Kurz: Einige Tücken des Elterngeldbezuges (Update)

Manch­mal kann es ganz schön hart sein, sich für nicht stan­dar­di­sier­te Lebens­ver­hält­nis­se zu ent­schei­den. Bei­spiels­wei­se, wenn es um den Eltern­geld­be­zug und die Kran­ken­ver­si­che­rung geht. Der Nor­mal­fall ist hier die unbe­fris­te­te Beschäf­ti­gung, die unter­bro­chen wird, um Eltern­zeit zu neh­men und wäh­rend des­sen Eltern­geld zu bezie­hen. In dem Fall lau­fen dann Kran­ken- und Pfle­ge­ver­si­che­rung bei­trags­frei weiter.

Und was mache ich? Ich wer­de Eltern­geld im Anschluss an einen aus­lau­fen­den befris­te­ten Ver­trag bezie­hen. Dem­entspre­chend muss ich mich frei­wil­lig wei­ter­ver­si­chern, um in der (gesetz­li­chen) Kran­ken­kas­se zu blei­ben. Das Eltern­geld wird zwar nicht zur Berech­nung des Kran­ken­kas­sen­bei­trags her­an­ge­zo­gen, der Min­dest­satz der – in mei­nem Fall – Tech­ni­ker Kran­ken­kas­se ist aber nicht wirk­lich nied­rig. Nun denn, ganz uner­war­tet kommt die­se Nach­richt nicht, ärger­lich ist es schon (vor allem, weil es natür­lich Trick­se­rei­en gäbe, um das zu umge­hen – die ich aber nicht machen will).

Gleich­zei­tig schlägt Nor­mal­fall zwei zu: wenn ich mit mei­ner Part­ne­rin ver­hei­ra­tet wäre, bestün­de die Mög­lich­keit der kos­ten­frei­en Fami­li­en­mit­ver­si­che­rung. Ein Bei­spiel dafür, wie stark doch (auch neben dem Ehe­gat­ten­split­ting) der Staat finan­zi­el­le Anrei­ze dafür setzt, dem klas­si­schen Hei­rats­mo­dell (und impli­zit auch klas­si­schen Erwerbs-Haus­ar­beits-Tei­lun­gen) zu fol­gen. Hier hät­te ich manch­mal ger­ne ein Instru­ment unter­halb der nor­ma­tiv hoch auf­ge­la­de­nen Hei­rat – z.B. eine Ver­part­ne­rung auch für Hete­ros oder sowas wie den fran­zö­si­schen Zivilpakt. 

Update (26.01.2010): Erfreu­lich: die Tech­ni­ker Kran­ken­kas­se hat sich nach einem noch­ma­li­gen Tele­fo­nat dann doch bereit­erklärt, mich – wohl ana­log zu „nor­ma­len“ Unter­bre­chun­gen von Arbeits­ver­hält­nis­sen – für die Zeit des Eltern­geld­be­zu­ges bei­trags­frei wei­ter­zu­ver­si­chern. Manch­mal lohnt sich das Hin­ter­her­te­le­fo­nie­ren doch …

Köhler und der Doktortitel – oder: wissenschaftliche Praktiken und der Wunsch nach dem Skandal

Der neu­en Fami­li­en­mi­nis­te­rin Kris­ti­na Köh­ler kann eini­ges vor­ge­wor­fen wer­den, ins­be­son­de­re scheint sie sich, wenn es um Migra­ti­on und um die Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Islam geht, irgend­wo am rech­ten Rand der CDU zu befin­den. Aktu­ell jedoch geht es in der Debat­te vor allem um den Dok­tor­ti­tel der jun­gen Minis­te­rin. Zum Bei­spiel hier in der Frank­fur­ter Rund­schau. Aus­gangs­punkt dafür dürf­te Kai Diek­mann (BILD) sein – um Weih­nach­ten gab es schon ein­mal Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen Diek­mann und Köh­ler, und jetzt ein Inter­view.

