Ungefähre* Distanz der Positionen einzelner Parteien zueinander (laut Auswertung der Wahl-o-Mat-Antworten für die Landtagswahl in Baden-Württemberg 2011), Größe der Kreise gibt prognostizierte Wahlergebnisse wieder. Für mich eine schöne Illustration der These, dass die Wahl von Kleinstparteien zu einem gewissen Grad durch die Wahl größerer Parteien substituierbar ist.
Quelle der Abbildung: andena17 bei Libri Logicorum, mit freundlicher Genehmigung [eingefügt um 16:02].
Auch wenn es jetzt sicher sofort wieder heißt, dass es sich hierbei um die Arroganz einer etablierten Partei handeln würde, und dass ich als Grüner – also als Mitglied einer Partei, der Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre eben trotz der Argumente der SPD der Sprung von der außerparlamentarischen Bewegung in die Parlamente gelungen ist – damit irgendwie ganz besonders arrogant argumentieren würde, muss ich doch nochmal die Fakten aufzählen, die mich dazu bringen, von der Wahl von Parteien abzuraten, die nicht annähernd auf 5% kommen. Über diese Fakten können wir gerne diskutieren.
1. Die 5%-Hürde ist ungerecht, weil sie dazu führt, dass ein nicht unerheblicher Teil an WählerInnen-Stimmen bei der Berücksichtigung der Parlamentszusammensetzung keine Rolle spielt, und so dazu beitragen kann, dass die parlamentarische Mehrheit keine Mehrheit der WählerInnen repräsentiert.
2. Bei der Wahl zum baden-württembergischen Landtag gilt die 5%-Hürde.
3. Derzeitige Umfragewerte sehen relativ stabil ein Patt zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün/Grün-Rot. Aufgrund des Wahlsystems (CDU-Direktmandate, Überhangmandate etc.) bedeutet dies derzeit eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür, dass Schwarz-Gelb fortgeführt wird. Etwas ändern würde sich daran, wenn Grüne bzw. SPD gegenüber CDU bzw. FDP in den letzten Wochen noch einmal deutlich zulegen, oder wenn die LINKE (derzeit bei 4% gehandelt) den Sprung in den Landtag schafft.
4. Jenseits von CDU, Grünen, SPD, FDP und evtl. der LINKEN gibt es keine Partei, die reelle Chancen hat, die 5%-Hürde zu überwinden. Ich schätze das Potenzial der Piraten – auch nach den letzten Wahlen – auf etwa 2 bis 3% ein, die rechtsextremen Parteien sind glücklicherweise relativ viele, so dass keine alleine über 5% kommen wird, und ödp, Violette etc. liegen vermutlich noch unter dem Ergebnis der Piraten.
5. Es macht einen Unterschied, ob in Baden-Württemberg Schwarz-Gelb mit Mappus weiterregiert, oder ob es zu einem Politikwechsel mit Rot-Grün oder Grün-Rot kommt.
5.a Mit Politikwechsel meine ich damit vor allem das in den Programmen beider Parteien – auch als Lehre aus Stuttgart 21 – recht groß geschriebene Interesse daran, direkte Demokratie auszubauen und politische Prozesse partizipativer zu gestalten.
5.b Aber auch substantiell würde sich einiges ändern, wenn die CDU die Macht verlieren würde – da lässt sich fast jedes Politikfeld von der Energiepolitik über die Verkehrspolitik bis zur Bildungspolitik heranziehen.
6. Die oben aufgeführten Argumente (Existenz der 5%-Hürde, Chance auf einen Politikwechsel, schlechte Chancen der Kleinstparteien sowie Patt-Situation und damit eine hohe Relevanz jeder einzelnen Stimme für das Wahlergebnis) machen es wichtiger als bei anderen Wahlen, dass WählerInnen sich (auch wenn das gerne als „taktisches Wählen“ verunglimpft wird) Gedanken über die Risiken und Nebenwirkungen ihrer Stimmabgabe machen.
Aus meiner Perspektive heißt das: weil es bei dieser Wahl auf jede Stimme ankommt, ist es um einiges sinnvoller, Grüne, SPD oder LINKE zu wählen, als die eigene Stimme für eine Partei abzugeben, die die 5%-Hürde nicht überspringen wird. Ich finde die Piraten durchaus sympathisch (auch wenn sie sehr schnell gelernt haben, Bürokratiedebatten ins Extreme vergrößert zu führen, und wenn ihre Vorstellung, dass alle anderen Parteien ganz furchtbar sind, für mich etwas realitätsfern klingt – weder haben die Piraten Netzpolitik oder die Forderung nach Bürgerbeteiligung erfunden, noch entsprechen andere Parteien den Karikaturen, die Piraten gerne von ihnen zeichnen).
7. Gegenargument: Kluge WählerInnen z.B. der rechten Splitterparteien und der rechtsextremen Parteien müssten letztlich genau diese Gedanken nachvollziehen und dann halt doch CDU wählen statt REP oder PBC. Damit würde sich letztlich das unter „Sonstige“ stehende Potenzial, wenn alle taktisch wählen würden, relativ gleichmäßig auf größere Lager verteilen, weswegen es dann eh egal ist.
Ich halte das für falsch, weil ich die WählerInnen von Piraten und anderen eher progressiven Kleinstparteien tendenziell für vernünftiger halte als rechte ProtestwählerInnen. Vielleicht liegt ich damit falsch, aber ich finde, dass es den Versuch wert ist, hier zu überzeugen (natürlich heißt das letztlich auch: auch inhaltlich überzeugend klarzumachen, dass es mit Grünen und SPD tatsächlich eine bessere Politik in BaWü als mit CDU und FDP geben würde).
8. Gegenargument: Die vielbeschworene Eigenständigkeit, bzw. anders gedreht die (von Piraten etc. gerne geschürte Angst), dass eine Stimme für Grün letztlich doch eine Stimme für eine schwarz-grüne Koalition sein könnte (selbes Spiel mit der SPD und einer „großen“ Koalition). Hier fände ich es in der Tat sinnvoll, wenn die aus meiner Sicht faktisch bestehende inhaltliche Basis, die eine schwarz-grüne Koalition in dieser Legislaturperiode ausschließt, auch zu einer formalen Feststellung dieser Differenz führen würde. Letztlich ist das das „umgekehrte“ Risiko bei der Wahl einer „großen“ Partei. Ich halte es für weitaus geringer als das Risiko, mit der Wahl einer progressiven Kleinstpartei zum Erhalt des Status quo beizutragen – das mögen aber andere anders sehen. (Nebenbei: und natürlich macht es einen Unterschied, für welche der größeren Parteien eine Stimme für den Politikwechsel abgegeben wird – aber das führe ich jetzt nicht aus).
Warum blogge ich das? Zur Ordnung der Gedanken, und weil ich dann einfach auf diesen Blogeintrag verweisen kann, statt all die Argumente jedesmal wieder einzeln durchzukauen. Und: jede Wahl ist anders – wenn die Mehrheiten der Lager deutlicher sind, fällt das Wählen von Kleinstparteien deutlich weniger ins Gewicht. Aber diese Wahl ist eben diese Wahl, bei der sich in Baden-Württemberg zum ersten Mal seit langem tatsächlich etwas ändern könnte. Dass das nicht klappt – davor habe ich Angst. Nicht davor, dass die Piraten irgendwann zu einer etablierten Konkurrenzpartei werden (das halte ich derzeit für unwahrscheinlich).
* Mir ist das Verfahren, mit dem hier Distanzen (aus Korrelationen der Positionen heraus entwickelt) in einen zweidimensionalen Raum umgesetzt wurden, nicht ganz klar – wenn ich die im oben verlinkten Blogeintrag angeführten Tabellen mit Zahlenwerten zu den Distanzen richtig lese, dann stimmen die Abstände der Kreise voneinander nur so ungefähr.
@tauss: Also das grüne Anti-S21-
ArgumentEngagement der letzten vier Jahre ist hier ganz gut dokumentiert. Und dass die Stuttgarter Grünen seit 1995/96 konsequent an dem Thema dran sind, steht z.B. auf dieser Seite.@joschtl: Stimmt, hätte dich jünger geschätzt (bis ich das Foto auf dem Twitter-Account sah ;-)). Zum Abwerbeversuch: dass der jetzt so direkt nicht zieht, wundert mich nicht – mir ging’s vor allem darum, auch noch einmal deutlich zu machen, dass das Innenleben der Grünen vielleicht nicht unbedingt den Klischees entspricht, die sich (einige?) Pirat_innen davon machen.
Und da ich selbst erhebliche Teile meiner Freizeit einer Partei opfere, kann ich jetzt schlecht sagen, dass ich bei der Abwägung CCC vs. Piraten den CCC als mittelfristig wirkungsvoller angesehen hätte, um „piratige“ Themen gesellschaftlich zu stärken. Sonst würde ich das jetzt als Argument anbringen …
@Tim #15
Entschuldige das ich erst jetzt antworte. Gestern war ich zeitlich etwas knapp und die halbfertige Antwort ist einem meiner Söhne und dem Umzug zum Opfer gefallen. :)
Ich habe das mit den Rechtspopulisten hauptsächlich in Bezug auf andere europäische Länder gesehen, weniger auf Deutsche Phänomene.
Was Du ansonsten schreibst ist teilweise richtig. Die Piraten haben derzeit noch nicht die Nichtwähler erreicht. Es gibt aus meiner Sicht dafür zwei Gründe. Der eine ist eben die 5%-Hürde und den immer noch sehr schlechten Bekanntheitsgrad. Der zweite Grund ist das sie rein programmatisch (und sichtbar) einem enttäuschten Altparteienwähler noch nicht das Profil bzw. die inhaltliche Perspektive bietet. Ein enttäuschter ehemaliger SPD/FDP-Wähler wird sich vermutlich eher nicht mit einer programmatisch dünnen 2%-Partei abgeben.
Ein charismatischer Kopf würde dem etwas aufhelfen. Ob es der Partei helfen würde käme auf diesen Kopf an.… Es gibt nämlich auch „Schröders“ auf der Welt – und auf solche „Hilfen“ würde ich gerne verzichten wollen. Leider sind charismatische Führer i.d.R. eben auch recht eigenwillig, denn um in einer etablierten Partei nach oben zu kommen braucht es wohl einen guten Schuss Raffinesse.
Was Piraten ganz gut machen ist Jugendarbeit bzw. das animieren von Jungwählern. Wie ich schon geschrieben habe sind es i.d.R. so 10% und mehr bei den Erstwählern welche bei den Piraten ihr Kreuz machen. Das kann sich nach ein paar Jahren aufsummieren. Einmal die 3% übersprungen kann sich schnell ein weiterer Lauf, eine Eigendynamik entwickeln. Die Piraten sind relativ nahe dran an den anderen Parteien wie Du sagst. Das ist aber keine Schwäche sondern eine Stärke. Es ist die Voraussetzung dafür mehr als eine temporäre Randpartei/Randerscheinung zu sein wie es Schill und Co. waren. Da die Partei 10.000+x Mitglieder besitzt wird sie jedenfalls nicht sonderlich schnell verschwinden.
