Kurz: Was 27 % auch bedeuten würde

Ich habe mal über­schlags­mä­ßig gerech­net: wenn die 27 Pro­zent aus der aktu­el­len BaWü-Umfra­ge Wirk­lich­keit für uns Grü­ne wer­den wür­den, wür­den 35 der 120 Sit­ze des Land­tags auf Grü­ne ent­fal­len – bis­her sind es 17. Gleich­zei­tig ist anzu­neh­men, dass die meis­ten der 70 Direkt­man­da­te, die nach rela­ti­ver Mehr­heit ver­ge­ben wer­den, wei­ter­hin an die CDU gehen. Dem­entspre­chend gibt es Aus­gleichs­man­da­te, bis die „Nor­mal­ver­tei­lung“ wie­der­her­ge­stellt ist. Das gan­ze ist etwas kom­pli­zier­ter, weil die­se Aus­gleichs­man­da­te nach Regie­rungs­be­zir­ken berech­net wer­den. Wenn ich jetzt nicht ganz falsch lie­ge, könn­te das trotz­dem bedeu­ten, dass der Land­tag deut­lich grö­ßer als heu­te wer­den wür­de – mit bis zu 150 oder gar 160 Abge­ord­ne­ten.* Und eine 27-Pro­zent-Frak­ti­on wür­de dann 45 Abge­ord­ne­te oder mehr umfas­sen. Wenn wir in jedem der 70 Wahl­krei­se jemand auf­stel­len – was ich schwer hof­fe – wür­de dies bedeu­ten, dass bis zu zwei Drit­tel der für die Land­tags­wahl auf­ge­stell­ten grü­nen Kan­di­da­tIn­nen in den Land­tag ein­zie­hen wür­den – auch aus Wahl­krei­sen, die heu­te noch als eher aus­sichts­los gelten.

Ob sich der­ar­ti­ge Ergeb­nis­se tat­säch­lich sta­bi­li­sie­ren, müs­sen wir sehen. Und ob mei­ne Pi-mal-Dau­men-Rech­nung so stimmt, wenn die Regie­rungs­be­zir­ke in die Ver­tei­lung mit ein­be­zo­gen wer­den, weiss ich nicht. Deut­lich wird jeden­falls: soll­ten wir Grü­nen tat­säch­lich in die­se Berei­che vor­sto­ßen, dann gel­ten eini­ge Faust­re­geln dar­über, wel­che Wahl­krei­se aus­sichts­los sind, nicht mehr. Und die Frak­ti­on wür­de nicht nur grö­ßer, son­dern wohl auch bun­ter, als heu­te noch vorstellbar.

* Wer’s aus­pro­bie­ren möch­te, kann das bei election.de tun – damit die CDU z.B. tat­säch­lich 63 Direkt­man­da­te behal­ten darf, müss­te der Land­tag dem­nach – ohne Berück­sich­ti­gung der Regie­rungs­be­zirks­ver­tei­lung – auf 166 Sit­ze anwach­sen, mit einer 48 Per­so­nen star­ken grü­nen Frak­ti­on. Könn­te natür­lich auch sein, dass die Grü­nen und die SPD zusam­men mehr als sie­ben Direkt­man­da­te gewin­nen – dann wür­de der Land­tag nicht ganz so stark anwachsen.

9 Antworten auf „Kurz: Was 27 % auch bedeuten würde“

  1. Statt „bunt“ könn­te man natür­lich auch sagen „chao­tisch“. Das wäre aber zu hart. Aber stimmt. Wenn urplötz­lich wesent­lich mehr Leu­te in den Land­tag rein­kom­men und die Per­so­nal­de­cke in man­chen Ecken doch dün­ner ist, könn­te da auch so man­che „Gestalt“ rein­schlüp­fen und spä­ter für Unmut sor­gen. (Das ist nicht nur auf die Grü­nen bezo­gen. Kann jeder Par­tei so erge­hen, wenn aus­sichts­lo­se Pos­ten plötz­lich doch zählen.)
    Also lie­ber eine deut­li­che grün-rote Mehr­heit in BW erzielen…

  2. @Felix: Wobei ich mir immer unsi­che­rer wer­de, was ich denn für ein gutes Wahl­recht hal­ten würde.

    @Henning: thx!

    @Robin: So lässt sich das auch ver­ste­hen, ja. Aber ich mei­ne es gar nicht so abfällig.

    @Marks: Stim­me dir zu; aber selbst, wenn’s im End­ef­fekt „nur“ 18, 19, 20 Pro­zent wer­den, und die CDU irgend­wo unter­halb von 40 Pro­zent lan­det, erge­ben sich ähn­li­che Probleme.