Kern des Gan­zen scheint die – bezahl­te – Betei­li­gung eines Assis­ten­ten von Köh­lers Dok­tor­va­ter an der Erstel­lung ihrer Arbeit zu sein. Was Weih­nach­ten noch nach dem gro­ßen Skan­dal klang, wird nach Lesen des Inter­views aber dann doch eher zu rela­tiv nor­ma­len Pro­zes­sen und Prak­ti­ken empi­ri­scher Wis­sen­schaft. Besag­ter Assis­tent hat Daten codiert und in SPSS ein­ge­ge­ben und das Inhalts­ver­zeich­nis und die For­ma­tie­rung der Dis­ser­ta­ti­on bearbeitet. 

Bei Diek­mann heißt es dazu:

Nur for­ma­tie­ren, lay­ou­ten, Daten­sät­ze nach ihren Vor­ga­ben abtip­pen – das kann auch eine Sekre­tä­rin. Braucht man dazu einen top-aus­ge­bil­de­ten wis­sen­schaft­li­chen Assis­ten­ten gera­de sei­nes Doktor-Vaters? 

Inter­es­sant ist hier die Gegen­über­stel­lung „Sekre­tä­rin“ vs. „top-aus­ge­bil­de­ter wis­sen­schaft­li­cher Assis­tent“. Mei­ner Erfah­rung nach sind das – Codie­rung, Daten­ein­ga­be, For­ma­tie­run­gen – Din­ge, die im wis­sen­schaft­li­chen All­tag heu­te ziem­lich selbst­ver­ständ­lich von – geprüf­ten oder unge­prüf­ten – „HiWis“ erle­digt wer­den. Und nicht von Sekre­tä­rIn­nen. Dass das nicht unbe­dingt zur Qua­li­fi­ka­ti­on passt, ist ein Hin­weis dar­auf, wie Wis­sen­schaft heu­te bezahlt und bewer­tet wird, ent­spricht aber – wie gesagt, mei­nen Erfah­run­gen nach – durch­aus dem All­tag wis­sen­schaft­li­cher Arbeit. Und dass z.B. zwi­schen zwei Dritt­mit­tel­pro­jek­ten ein wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter der­ar­ti­ge Tätig­kei­ten über­nimmt, ist so unge­wöhn­lich nun auch wie­der nicht.

Mit die­sem Wis­sen im Hin­ter­grund redu­ziert sich der angeb­li­che Skan­dal dann doch deut­lich. Inter­es­san­ter als die Fra­ge, wer Fra­ge­bö­gen lay­outet und ein­ge­tippt hat, und ob Köh­ler ihre Dis­ser­ta­ti­on selbst for­ma­tiert hat, ist doch der Inhalt. Da kann ich aktu­ell nichts zu sagen, wer­de aber viel­leicht mal rein­schau­en. Und mich dann noch ein­mal zu Wort melden.

Es kann also durch­aus sein, dass das fol­gen­de Resü­mee zutrifft:

Und der Deutsch­land­funk resü­mier­te, Köh­ler habe „eine mus­ter­gül­ti­ge Typ-II-Arbeit vor­ge­legt, also ein Werk, das weni­ger vom Inter­es­se an der wis­sen­schaft­li­chen Arbeit, son­dern mehr von dem Wunsch nach einem aka­de­mi­schen Titel geprägt ist“. 

Für eine Arbeit, die neben einem Bun­des­tags­man­dat in kur­zer Zeit ent­stan­den ist, kann ich mir das gut vor­stel­len. Trotz­dem – ein Skan­dal ist das nicht, auch nicht, wenn eine Bun­des­mi­nis­te­rin dar­an betei­ligt ist. Da gibt es genü­gend anderes.