Wenn Du mich fragst ist es wie bei anderen Parteien, z.B. auch bei den Grünen, auch. Man kann sich am Ende vermutlich fast nur selbst schlagen. Das ist ein fehlerträchtiges Geschäft. So wie aber wir praktisch darauf warten und zählen können das die Regierungsparteien nichts positives bewegen sondern wenn, dann eher Negativschlagzeilen schreiben.… so kann es den anderen Parteien eben nicht egal sein was aus den Piraten wird. Eigentlich. Nicht immer ist Aussitzen ein Teil der Lösung. Es ist zwar oft besser als Aktionismus, aber eben nicht immer.…
Grüße
ALOA
Alle die sich diesmal nicht vorstellen können, Grüne oder Linke (oder meinetwegen auch SPD, wobei ich bei deren derzeitiger Zusammensetzung kaum Fortschritt sehe) zu wählen, sind bei dieser Wahl sicher bei den Piraten mit am besten aufgehoben. Ich als Grüner halte die Piraten durchaus für eine wählbare Partei, auch wenn Besserwisserei und moralischer Impetus in orange nicht schöner ist als in grün.
Alle die wollen, dass ihre Themen in Netzpolitik und Bürgerrechten, ihr mehr an Demokratie nicht erst in 4–5 Jahren umgesetzt wird sondern jetzt schon, und die zwischen Piraten und Etablierteren Pareien schwanken, sind meiner festen Überzeugung nach bei uns Grünen am besten aufgehoben – nicht weil wir das kleinere Übel sind, sondern weil wir uns auch innerparteilich verändert haben in den letzten Jahren, zum Guten, nicht zum weniger Üblen. Das ist auch, aber nicht nur, Euer Verdienst. Natürlich stärkt es Netzpolitiker auch bei den Grünen dass durch die Piraten bei der Europawahl ‑und durch Zensursula- das Thema medial in alle Medien und manche Urnen kam. Tatsächlich haben wir Grünen aber bereits direkt nachdem wir bald nach Gründung in den Landtag kamen (1983) hier in BaWü einen netzpolitischen Kongress gemacht (1984), zu Datenschutz, Bürgerrechten, Überwachungsstaat – und das auch nach der Volkszählung (erst der Kampf dagegen brachte das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung) nicht vergessen.
Ja, es gibt bei uns Grünen auch unter den Aktiven in der Politik solche denen der Netzalltag fremd geblieben ist und die mit Misstrauen nicht nur auf Google sondern auch auf Copy&Paste schauen, jenseits von StreetView und Guttenberg. Aber die machen ‑inzwischen- bei uns nicht mehr die Netzpolitik.
Zu sagen, dass die die zwischen uns und Euch schwanken diesmal, weil es den entscheidenden Unterschied machen kann, uns wählen sollen – das ist kein grüner Wahlkampf gegen die Piraten, das ist nur politisch gedacht.
Zu behaupten dass wir Grünen in BaWü, dass etwa Jörg Rupp, Till Westermeyer und ich, gegen die Piraten kämpfen würden, ist grober Unfug, lieber Sebastian. Wir reden mit Euch, und nicht aus taktischen Gründen sondern mit Offenheit und Ehrlichkeit – transparent nachzuverfolgen für alle die dies wollen.
Vielleicht stelle ich die Frage, über die ich mich gerade mit @brainvibes gestritten habe, auch hier nochmal. Wenn der aus meiner Sicht höchst unwahrscheinliche Fall eintreten würde, dass die Piraten mit 5% ins Parlament einziehen und dann evtl. „das Zünglein an der Waage“ darstellen (so es dann nicht zu schwarz-rot kommt, und so die Linke draußen bleibt, …) – was würde eine piratische 5%-Regierungsbeteiligung dann ändern?
Auf Twitter wurde mir die Erleichterung von Volksentscheiden und mehr direkter Demokratie genannt. Nur: das ist ein schönes Beispiel für etwas, das von uns Grünen seit langem gefordert wird, und das auch die SPD im Programm stehen hat.
Grüne: Programm (pdf), siehe S. 193
SPD: Vgl. Punkt 27
Würde sich hier inhaltlich etwas ändern, wenn dann als Ergebnis von Koalitionsverhandlungen nicht ein grün-roter oder rot-grüner Gesetzentwurf zur Erleichterung der Bürgerbeteiligung dastehen würde, sondern ein etwas orangenerer?
Ich bezweifle es – und frage mich weiterhin, was bei dieser Wahl ein substantielles landespol. Alleinstellungsmerkmal der Piraten wäre.
Hallo Wolfgang,
Du weißt, dass ich mit Dir absolut keine Probleme habe. Dummerweise bist Du nur sehr begrenzt repräsentativ für Deine Partei – wenn ich mir die Grünen Spitzenpolitiker ansehe, finde ich da bemerkenswert wenig Übereinstimmungen.
Zu behaupten dass wir Grünen in BaWü, dass etwa Jörg Rupp, Till Westermeyer und ich, gegen die Piraten kämpfen würden, ist grober Unfug, lieber Sebastian.
Wie sonst soll man die aktuelle Kampagne der Grünen verstehen? Wie die Tweets von Alex Bonde oder die „Nicht Piraten wählen, weil sie klein sind“-Empfehlungen im Grünen Blog? Lieber Wolfgang, ich glaube Dir gerne, dass Du nicht gegen die Piraten kämpfst – deine Partei tut es. Anstatt sich inhaltlich mit uns auseinander zu setzen, wird nur auf die Größe der Piratenpartei abgezielt.
* Da gibt es Vorwürfe, dass wir nur Gelder aus der Parteienfinanzierung abziehen wollen … Der Vorwurf ist absurd, wir liegen bereits bei der relativen Obergrenze (begrenzt durch Eigenmittel der Partei). Eine Stimme für die Piratenpartei spart dem Steuerzahler also nur Geld – anders als die Grünen, für die ist jede Stimme finanziell relevant. Dennoch käme ich nie auf die Idee, euch diesen Vorwurf zu machen.
* Da gibt es Vorwürfe, dass wir nur Mappus unterstützen wollen … viel absurder kann es nicht mehr werden, Mappus ist quasi der Anti-Pirat.
* Da wird wieder und wieder behauptet, dass die Piraten keine Zukunft hätten. Unsere programmatische Entwicklung und Herkunft wird ignoriert – und behauptet, dass wir nur Netzthemen hätten.
* Da wird wieder und wieder behauptet, dass die Piraten nur den Grünen Stimmen klauen wollen – bzw. dass die Stimmen der Piraten eigentlich den Grünen zuständen. Viel arroganter kann eine Partei nicht mehr auftreten.
Die Piratenpartei tritt nicht zur Wahl an um ein Steigbügelhalter für die Grünen zu sein. Wir treten auch nicht an um die CDU zu stärken. Wir treten an, weil wir ein neues Verständnis von Politik wollen. Wir wollen Bürgerrechte und Bürgerbeteiligung stärken, die Bildung reformieren und Politik ehrlicher und nachhaltiger gestalten. (A propos Ehrlichkeit: Die Grünen sollten sich mit Vorwürfen in der E10-Debatte zurückhalten … http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/031/1703169.pdf ).
In einigen Punkten haben wir inhaltliche Übereinstimmungen mit den Grünen, in anderen mit der SPD oder der FDP. Na und? Das haben alle Parteien.
Für die Wahlentscheidung eines Wählers sollte relevant sein, welche Inhalte er vertreten haben will, welches Politikverständnis ihn prägt. Ein Wähler muss sich entscheiden, welche Partei seine Ziele und Ideale am ehesten vertritt. Und diese Partei sollte er wählen.
Die Taktik der etablierten Parteien nervt. Sie ist undemokratisch. Die Wähler haben in BaWü nur eine Stimme alle 5 Jahre – und ihr wollt sie ihnen nehmen. Das ist nicht gut. Und dieses Taktieren ist auch nicht politisch gedacht. Sie ist ein reines „Ich will an die Macht“-Gehabe. Das kann ich mit jeder der Parlamentsparteien haben – und politischer Wandel sieht so nicht aus.
Knapp die Hälfte der Wähler in Baden-Württemberg hat sich 2006 bei der Wahl enthalten. Das ist ein ernstes Problem denn es zeigt, dass die Menschen in BaWü das Vertrauen in Politik und Demokratie verloren haben. Damit sollten sich die Grünen beschäftigen – anstatt zu versuchen neue Parteien kaputt zu reden. Neue Parteien können hier eine Lösung bringen.
Ich wünsche mir einen ehrlichen Wandel in BaWü. Und ich wäre sehr froh, wenn die CDU endlich aus der Regierung verdrängt würde – nach 60 Jahren wird es Zeit dafür! Aber ich bin nicht bereit meine politischen Ideale dafür zu verraten. Mir ist der Wandel im Politikverständnis wichtiger als die Personalrochade – und das ist meiner Meinung nach der fundamentale Unterschied zwischen Piraten und Grünen (neben diversen inhaltlichen und organisatorischen Unterschieden wie Netzpolitik oder einer Basis-Ausrichtung der Partei).
Ich kann allerdings nicht sagen, dass ich enttäuscht von den Grünen wäre. Die Grünen treten ziemlich genau so auf, wie dies zu erwarten war: Als eine arrivierte, angepasste Partei der Macht wichtiger ist als politische Veränderung.
ey/ay, sorry.
Und zu Jörg:
„Mein“ grüner Abgeordneter, der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses MdB Winfried Hermann (für den ich social media mache), hat mit andren (wie Fritz Kuhn) bereits 1996 eine Studie gegen S21 und für etwas vorgelegt was inzwischen K21 heisst. Ich hatte die Studie durchaus in Händen, während ein Volker Kauder („Lügenpack“?) daraus nur verfälschend zitiert.
Damals als Landesvorsitzender hat sich Winne genauso dagegen und für die besseren Alternativen engagiert wie seither als verkehspolitischer Sprecher im Bundestag. Zu behaupten, wir Grünen hätten uns da nur jüngst an Genosse Trend angehängt ist entweder grob uninformiert oder grob irreführend.
Zu behaupten wir Grünen würden andere, etwa Piraten, bei Kundgebungen fernhalten wollen ist doch Unfug – wir standen bei mehr als einer Kundgebung nebeneinander, Jörg – ich erinnere an die gemeinsame ELENA-Kundgebung von Grünen und Piraten in Tübingen.
Und beim vorgestrigen „Kein S21-Tag“ haben wir Grünen uns auch nicht in den Vordergrund gedrängt – kein Grüner sprach in Tübingen als Grüner, auch wenn ein ATTACi dann als „Linke“-Politiker sprach – und Boris Palmer war zwar mit unserem Landtagskandidaten Daniel Lede Abal dabei aber in der letzten Reihe, ich war vorne dabei aber am Lautsprecher, nicht am Mikro. Piraten habe ich keine gesehen, und nicht weil man sie ferngehalten hätte. Wir sind gegen S21 dabei, aber aus Überzeugung – wir instrumentalisieren den Protest nicht, dagegen verwahre ich mich.
Wir Grünen sind auch keine grün angestrichene CDU und ein Winfrid Kretschmann ist zwar so solide wie Erwin Teufel, vor allem im Vergleich mit dem „Springteufel“ Mappus, aber mit diesen beiden durchaus nicht zu verwechseln.
Und wer uns „unseren“ Joschka vorwirft oder die Tatsache dass Grüne sich einst von Basta-Gerd haben zu sehr unterbuttern lassen, auch was den Otto-Katalog angeht, muss doch ehrlicherweise zugeben dass das eine völlig andere Situation war, auch weil wir heute wenn dann auf Augenhöhe mit der SPD regieren werden. Aber nicht nur.
Auch weil Parteien und Menschen sich verändern. (Hätten die Grünen sich nicht verändert, wäre ich nicht nach 10 Jahren Pause wieder so aktiv geworden). Und von vor ein paar Jahren auf heute zu schliessen, wie Jörg und Sebastian es hier machen, ist unredlich.