  3. @Marks @TillWe
    Außer­dem sind wir ja auch bun­des­weit teil­wei­se über 20 %. Da spielt Stutt­gart 21 sicher kaum rein und die BaWü-Ergeb­nis­se sind meist noch­mal um eini­ges über dem Bundesschnitt.

  4. Ich hat­te ges­tern auf mei­ner Zug­fahrt nach Ber­lin auch ein inter­es­san­tes Gespräch zu dem The­ma, wel­ches jetzt nicht nur die stei­gen­de Anzahl der Man­da­te ansprach, son­dern auch den Ver­wal­tungs­ap­pa­rat dahinter.
    Die Umstruk­tu­rie­rung der Büro­räu­me sowie ein grö­ße­rer Stab an Mit­ar­bei­te­rIn­nen in der Frak­ti­on sind eben­falls Din­ge, die man nicht erst nach der Wahl beden­ken sollte.
    Und auch wenn es momen­tan uto­pisch klin­gen mag, kommt eine grün/xyz-Regie­rung im Länd­le zu Stan­de, wird auch die Arbeit in jah­re­lang schwarz/gelb gepräg­ten Minis­te­ri­en eine Rie­sen­auf­ga­be wer­den für die künf­ti­gen ParlamentarierInnen.

  5. Bei einem Abstand von nur noch acht Pro­zent­punk­ten zur CDU tritt zuneh­mend der Effekt ein, dass deren Über­hang schmilzt, weil es immer mehr grü­ne Erst­man­da­te geben wird. Die aktu­el­len Umfra­ge­da­ten auf Bezir­ke und Wahl­krei­se umge­setzt kom­me ich auf einen Land­tag von 132, 140 oder 148 Sit­zen, je nach­dem ob FDP und Die Lin­ke knapp über oder unter 5% landen.
    Die CDU gewän­ne nur noch 57 Sit­ze (alle direkt), die SPD 33 (Mann­heim I wie immer direkt), Ihr BaWü-GRÜ­NEN wärt bei 42 Sit­zen, dar­un­ter 12 Erst­man­da­te: Stutt­gart I, II und IV, Lud­wigs­burg, Karls­ru­he I und II, Hei­del­berg, Mann­heim II, Frei­burg I und II, Kon­stanz und Tübin­gen. Die Ver­tei­lung auf die Bezir­ke wäre 17–10‑8–7, wobei in der Regi­on Stutt­gart alle Wahl­krei­se außer Geis­lin­gen ver­tre­ten wer­den, in Fran­ken nur Schwä­bisch Hall, auf der Ost­alb wei­ter­hin nix. Im RB Karls­ru­he wären die 10 Sit­ze gut ver­teilt, im RB Frei­burg ist Schwarz­wald-Baar-Heu­berg nach wie vor weiß, im RB Tübin­gen könn­te sogar das Biber­acher Man­dat ver­tei­digt werden.
    Aus­wir­kun­gen hät­te das Gan­ze auch auf die Geschlech­ter­ver­hält­nis­se in der Frak­ti­on, da von einem Anwach­sen von 20 auf 40 Sit­ze Män­ner weit­aus mehr pro­fi­tie­ren wür­den als Frau­en (aber auch eine klei­ne­re grü­ne Frak­ti­on wär wie­der mal uner­freu­lich unquotiert).
    Span­nend sind jetzt aber auch die Effek­te, wenn Kret­sch­mann nicht mehr „nur“ als grü­ner Spit­zen­kan­di­dat, son­dern neu­er­dings als Kan­di­dat für das Amt des Minis­ter­prä­si­den­ten wahr­ge­nom­men wird.

  6. Kay, jetzt muss ich doch mal nach dei­ner sehr detail­lier­ten Daten­quel­le fragen. 

    Zum Über­hang: da bin ich wei­ter­hin pes­si­mis­tisch – jedes Direkt­man­dat hie­ße ja, dort die rela­ti­ve Mehr­heit zu erlan­gen, stärks­te Par­tei zu wer­den. Und z.B. in Karls­ru­he hal­te ich das für nicht sehr wahr­schein­lich. Inso­fern bin ich in mei­ner Pi-mal-Dau­men-Rech­nung oben von deut­lich weni­ger Direkt­man­da­ten aus­ge­gan­gen. Ich gebe aller­dings ger­ne zu, dass es etwas von unge­leg­ten Bären hat, über die Fra­ge der Zahl wahr­schein­li­cher Direkt­man­da­te bei 27% lan­des­weit zu streiten.

    Der Punkt mit dem „MP-Effekt“ ist in der Tat span­nend. Auch z.B. hin­sicht­lich der Fra­ge, ob es ein Fern­seh­du­ell gibt, und wenn ja, mit wem …

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