17, 15, 12, 14 – so ungefähr sehen die grünen Bundesumfragewerte in den letzten Wochen aus. Wird es in gut einem Jahr für Rot-Grün reichen? Vier‑, Fünf‑, Sechsparteienparlamente? Paprikakoalitionen gar?
Interessanter als diese weitreichenden Zahlenspiele (und als die Spekulationen über mögliche SpitzenkandidatInnen) finde ich die Frage, warum Deutschland 2013 einen Regierungswechsel braucht. Und vor allem die Frage, welche Rolle dabei uns Grünen zukommen könnte.
Ganz abstrakt gesprochen, würde ich darauf antworten, dass Merkels Regierung zwei Dinge erreicht hat: Sie hat die scheinbare Alternativlosigkeit als politisches Standardmodell etabliert, und sie hat das Kohl’sche Aussitzen zu einem ultrapragmatischen Politikstil des Nicht-Entscheidens perfektioniert. Verloren hat dabei der politische Diskurs. Über Alternativen wird nicht geredet.
Wenn wir 2013 einen Politikwechsel plausibel, d.h. denkbar und dann im Herbst wählbar, machen wollen, müssen wir diesen Nebel lichten. Dass wir Grüne staatsmännisch können, ist uninteressant – dafür werden wir nicht gewählt werden. Nein, wir müssen – meine ich jedenfalls – klar konturierte Konzepte anbieten. Wir müssen darüber reden, und uns darüber streiten, was wir anders machen werden, und wie. Wir müssen dabei in den Versprechen ehrlich bleiben (das unterscheidet uns vom sozialdemokratischen Populismus verschiedener anderer Parteien).
Kurz: Wir müssen rüberbringen – stimmig in Personen und Programm – dass es ganz konkreten Bedarf für eine Neuausrichtung der Bundespolitik gibt, und dass wir selbstbewusst (und zugleich demütig) ganz konkrete Vorschläge machen können, auf Grundlage klarer Überzeugungen. Und wir müssen dabei anknüpfen an existierenden Veränderungswillen.
Binsenweisheit? Mag sein – aber momentan beschleicht mich das Gefühl, dass manche diese Binsenweisheiten vergessen haben könnten.
Nochmal konkreter wird all das, wenn danach gefragt wird, welche Hoffnungen bestehen, was sich mit grün in der Bundespolitik ändern kann. Interessanterweise haben viele meiner Crowd hier an erster Stelle die Sozialpolitik genannt.
Und jetzt seid ihr dran: Wozu braucht es 2013 Grüne in der Bundesregierung?
Till ruft, Stefffi reagiert: http://www.gruenlink.de/926
Es braucht 2013 Grüne in der Bundesregierung:
* damit auch dem nächsten Kriegseinsatz der Bundeswehr mit Bauchschmerzen zugestimmt werden kann.
* damit dann selbst die Ausplünderung anderer Länder mit Werkzeugen wie dem Fiskalpakt organisiert werden kann.
* damit sichergestellt wird, dass an keiner Universität und Hochschule in Deutschland der Waffen- und Rüstungsforschung durch Zivilklausel Steine in den Weg gelegt werden.
* damit die Minster der „Autofahrerpartei“ (W. Kretschmann) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN endlich wieder schöne Dienstwagen bekommen.
* damit endlich Esoterik, Homöopathie und Antroposophische „Medizin“ flächdeckend Pflichleistung der gesetlichen Krankenversicherungen werden.
* damit Atheisten, die nicht das Segensreiche Werk von Caritas und Diakonie unterstützen, endlich eine Kultursteuer zahlen.
* usw.
Für
* eine starke Förderung und gar Bevorzugung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs, abseits des Autos
* eine schnelle(re) und konsequente(re) Durchsetzung der Energiewende
* mehr „innovative“ und vielleicht mal unkonventionelle Ideen der Regierung.
Dafür wünsche ich mir (als bisher noch nie grün wählender) einen grünen Koalitionspartner innerhalb der Regierung.
Dass ich mich 2009 im Bundestagswahlkampf für die Grünen engagiert habe, lag maßgeblich daran dass die als einzige ein schlüssiges Konzept zur Lösung der Finanz- und Weltwirtschaftskrise hatten, den Green New Deal. In Personen gesprochen: Sven Giegold und Gerhard Schick.
Aus meiner Sicht wurde und wird diese Kompetenz der Grünen in der Bevölkerung nicht ausreichend wahrgenommen. Das hängt aber auch damit zusammen dass das Thema innerparteilich nicht den Stellenwert hat den es haben sollte.
Wir haben seit 5 Jahren die schwerste Weltwirtschaftskrise seit Jahrzehnten und sowohl der großen Koalition als auch Schwarz-Gelb ist nichts eingefallen außer Durchwursteln und permanent neue Rettungsprogramme. *Das* ist das Megathema, nicht Urheberrecht & co. In den nächsten Monaten wird es eine erneute Verschärfung geben, welche Antworten haben die Grünen, und, wichtiger, wie kommunizieren sie die?