Vor ein paar Jahren noch war Jörg Tauss in der SPD, Sebastian Nerz kandidierte für die CDU und der Tübinger Piratenkandidat Roman Kremer war noch im RLP-Landesvorstand der Jungen Liberalen, der FDP-Jugend. Und Ex-FDP,SPD,CDU’ler kritisieren Grüne weil sie mal Ex-Koalitionspartner vopn Basta-Gerd waren und diesen nicht umgestimmt haben? Wo Bodo damals war will ich ja gar nicht erst diskutieren…
Aber wer argumentiert die Piraten seien heute die „Guten“, der muss auch ernsthaft die Möglichkeit eingestehen, dass wir Grünen nicht das kleinere Übel, sondern eine gute Wahl sind.
Ich finde auch nach wie vor werden die rot-grünen Jahre im Bund unter Schröder zu negativ dargestellt und immer auf Hartz4 reduziert. Sicher, es gab damals einen neoliberalen Zeitgeist, dem neben New Labor in England und den Demokraten unter Clinton auch die SPD und die Grünen gefolgt sind.
Aber schaut Euch erstmal Merkels Wahlprogramm von 2005 an und seid auch mal froh, dass es zu einer großen Koalition gekommen ist und die SPD diese entscheidend mitgeprägt und Deutschland ganz ordentlich durch die Wirtschaftskrise gebracht hat. Das hätte 2005 unter schwarz/gelb alles ganz anders ausgesehen mit Merz Bierdeckel-Reform usw.
Aber zurück zu rot/grün, wollen wir doch mal nicht Atomausstieg, Ökosteuer, Staatsbürgerschaftsrecht, Nein zum Irakkrieg, Eingetragene Partnerschaften, Erneuerbare-Energie-Gesetz usw. vergessen.
Ich habe Verständnis dafür, dass man insgesamt immer noch zu einem negativen Urteil über Schröder/Fischer kommen kann, aber hört doch mal auf diese Regierung als größte Verbrecherbande aller Zeiten darzustellen. Und begründet bitte nicht Eure Wahlentscheidung in BW mit irgendwelchen Geschichten vor sieben Jahren im Bund.
Wie arrogant kann man eigentlich sein? Die Grünen sind also die Guten? Du siehst das vielleicht für Dich so, aber Du wirst sicher nicht behaupten, dass das objektiv wäre. Wieso glaubst Du, die Wähler der Piraten würden gerade die Grünen wählen, wenn es die Piraten nicht gäbe? Wie wichtig den Grünen die Netzpolitik ist, hat man in den letzten Monaten gesehen – sie scheißen drauf, wenn es „parlamentarische Zwänge“ gibt. Da kann man auch gleich die „neue Netzpolitikpartei“ CSU wählen. Und im Bereich (digitaler) Bürgerrechte war selbst von der FDP in letzter mehr zu hören als von den Grünen.
Und zuletzt halte ich es für ziemliche Heuchelei, hier den „bösen Mappus“ als Argument vorzuschieben, solange die Grünen nicht ausschließen mit der CDU koalieren – ob dann Mappus vorn dran steht oder ein anderer, bleibt sich dann auch gleich.
@Till: Das Alleinstellungsmerkmal der Piraten? Da gibt es vieles. Einer der Punkte ist unser Demokratieverständnis – wir sind basisdemokratisch organisiert, wir wollen die Bürger ehrlich stärker in die Politik einbeziehen. Die Grünen haben diesen Anspruch irgendwann in den 80ern aufgegeben.
Ich habe zu diesem Thema viel referiert … verzeih mir, wenn ich auf mich selbst verlinke, aber das ist mir zu lang für ein Kommentar (u.A. http://www.tirsales.de/blog/tirsales/2010/10/20/demokratie-im-wandel-politik-im-stillstand , http://www.tirsales.de/blog/tirsales/2010/11/16/gesellschaft-im-wandel-%E2%80%93-muss-die-politik-folgen-vortrag-vom-nordbadentreff , http://www.tirsales.de/blog/tirsales/2010/11/03/s21-und-das-demokratieunverstaendis-der-parlamentsparteien ).
Einen fundamentalen Unterschied sieht man auch schon in dieser Debatte … ich würde nie einem Wähler sagen „Verzichte auf Dein Recht Dich zu entscheiden und wähle nach meinem Macht-Kalkül“.
Oh und ich weiß, dass ihr euch Bürgerrechte und Bürgerbeteiligung immer auf die Fahnen schreibt. Ich sehe nur bei euren Regierungsbeteiligungen sehr wenig davon. Und was die Grünen unter kommunaler Bürgerbeteiligung verstehen, sieht man in Tübingen (Stichwort Schulbergtreppe).
Oder nehmen wir Bildungspolitik – es gibt viele Unterschiede in den Forderungen der Grünen und der Piraten. Der einfachste ist, dass wir eine vollständige freie Bildung wollen – ihr habt diesen Anspruch leider aufgegeben.
Es gibt eh viele Unterschiede zwischen Wahlprogramm und polit. Realität bei den Grünen. Da müssen wir nicht die „parlamentarischen Zwänge“ in NRW zitieren oder den Schily-Katalog der Rot/Grünen-Bundesregierung, da reicht es wenn wir auf Wikileaks schauen. Welche neuen Bürgerbeteiligungen haben die Grünen denn eingeführt? Möglichkeiten dafür haben sie genug.
@Wolfgang: Stimmt, ich habe 2004 für den Gemeinderat in Tübingen kandidiert. Auf der Liste der CDU auf einem der hinteren Listenplätze (ich weiß nicht mehr welcher es war). Ich war zu dieser Zeit sogar Schriftführer im Stadtverband der CDU, Internetbeauftragter im Kreisverband und IIRC Ersatzdelegierter auf dem Bezirksparteitag. Ich habe daraus auch nie ein Geheimnis gemacht:
http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:Tirsales/Warum_CDU – genauso wenig wie Kretschmann aus seiner polit. Vergangenheit.
Ich habe damals gehofft, dass man Landes- und Bundesthemen ignorieren und sich nur kommunal engagieren könne. Und dass die schönen Worte der Orts-CDUler irgendetwas mit den tatsächlicher innerparteilichen Demokratie der CDU und ihren Handlungen zu tun hätten. Ich habe damals realisiert, dass zwischen schönen Worten und politischer Realität leider sehr große Unterschiede bestehen können. Vielleicht bin ich daher auch etwas verbrannt: Ich glaube Politikern keine Worte, ich glaube ihnen nur Taten. Deshalb bin ich im Streit aus der CDU ausgetreten. Und ich habe gelernt, dass man Landes- und Bundes-Parteien eben nicht ignorieren kann. Ich kann eine Landes-Partei nicht völlig unabhängig von der Bundes-Partei betrachten und eine kommunale Fraktion nicht ohne Blick aufs Land.
Bevor es Missverständnisse gibt: Es gibt auch in Tübingen einige anständige CDUler. Es gibt ein paar Aktive dort, vor denen ich heute noch Respekt habe. Ich möchte hier keineswegs alle über einen Kamm geschert sehen. Aber es ist leider eine Minderheit – und einzelne Personen können eine Partei voller BS nicht ausgleichen.
Rückblickend habe ich zwar einiges gelernt – aber inhaltlich kann ich die damalige Eintrittsentscheidung nicht mehr nachvollziehen. Bei Landes- und Bundeswahlen habe ich mein Kreuz übrigens nie bei der CDU gemacht, aber das kann ich nicht beweisen – und meine gelbe Wahl macht mir vermutlich wenig Freunde hier. Es war die Wahl des kleinsten Übels – und zumindest auf Landesebene bereue ich diese Wahl. Noch ein Grund, warum ich niemals jemandem empfehlen würde das „kleinste Übel“ zu wählen, sondern immer die eigene Überzeugung zu nehmen.
Ich habe mich damals aus der Politik zurück gezogen (das hört sich toll an… als hätte ich jemals eine besondere Rolle gespielt ;) ) und war frustriert, weil ich überzeugt war, dass keine Partei meinen Idealen nahe kommt. Die Grünen waren mir zu Fortschrittsfeindlich und zu sehr Fischer, die FDP zu wirtschaftslastig, die SPD zu sehr Schröder, die CDU war sowieso eine Katastrophe. Ich habe mich mit all diesen Parteien damals sehr intensiv beschäftigt – und vor Allem gab es keine Partei, die meinen Überzeugungen zum Politik- und Demokratieverständnis entsprach. Es gab auch keine Partei die realisiert hat, wie sehr sich die Welt durch das Internet verändert. Das Internet ist in einer Reihe mit dem Buchdruck, der Industrialisierung und dem Energiezeitalter – und politisch wurde es behandelt wie der drogenabhängige und etwas peinliche Vetter…
Na ja, 2007 bemerkte ich die Piratenpartei – sie gefiel mir, aber ich sah wenig Zukunftschancen. Der Pessimismus schlug zu. 2009 war es dann soweit: Zukunftschancen der Partei waren mir völlig egal. Die Politik war so dermaßen verlogen und unerträglich geworden, dass einfach etwas geschehen musste! Übrigens auch wegen der Grünen … Denn eine sinnvolle, freiheitszentrierte Netzpolitik gab es damals nicht. Tja, und seitdem bin ich glücklich bei den Piraten.
Also ja: Menschen können sich politisch verändern. Das würde gerade ich niemals in Abrede stellen. Für Parteien sieht das schon deutlich schwieriger aus – da muss sich nicht nur ein Mensch verändern sondern (bei den Grünen) 50.000. Und das sind Menschen, die den Kurs der Rot-Grünen Bundesregierung mitgetragen haben…
Was die Demonstrationen angeht: Stimmt, in Tübingen gab es da nie Probleme. In Stuttgart sah das anders aus.
Jetzt zur Entwicklung der Grünen … „eine völlig andere Situation“ war also die Rot/Grüne Bundesregierung? Wirklich? Ich habe keine großen Proteststürme der Grünen im Kopf gegen den Schily-Katalog. Wären die Grünen stärker gewesen – das Paket hätte ganz genauso ausgesehen. Und ich würde wetten, dass es heute auch wieder so aussähe. Parlamentarische Zwänge in NRW, ein Kohlekraftwerk in Hamburg, eine Ablehnung von Wikileaks … das ist nicht die wilde Jugend der Grünen – das ist Heute.
Lieber Wolfgang: Ich würde gerne glauben, dass die Grünen sich politisch weiter entwickelt habe. Ich bin allerdings Atheist. Es fällt mir schwer wider die Erfahrung an etwas zu glauben. Man möge mir daher verzeihen, wenn ich erst einmal auf einen Beweis der Grünen Wandlung warte – und danach daran glaube. Bislang vertreten die Grünen in Oppositions-Zeiten zwar interessante Themen und Meinungen – in der Regierungsverantwortung sieht das dann aber immer deutlich anders aus.
@Jan: Tja, Hartz-IV war eines der Probleme der Rot/Grünen-Regierung. Aber keine Angst: Es war bei weitem nicht das einzige.
2% Piraten bei der BTW haben in allen etablierten Parteien zumindest im Bund dazu geführt, „piratige“ Themen auf die Agenda zu setzen. Und jetzt kommt es darauf an, dass die Agenda umgesetzt wird. Ein Rückschlag bei den Piraten würde dies verhindern.