Viel­mehr stellt sich im Kon­text die­ser Debat­te (auch im Hin­blick auf die „gekauf­ten Dok­tor­ti­tel“, die unlängst mal wie­der gemel­det wur­den) ein­mal mehr die Fra­ge danach, wozu eigent­lich der aka­de­mi­sche Dok­tor­ti­tel exis­tiert, und was eine Dok­tor­ar­beit aus­macht (und in wel­che Rich­tung der Bolo­gna-Pro­zess hier geht).

War­um blog­ge ich das? Aus per­sön­li­chem Inter­es­se an Pro­mo­ti­ons­pro­zes­sen, und weil ich es inter­es­sant fin­de, wie Skan­da­le gemacht wer­den – und dabei die eigent­lich skan­da­lö­sen Poli­ti­ken aus­ge­blen­det werden.

Das war 2019!

Inspi­riert hier­von – aus der Neu­jahrs­an­spra­che 2019 von Bun­des­kanz­ler Guttenberg.

Lie­be Mit­bür­ge­rin­nen und Mitbürger, 

mit dem Jahr 2019 bli­cken wir nicht nur auf eines der wärms­ten Jah­re der letz­ten Deka­de zurück, son­dern auch auf die­se Deka­de selbst. Schwarz-grün hat sich, wenn ich das so sagen darf, als Erfolgs­mo­dell eta­bliert. Nicht nur im Bund, wo wir nun in der zwei­ten Legis­la­tur­pe­ri­oden eine ver­läss­li­che Zusam­men­ar­beit aus­üben, son­dern auch in den Län­dern. Wenn Sie mir die klei­ne Neben­be­mer­kung zuge­ste­hen: etwas schmerzt es schon, dass Bun­des­ar­beits­mi­nis­ter Özd­emir in die­sem zurück­lie­gen­den Jahr aus der Regie­rung aus­ge­schie­den ist, um in durch­aus tur­bu­lent zu nen­nen­den Zei­ten das schwie­ri­ge Amt des baden-würt­tem­ber­gi­schen Minis­ter­prä­si­den­ten anzutreten.* 

Auf drän­gen­den Wunsch von Bun­des­kli­ma­mi­nis­ter Pal­mer möch­te ich auch in die­sem Jahr mei­ne Neu­jahrs­an­spra­che mit einem Blick auf unse­re Kli­ma­zie­le begin­nen. Wie Sie sicher­lich wis­sen, ist ein hohes Kli­ma­schutzscoring im Welt­bank­ran­king inzwi­schen eine unab­läss­li­che Vor­aus­set­zung für die erfolg­rei­che Teil­ha­be am Welt­han­del. Nicht nur in den Win­ter­sport­or­ten dürf­te die­se Nach­richt mit Begeis­te­rung auf­ge­nom­men wer­den: Wir kön­nen stolz dar­auf sein – und die Kam­pa­gne „Blau hoch drei“ des Kli­ma­mi­nis­te­ri­ums ist an die­sem Erfolg erheb­lich betei­ligt – uns im glo­ba­len Kli­ma­schutzscoring wie­der­um deut­lich ver­bes­sert zu haben. Die Welt­bank hat uns auf A++ hoch­ge­stuft – damit lie­gen wir im Feld der grö­ße­ren Öko­no­mien direkt hin­ter Goog­le und haben wie­der­um einen der bes­ten Kli­ma­s­cores in der Erwei­ter­ten Euro­päi­schen Uni­on.** Unse­re Erfol­ge, ins­be­son­de­re im Bereich der Elek­tro­fahr­zeu­ge und der Neta­li­sie­rung der Öko­no­mie, rei­chen jedoch noch lan­ge nicht aus, um sich dar­auf aus­zu­ru­hen. Des­we­gen möch­te ich ihnen, lie­be Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger, hier und heu­te ver­kün­den, dass Bun­des­kli­ma­mi­nis­ter Pal­mer in einem Pri­va­te-Public-Pri­va­te-Joint-Ven­ture gemein­sam mit dem Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter, der Deut­schen Bahn-Deut­sche Benz-Hol­ding und dem Volks­wa­gen-Elek­tro­wer­ke-Kom­bi­nat Schön­au eine wei­te­re Aus­bau­stu­fe im För­der­pro­gramm Smart­PlusStrom ange­kün­digt hat.

