Der Ältestensrat des Landtags Schleswig-Holstein hat ein Verbot für Laptops im Plenarsaal beschlossen. Oder vielleicht auch nicht. Oder wird es tun. Dazu gibt es unterschiedliche Aussagen. (Übrigens: Wenn mich nicht alles täuscht, gibt es eine solche Regelungen für den Landtag Baden-Württemberg, d.h. alle nutzen halt eifrig lüfterlose Geräte, vulgo Tabs, Pads und Phones).
Wie dem auch sei: Heute erregte ein diesbezüglicher Akt symbolischer Politik die Gemüter in meiner Twitter-Timeline. Die einen meinten dazu „Kindergarten“, andere amüsierten sich oder zollten – wie ich – Lob für die auf orginelle Art und Weise erziele Aufmerksamkeit. Dazwischen liegt, würde ich mit Blick auf meinen Namensvetter sagen, der Eulenspiegelgraben der Politik.
Was war geschehen? Zwei Mitglieder der Piratenfraktionen Schleswig-Holstein – u.a. die Ex-Altgrüne Angelika Beer – hatten im Plenarsaal des dortigen Landtags heute nicht etwa Laptops dabei, sondern … Schreibmaschinen.
Aus meiner Sicht, auf dieser Seite des Eulenspiegelgrabens, ein sehr schönes, eingängiges Bild. Maximal zugespitzt und mir einer Spur Ironie gewürzt: „Wenn ihr uns die Technik von heute verbietet, nehmen wir in diesem altmodischen Haus eben die von gestern.“ Auch wenn’s der politische Gegner ist: gelungen!
Jenseits des Eulenspiegelgrabens wird die selbe Handlung ganz anders gesehen – „albern“, „Kindergarten“, despektierlich gegenüber der Würde des Hauses sei so etwas, der parlamentarischen Ordnung und so weiter. Schön sei etwas anderes. (Ich erinnere hier mal an Tannenzweige, Latzhosen, Wollpullover und Kakteen, die in der Formierung der grünen Bundestagsfraktion als parlamentarische Staffage dienten – oder an Claus Schmiedels Taschenrechner im Jahr 2012).
Kurz und gut: Politik muss – sagt Winfried Kretschmann – keinen Spaß machen. Regieren ist eine ernste Sache. Aber Satire, Verzerrung, sogar eine gewisse Albernheit – all das kann durchaus ein wirksames Werkzeug politischen Handelns sein. Und in diesem Sinne, völlig unabhängig vom Inhalt, gefällt mir der Protest der Piraten in Schleswig-Holstein. Die Aufmerksamkeit haben sie damit erhalten, eine Botschaft rübergebracht. Ob’s nützt – das ist eine andere Frage.
Warum blogge ich das? Um den Begriff „Eulenspiegelgraben“ in Google auffindbar zu machen.
Hallo Till,
vielen Dank für diesen treffenden Kommentar. Ich finde den Umgang mit der neuen Piratenfraktion im SH ziemlich unprofessionell um ehrlich zu sein. Wir haben da einen Haufen von Leuten in den Landtag bekommen, die grundsätzlich an Politik interessiert sind und was verändern wollen. Dass die dann so vorgeführt werden führt sicherlich nicht dazu, dass die Menschen wieder mehr Vertrauen in die Politik bekommen.
Und der Piratenpartei wird genug Stoff für monatelange PR gegeben.
Lg
Johannes
Sehr schöner Beitrag, vor Allem der Grund gefällt mir.
Worüber ich aber gestolpert bin ist die Formulierung „die Ex-Altgrüne Angelika Beer“. „Altgüne“ im Gegensatz zu „Junggrün“, wie es in GJ Kreisen verwendet wird? Oder hat „Altgrün“ noch eine andere Bedeutung, die ich nicht verstehe. Wenn es der Gegensatz zu „Junggrün“ sein soll: Warum ist das erwähnenswert? Die wenigsten wirklich bekannten Grünen sind (noch) junggrüne.
Da fehlte noch eine Antwort: Mit „Altgrün“ wollte ich hier nicht auf GJ vs. Partei anspielen, sondern darauf, dass Angelika Beer ja vor ihrem Austritt schon viele Jahre lang bei uns aktiv war. Ob „urgrün“, weiß ich nicht – aber eben mindestens aus der grünen Generation, für die symbolische Aktionen (wie diese) noch ein ganz wichtiges Werkzeug waren.