Und nochmals zu S21: Ich schätze die Arbeit von Winne Hermann sehr und habe mit keinem Wort behauptet, dass die Grünen ohne Herzblut in der Sache die Bewegung instrumentalisieren. Allerdings bliebe ich dabei, dass dies in rot/grüner Regierungszeit KEIN Konfliktthema war. Und damals erfolgten leider wesentliche WEICHENSTELLUNGEN.
Und was die Kundgebungen in Stuttgart anlangt: Weshalb durfte bis heute kein Pirat reden? Weshalb wird dies innerhalb des Bündnisses verhindert?
@Till: vielleicht ist es für die dich als Grünen unbegreiflich, aber unsere Mitglieder wollen nicht als „PiratInnen“ oder „Pirat_innen“ angesprochen werden, sondern geschlechtsneutral als „Piraten“.
Gleichberechtigung ist bei uns nämlich eine Selbstverständlichkeit und wird nicht über Quoten zu regeln versucht – was wiederum absurde Folgen hat bei einer zu geringen Zahl an weiblichen Mitgliedern (Stichwort: lieber eine inkompetente Frau zum Kandidieren überreden als einen kompetenten Mann kandidieren lassen).
Nur einer von vielen Punkten, weshalb die GRÜNEN für mich – auch vor der Existenz der Piraten – keine Alternative waren und ich lieber jahrelang _nicht_ gewählt habe als das kleinere Übel. Soviel auch zum Thema „Nichtwähler wieder zurück zur Urne bringen“.
Übrigens: Ich kenne zahlreiche weitere Nichtwähler, die jetzt uns wählen werden, und höre das auch an jedem Infostand immer wieder. Wenn das auch nur ansatzweise repräsentativ ist.… werdet ihr unsere 5% in BaWü auch mit noch so viel Anti-Piraten-Wahlkampf nicht verhindern können ;-)
Gruß
Matthias
@MatthiasPirat: Mir ist das aber wichtig, und deswegen schreibe ich in meinen Texten von PiratInnen oder Pirat_innen (genauso wie von CSU-PolitikerInnen). Soviel Provokation muss sein ;-)
Ich mache das allerdings nicht in erster Linie, um PiratInnen zu ärgern, sondern weil ich überzeugt davon bin, dass Geschlecht eine relevante gesellschaftliche Ungleichheitskategorie ist, und es wichtig ist, diese Ungleichheit sichtbar zu halten, um sie politisch thematisieren und letztlich abschaffen zu können. „Pirat_innen“ ist mir im Prinzip als Schreibweise sympathischer (weil der „_“ gegen Zweigeschlechtlichkeit steht) als die Schreibweise „PiratInnen“, aber ich bin mit dem großen I sozialisiert worden und schreibe das relativ automatisch so, wenn ich nicht weiter drüber nachdenke. Wenn jemand Grüne nicht wählen sollten, weil wir Binnen-Is oder Gender-Gaps verwenden, ist das kurzsichtig – wenn es deswegen ist, weil wir uns für moderne Geschlechterpolitik einsetzen, dann ist das halt so. Ich erwarte auch von AKW-BetreiberInnen nicht, dass sie grün wählen.
@Till #56
Auf die Frage nach dem Alleinstellungsmerkmal gibt es m.E. eine einfache Antwort: es muss gar keines geben. Natürlich wird auch bei den Piraten zu meinem Leidwesen ständig danach gefragt und gesucht.
Man benötigt aber keines. Es ist zum einen eine Frage der Präferenz (Gewichtung der Themen) und zum zweiten eine Frage des Vorgehens (wie kommt man zu einem Ergebnis). Das sind am Ende auch in Beiden Fällen gewissermaßen Alleinstellungsmerkmale oder sagen wir Unterscheidungsmerkmale. Die ideologische Öko-Schiene müssen Piraten nicht bedienen, auch keine sozialistische oder eine liberale. Das befreit uns etwas von ideologischen Zwängen. Ihr Grünen seid (um es überspitzt auszudrücken) für Ökologie und wenn Dann noch Luft für Verhandlungen ist auch für Bürgerrechte. Und Beim Thema Ökologie… E10, Energiesparlampen, Dosenpfand… je nun… verrennen die Parteien sich in mancherlei Dinge welche mir nicht so wirklich zielführend erscheinen.
Aber zurück: das Merkmal lautet „Ideologiefern(er)“. Und das nimmt so schnell wohl auch keiner ins Programm. ;)
Grüße
ALOA
@59 #Jan
Zu negativ dargestellt und auf HartzIV reduziert?
Fragen wir anders: was außer HartzIV, Riester-Rentenreform, Dosenpfand und AKW-Laufzeitverlängerung ist Dir ad hoc als ins heute überdauernd im Gedächtnis hängen geblieben? Mir sind da noch Steuererleichterungen und (später korrigierten) ‑verfehlungen bei der Besteuerung von Kapitalgesellschaften in Erinnerung, dann fallen mir noch Praxisgebühren ein, Ökosteuer (degressiv wirkend).… als gebündeltes Resultat dann eine Absenkung der Kaufkraft von Rentnern und Arbeitnehmern vor allem im unteren Einkommensbereich und bei Familien…
Je nun. HartzIV ist zwar verkürzt, bringt aber einiges auf den Punkt was man noch so anbringen könnte und in die gleiche Richtung zielt. Wer Nachfragemangel beklagt kommt um das damalige Wirken von rot/grün nicht herum.
Da hilft das Trostpflaster das andere es noch schlimmer getrieben hätten eben nicht. Dieses Argument ist der Beste Beweis dafür das es ganz offensichtlich an einer Partei mangelt welche die Macht- und Kräfteverhältnisse zurechtrückt. Womöglich kommt man dann irgendwann darauf das es nicht reicht zu erklären: „die anderen hätten das ganze Haus abgerissen“.
Überlege Dir (Euch, zusammen mit der SPD) einmal was Ihr hier allen ernstes als Leistung/Empfehlung verkaufen wollt.
Grüße
ALOA
Wie können Grüne immernoch von „Friedenspolitik“ reden? DIE GRÜNEN HABEN NICHT NUR EINEM SONDERN GLEICH MEHEREN KRIEGEN ZUGESTIMMT.
Zur dargestellte Hybris, Piraten würden GrünInnen wählen kann ich nur sagen, dass ich, als ehemaliges, aktives Mitglied der Grünen lieber zu Hause bleiben würde, als die Grünen jemals wieder zu wählen. Somit spricht mein Umfrageuniversum von 1 ehemaliger Grünen Wähler zur 100% dagegen.
Zum Glück gibt es die Piraten, die sich aktiv um Bürgerrechte (Stichwort: Aktive Unterstützung von wikileaks – wo bleibt denn wikileaks.gruene.de?), Demokratie, Freiheit, Bildung, sozialen Ausgleich und viele andere Themen kümmern.
Und denen ich es zutraue, einen tatsächlichen Wechsel herbeizuführen.
Es würde mich freuen, wenn die Grünen in BaWü entgegen dem Trend anderer Regierungsbeteiligungen der Grünen nicht ihre ideale oder Wahlversprechen verraten würden.
Aber da ich wie Sebastian Atheist bin agiere ich weniger aus Glaubensgrundsätzen und mehr anhand der Erfahrungen, die ich als Mitglied der Grünen machen durfte sowie aus der Beobachtung der Aktivitäten der Grünen in deren vielfältigen Regierungsbeteiligungen. Dazu hat unter anderem Sebastian zur Genüge was geschrieben.
Zur Geschlechterpolitik: Piraten bauen keine Reservate. Weibliche Piraten haben sich ausdrücklich dagegen ausgesprochen und tun das immer wieder. Außerdem müssten wir Reservate bauen für:
Heterosexuelle Frauen
Homosexuelle Frauen
Transsexuelle Frauen
Asexuelle Frauen
Bisexuelle Frauen
Heterosexuelle Männer
Homosexuelle Männer
Transsexuelle Männer
Asexuelle Männer
Bisexuelle Männer
Da verzichten wir lieber darauf, Menschen nach ihrem Geschlecht zu identifizieren (Das Datum wird bei uns nicht erhoben, weder biologisches noch gefühltes Geschlecht).
Hier ein sehr guter Artikel eines Piraten dazu http://technoprogressiverpirat.posterous.com/die-piratenpartei-von-gender-und-multitude der unsere Einstellung Postfeminismus nennt.
Die in Chemnitz beschlossene Grundsatzpositionen zu Queer und Gender bitte ich auch zu beachten http://wiki.piratenpartei.de/Bundesparteitag_2010.2/Protokoll_2#B25 Überspitze Zusammenfassung: Leb‘, wie du es für richtig hälst, mit wen und soviel du (ihr) es für richtig hälst, wir halten uns da raus und geben dir (euch) jegliche Freiheitsgrade.
Schönen Gruß
Aleks
Nochmal, vielleicht abschliessend hier, bevor ich meine Punkte in meinem eigenen Blog nochmal zusammenfasse.
Ich halte es für einen Glücksfall für die Piraten dass ihr genannten drei mit eurer Erfahrung zu den Piraten gekommen seid und will euch die politische Vergangenheit nicht vorwerfen. (Was Kretschmann angeht: Er selbst sagte jüngst in Rottenburg nicht zu Unrecht, dass die KHG in Stuttgart-Hohenheim damals noch weniger radikale Positionen hatte als der RCDS zur gleichen Zeit in Berlin, man kann das also ruhig relativieren) Nur wer selbst aus den Etablierten Parteien kommt und dann den nicht nur im Vergleich unglaublich basisdemokratischen Grünen vorwirft, sie hätten mit den etablierten Parteien etablierte Politik gemacht, das ist ein Fall von the Pot calling the Kettle black: http://en.wikipedia.org/wiki/Pot_calling_the_kettle_black
Rot-Grüne Jahre – Tirsales, du nimmst für dich in Anspruch dass du damals vielleicht auch eine Wahrnehmungsstörung in Bezug auf die CDU hattest. Es wird dich hoffentlich freuen, dass ich dir diese auch in Bezug auf die Grünen zugestehe.
Ich empfehle zur Geschichts-Betrachtung „Grüner Weg durch schwarzes Land“ (Hrsg Winne Hermann), „Der Bündnis-Fall“ (Hrsg Werner Schulz) und „Die Zukunft der Grünen“ (Joachim Raschke). Durch das wunderbare Internet und BookCrossing kann mensch die ja alle kostenlos zu lesen bekommen (deine Stellvertreterin als Landespiraten-Vorsitzende, Theresa, erklärt dir sicher gern wie BookCrossing geht)
Die Grünen haben nicht nur personell einen ziemlichen Wandel durchgemacht (frag Herbert Rusche und Oswald Metzger). Viele Beschlüsse der Rot-Grünen Zeit waren parteiintern sehr umstritten, nicht nur Hartz4 in der Form und die Kriegseinsätze. Viele gute Mitglieder, Aktive, sind damals im Streit ausgetreten oder haben der Partei stillschweigend den Rücken gekehrt.
Die Grünen haben, auch durch die Initiative der Grünen Jugend, die Regierungszeit transparent aufgearbeitet, die Fehler diskutiert und benannt und in mehreren aufeinanderfolgenden Parteitagsbeschlüssen auch korrigiert.
Das Personaltableau hat sich seither geändert, wir haben heute ganz andere Parteivorsitzende im Land, andere Abgeordnete im Bund und andere Mehrheiten auf den Parteitagen. Es müssen sich nicht 50.000 Mitglieder ändern, damit die Grünen das richtige beschliessen – wenn man die Beschlüsse der letzten Jahre nur mal zur Kenntnis nimmt.
Und wenn bei 2 Bundesvorsitzenden 1 sich kritisch zu Wikileaks äussert ist es unehrlich nur darauf zu zeigen, da zugleich 1 sich klar für Wikileaks ausgesprochen hat – für mich zeigt das nur, dass wir ‑nach Joschka heute wieder- eine lebendige Diskussionskultur in der Partei haben.
Ich bin für Basisdemokratie und halte die Mitgliedsversammlungen auf Kreis‑, Landes- und Bundesebene bei der Grünen Jugend und den Piraten für eine basisdemokratische Errungenschaft, die man nicht leichthin für Delegiertenkonferenzen aufgeben sollte – auch wenn es bei der GJ wie bei den Piraten, wie ich weiss, Menschen gibt die das anders sehen. (Basisdemokratie und Liquid Democracy können auch sehr mühsam sein, klar, höre ich bei Euch ja auch deutlich heraus.)
Was die Frage angeht ob Till, Jörg und ich für die Landespartei (nicht) repräsentativ seien – da kann ich Euch, Jörg und Sebastian, beruhigen, dass wir da nicht am Rand stehen. Jörg Rupp war mehrfach Bunddestagskandidat seines Kreises und ist im Parteirat des Landesverbands, Till gestaltet mit der Bundesarbeitsgemeinschaft WHT und als deren Sprecher einen wesentlichen Teil der Politik für die Wissensgesellschaft (und hat den sehr guten Beschluss des Landesverbands zur Netzpolitik mitgestaltet und vorgestellt), ich habe nicht nur für die Grünen BaWü den Volkszählungsboykott organisiert, ich bin heute als Vorstand der Grünen Tübingen auch an einer wichtigen Stelle wo Grünee stark sind, vertrete die Grünen BaWü seit Jahren und noch Jahre auf Bundesebene in der BAG Europa – und werde als Vorsitzender des Landeselternrats BaWü (LER) auch zu Bildung und Betreuung von Grünen geladen und gehört. Am Landtagswahlprogramm haben wir mitformuliert.
Wir prägen, jeder an seiner Stelle aber bisweilen auch gemeinsam, diese Landespartei durchaus mit.
Ich gönne den Piraten wirklich jede Stimme all derer, für die die Grünen nicht wahlbar sind. Ich würde mich auch freuen, wenn es den Piraten gelänge, politikverdrossene junge und geistig junggebliebene Menschen in grosser Zahl für eine aktive Beteiligung in der Politik zu beigeistern. Dafür brauchen die Piraten aber nicht nur 2% der Stimmen sondern auch eine viel aktivere Mitgliederwerbung on- und auch offline in den nächsten Jahren. Kritik an anderen Parteien, auch an den Grünen, wird euch nicht helfen Parteienverdrossene für die Piraten zu werben. Selbstkritik dagegen vielleicht schon.
@Jörg Post Scriptum: Es kann statt an uns Grünen auch daran liegen dass die Piraten keine nennenswerte Rolle in den Bündnispartnern spielen. Niemand würde Aktive des VCD, des ADFC, von ProBahn, von den Parkschützern, von den Stuttgarter Gemeinderäten gegen S21 oder von den „Ingenieuren gegen S21“ deshalb vom Mikro fernhalten weil die Person auch Pirat ist.
Die Frage die du stellen solltest ist also: Warum gelingt es den Piraten nicht, mehr Parteilose im Aktionsbündnis für eine Mitgliedschaft bei den Piraten zu begeistern? /WGW
Oh, Kritik aus der Partei kam nach dem Regierungswechsel. Das ist ziemlich normal, das sieht man nach jedem Regierungswechsel. Was an der Regierung noch gut war, ist danach plötzlich schlecht und andersrum.
Aber das gilt ja auch für E10 ;) Das ist einer der Punkte den ich meine mit „ich glaube euch keine Wörter, nur Taten.“
Und ja, ihr habt andere Parteivorsitzende. Schauen wir mal …
* Claudia Roth … 2001 Bundesvorsitzende, derzeit Bundesvorsitzende.
* Cem Özdemir – bis 2001 innenpolitischer Sprecher der Grünen Fraktion – dann Rücktritt wg. Spenden und Bonusmeilen-Affäre, nicht aber wg. der innenpolitischen Entscheidungen der Fraktion. Heute Bundesvorsitzender
* Steffi Lemke – seit 2002 politische Geschäftsführerin der Grünen
* Dietmar Strehl – seit 1996 Schatzmeister der Grünen
Zugegeben – Malte Spitz war damals noch bei der Grünen Jugend und Astrid Rothe-Beinlich auf Landesebene.
Oder in der Fraktion – Fritz Kuhn ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender und war zu Zeiten der Rot/Grünen Regierung Fraktionsvorsitzender/Vorsitzender. Oder Renate Künast die ehemalige Ministerin und jetzige Fraktionsvorsitzende. Oder Jürgen Trittin etc
Ja. die personellen Veränderungen in der Bundesspitze sind beeindruckend ;) Auch der Politikstil hat sich maßgeblich verändert, wie man beispielsweise an dem Tweet von MdB Alexander Bonde sieht “ @norberthense Piraten wählen = Mappus unterstützen. Da hilft alles getweete nix, so ist die harte Realität bei der Landtagswahl.“ https://twitter.com/alexbonde/status/44669870150909952
@Wolfgang: ja, wir bräuchten eine aktivere Mitgliederwerbung, keine Frage. Aber die werden wir auch noch in Angriff nehmen. Immer ein Schritt nach dem Anderen.
Kritik an anderen Parteien, auch an den Grünen, wird euch nicht helfen Parteienverdrossene für die Piraten zu werben. Selbstkritik dagegen vielleicht schon.Dir ist klar, dass es diese Diskussion hier nur gibt, weil die Grünen eine Kampagne gegen die Piraten fahren? Die Selbstkritik würde ich gerne auch von Deiner Partei sehen.
Ansonsten würde ich Dir empfehlen mal mit dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen in BaWü zum Thema Piratenpartei zu reden.
Dir ist klar, dass es diese Diskussion hier nur gibt, weil die Grünen eine Kampagne gegen die Piraten fahren?
@Sebastian Nerz: Klingt da ein bisschen piratische Selbstüberschätzung durch? Dass Tim eine Serie zu anderen Parteien macht, ich diesen Artikel hier schreibe und Alex Bonde kurz darauf ähnliches tweetet (der von dir als ungebührlich verlinkte Tweet von ihm ist ja letztlich, in seiner Aussage, nichts anderes als die Kurzfassung dieses Artikels hier) – das sind ein paar verstreute Einzelaktionen. Für eine Kampagne der Partei sind uns – als Partei – die Piraten definitiv nicht wichtig genug. Ich als Einzelperson finde schon, dass es sinnig wäre, genau wegen der aktuellen Patt-Situation der Piratenpartei mehr Aufmerksamtkeit zu schenken. Aber ’ne Kampagne – die sieht bei uns dann doch ein bisschen anders aus.
@Till: wenn an Grünen-Infoständen geschlossen Anti-Piraten-Parolen skandiert werden, eine ganze Reihe von Grünen-Kandidaten und Abgeordneten „aus taktischen Gründen“* zum Nicht-Piraten-Wählen aufrufen – ja, dann ist das eine Kampagne.
*irgendwie erinnert mich diese Formulierung stark an eure „parlamentarischen Zwänge“ beim JMStV.…
Und was das Pirat_innen angeht: Solange die GrünInnen sich mit solchen Wortverrenkungen beschäftigen, sind eure Abwerbeversuche bei den Piraten ziemlich sinnlos ;-)
Gruß
Matthias
@Aleks A.: Ich glaube (als Atheist), dass da eine ganze Menge Selbsttäuschung drin steckt. Wie viele der 10.000 Piraten-Mitglieder identifizieren sich mit Post-Gender-Politik – und wie viele (egal welchen Geschlechts) der PiratInnen finden das ein gutes Arrangement, weil sie sich mit Gender bei den Piraten nicht auseinandersetzen müssen und die klassischen geschlechtshierarchischen Machtstrukturen, die es auch bei euch gibt, damit nicht in Frage gestellt werden?
um mal wieder aus der für außenstehende ermüdenden diskussion zwischen grünen und piraten rauszukommen (die m.E. vor allem übereinstimmung dieser beiden tendenziell bürgerlichen parteien dokumentiert): till hat – in der ergänzung durch thd – offenkundig recht, WENN man die prämisse akzeptiert, dass stimmen taktisch abgegeben werden sollten und hauptziel ein regierungswechsel ist. dann muss mensch die linkspartei wählen, da auf deren haufen die meisten anti-regierungsstimmen unrepräsentiert zu bleiben drohen.
wer hingegen nicht im sinne der regierungswechsel-taktik abstimmen möchte, wird hier nicht überzeugt bzw. eigentlich noch nicht einmal angesprochen.
@MatthiasPirat: Dass es Hintergrundmaterial über die konkurrierenden Parteien inkl. der Piraten gibt, dass das unsere WahlkämpferInnen zur Kenntnis nehmen – was daran bitte ist eine Kampagne? Oder machen wir Grüne auch eine Kampagne gegen die CDU (doch, das machen wir), die SPD (nö, oder?), die FDP (wäre mir nicht bekannt), die LINKE (naja) und die PBCÖDPBIGAUFETC? Wir nennen das Wahlkampf.
Wenn jetzt schon Parolen skandierende Grüne am Pirateninfostand auftauchen, muss man das natürlich auch nicht Kampagne nennen;) Dann nennen wir es eben „Nervenflattern.“ Möglicherweise, weil die Plakatkampagne so misslungen ist ?
Macht jetzt halt mal Wahlkampf.… ;) Viel Erfolg
Wolfgang G. Wettach: „muss doch ehrlicherweise zugeben dass das eine völlig andere Situation war“
Natürlich verstehen wir uns in vielen Dingen sehr gut. Aber. Es hat schon Gründe warum wir Piraten sind und keine Grünen (oder X)…
…andere Situationen wie zum Beispiel:
– Biometrische Merkmale in Pässen?
– Großer Lauschangriff?
– Afghanistan?
– Zugangserschwerungsgesetz – Viel zu lange keine klare Position dagegen, und Schwäche gegenüber „AberDieKinder“-Agitation von v.d. Leyen…
– JMStV – Zustimmung trotz dagegen sein?
– Kohlekraftwerk Moorburg – Zustimmung trotz dagegen sein?
– Elbvertriefung – Zustimmung trotz dagegen sein?
– Öffentliche Fördergelder für die EBS in Wiesbaden – Zustimmung trotz dagegen sein?
– Winfried Hermann (aus dem Transportausschuss) findet die Anschaffung neuer Regierungsjets gut?
– Wiederholte Özdemir-Kritik an Wikileaks („eine Grenze überschritten, die unserer Demokratie insgesamt nicht gut tut“)?
– Peter Schaar fordert Vorratsdatenspeicherung (unter dem neuen Namen „Quick-Freeze-Plus“).
Und das sind nur einige Beispiele. Wenn ich die Zeit hätte könnte ich da noch ganz andere Sauereien heraussuchen. Es geht auch um ein Glaubwürdigkeitsproblem.
Natürlich habt ihr Leute mit sauguten Aktionen. Aber auch hundertmal Malte Spitz kann es nicht aufwiegen, wenn ihr ständig solche Aktionen reisst.
Wie weit würdet ihr gehen? Wo zieht ihr die Grenze, welche Ideale ihr für einen Koalitionsvertrag opfern würdet? Hmmm? Wo genau ist die Grenze? Wann würdet ihr auf den Tisch hauen und sagen „bis hierher und nicht weiter“… Kann ein Koalitionsvertrag so wichtig sein, dass man dafür elementare Aspekte des eigenen Programms – und damit der eigenen Glaubwürdigkeit – zugunsten einer Einigung verspielt? Klar seid ihr eine kleine Partei. Aber dennoch, ihr untergrabt mit solchen Sachen
Ihr habt in Hamburg als letzte Amtshandlung noch den JMStV mitgetragen, bevor ihr die Koalition beendet habt. Eigentlich hätte es anders herum sein müssen, dass ihr die Koalition beendet, um nicht den Mist mitbeschließen zu müssen – und das ist eine Sauerei die man mir mal erklären muss!
Ihr agiert häufig taktisch und geht Kompromisse ein, die mit eurem Programm unvereinbar sind. Somit seid ihr Teil des Glaubwürdigkeitsproblems der Politk.
Politikwechsel, wie wir ihn uns wünschen, bedeutet nicht, andere Parteien an die Macht zu befördern.
(Und ein Satz am Schluss: WTF??? Wir sind doch nicht beim Aktionsbündnis zum Migliederfischen! Gehts dann noch?)
„Und das sind nur einige Beispiele. Wenn ich die Zeit hätte könnte ich da noch ganz andere Sauereien heraussuchen. Es geht auch um ein Glaubwürdigkeitsproblem.“
Jetzt guck doch mal bei der SPD, die gibts schon 140 Jahre. Da wirst Du sicher noch mehr Entscheidungen finden, die Dir nicht passen. So ist das eben, wenn man Regierungsverantwortung übernimmt. Da muss man handeln, da kann man Fehler machen. Da kann man im Nachhinein sehen, dass diese oder jede Entscheidung falsch war. Das ist ein geschichtlicher Machanismus und es geht jeder Partei so und es wird eines Tages auch den Piraten so gehen, wenn sie Regierungsverantwortung übernehmen.
Wie wärs, wenn man mal einfach Wahlprogramme und Ideen vergleichen würde, statt vergangenes konkretes Handeln mit irgendwelchen netten Ideen, die sich die Piraten neulich in ihrem Chatroom ausgedacht haben?
@Till
Du hast eindeutig den Link nicht verfolgt, den ich i.S. Gender eingebracht habe. Sonst hättest du im Protokoll nachlesen können, dass diese Grundsatzpositionen mit breiter Mehrheit von der Basis beschlossen wurden.
Mir wäre es entsprechend lieber, wenn du weniger Glauben und mehr Tatsachen in deine Kommentare einfließen lassen würdest.
Schönen Gruß
Aleks
Ich finde es jetzt nicht für sonderlich zielführend, wenn sich Grüne und Piraten im Wahlkampf gegenseitig „anfeinden“ anstatt sich gemeinsam darum zu kümmern, möglichst viele der Nichtwähler an die Urne zu bringen. Der Wahlkampf ist in vollen Touren, die Abstimmung hat über die Briefwahl bereits begonnen.
Man sollte jetzt zwischen den beiden Parteien nicht unnötig Unfrieden stiften sondern viel lieber zusammen auf den Politikwechsel hinarbeiten, damit Mappus mit seiner Spätzle-Connection nicht noch mehr Unheil anrichten kann.
Besten Gruß, Andena
Ich denke, die Taktik der GrünINen ist falsch, die Menschen davon überzeugen zu wollen aus Rücksicht auf unser demokratisches System nicht die Piraten zu wählen, sondern eher die Grünen. Das ist kein positiver Ansatz, und auch kein demokratischer. Es widerspricht eher meinem Demokratischen Gefühlt, zum einen mehr Mitbestimmung der Bürger zu fordern und gleichzeitig zu sagen: „Aber bitte nur den Fraktionsstarken Parteien folgen“. Diese Angst, die hier vor herrscht auch geschürt wird, ist ein schlechter Ratgeber.
Die Grünen sind sich sicher, eine sehr große Schnittmenge mit den Piraten zu haben – sie werden nicht müde, dies zu betonen. Das ist ja einer der Ansatzpunkte, warum die Grünen aktiv versuchen, Wählern von den Piraten abzuraten und für sich zu vereinnahmen.
Warum die Sache denn nicht positiv angehen:
Warum verbünden sich die Grünen nicht mit den Piraten? Manchen mit Werbung für die Teilnahme der Bürger an der Politik. Warum nicht für eine Win-Win-Situation sorgen, und sogar die Piraten durch die Grünen puschen?: Wenn die Piraten mit 5% ins Parlament kommen würden, wäre die Sache für Mappus eindeutig schwerer, als wenn die Grünen von den Piraten 1% abwerben. In Summe wären dann 2–3% mehr Mappus nicht so wohlgesonnene im Parlament.
Gerade die Grünen sind doch die Partei mit der größten Erfahrung, wenn es darum geht, neue Bürgerbewegungen aufzugreifen.
Bei den paar Punkten, bei denen die Grünen dann doch anderer Meinung sind als die Piraten, bei den Punkten dürften sich die Grünen dann doch kaum vor den paar %% Gegenstimmen der Piraten fürchten müssen.
@filtor: Interessanter Punkt – ich befürchte aber, aus der Debatte hier was anderes als Grüne vs. Piraten zu machen, ist wenig aussichtsreich.
@Aleks A.: Ich bin dem Link in der Tat nicht gefolgt, ich weiss aber, dass es um die (jetzige relativ fortschrittliche) Gender/Queer-Position einiges an Debatten im Vorfeld gab – und bin weiterhin überzeugt davon, dass diese, insbesondere als Oberflächenphänomen „Wir lehnen Gleichstellungsmaßnahmen und das große I offensiv ab, weil es Menschen in Schubladen steckt“ zwar fortschrittlich interpretiert werden kann, aber eben auch Tür und Tor für antifeministische Positionen und patriarchale Behäbigkeit öffnet. Aber vielleicht habe ich auch Vorurteile über die PIRATEN und die dort organisierten PiratInnen.
@Andena, Jürgen Stemke: Ich bitte darum, meine Argumentation ganz oben zu lesen. Mir geht es nicht darum, Unfrieden zu stiften (meine Partei heißt übrigens Bündnis 90/Die Grünen, Kurzform GRÜNE, historisch auch DIE GRÜNEN, und unsere Mitglieder (da gibt es kein ‑in) heißen Grüne (ebenfalls ohne ‑in – weil’s halt kein generisches Maskulinum ist, sondern ein Wort, das in den meisten Flexionsformen männlich und weiblich gleich lautet)), sondern darum, dass es, wenn es unwahrscheinlich ist, dass Piraten >5% kommen, eben keine Win-Win-Situation ist, wenn Piraten dank einer grünen Werbekampagne statt 2 dann 3% bekommen, sondern es leider so ist, dass derzeit jede Stimme für die Piraten rein rechnerisch eine für Mappus ist. Bei der Linken sieht das deswegen anders aus, weil die viel näher an der 5%-Hürde steht als ihr. Das alles ist keine Aussage darüber, ob Piraten-WählerInnen eher grün wählen oder nicht, und ob es inhaltlich sehr große oder sehr kleine Differenzen gibt, sondern eine über die Hebeleffekte der 5%-Hürde, die bei Wahlentscheidungen meiner Meinung nach eben berücksichtigt werden sollte. Nochmal: ich (und da spreche ich sicher auch für viele andere Grüne) fürchte mich nicht davor, dass PiratInnen uns inhaltlich Konkurrenz machen – da sehe ich durchaus Vorteile im Sinne eines Antreibens – sondern davor, dass Piratenstimmen bei dieser Wahl dazu führen, dass die historisch bisher einmalige Chance, in BaWü eine progressive(re) Regierung zu bekommen, verspielt wird. Und solange es die 5%-Hürde gibt, ist es absolut berechtigt, dieses Gefühl zu äußern. (Und ja: die 5%-Hürde ist undemokratisch, aber das ändert nichts an ihrem Hebeleffekt.)
„sondern es leider so ist, dass derzeit jede Stimme für die Piraten rein rechnerisch eine für Mappus ist.“
Das trifft nur dann zu, wenn man annimmt, dass Piratenwähler, würden sie nicht Piraten wählen, SPD oder Grüne wählten. Piratenwähler, die vorher Nichtwähler waren oder CDU, FDP oder eine andere Partei gewählt haben, kommen bei dieser Überlegung nicht vor.
Übrigens müsstest Du diese Überlegungen auch an die Wähler der ÖDP richten – die wählen ja auch eine Partei, die keine Chance hat, ins Parlament zu kommen. Und die Schnittmengen mit den Grünen dürften noch größer sein als bei den Piraten. :-)
Sorry für den Druckfehler – in meinem Text sind noch mehr davon. Ich mache den Fehler immer wieder, Texte in kleinen Fenstern zu schreiben. Wie man hoffentlich am weiteren Text erkennt war ich mir sonst über die Schreibweise „Grünen“ einig.
Wenn wir uns auf so einen Kleinkrieg einlassen wollen, könnte ich wiederholt aufführen, dass die Piraten die Piraten sind und nicht die PiratInnen oder Pirat_innen. Das haben die Piraten für sich so beschlossen, wie die Grünen beschlossen haben, dass die Grünen Grüne heissen – bringt uns aber auch nicht weiter, zeigt aber, dass Probleme beim gegenseitigen Sprachverständnis durchaus weitreichende Auswirkungen und Einflüsse haben.
Anmerkung zur Gender-Problematik (Seufz, jetzt greife ich das doch nochmal auf):
Die Grünen benachteiligen imho alle Genders.
Die einen dürfen nicht, weil sie den falschen Gender haben, den anderen haftet der Makel an, man kann ihnen nachsagen, sie dürften nur wegen ihres Genders, die dritten haben das klassiche Problem, dass sie sich für einen der Gender outen müssen, auch wenn sie sich dort nicht richtig fühlen.
Quotenregelungen widersprechen meinem Gerechtigkeitssinn und nach meinem Empfinden GG Art 3(3) – mir ist aber sehr wohl bewusst, dass dies ein Versuch ist, GG Art 3(2) umzusetzen, bzw. um für Gerechtigkeit zu sorgen. Hier kann man, wie man sieht, trefflich streiten ob dies noch zeitgemäß ist.
Des Weiteren gibt es, so wie ich das in der Fernsicht mitbekomme bei den Grünen nur 2 Gender: klassisch Mann und klassisch Frau. Alles andere und alles dazwischen hängt in der Luft, eben weil klassifiziert wird.
Die Grünen werben aktiv bei den Piraten um Mitglieder mit Zitaten wie: „Du bist doch eine Frau, damit bekommst Du bei uns [den Grünen] garantiert ein Amt.“ – Und dann versteht der Grüne Mensch nicht, wenn er von der Dame eine rhetorische Ohrfeige bekommt.
Auch die Logik mit der Dinge begendert werden habe ich noch nicht begriffen. Zum Beispiel heißt es bei den Grünen: „Die Panik ist ein schlechter Ratgeber“, der Leitfaden zur Kommunalpolitik heißt aber Rageberin_web.pdf (übrigens ein sehr gutes Dokument). Die Problematik treibt halt auch ihre Stilblüten {;o)
Insgesamt würde ich das Thema Gendern eher für lächerlich halten, wenn es nicht so ernst wäre.
In Ländern, in denen nicht gegendert wird ist die Integration von Frauen in der Wirtschaft zum Teil deutlich weiter, als in Deutschand (nein, ich habe keine Quellen, ich vertraue hier meinem Gedächtnisprotokoll – Gender ist keines meiner eigentlichen Themen). Am Gendern kann es also nicht liegen. Ich denke eher im Gegenteil, man sollte bei den Geschlechtern hier keinen zu großen Unterschied machen. Der Kleine Unterschied sollte vor allem nur dann wichtig sein, wenn es intim wird – und dann hat der Staat eh nix zu melden zu haben.
Nicht Feminismus sollte das Ziel sein, sondern Humanismus in der tatsächlichen Bedeutung des Wortes.
Zurück zum Thema:
Natürlich kann ich die 5%-Argumentation sehr gut nachvollziehen, aber es ist unschön, damit auf diese Weise auf Konfrontationskurs zu gehen, wie es einige Grüne nun tun. Widerspruch war hier zu erwarten.
Ich hoffe der Wechsel klappt und es wäre klasse, wenn zur nächsten Landtagswahl das Wahlverfahren demokratischer wäre und Grüne und Piraten auch Dinge zusammen reißen.
Ich denke weiterhin, die Energie wäre sinnvoller angelegt, würde man gemeinsam Bürger von der CDU und der FDP weggewinnen. Die Grünen fallen bei den derzeitigen Umfragen mit Sicherheit nicht auf Grund der Piraten zurück, denn sonst hätten diese die 5%-Hürde sicher geschafft.
PS: Dieser Text wurde mit einer Piratin abgestimmt ;o)
Wie kommt man übrigens auf die Idee, dass die 5‑Prozent-Hürde „undemokratisch“ sei?
Das Gegenteil ist ja der Fall: die 5‑Prozent-Hürde _ermöglicht_ erst die repräsentative Demokratie. Sonst hätte man nämlich ein völlig zersplittertes und damit handlungsunfähiges Parlament, das wahlweise von Regierung oder von Konzernen als Spielball missbraucht würde.
@Christian S.
Wie man darauf kommen kann, dass die 5%-Hürde undemokratisch ist – oder nicht ideal, kann man Ansatzweise u.a. auf Wikipedia nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/F%C3%BCnf-Prozent‑H%C3%BCrde#W.C3.BCrdigung_und_Kritik
Da stehen auch einige Ideen, wie man diesen Umstand beheben könnte.
Zudem ist die Hürde bei Kommunalwahlen oft nicht vorhanden. Kommunalparlamente können scheinbar dennoch funktionieren.
–
Noch ’ne andere blöde Idee.. Ist jetzt zwar ohnehin zu spät, aber: Hätte man ein Wahlbündnis schließen können? Quasi einen Deal: Grüne und Piraten treten als Bündnis an und die Piraten bekommen dann bei Einzug eine vereinbarte Anzahl Sitze. Das wäre doch dann wirklich Win-Win, oder?
Danke für den Link!
Zu Kommunalwahlen treten die Kleinstparteien ja glücklicherweise fast nie an. Wo sie es tun (siehe NRW), leidet die Ratsarbeit zumeist erheblich.
Das ist schon gut so, wie es ist. Da müssen sich neue Parteien erst einmal bewähren. Das ist in Ordnung.
@Till: Deine Antwort auf meinen Kommentar legt dar, was mich schon immer – auch während meiner Mitgliedschaft – an den Grünen gestört hat: Ideologie und Glaube vor Fakten und sachliche Politik.
Ich lass dich in deinem Glauben, unser Egalitarismus sei „patriarchale Behäbigkeit“. Meine Gespräche mit weiblichen Piraten haben mir die Sachlage dargestellt.
Schönen Gruß
Aleks
@Christian S.: Wie Du siehst, kann man da durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Aber ich erwarte nicht, dass ein Vertreter einer Parlamentsparteien das versteht oder akzeptiert.
Die 5% Hürde hat einige Nachteile. Zum Beispiel reicht es nicht, wenn eine Kleinpartei 5% der Wähler überzeugt – das ist relativ einfach und der Piratenpartei bereits gelungen. Sie muss es zudem noch schaffen, dass die Wähler an eine Überschreitung der 5% Hürde glauben. Und da die Medien fast nur über Parlamentsparteien berichten, Umfrageinstitute primär nach Parlamentsparteien fragen und die etablierten Parteien alles tun um hier Zweifel zu streuen … Die 5% Hürde dient damit in erster Linie den etablierten Parteien zum Machterhalt.
Ich bin mir sehr sicher: Gäbe es nur eine 3%-Hürde wären Linke und Piraten locker über 5%…
Ahoi liebe Grüne,
ich möchte an dieser Stelle auch noch meine Meinung hinterlassen obwohl schon so ziehmlich alles gesagt wurde. Ich habe bei der letzten Landtagswahl die Grünen gewählt, bei dieser werde ich ein Kandidat der Piraten sein. Wieso also habe ich mich von Euch abgewandt und trete nun sogar selbst an (mit allen finanziellen und zeitlichen Aufwendungen) anstatt nur mein passives Wahlrecht auszuüben?
Programmatisch stehen die Piraten den Grünen sicherlich sehr nahe, aus meiner Sicht sind nur die Schwerpunkte anders gesetzt. Ihr habt den Schwerpunkt Umwelt der bei Euch alles andere überwiegt, wir haben die Netzpolitik und die Bürgerrechte. Auch wir haben Umweltpolitik in unserem Programm und ihr natürlich auch Netzpolitik und Bürgerrechte, doch wie heißt es so schön? Papier ist geduldig!
Die Grünen haben in den letzten Jahren wiederholt gezeigt, was ihr Programm Wert ist. Natürlich ist Atomkraft kein Punkt in dem ihr mit Euch diskutieren lasst, ist schließlich Euer Schwerpunkt. Aber unter welcher Regierung wurden doch gleich die Harz-Gesetze beschlossen? Und welche Parteien haben Bundesweit dem neuen Jugendschutzgesetz zugestimmt obwohl zumindest ihr wußtet, dass es handwerklicher Müll ist? Gut dass es in NRW parteitaktische Gründe gab sich doch noch dagegen auszusprechen…
Ihr Grünen wart die Piraten der 80er-Jahre und ihr habt SEHR VIEL bewegt in der deutschen Politik. Ihr habt Euch auch in einigen Punkten zum Vorteil verändert, sonst hätte ich Euch das letzte mal nicht gewählt, aber leider habt ihr Euch auch in einigen Punkten so sehr dem alten politischen System angepasst, dass ich zu der Überzeugung gekommen bin, dass meine Stimme für Euch nichts ändern würde. Oh klar, Mappus wäre wahrscheinlicher Weg als wenn ich meine Stimme den Piraten gäbe und was dann? Einen SPD- oder Grünen-Ministerpräsidenten der im Bundesrat aus „parteipolitischen Gründen“ für Netzsperren stimmen läßt? Das würde meinen Überzeugungen einfach nicht entsprechen, also KANN ich Euch nicht wählen ohne mich höchstwahrscheinlich hinterher 5 Jahre zu ärgern.
47% der Wähler sind beim letzten mal nicht zur Wahl gegangen und vielleicht schaffen wir es 5% davon zu überzeugen die Piraten zu wählen. In dem Fall hättet ihr einen Verbündeten im Parlament der zum großen Teil auf Eurer Wellenlänge liegt. Vielleicht schaffen wir es auch nicht, was schade wäre. Aber wenn wir eben nur 3% oder 4% heißt das eben nicht, dass die statt dessen Grün gewählt hätten, denn sie werden so oder so ihre Gründe haben Orange statt Grün zu wählen – z.B. die, die ich auch habe.
Noch ein letztes Wort: Damit, auf der 5%-Hürde rumzureiten, bedient ihr Euch den selben Argumenten wie es einst die CDU, die SPD und FDP gegenüber den Grünen in deren Anfangszeit. Euch das läßt Rückschlüsse über die Entwicklung zu welche die Grünen durchgemacht haben – und die sind nicht Positiv…
@Christian S.: Klar richtet sich dieser Text genauso an WählerInnen der ÖDP, der DKP, der „Familienpartei“ oder der „Violetten“. Nur halte ich die allesamt quantitativ für viel weniger relevant als die Piratenpartei. Und er würde sich auch an die LINKE richten, wenn diese ein bisschen schlechter dastünde, als sie es jetzt tut.
5%-Hürde undemokratisch: Definitiv! Ich denke ebenso wie Sebastian, dass kleinere Parteien bei z.B. einer 3%-Hürde deutlich besser abschneiden würden. Dass es auch ohne 5%-Hürde geht, zeigt nicht nur die Kommunalpolitik (hier in Freiburg waren das z.B. bei den letzten Stadtratswahlen ungefähr ein Dutzend Listen, die zur Wahl angetreten sind, im Stadtrat sitzen trotzdem nur sieben Fraktionen – z.T., weil Listen zu wenig Stimmen bekommen haben, um einen Sitz zu erlangen, z.T., weil es nach der Wahl zu Zusammenschlüssen kam). Die Angst vor einem zersplitterten Parlament teile ich jedenfalls nicht – ein Anreiz dagegen könnte z.B. eine Hürde für die Fraktionsbildung sein.
(Bin gerade unterbrochen worden, deswegen hier weiter:)
Nochmal zum Thema 5%-Hürde undemokratisch: was ich daran undemokratisch finde, gerade auch unter dem Fokus „repräsentative Demokratie“ ist die Tatsache, dass die 5%-Hürde (ebenso wie weitere Wahlrechtsdetails) dazu beitragen kann, dass die Verteilung der Stimmen auf bestimmte Anliegen und Positionen andere Mehrheiten ergibt als es nachher im Parlament „repräsentierte“ Mehrheiten sind. Dass ist ja auch meine Befürchtung bei dieser Wahl. (Damit meine ich übrigens nicht, dass Piraten-WählerInnen automatisch grün wählen würden, auch wenn einige das so verstehen wollen).
Gender-Debatte (to whom it may concern): Ich glaube nicht, dass wir da jetzt zusammenkommen. Es gibt in der Tat bei den Grünen ein bisschen die Tendenz zur Reifikation der Zweigeschlechtlichkeit, die mich auch nervt – aber auch da sind wir besser geworden (vgl. das Gender-Kapitel im Landtagswahlprogramm, dass zwar stellenweise immer noch „Männer sind …“, „Frauen sind …“ als Hintergrund hat, aber doch auch darauf eingeht, dass bestimmte Strukturen bestimmte Lebensweisen diskriminieren, und zwar unabhängig vom biologischen Geschlecht. Dass es bei den Piraten ein paar wirklich progressive Leute in dieser Hinsicht gibt, weiss ich – ich sehe aber, gerade auch wenn ich mir die hochnotpeinliche Befragung rund um die letzten oder vorletzten Bundesvorstandswahlen nochmal in Erinnerung rufe, viele, die ich eben sehr klar innerhalb der heteronormativen Matrix/Präferenzposition verorten würde.
Zum Thema: Bündnis vor der Wahl (@Jürgen Stemke) – hätte ich gut gefunden, ist natürlich bei der Landtagswahl fast nicht zu machen, weil es ja keine Landesliste gibt, sondern jeder Kreisverband selbst aufstellt – da einen Platz für eine Piratin oder einen Piraten zu garantieren ist noch um einiges unsicherer als bei Landeslistenaufstellungen (und auch da ist es letztlich ja doch so, dass die Mitglieder/Delegierten der antretenden Partei – Grüne – entscheiden, ob der Pirat oder die Piratin jetzt mit auf die Liste darf oder nicht, und es im Vorfeld keine Garantien geben kann). In anderen europäischen Ländern ist das teilweise einfacher.
Stimmen für Mappus: Natürlich stimmen Menschen, die für die Piratenpartei ihre Stimme abgegeben, nicht für Mappus – „dank“ 5%-Hürde hat diese Stimmabgabe aber mit großer Wahrscheinlichkeit diesen Effekt (paradoxerweise vor allem bei denjenigen, die sonst SPD, Grüne, LINKE wählen würden, die also gegen Mappus sind, während Menschen mit einer Zweitpräferenz für die CDU oder die FDP (also für Mappus, wenn ich das jetzt hier so krass vereinfachen darf) mit einer Stimme für die Piratenpartei richtig liegen). Kontraintuitiv, aber meiner Meinung nach nicht von der Hand zu weisen.
NichtwählerInnen: Bin ich sehr skeptisch, dass neue Parteien NichtwählerInnen überzeugen, kenne aber die Statistiken dazu nicht.
Anpassung: Schlagt mich, aber auch da bin ich extrem skeptisch. Natürlich hat die Institutionalisierung und „Verstaatlichung“ der Grünen auch dazu beigetragen, Parlamente und deren Logiken zu verändern – noch viel massiver hat aber die Logik der Parlamente etc. die Grünen (als Partei und als Individuen) verändert. Die Diagnose ist sicher richtig. Nur bin ich überzeugt davon, dass das mit einer über längere Zeit „erfolgreichen“ anderen Partei ebenso funktioniert – sollten also entgegen all meiner Prognosen Piraten in den Landtag von BaWü einziehen und da auch noch Teil einer Koalition werden, bin ich gespannt, wie „piratig“ die MdLs dann in fünf Jahren noch sind. Neue Parteien zu gründen, die sich dann neu anpassen können, scheint mir nicht der richtige Weg zu sein, um die Einflüsse des Parlamentarismus auf politische Einstellungen und Praktiken zu verändern.
Ohne das Bündnis 90 welches ihr Grünen assimiliert habt wärt ihr heutzutage genauso mit der 5% Hürde am hadern wie die anderen kleinen Parteien.
Wenn 1980 und 1983 die Wähler sich gesagt hätten ach die grünen die kommen doch eh nicht über 5% und hätten das kleinere Übel gewählt in der 2‑Parteienlandschaft mit Wetterfähnchen FDP.
Eure innersten grundsätze habt ihr spätestens 1999 mit dem ersten Völkerechstwidrigen Angriffskrieg ausgehend von Deutschland mitbeschlossen, die Umweltpolitik starb mit den weichgespülten Laufzeitverträgen die eine Schwarz-gelbe Merkel-regierung mit einem Federstrich nichtig machen konnte, wenn ihr als Regierungspartei euer Handwerk richtig gemacht hättet wäre dieser Federstrich nicht möglich gewesen, die Bürgerbeteiligung habt ihr nicht mehr verfolgt und die Ideen des Bündnis 90 sind nicht vertieft worden und dienten euch nur zum Weiterleben in der Parteienlandschaft.
Vom mittragen der HARTZ-IV Gesetze oder der Ausweitung der Zeitarbeit in eurer Regierungsbeteiligung im Bund muß ich jetzt nicht auch noch anfangen?
Eure Gründungsmitglieder sind sofern sie etwas Mehr als nur eine Wirbelsäule hatten ausgetreten und haben Platz für Sesselkleber und Wählerverrätern gemacht.
Die Partei die ich wählen werde, deren namen behalte ich für mich, noch haben wir ein wahlgeheimnis.Die Grünen sind es auf jeden Fall nicht.
@juergenstehmke
die idee mit wahlbündnissen funktioniert in bawue nicht – hängt mit unserem Wahlsystem zusammen, das keine Landeslisten kennt. Bei der Europawahl (eine Bundesliste) wäre so etwas denkbar, dass man z.B. einen Piraten auf einen sicheren Listenplatz absichert. Neben den Problemen der Nominierung, die Till anspricht: Kompliziert wäre da dann aber die Verteilung der Gelder aus der Parteienfinanzierung.
Zum Thema 5%-Hürde (@christians): Ich glaube nicht, dass die Stabilität einer repräsentativen Demokratie dieser bedarf. Um die Arbeitsfähigkeit der Parlamente zu ermöglichen, gibt es ja auch andere Mechanismen (Fraktionsstatus, Verteilung der Ausschußsitze usw.), um dafür zu sorgen, dass sich dann nach der Wahl Fraktionsgemeinschaften bilden. In Freiburg haben wir z.B. 9 im Gemeinderat vertretene Grupierungen, die sich in 5 Fraktionsgemeinschaften und einer Gruppe organisiert haben. Auch im Europaparlament bilden sich ja Fraktionen aus ganz unterschiedlichen Gruppierungen. Fehlen allerdings solche Mechanismen, wird es schwierig…
Was man aber z.B. in Freiburg sieht, ist dass ohne eine 5%-Hürde Single-Issue-Gruppierungen verstärkt in den Rat kommen (Frauenliste, Jugendliste, Kulturliste). Diese Gruppierungen haben oft kein Programm über ihr Single-issue hinaus. Das empfinde ich schon als problematisch, weil ein Großteil der Kommunalpolitik sich nur ganz entfernt um diese Singleissues dreht.
Till,
ich glaube, dass ihr Grünen Deutschland alles in allem gut getan habt. Und ich denke, dass wir Piraten Deutschland genauso gut tun können. Wie gesagt, wir haben ja auch jetzt schon viel konkretes bei den etablierten Parteien bewirkt, für das es vorher einfach keinen derartigen Konkurrenzdruck bzw. Thematisierung gab…
Und wenn ich euren Selbstverrat (s.o.) bemeckere, dann nicht weil ich euch nicht mag, sondern im gegenteil, weil ich euch noch an höheren Maßstäben messe als die meisten anderen Parteien.
Und nochmal, ich hoffe ernsthaft ihr verschwendet nicht den Wahlkampf damit irgendwie den Leuten die Piraten madig zu machen, anstatt euch verstärkt auf die Nichtwähler zu konzentrieren.
Wenn wir uns den Leuten gegenseitig madig machen, mit welchen Argumenten auch immer, werden wir am Ende beide verlieren (Grüne, Piraten)… Mitunter darum vermeide ich ja auch bewusst das Parteien-Hickhack auf Infoständen und konzentriere mich auf unsere Themen und Ideen.
Böse gesagt: Mappus reibt sich die Hände wenn wir jetzt auch noch anfangen uns untereinander hier zu hauen. Womöglich dann als nächstes ein schlechter Umfragewert der Linken, dann triffts die auch noch, und dann rutscht irgendwem was blödes raus und dann haut ihr euch mit der SPD und die Union kann den kleinen Schuster-zweist gekonnt runterspielen und macht einen auf starke geeinte Kraft, die einer wirren Oposition gegenübersteht. Und dann helfen euch auch evtl. von den Piraten abgezwickte Promille nix mehr ;-)
Zum Wahlbündnis: So ein Wahlbündnis würde auch in BaWü gehen.
Z.B. könnte man in den Kreisen den Kandidaten und den Ersatzkandidaten mit der jeweils anderen Partei besetzen. Wenn es dann um den Einzug geht, treten die entsprechenden Kandidaten zurück, so dass am Ende die vereinbarte Mischung bleibt.
Erfordert natürlich hohes Vertrauen und Disziplin, aber wäre ein cooler Coup um zu zeigen: „die 5%-Hürde kann legal umgangen werden“. Das wäre mal eine richtig piratische Aktion :)
Natürlich müsste das eine einmalige Aktion bleiben, aber wenn man wirklich wollte, ginge das. Hilft nun aber nicht weiter, außer die Grünen würden Doppelmitgliedschaften erlauben und es gäbe einen Weg, nicht aufgestellte Kandidaten nach der Wahl in den Landtag zu bringen. – Und die Basis der beiden Parteien müsste ja auch noch befragt werden.
Insgesamt finde ich die Idee cool, aber sie bräuchte wohl 6 bis 12 Monte Vorlaufzeit – und ich halte es nicht für realistisch, das man so einen Deal machen würde.
@juergen
wie geschrieben: in bwaue steht das wahlrecht entgegen. das problem: viele einzelakteure (wahlkreisversammungen), deren verstösse gegen absprachen nicht sanktionierbar wären und die allesamt natürlich eigeninteressen haben… deshalb glaube ich, dass derlei eigentlich nur bei einer Bundesliste wie bei der Eurpowahl geht. Bei der Bundestagswahl gibt es das Problem mit den Landeslisten: Welcher Landesverband würde was abgeben, welcher nicht…
Wie gut die piratig-grüne Zusammenarbeit klappt sieht man doch hier: Piraten helfen grüner Basis gegen deren Parteispitze ;)
http://piratenpad.de/BkZIAlbdYd
@Jörg Tauss: Sagte ich schon, dass ein Problem, dass ich mit den Piraten habe, deren Selbstüberschätzung ist? Das Forum, das jetzt abgeschaltet wurde, hat bei uns politisch nie eine Rolle gespielt. Da finde ich es ehrlicher, es nicht zu betreiben (und auf andere Kommunikationswege zu setzen). Ich sehe auch (noch?) keinen großen Aufschrei – meine Einschätzung: es gibt nur wenige, die ein Onlineforum als Kommunikationsweg in/zur Partei vermissen. Dass die Piratenpartei versucht, daraus jetzt eine Elefantenmücke zu basteln, ist typisch.
[Nachtrag: Ich habe hier mal schnell was dazu geschrieben – Foren sind blöd!]
@Jürgen: Was Tim sagt, vor allem aber steckt da ja auch eine Demokratiefrage dahinter. Ich finde das Landtagswahlsystem in BaWü oft ärgerlich, weil die KandidatInnen-Aufstellung von der lokalen Parteibasis entschieden wird. Aber eigentlich ist das natürlich demokratischer als eine Wahl von Listen auf Delegiertenkonferenzen. Mich stört es, weil jede Form der expliziten oder impliziten Quotierung (z.B. nach Geschlecht, aber auch nach bestimmten Fachthemen) damit erschwert wird bzw. unmöglich wird. Aber eben auch eine Quotierung „Grün, Grün, Grün, Grün, PiratIn“ ist damit nicht möglich. Weil es demokratischer ist.
Hi Till,
danke für Deine Antwort (#44) auf meine Jammerei (#41). Auch wenn ich das Gefühl habe, Du wolltest mir selbst Taktiererei vorwerfen.
Meine Hauptaussage war (und ist): Ich halte das Parteienwahlsystem für unzeitgemäß, nicht zielführend und insgesamt frustrierend. Dass man es auf die Schnelle nicht ändern oder gar ersetzen kann, ist mir klar. Aber ich denke schon, dass es andere Systeme gibt, die diese Taktiererei mindern oder gar ausschließen können, indem man selbst(!) unmittelbar für oder gegen eine Sache stimmt oder Alternativen einbringen oder Modifizierungen vornehmen kann. Es kann sein, dass die Mehrheit der Deutschen das nicht so sieht. Es kann aber genausogut sein, dass sich die Mehrheit gar keine Gedanken über Alternative Systeme macht.
Ich finde es ist Zeit das mal anzugehen! Damit jeder(!) endlich seine/ihre Egoschiene fahren kann. ;)
Ich lese hier nicht wirklich mit (das wäre mir zu zeitaufwendig), finde die Kommentarmöglichkeit aber (wie #49) eine nettes Angebot!
Grüße