Nach gut einer Deka­de des öko­no­mi­schem Kli­ma­wan­del­ma­nage­ment kön­nen wir mit einem gewis­sen Stolz auf das Erreich­te im Blue Green New Deal zurück­bli­cken. Unse­re Wirt­schaft ist weit­ge­hend umge­stellt. Wir sind eines der wich­tigs­ten Part­ner­län­der Chi­nas, Indi­ens und der Refor­mier­ten Ver­ei­nig­ten Staa­ten im glo­ba­len Han­del. Und nicht nur öko-öko­no­misch hat sich das Kli­ma­wan­del­ma­nage­ment als erfolg­reich erwie­sen. Auch unser Sozi­al­leis­tungs­staat ist wei­ter­hin einer der leis­tungs­stärks­ten in der Erwei­ter­ten Euro­päi­schen Uni­on. Hier kann, das darf ich so unum­wun­den sagen, auch auf die gute Vor­ar­beit der schwarz-gel­ben Koali­ti­on zu Beginn der Deka­de unter unse­rer jet­zi­gen Bun­des­prä­si­den­tin Frau Dr. Mer­kel zurück­ge­grif­fen werden. 

Lie­be Mit­bür­ge­rin­nen und Mit­bür­ger, ich weiss, dass vie­le von Ihnen Här­ten erlit­ten haben. Nicht alle von Ihnen tei­len die Ansicht, dass in der schwarz-grü­nen Regie­rung das Land in guten Hän­den ist.**** Aber gera­de in die­sen Zei­ten, in denen demo­gra­phi­sche Unru­hen, vor allem aber die Umtrie­be aus den noch immer nicht voll­stän­dig zu Sicher­heit und Frei­heit gebrach­ten F.C.A.***** und der Kli­ma­ver­lust­län­der im Wüs­ten­gür­tel uns mit ter­ro­ris­ti­schen Akten bedro­hen, muss eines noch ein­mal klar gestellt wer­den: Wir sor­gen für Sicher­heit. Neta­li­sie­rung funk­tio­niert nicht mit einer irre­gu­lä­ren und durch Urhe­ber­rechts­ver­let­zun­gen gefähr­de­ten Bun­des­netz­in­fra­struk­tur. Das Wohl­erge­hen unse­re Fami­li­en, unse­rer Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten, unse­rer Wirt­schafts­trei­ben­den – all das liegt Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rin Frau Dr. Köh­ler sehr am Her­zen, wie Sie alle wis­sen. Der Lebens­strom unse­rer Lan­des ist die Bun­des­netz­in­fra­struk­tur. Des­we­gen wird Minis­te­rin Frau Dr. Köh­ler die „Cyber Guard“ noch ein­mal deut­lich auf­sto­cken und auch die Mit­tel für For­schungs­pro­gram­me im Bereich der schwa­chen künst­li­chen Intel­li­genz wer­den wir als Bun­des­re­gie­rung erhö­hen müs­sen. Nur so kann die Lebens­ader des Lan­des, der Fami­li­en und Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten gesi­chert werden. 

Mit Blick auf mein Hei­mat­land Bay­ern, einer demo­kra­ti­schen Keim­zel­le, die es gelernt hat, Tra­di­tio­nen zu bewah­ren, kann ich nur dar­an fest­hal­ten: Sicher­heit gibt es nur mit Sicher­heit. Ich weiss, dass gera­de jün­ge­re Mit­glie­der des Koali­ti­ons­part­ners hier ein­mal auf Irr­we­gen waren. Ich kann Ihnen allen aber ver­si­chern, dass die Mit­glie­der mei­ner Regie­rung alle­samt genaus­tens auf eine mög­li­che netz­ter­ro­ris­ti­sche Ver­gan­gen­heit geprüft wur­den und an den Äuße­run­gen des BILD­Blog****** nichts dran ist. Wir in der Bun­des­re­gie­rung – und ich den­ke, auch die meis­ten hier im Lan­de – sind sich einig: das Ver­bot der Pira­ten­par­tei 2018 war rich­tig, das lau­fen­de Ver­bots­ver­fah­ren gegen den soge­nann­ten Cha­os-Com­pu­ter-Club ist rich­tig, und die Über­prü­fungs­ge­set­ze für den öffent­li­chen Dienst, die wir 2020 ange­hen wol­len, wer­den sich auch als rich­tig erweisen.

Ich wie­der­ho­le noch ein­mal: das Land ist mit unse­rer Regie­rung in guten Hän­den. Wir haben Erfol­ge, wir kom­men in allen drei wich­ti­gen Fel­dern – dem Kli­ma­ma­nage­ment, der Leis­tungs­stär­ke, der Sicher­heit – gut vor­an. Ich dan­ke Ihnen für ihr Ver­trau­en und freue mich mit Ihnen auf einen ruhi­gen Sil­ves­ter­abend******* und wün­sche Ihnen allen ein gutes, geseg­ne­tes und leis­tungs­star­kes Jahr 2020!

* In der lau­fen­den Legis­la­tur­pe­ri­ode kam es 2019 zu einem Regie­rungs­wech­sel in Baden-Würt­tem­berg, nach­dem die LINKEN sich aus der grün-rot-roten Regie­rung zurück­ge­zo­gen hat. Seit­dem regiert eine von der FDP tole­rier­te grün-schwar­ze Min­der­hei­ten­re­gie­rung unter Minis­ter­prä­si­dent Özd­emir. Sei­ne Nach­fol­ge­rin als Bun­des­ar­beits­mi­nis­te­rin wur­de Agniez­ska Malczak.

** Von den 46 Mit­glieds­staa­ten der Erwei­ter­ten Euro­päi­schen Uni­on haben nur 21 den Score A+++, 12 – dar­un­ter auch Deutsch­land – den Score A++ und die übri­gen 13 Scores zwi­schen A+ und B-.

*** Neta­li­sie­rung ist ein gegen Ende der Deka­de auf­ge­kom­me­ner Begriff, der sich auf den Blue Green New Deal und die Ver­bin­dung von Netz­öko­no­mie und Öko­öko­no­mie bezieht.

**** Gut­ten­berg bezieht hier u.a. auf den Farb­beu­tel­wurf bei einer Kund­ge­bung in Frei­burg, einer Hoch­burg der „demo­gra­phi­schen APO“ (Senio­ren­wa­gen­plät­ze etc.) im Sep­tem­ber 2019.

***** For­mer Coun­try of Afghanistan.

****** BILD­blog ist das füh­ren­de Bou­le­vard­me­di­um. Die Domain wur­de 2015 vom Sprin­ger-Kon­zern erwor­ben. Die Vor­wür­fe, auf die Gut­ten­berg sich hier bezieht, betref­fen vor allem den ehe­ma­li­gen Arbeits­mi­nis­ter Özd­emir und die jet­zi­ge Arbeits­mi­nis­te­rin Mal­c­zak, denen immer wie­der Face­book-Kon­tak­te zur Pira­ten­par­tei und zu ähn­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen unter­stellt werden.

******* Sil­ves­ter­ra­ke­ten und Böl­ler wur­den in einem damals kaum beach­te­ten Absatz im Kli­ma­si­cher­heits­ge­setz von 2016 verboten.

Wie war’s bei Bologna 2.0?

Swarm behind the theatre

Am Mon­tag nahm ich an einer Ver­an­stal­tung mit dem schö­nen Titel „Bolo­gna 2.0“ teil. In den bis auf den letz­ten Platz besetz­ten Räum­lich­kei­ten der Jüdi­schen Gemein­de Mann­heim soll­te dar­über dis­ku­tiert wer­den, wo Deutsch­land bei der Ver­wirk­li­chung des Euro­päi­schen Hoch­schul­raums steht, und wie die „Reform der Reform“ des Bache­lor-Stu­di­um aus­se­hen muss. Wie es der Zufall so woll­te, war die­se Ver­an­stal­tung zeit­lich pro­mi­nent plat­ziert – direkt im durch die Hoch­schul­pro­tes­te öffent­lich auf das The­ma Bolo­gna fokus­sier­ten Mei­nungs­kli­ma, zwi­schen der Ankün­di­gung der KMK, eini­ge längst über­fäl­li­ge Reform­schrit­te zu gehen, und dem für Mitt­woch ange­setz­ten Bil­dungs­gip­fel der Regie­rung. Neben grü­ner Hoch­schul­po­li­tik-Pro­mi­nenz waren auch vie­le Stu­die­ren­de und eini­ge Ange­hö­ri­ge des wis­sen­schaft­li­chen Mit­tel­baus nach Mann­heim gekom­men. High poten­ti­al, also.

Die hoch­ge­steck­ten Erwar­tun­gen an das inno­va­ti­ve For­mat – einer gemein­sa­men Ver­an­stal­tung der Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ten Hel­ga Trü­pel und Fran­zis­ka Brant­ner, des Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Kai Geh­ring und der Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten The­re­sia Bau­er – wur­den jedoch nur teil­wei­se erfüllt.
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Weltherrschaft als Koppelprodukt

Watching the streetview car II

Das gro­ße G ist erneut in den Schlag­zei­len: Chris Stö­cker sieht im Spie­gel Online schon den Griff von Goog­le nach der Welt­herr­schaft (Gideon Böss in der WELT sieht das anders). War­um? Weil Goog­le sei­ne Suche inzwi­schen in Echt­zeit und per­so­na­li­siert anbie­tet, Pro­duk­te per Han­dy-Scan iden­ti­fi­zie­ren kön­nen will, einen eige­nen öffent­li­chen DNS-Ser­ver (sie­he auch fefe) betreibt und über­haupt einen Hau­fen mehr anbie­tet (und natür­lich Chro­me, auch als Stand-alo­ne-Betriebs­sys­tem, und Android, und Cloud Com­pu­ting Appli­ca­ti­ons, und und und.

Das kann jetzt als Griff zur per­sis­ten­ten Welt­herr­schaft ver­stan­den wer­den. Kris­ti­an Köhn­topp dage­gen geht – schon vor eini­gen Wochen – von einem Miss­ver­ständ­nis aus: es ist falsch, Goog­le als Such­ma­schi­ne zu inter­pre­tie­ren. Für Köhn­topp ist das, was Goog­le macht, viel­mehr folgendes:

Alles in allem wirkt der Ansatz von Goog­le auf mich wie eine Fir­ma von Phy­si­kern oder ande­ren Expe­ri­men­tal-For­schern mit aka­de­mi­schem Back­ground, die beschlos­sen haben, ein­mal ’so rich­tig‘ in die Wirt­schaft zu gehen und ihre Metho­den dort hin zu por­tie­ren. Man baut Model­le, iden­ti­fi­ziert Abhän­gig­kei­ten und eli­mi­niert sie kon­se­quent und man hat kei­ne Angst, dabei auch rich­tig groß zu den­ken und Neu­land zu betreten. 

Oder anders gesagt: eine Fir­ma, die Abhän­gig­kei­ten auf der Input-Sei­te maxi­mal redu­ziert (eige­nes Netz, eige­ne Ser­ver-Far­men, eige­ner DNS-Ser­ver, …), die so ent­stan­de­ne Infra­struk­tur halb­öf­fent­lich zugäng­lich macht (Open-Source-Vari­an­ten wich­ti­ger Tech­no­lo­gien, wer­be­fi­nan­zier­te Zur­ver­fü­gung­stel­lung) und so – ob wil­lent­lich und stra­te­gisch oder nolens volens – immense sozio­tech­ni­sche Abhän­gig­kei­ten pro­du­ziert. Goog­le will nicht die Welt­herr­schaft, son­dern will – so mei­ne Syn­the­se aus Stö­cker und Köhn­topp – die tech­nisch bes­te Lösung zur Daten­ver­ar­bei­tung im Netz anbie­ten. Und erzeugt neben­bei ein biß­chen Welt­herr­schaft (oder zumin­dest eine immense, per­so­na­li­sier­te Daten­hal­de und Tools, um die­se zu durch­su­chen und mög­li­cher­wei­se auch pro­fi­ta­bel zu machen). 

Welt­herr­schaft als Kop­pel­pro­dukt funk­tio­niert auch des­halb, weil die Goog­le-Lösung (Such­ma­schi­ne, GMail, …) meis­tens bes­ser funk­tio­niert als die Ver­su­che ande­rer Anbie­ter oder gar staat­li­cher Inno­va­ti­ons­pro­gram­me (hal­lo, IT-Gip­fel mit dei­nen Leucht­turm­pro­jek­ten). Es gibt aber auch Aus­nah­men – wave bei­spiels­wei­se kommt gar nicht so toll an, und chro­me ist bis­her als Brow­ser wie als Betriebs­sys­tem ein abso­lu­tes Nischen­pro­dukt. Bes­ser heißt hier vor allem: Goog­le-Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen funk­tio­nie­ren, sind rela­tiv fehlertolerant/wartungsarm, sind zumeist sehr ein­fach bedien­bar – und sie sind schnell. Das hängt dann (sie­he Köhn­topp) wie­der mit den eige­nen Ser­vern und Lei­tun­gen zusam­men, und so schließt sich der Kreis zwi­schen tech­nisch guten Ange­bo­ten und der Infra­struk­tur für die Weltherrschaft.

Bleibt die Fra­ge nach den poli­ti­schen Kon­se­quen­zen des tech­no-öko­no­mi­schen Inter­es­ses von Goog­le. Ver­staat­li­chen? Regu­lie­ren? Lau­fen las­sen? Daten­schutz neu den­ken? Goog­le gar als Bünd­nis­part­ner gegen Angrif­fe auf Netz­neu­tra­li­tät und ähn­li­ches ein­span­nen? Die UNO an Goog­le verkaufen?

Mein vor­läu­fi­ger Ein­druck ist der, dass das Netz hier eine Fir­ma mög­lich gemacht hat, die bis­her so nicht vor­ge­se­hen war (um mit Cas­tells zu spre­chen: die tat­säch­lich infor­ma­tio­na­len und netz­werk­för­mi­gen Kapi­ta­lis­mus auf glo­ba­ler Ebe­ne betreibt, und dabei Wis­sen auf Wis­sen anwen­det). Was fehlt, ist eine ähn­li­che kon­zeptof­fe­ne und inno­va­ti­ve glo­ba­le Poli­tik­agen­tur. Die­ser poli­ti­sche glo­bal play­er fehlt uns heu­te noch.

War­um blog­ge ich das? Weil ich die Debat­ten um Goog­le span­nend fin­de. Viel­leicht auch des­we­gen, weil hier (in Varia­ti­on der Köhn­topp­schen Argu­men­ta­ti­on) eine nerdige/technische Kul­tur zwar erfolg­reich in Rich­tung Pro­fit evol­viert ist, trotz aller social respon­si­bi­li­ty (google.org usw.) dabei aber auch der für der­ar­ti­ge nerd/technische Kul­tu­ren typi­sche Autis­mus gegen­über der sozia­len Ein­bet­tung und den sozia­len und poli­ti­schen Kon­se­quen­zen tech­ni­scher Lösun­gen hoch­ska­liert wurde.