird.